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225 | Jetzo sah den Ajas der Greis, und fragte noch einmal: Wer ist dort der achaiische Mann, so groß und gewaltig, Höher denn alles Volk an Haupt und mächtigen Schultern? Aber Helena sprach, die herrliche, langes Gewandes: |
230 | Dorthin steht, wie ein Gott, Idomeneus unter den Kretern; Und es umstehn den König die kretischen Führer versammelt. Oft herbergete jenen der streitbare Held Menelaos, Wann er aus Kreta kam, daheim in unserer Wohnung. Nun zwar schau' ich sie alle, die freudigen Krieger Achaias, |
235 | Die ich wohl noch erkennt', und jeglichen nennte mit Namen: Zween nur vermag ich nirgend zu schaun der Völkergebieter, Kastor den reisigen Held, und den Kämpfer der Faust Polydeukes, Beide mir leibliche Brüder, von einer Mutter geboren. Folgten sie nicht hieher aus der lieblichen Flur Lakedämon? |
240 | Oder folgten sie zwar in meerdurchwandelnden Schiffen, Aber enthalten sich nun, in die Schlacht zu gehen der Männer, Weil sie die Schand' abschreckt und die große Schmach, die mich zeichnet? Jene sprach's; doch die beiden umfing die ernährende Erde |
245 |
Aber die Herolde trugen die Bundesopfer der Götter |
250 |
Mache dich auf, Laomedons Sohn; dich rufen die Fürsten |
255 | Und wer den Gegner besiegt, dem folgt das Weib und die Schätze. Wir dann zugleich, Freundschaft und heiligen Bund uns beschwörend Baun die schollige Troja; und jen' entschiffen zu Argos Rossenährender Flur, und Achaias rosigen Jungfraun. Jener sprach's; da schaurte der Greis, und befahl den Gefährten, |
260 | Anzuschirren die Ross'; und sie eileten flugs ihm gehorchend. Priamos trat in den Wagen, und zog die lenkenden Zügel; Auch mit ihm Antenor bestieg den prächtigen Sessel; Schnell durch das skäische Tor entflogen die Ross' ins Gefilde. Als sie nunmehr hinkamen zu Trojas Volk und Achaias, |
265 | Stiegen sie beid' aus dem Wagen zur nahrungsprossenden Erde, Wandelten dann in die Mitte der Troer einher und Achaier. Eilend darauf erhub sich der Völkerfürst Agamemnon, Auch Odysseus voll Rat. Die stattlichen Herolde jetzo Führten die Bundesopfer herbei, auch Wein in dem Kruge |
270 | Mischten sie, sprengeten dann der Könige Hände mit Wasser. Doch der Atreid', ausziehend mit hurtigen Händen das Messer, Das an der großen Scheide des Schwerts ihm immer herabhing, Schnitt vom Haupt der Lämmer das Haar; und die Herolde jetzo Teileten rings der Troer und Danaer edlen Gebietern. |
275 | Laut nun fleht' Agamemnon empor, mit erhobenen Händen:
Vater Zeus, ruhmwürdig und hehr, du Herrscher vom Ida! |
280 | Seid uns Zeugen ihr all', und bewahrt die Schwüre des Bundes! Wenn den Held Menelaos vielleicht Alexandros erleget; Dann behalt' er Helena selbst und die sämtlichen Schätze, Doch wir kehren zurück in meerdurchwandelnden Schiffen. Aber sinkt Alexandros dem bräunlichen Held Menelaos; |
285 | Dann entlassen die Troer das Weib und die sämtlichen Schätze; Buße zugleich den Argeiern bezahlen sie, welche geziemet, Und die hinfort auch daure bei kommenden Menschengeschlechtern. Doch wenn Priamos dann und Priamos Söhne sich weigern, Mir zu bezahlen die Buße, nachdem Alexandros gefallen; |
290 | Dann werd' ich von neuem mit Kriegsmacht wegen der Sühnung Kämpfen und nicht heimziehn, bis der Zweck des Krieges erreicht ist. Sprach's, und die Kehlen der Lämmer zerschnitt er mit grausamem Erze. |
295 | Hierauf Wein aus dem Krug in die goldenen Becher sich schöpfend Gossen sie aus, und flehten den ewigwährenden Göttern. Also betete mancher der Troer umher und Achaier: Zeus, ruhmwürdig und hehr, und ihr andern unsterblichen Götter! |
300 | Blutig fließ' ihr Gehirn, wie der Wein hier, rings auf der Erde, Ihrs und der Kinder zugleich; und die Gattinnen schände der Fremdling! Also das Volk; doch mit nichten gewährt' ihm solches Kronion. Hört mein Wort, ihr Troer, und hellumschiente Achaier. |
