Homer
Ilias
Homer

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Sprach's, und vom Wagen herab mit den Rüstungen sprang er zur Erde.
Auch Patroklos, sobald er ihn schauete, sprang aus dem Sessel.
Beide den Habichten gleich, scharfklauigen, krummgeschnabelt,
Die auf luftigem Fels mit wildem Getön sich bekämpfen:
430  Also mit lautem Geschrei nun stürzten sie gegeneinander.
Diese schaut' erbarmend der Sohn des verborgenen Kronos;
Und zur Here begann er, der leiblichen Schwester und Gattin:

Wehe mir, wann das Geschick Sarpedon, meinen Geliebten,
Unter Patroklos' Hand des Menötiaden mir bändigt!

435  Zwiefachen Rat nun bewegt mein sinnendes Herz im Busen:
Ob ich ihn lebend annoch aus der tränenbringenden Feldschlacht
Setze hinweggerafft in Lykiens fruchtbare Fluren;
Oder ihn unter der Hand des Menötiaden bezwinge.

Ihm antwortete drauf die hoheitblickende Here:

440  Welch ein Wort, Kronion, du Schrecklicher! hast du geredet?
Einen sterblichen Mann, längst ausersehn dem Verhängnis,
Denkst du anitzt von des Tods graunvoller Gewalt zu erlösen?
Tu's! doch nimmer gefällt es dem Rat der anderen Götter!
Eines verkünd' ich dir noch, und du bewahr' es im Herzen.
445  Wenn du ihn lebend entsendest in seinen Palast den Sarpedon;
Dann bedenk', ob nicht ein anderer Gott auch begehre,
Seinen geliebten Sohn der schrecklichen Schlacht zu entführen.
Denn noch viel' um die Feste des herrschenden Priamos kämpfen
Söhn' unsterblicher Götter; die trügen dir heftigen Groll nach.
450  Aber wofern du ihn liebst, und deine Seel' ihn betrauert;
Siehe so laß ihn zwar im Ungestüme der Feldschlacht
Sterben, besiegt von der Hand des Menötiaden Patroklos;
Doch sobald ihn verlassen der Geist und der Odem des Lebens,
Gib ihn hinwegzutragen dem Tod' und dem ruhigen Schlafe,
455  Bis sie gekommen zum Volk des weiten Lykierlandes:
Wo ihn rühmlich bestatten die Brüder zugleich und Verwandten
Mit Grabhügel und Säule; denn das ist die Ehre der Toten.

Jene sprach's; ihr gehorchte der waltende Herrscher der Welt Zeus.
Siehe mit blutigen Tropfen beträufelt' er jetzo die Erde,

460  Ehrend den lieben Sohn, den bald ihm sollte Patroklos
Tilgen in Trojas Lande, dem scholligen, fern von der Heimat.

Als sie nunmehr sich genaht, die Eilenden gegeneinander;
Jetzo traf Patroklos den herrlichen Held Thrasymelos,
Der ein tapfrer Genoß Sarpedons war des Gebieters;

