Max Eyth
Im Strom unsrer Zeit. Erster Band. Lehrjahre
Max Eyth

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53.

Schubra, den 28. Oktober 1863.

Im großen stockten die Geschäfte, im kleinen sind sie zum Ersticken.

Zuerst vom Ersticken!

Während des Morgens statte ich gewöhnlich Halim-Pascha einen Besuch ab. Mein Verhältnis zu ihm bleibt fortwährend ein gleich gutes. Aber auch täglich sehe ich Beispiele, wie wenig man sich auf diese Herren verlassen kann, selbst wenn sie zu den besten gehören. – Sodann muß ich nach jedem Bolzen, nach jedem Backstein selbst sehen, muß Maurer, Bauführer, Schlosser, Schmied und Ingenieur in einer Person sein, wenn wir vorwärts kommen wollen. Dafür hat man allerdings auch ein andres Gefühl, wenn etwas fertig geworden ist, als in Europa.

Nun von der Stockung!

Ihre Hauptursache liegt am Nil, der unmäßig groß ist, bedeutende Strecken der Eisenbahn zerstört hat und das Land in allgemeine Unordnung bringt. Sonst hätte ich wohl das angedrohte Zeltleben in Kassr-Schech bereits begonnen; denn in Alexandrien liegen Kisten und Kasten genug für mich. Dort soll die Verwirrung bodenlos sein. Ägypten scheint in diesem Jahr, neben dem Nil, auch von englischen Maschinen förmlich überschwemmt zu werden. Die Dampfer in Liverpool, von allen Seiten gedrängt, nehmen alles, was ihnen gerade am nächsten liegt, ohne Ansehen der Person, der Kisten und ihrer Bestimmung, an Bord und laden es ebenso sorglos in Alexandrien aus, so daß die Not und der Jammer der hiesigen Ingenieure grenzenlos zu werden droht. Von Alexandrien nimmt dann jeder, was ihm zu gehören scheint, schleppt es in den einen oder andern abgelegenen Winkel des Landes und hat schließlich ein halbes Dutzend Röhren zuviel und sechs Räder zu wenig im Schlamm des Deltas liegen, während ein andrer in Oberägypten sich über seinen Überschuß an Rädern und seinen Mangel an Röhren verwundert. Ich freue mich schon längst auf meinen Anteil an dem allgemeinen Jammer. Denn ein »wackrer Deutscher fürcht' sich nit«!


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