305 | Jetzo kehr' ich wieder zu Ilios luftigen Höhen Heim; denn nimmer vermag ich mit eigenen Augen zu schauen Kämpfend den lieben Sohn mit dem streitbaren Held Menelaos. Zeus erkennt es allein und die andern unsterblichen Götter, Wem nunmehr von beiden das Ziel des Todes verhängt ist. |
310 |
Also der göttliche Held, und legt' in den Wagen die Lämmer, Hektor drauf, des Priamos Sohn, und der edle Odysseus, |
315 | Maßen umher die Weite des Kampfraums, warfen dann eilend Los' in den ehernen Helm, und schüttelten: welchem das Schicksal Gönnte, zuerst auf den Gegner die eherne Lanze zu werfen. Ringsum flehte das Volk, und erhob zu den Göttern die Hände. Also betete mancher der Troer umher und Achaier: |
320 |
Vater Zeus, ruhmwürdig und hehr, du Herrscher vom Ida! Also das Volk; doch der große, der helmumflatterte Hektor |
325 | Schüttelte, rückwärts gewandt: da entsprang das Zeichen des Paris. Rings nun setzten sich all' in Ordnungen, dort wo sich jeder Rosse gehobenes Hufs, und gebildete Waffen gereihet. Aber er selbst umhüllte mit zierlichen Waffen die Schultern, Alexandros der Held, der lockigen Helena Gatte. |
330 | Eilend fügt' er zuerst um die Beine sich bergende Schienen, Blank und schön, anschließend mit silberner Knöchelbedeckung; Weiter umschirmt' er die Brust ringsher mit dem ehernen Harnisch Seines tapferen Bruders Lykaon, der ihm gerecht war; Hängte sodann um die Schulter das Schwert voll silbener Buckeln, |
335 | Eherner Kling'; und darauf den Schild auch, groß und gediegen; Auch das gewaltige Haupt mit stattlichem Helme bedeckt' er, Von Roßhaaren umwallt; und fürchterlich winkte der Helmbusch; Nahm dann die mächtige Lanze, die ihm in den Händen gerecht war. So auch zog Menelaos, der streitbare, Waffengeschmeid' an. |
340 |
Als sich diese nunmehr in jeglichem Heere gerüstet, |
345 | Wild die Speere bewegend, und zornvoll widereinander. Erstlich entsandt' Alexandros die weithinschattende Lanze; Und sie traf dem Atreiden den Schild von gerundeter Wölbung: Doch nicht brach sie das Erz, denn rückwärts bog sich die Spitze Auf dem gediegenen Schild. Nun erhob auch jener die Lanze, |
350 | Atreus Sohn Menelaos, und betete laut zu Kronion:
Waltender Zeus, laß strafen mich ihn, der zuerst mich beleidigt, |
355 |
Sprach's, und im Schwung' entsandt' er die weithinschattende Lanze; |
360 | Stürmend: da wand sich jener, und mied das schwarze Verhängnis. Hurtig zog der Atreide das Schwert voll silberner Buckeln, Hieb dann im Schwunge den Helm, den gekegelten; aber an jenem Dreifach zerkracht und vierfach, entsprang es umher aus der Rechten. Atreus Sohn wehklagte, den Blick gen Himmel erhebend: |
365 |
Vater Zeus, nie gleicht dir an Grausamkeit einer der Götter! Sprach's, und stürmte hinan, und ergriff ihn am Busche des Helmes, |
370 | Zog dann gewandt ihn daher zu den hellumschienten Achaiern. Jenen engt' an der Kehle der buntgezeichnete Riemen, Den er unter dem Kinne, des Helmes Band, sich befestigt. Und er hätt' ihn geschleift, und ewigen Ruhm sich erworben, Wenn nicht schnell es bemerkt die Tochter Zeus Aphrodite, |
375 | Und ihn zersprengt den Riemen des stark erschlagenen Stieres. Leer nun folgte der Helm der nervichten Hand Menelaos. Diesen schleuderte drauf zu den hellumschienten Aichaiern Hochaufschwingend der Held; es erhoben ihn teure Genossen; Und nun stürmt' er von neuem in heißer Begier zu ermorden |
380 | Hin mit dem ehernen Speer. Doch jenen entrückt' Aphrodite Sonder Müh, als Göttin, und hüllt' in Nebel ihn ringsher; Setzt' ihn drauf in die Kammer, von duftender Würze durchräuchert; Schnell dann Helena suchend enteilte sie. Jene noch fand sie Dort auf ragendem Turm, und umher viel troische Weiber. |