465  Diesem durchbohrt' er unten den Bauch, und löst' ihm die Glieder.
Auch Sarpedon verfehlt' ihn selbst mit der blinkenden Lanze,
Werfend den anderen Wurf; doch Pedasos stürmt' er dem Rosse
Rechts in die Schulter den Speer; und es röchelte schwer aufatmend,
Stürzete dann in den Staub mit Geschrei, und das Leben entflog ihm.
470  Jene sprangen zerscheucht, und es knarrte das Joch, und die Zügel
Wirrten sich, als in dem Staube das Nebenroß sich herumwarf
Doch Automedon steurte, der Lanzenschwinger, dem Unheil:
Schnell das geschliffene Schwert von der nervichten Hüfte sich reißend,
Naht' und zerhieb er den Strang des getöteten, nicht unentscheidend;
475  Und nun stellten sich beid', und zogen gerad' in den Strängen.
Wieder bekämpften sich jen' im vertilgenden Kampfe des Todes.
Doch Sarpedon verfehlt' auch jetzt mit der blinkenden Lanze;
Denn links über die Schulter Patroklos' stürmt' ihm des Erzes
Schärf', und verwundete nicht. Nun schwang der edle Patroklos
480  Seinen Speer; und ihm flog nicht umsonst das Geschoß aus der Rechten;
Sondern traf, wo ums Herz des Zwerchfells Hülle sich windet;
Und er entsank, wie die Eiche dahinsinkt, oder die Pappel,
Oder die stattliche Tanne, die hoch auf Bergen die Künstler
Ab mit geschliffenen Äxten gehaun, zum Balken des Schiffes:
485  Also lag er gestreckt vor dem rossebespanneten Wagen,
Knirschend vor Angst, mit den Händen des blutigen Staubes ergreifend.
So wie den Stier ermordet ein Löw', in die Herde sich stürzend,
Ihn, der glänzend und stolz vorragt schwerwandelnden Rindern;
Doch er verhaucht aufstöhnend die Kraft in dem Rachen des Löwen:
490  So dem Patroklos erlag der geschildeten Lykier Heerfürst;
Zürnendes Muts hinsank er, und rief dem teuren Genossen:

Glaukos, o Freund, du des Kampfes Gewaltiger, jetzo gebührt dir's,
Lanzenschwinger zu sein, und unerschrockener Krieger!
Jetzo sein dir erwünscht Kriegsschrecknisse, wenn du beherzt bist!

495  Erst ermuntere nun der Lykier edle Gebieter,
Wandelnd um jegliche Schar, zu verteidigen ihren Sarpedon;
Aber sodann auch selber für mich mit dem Erze gekämpfet!
Denn dir werd' ich hinfort zur Schmach und daurenden Schande
Sein durch alle Geschlechter in Ewigkeit, wo die Achaier
500  Mir die Waffen entziehn, der im Kreis der Schiffe dahinsank!
Auf denn, heran mit Gewalt, und ermuntere jeglichen Streiter!

Als er dieses geredet, umschloß ihm das Ende des Todes
Augen zugleich und Nase. Gestemmt nun die Fers' auf die Brust ihm,
Zog er die Lanz' aus dem Leib; es folgt' ihr die Hülle des Herzens;

505  Also die Seele zugleich, und die Schärfe des Speers ihm entriß er.
Myrmidonen hielten des Königes schnaubende Rosse,
Sehnsuchtsvoll zu entfliehn, da der Eigner Geschirr sie verlassen.

Glaukos' Seele durchdrang Wehmut bei der Rede des Freundes;
Und ihm stürmte das Herz, daß nicht er vermochte zu helfen.

510  Fassend drückt' er den Arm mit der Hand; denn es quälte die Wund' ihn
Heftig, die Teukros ihm dem Stürmenden schoß mit dem Pfeile,
Als er die ragende Mauer verteidigte seinen Genossen.
Laut nun fleht' er empor zum treffenden Phöbos Apollon:

Herrscher, vernimm; ob vielleicht du in Lykias fruchtbarem Lande

515  Bist, vielleicht auch in Troja: du kannst aus jeglichem Ort ja
Hören den leidenden Mann, wie anjetzt mich leiden umdränget!
Diese Wund' hier trug' ich, die schreckliche! Ganz wird der Arm mir
Von tiefbrennenden Schmerzen gepeiniget; nicht auch zu hemmen
Ist das quellende Blut, und beschwert mir starret die Schulter!
520  Nicht den Speer zu halten vermag ich noch, oder zu kämpfen,
Unter die Feinde gemengt: und der tapferste Mann, Sarpedon
Starb, Zeus' Sohn! der sogar des eigenen Kindes nicht achtet!
Hilf denn du, o Herrscher, die schreckliche Wunde mir heilend!
Schläfere ein die Schmerzen, und stärke mich: daß ich die Männer
525  Lykiens rufend umher aufmuntere, tapfer zu streiten;
Und auch selbst um die Leiche des Abgeschiedenen kämpfe!

