Max Eyth
Im Strom unsrer Zeit. Erster Band. Lehrjahre
Max Eyth

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112.

Philadelphia, den 20. August 1867.

In den letzten Wochen war ich abwechslungsweise in Neuyork, Philadelphia, Lambertsville, Trenton, Bordentown, Neucastle, Neuwark, Wilmington, sämtlich Städte und Städtchen in Pennsylvanien, Neujersey und Delaware, um die erforderlichen Kanalgesellschaften zu dem geplanten gemeinschaftlichen Vorgehen zu bewegen. Die Bearbeitung der acht Kanalpräsidenten ist kein Kinderspiel. Zunächst darf der unbekannte Ausländer herzhaften Widerspruchs sicher sein. Es braucht einige Zeit, bis sich die Leute nur die Mühe nehmen, unsre Pläne anzusehen. Geschieht dies endlich, so schauen sie ein wenig auf und werden höflicher. Sobald sich aber die Sache als etwas Neues, noch nicht Erprobtes darstellt, tritt ein Rückschlag ein. Die Geschichte der Erfolge unsrer bisherigen Versuche ist kaum imstande, wieder einige Wärme zu erzeugen. Mittlerweile hat sich doch das eine oder andre der greisen Häupter so weit vergessen, die Idee für »beachtenswert« zu erklären. Von dieser günstigen Wendung, in etwas aufgefrischter Form, werden die andern schleunigst benachrichtigt. Die allgemeine Temperatur steigt ein wenig, und unter scheinbar günstigen Umständen wird der Plan des gemeinsamen großen Versuchs berührt. Darauf plötzliche, entsetzliche Kälte und allgemeiner Stillstand des Fortschritts. Geduld. Einige Zeit ist nötig, um den erschütternden Eindruck des Schlags verklingen zu lassen. Indessen wird der günstigste Kanal für das Experiment ausgewählt und der Präsident Z eines andern entfernten Kanals auf die Vorteile desselben aufmerksam gemacht. Der Präsident Z hat nichts dagegen, wenn die Erfindung auf dem Kanal des Präsidenten A probiert wird, solange man nur ihn selbst in Ruhe läßt. Die Präsidenten U, V, W, X, Y werden von der Ansicht des Präsidenten Z benachrichtigt und nicken die Köpfe, die Präsidenten B, C und D gleichfalls, jedoch unter Kopfschütteln. Der unschuldige Präsident A bleibt vorderhand im Dunkeln. Z, der energische Mann, spricht sogar die Ansicht aus, daß sein Aufsichtsrat »wahrscheinlich« oder »vielleicht« ein solches Vorgehen unterstützen würde, namentlich wenn andre Kanäle sich dabei beteiligen wollten. Die andern Präsidenten denken, daß ihre Aufsichtsräte möglicherweise derselben Ansicht sein dürften. Jetzt ist es Zeit, den Präsidenten A vorsichtig zu benachrichtigen. Der Mann ist versteinert und aus dem ersten Schrecken fängt er leidenschaftlich an, den Kanal des Präsidenten Z zu empfehlen und eine Beisteuer von zweitausend Dollar zu versprechen, wenn man seinen Kanal in Ruhe lasse. Schleunigst werden wieder die andern von diesem großmütigen Anerbieten benachrichtigt, das ein sicherer Beweis ist, wie sehr sich Präsident A von den Vorteilen unsers Systems überzeugt hat. Großer Rückschlag, denn die Erwähnung einer runden Summe war gefährlich, und so windet sich die Sache in Schlangenwindungen ins Endlose. Wenn sonst nichts draus wird, wird doch eine Komödie draus. Man glaubt nicht in Amerika zu sein, dessen kecker Unternehmungsgeist in der Alten Welt zum Sprichwort geworden ist. Aber die Menschen sind sich überall verzweifelt ähnlich.

Indessen schloß ich gestern den ersten Vertrag bezüglich dieses Plans mit einem der pennsylvanischen Kanäle, dem Raritan, schwarz auf weiß ab. Ein greifbarer Sieg wenigstens ist gewonnen; die folgenden sind hoffentlich leichter.


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