385 | Leis' ihr feines Gewand voll Nektarduft ihr bewegend, Redete sie, in Gestalt der wollekrämpelnden Greisin, Hochbetagt, die ihr einst in heimischer Burg Lakedämons Liebliche Wolle gezupft, und ihr am meisten geliebt war; Dieser gleich an Gestalt, begann Aphrodite die Göttin: |
390 |
Komm; dich ruft Alexandros, mit mir nach Hause zu kehren. |
395 |
Jene sprach's, und erregt' ihr das wallende Herz in dem Busen. Grausame, warum strebst du, mich nochmals schlau zu verleiten? |
400 | Soll ich vielleicht noch weiter die wohlbevölkerten Städte Phrygiens, oder der holden Mäonia Städte durchwandern, Wenn auch dort ein Geliebter dir wohnt der redenden Menschen? Drum weil jetzt Menelaos den edlen Held Alexandros Überwand, und beschleußt mich heim, die Verhaßte, zu führen; |
405 | Darum schleichst du mir jetzo daher voll trüglicher Arglist? Setze zu jenem dich hin, und verlaß der Unsterblichen Wandel; Und nie kehre dein Fuß zu den seligen Höhn des Olympos: Sondern teile des Sterblichen Weh, und pfleg' ihn mit Sorgfalt, Bis er vielleicht zum Weibe dich aufnimmt, oder zur Sklavin! |
410 | Dorthin geh' ich dir nimmer, denn unanständig ja wär' es, Ihm sein Bett zu schmücken hinfort. Des würden mich alle Troerinnen verschmähn; und Gram schon lastet das Herz mir! Aber voll Zorns antwortete drauf Aphrodite die Göttin: |
415 | Und so sehr dich hassen, als innig mein Herz dich geliebet! Beid' entflammt' ich die Völker sodann zu verderblicher Feindschaft, Troer sowohl wie Achaier; dann raffte dich böses Verhängnis! Jene sprach's; und verzagt ward Helena, Tochter Kronions. |
420 | Still, unbemerkt den übrigen Fraun; und es führte die Göttin. Als sie nunmehr Alexandros gepriesene Wohnung erreichten, Wandten die dienenden Mägde sich schnell zur befohlenen Arbeit. Jene trat in ihr hohes Gemach, die edle der Weiber. Einen Sessel ergriff die holdanlächelnde Kypris, |
425 | Trug und stellt' ihn, die Göttin, dem Held Alexandros entgegen. Helena setzte sich drauf, des Ägiserschütterers Tochter, Wandte die Augen hinweg, und schalt den Gemahl mit den Worten: Kommst du vom Kampfe zurück? O lägest du lieber getötet |
430 | Ha, du prahltest vordem, den streitbaren Held Menelaos Weit an Kraft und Händen und Lanzenwurf zu besiegen! Gehe denn nun, und berufe den streitbaren Held Menelaos, Wiederum zu kämpfen im Zweikampf! Aber dir rat' ich, Bleib' in Ruh, und vermeide den bräunlichen Held Menelaos, |
435 | Gegen ihn anzukämpfen den tapferen Kampf der Entscheidung, Ohne Bedacht; daß nicht durch seinen Speer du erliegest! Aber Paris darauf antwortete, solches erwidernd: |
440 | Ihm ein andermal ich; denn es walten ja Götter auch unser. Komm, wir wollen in Lieb' uns vereinigen, sanft gelagert. Denn noch nie hat also die Glut mir die Seele bewältigt, Auch nicht, als ich zuerst aus der lieblichen Flur Lakedämon Segelte, dich entführend in meerdurchwandelnden Schiffen, |
445 | Und auf Kranaens Au mich gesellt' in Lieb' und Umarmung; Als ich anjetzt dir glühe, durchbebt von süßem Verlangen. Sprach's, und nahte dem Lager zuerst; ihm folgte die Gattin. Beide ruheten dann im schöngebildeten Bette. Atreus Sohn durchstürmte das Heer nun, ähnlich dem Raubtier, |
450 | Ob er ihn wo ausspähte, den göttlichen Held Alexandros. Doch nicht einer des troischen Volks, noch der edlen Genossen, Konnt' Alexandros ihm zeigen, dem Rufer im Streit Menelaos. Nicht aus Freundschaft wahrlich verhehlten sie, wenn man ihn schaute: Denn verhaßt war er allen umher, wie das schwarze Verhängnis. |
455 | Jetzo erhub die Stimme der Völkerfürst Agamemnon:
Hört mein Wort, ihr Troer, ihr Dardaner, und ihr Genossen! |
460 | Und die hinfort auch daure bei kommenden Menschengeschlechtern.
Also sprach der Atreid'; und es lobten ihn alle Achaier. |