Also sprach er flehend; ihn hörete Phöbos Apollon.
Plötzlich stillt' er die Schmerzen, und hemmt' aus der schrecklichen Wunde
Sein schwarzrinnendes Blut, und haucht' ihm Mut in die Seele.

530  Glaukos aber erkannt' es im Geist, und freute sich herzlich,
Daß so schnell sein Gebet der mächtige Gott ihm gewähret.
Erst ermuntert' er nun der Lykier edle Gebieter,
Wandelnd um jegliche Schar, zu verteidigen ihren Sarpedon.
Aber sodann auch die Troer durchwandelt' er, mächtiges Schrittes,
535  Hin zu Polydamas, Panthoos Sohn, und dem edlen Agenor,
Auch zu Äneias darauf, und dem erzumschimmerten Hektor;
Nahe trat er zu ihnen, und sprach die geflügelten Worte:

Hektor, so gänzlich nunmehr vergaßest du deiner Berufnen,
Welche für dich, von Freunden entfernt und Vatergefilde,

540  Hier aushauchen den Geist; du aber versagst sie zu retten!
Siehe Sarpedon sank, der geschildeten Lykier Heerfürst,
Welcher Lykiens Heil durch Gerechtigkeit und durch Gewalt hob;
Unter Patroklos' Speer bezwang ihn der eherne Ares.
Eilet hinzu, ihr Geliebten, und nehmt zu Herzen die Kränkung,
545  Wenn ihn die Myrmidonen entwaffneten, wenn sie den Leichnam
Schändeten, über den Tod der Danaer aller erbittert,
Die um die hurtigen Schiffe wir ausgetilgt mit den Lanzen!

Jener sprach's; und die Troer umschlug schwerlastender Kummer,
Ungestüm, und unleidlich; denn eine Säule der Stadt war

550  Jener, wiewohl aus fremdem Geschlecht: viel tapferes Volkes
Führt' er daher, er selbst der tapferste Held in der Heerschar.
Gradan drangen sie wild in die Danaer; aber voran ging
Hektor, glühend vor Zorn um Sarpedon. Auch die Achaier
Trieb des Menötiaden Patrokleus männliches Herz an.
555  Erst zu den Ajas begann er, die selbst schon glühten von Kampflust:

Ajas ihr, nun müsse der Feind' Abwehr euch erwünscht sein,
So wie vordem mit Männern ihr schaltetet, oder noch tapfrer!
Seht, er liegt, der zuerst einbrach in der Danaer Mauer,
Er Sarpedon der Held! O daß wir entstellten den Leichnam,

560  Daß wir die Wehr von der Schulter ihm raubeten, auch der Genossen
Manchen im Streit um ihn selber mit grausamem Erze bezähmten!

Jener sprach's; und auch selbst schon waren sie gierig des Kampfes.
Aber da beiderseits sie dichter verstärkt die Geschwader,
Troer und Lykier dort, hier Myrmidon' und Achaier;

565  Rannten sie wild um die Leiche des Abgeschiednen zu kämpfen,
Mit graunvollem Geschrei; und es rasselten Waffen der Männer.
Zeus mit entsetzlicher Nacht umzog das Getümmel des Mordes,
Daß um den trauten Sohn noch entsetzlicher tobte die Kriegswut.

Trojas Söhn' itzt drängten die freudigen Krieger Achaias:

570  Denn es sank nicht der feigste der myrmidonischen Männer,
Er vom Held Agakles erzeugt, der edle Epeigeus:
Welcher mit Macht geboten im wohlbewohnten Budeion
Ehmals; aber nachdem er den trefflichen Vetter getötet,
Kam er um Peleus Schutz und der silberfüßigen Thetys;
575  Welche zugleich mit Achilleus dem Scharentrenner ihn sandten
Gegen Ilios her, zum Kampf mit den reisigen Troern.
Der nun faßte den Toten; da warf der strahlende Hektor
Ihm mit dem Steine das Haupt; und ganz voneinander zerbarst es
Unter dem lastenden Helm, und vorwärts hin auf den Leichnam
580  Taumelt' er; aber des Todes entseelender Schauer umfloß ihn.
Schmerz ergriff den Patroklos, da tot sein Freund ihm dahinsank.
Gradan stürmt' er durchs Vordergewühl, mit der Schnelle des Habichts,
Welcher den flüchtigen Schwarm der Star' und Dohlen verfolget:
So in der Lykier Schar, Patrokleus, reisiger Kämpfer,
585  Stürmtest du ein und der Troer, ergrimmt um den Tod des Genossen.
Sieh, er traf Sthenelaos, Ithämenes Sohn, an den Nacken
Mit dem gewaltigen Stein, und zerschmetterte ganz ihm die Sehnen.
Rückwärts wichen die ersten des Kampfs, und der strahlende Hektor.
Weit wie die Lanz' im Schwunge, die langgeschaftete, hinfliegt,
590  Wenn sie ein Mann aussendet mit Kraft, entweder im Kampfspiel,
Oder im Schlachtgefild', umdroht von mordenden Feinden:
So weit wichen die Troer, gedrängt von den Söhnen Achaias.
Glaukos aber zuerst, der geschildeten Lykier Heerfürst,
Wandte sich um, und erschlug den großgesinnten Bathykles,
595  Chalkons trefflichen Sohn, der, ein Haus in Hellas bewohnend,
Reich an Gut und Habe vor Myrmidonen hervorschien:
Diesem nunmehr stieß Glaukos die Lanz' in die Mitte des Busens,
Gegen ihn plötzlich gewandt, als schon ihn ereilt der Verfolger;
Dumpf hinkracht' er im Fall. Da ergriff Wehmut die Achaier,
600  Als der Tapfere sank; doch die Troer freuten sich herzlich;
Und sie umstanden gedrängt den Liegenden: auch die Achaier,
Nicht vergessend der Kraft, kühn drangen sie grad' in die Heerschar.
Aber Meriones traf den Laogonos unter den Troern,
Tapfer und kühn, den Sohn des Onetor, welcher ein Priester
605  War des idäischen Zeus, wie ein Gott im Volke geehret:
Den an Backen und Ohr durchschmettert' er, daß aus den Gliedern
Schnell der Geist ihm entfloh; und grauliches Dunkel umfing ihn.
Gegen Meriones schwang den ehernen Speer Äneias;
Denn er hofft' ihn zu treffen, wie unter dem Schild' er dahertrat.
610  Jener indes vorschauend vermied den ehernen Wurfspieß,
Vorwärts niedergebückt; da flog der gewaltige Speer ihm
Über das Haupt in die Erde, daß hinten der Schaft an dem Speere
Zitterte; doch bald ruhte die Kraft des mordenden Erzes,
Des ergrimmt' Äneias im mutigen Geist, und begann so:

615 

Bald, o Meriones, hätte dich leichtgewendeten Tänzer
Meine Lanz' auf immer beruhiget, hätt' ich getroffen.

Aber der speerberühmte Meriones sagte dagegen:
Schwer wird dir's, Äneias, wiewohl du ein mächtiger Held bist,
Aller Menschen Gewalt zu bändigen, wer dir entgegen

620  Kommt zum Streite gefaßt; auch du bist sterblich geboren.
Wenn ich selber dich träf, erzielt mit der Schärfe des Erzes:
Bald, wie tapfer du bist, und mächtigen Händen vertrauend,
Gäbst du mir Ruhm, und die Seele dem Sporner der Gaul' Aïdoneus!

Jener sprach's; da straft' ihn Menötios' tapferer Sprößling:

625  Warum, Edler im Streit, Meriones, schwatzest du also?
Trautester, nie ja werden vor schmähenden Worten die Troer
Weichen vom Toten zurück, eh' manchen noch decket die Erde.
Denn im Arm ist Entscheidung des Kriegs, und des Wortes im Rate.
Drum nicht Rede zu häufen gebührt uns, sondern zu kämpfen!

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