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Schubra, den 7. April 1865.
Der Tag ist hart mit mir umgegangen, so daß ich mich in diesem Augenblick nach einem zwölfstündigen, nur halbwegs gelungenen Versuch, in einer englischen Korndreschmaschine ägyptische Saubohnen zu dreschen, selbst so zerdroschen fühle, wie es ein redlicher Mensch an einem Samstagabend nur irgend wünschen kann. Dagegen ist mir gestern ein Früchtlein in den Schoß gefallen, das lange genug zu reifen gebraucht hat und mich deshalb doppelt freut. Mein Baumwollpflug ist endlich zur Welt gekommen und lebt.
Laßt Euch einmal etwas von landwirtschaftlicher Technik erzählen!
Nachdem ein Feld in gewöhnlicher Weise gepflügt ist, müssen für die Baumwollenkultur parallele Gräben im Abstand von vier Fuß gezogen werden, durch die das Wasser geleitet wird, damit sich die Pflanze einbilde, sie wachse an einem Bach. Diese Gräben werden nach Landesbrauch mit dem gewöhnlichen Pflug gezogen und dann mit der Haue bearbeitet, so daß niedliche Beete entstehen. Ein paar Ochsen machen etwa fünf Morgen im Tag, während zum Häufeln und Herrichten der Beete für den Morgen die Tagesarbeit von sieben bis zehn Fellachin erforderlich ist.
Diese zu ersparen, war die Aufgabe, die ich mir gestellt hatte. Das neue, von den Dampfpflugmaschinen gezogene Gerät besteht aus drei an einem Rahmen befestigten Häufelpflügen, die im Abstand von je vier Fuß drei Gräben von der nötigen Tiefe ziehen. Zwischen denselben stecken auf einer gemeinschaftlichen Achse etwa drei Fuß hohe Scheiben, deren zackige Radreifen auf den aufgeworfenen Boden drücken, die großen Schollen zerbrechen und dem Beet die Form geben, die für die vollkommenste gehalten wird. Die Maschine ist, wie hieraus zu sehen, über zwölf Fuß breit, und eine der Hauptschwierigkeiten war, solche Vorrichtungen zu treffen, daß sie leicht gesteuert und an den Enden des Feldes von einem Mann umgewendet werden kann.
Ihr wißt, welche Geduld es kostete, dieses Ding in England bauen zu lassen und es nach Schubra zu bekommen, wo ich es endlich vor drei Wochen am Nilufer zusammenstellen konnte.
Halim-Pascha, der sich aufs äußerste für die Sache interessierte, war anfangs nicht aus dem Wege zu bringen. Kaum war die Maschine montiert, so wurde nach einer Straßenlokomotive geschickt, um sie unter seiner eignen Leitung ins Feld zu schleppen. Dasselbe war etliche Meilen entfernt, und die Wege kaum gangbar. An einer Stelle, wo, von Bäumen eng begrenzt, die Straße einen scharfen Winkel bildet, so daß die Lokomotive, indem sie um die Ecke bog, förmlich senkrecht zur Richtung des Riesenpflugs zog, sollte letzterer für diesmal sein Ziel erreichen. Das Gestell gab nach und, mächtige Winkeleisen wie Weiden abbiegend, brachen die Vorderräder zusammen.
Worauf Halim-Pascha eiligst nach Hause fuhr.
Mir war es eigentlich recht, denn der Unfall, der an sich nicht viel zu bedeuten hatte und der durch ein paar Verstärkungsplatten für immer vermieden werden konnte, ließ mir Zeit, eine Anzahl von wesentlichen Abänderungen zu treffen, ohne die ich höchst ungern die eigentliche Prüfung vorgenommen hätte.
Vierzehn Tage später stand denn der Pflug wieder im Felde, und nach etlichen Minuten ritt ich frohen Herzens zu Halim, um ihn zu holen. Schnurgerade zog der mächtige Apparat seine fußtiefen Furchen durch den Boden; die Beete hinter ihm lagen so glatt und leicht da, wie Ägypten sie seit Pharaos Zeit noch nicht gesehen hatte, an den Enden drehte sich das Ding, von einem kleinen Jungen gehandhabt, und obgleich ich es nur langsam laufen ließ, wurden doch in einer Stunde mit Leichtigkeit dreieinhalb Morgen gemacht.
Tut acht Paar Ochsen und dreihundertundsechzig Mann täglich.
Der Erfolg war so durchschlagend, daß mich Halim-Pascha aufs wärmste beglückwünschte und nicht müde wurde, das Feld auf und ab zu rennen und seine Mamelucken, Verwalter und wer sonst zur Hand war, auf die Vorzüglichkeit der Sache aufmerksam zu machen.
Ich war halbtot am Abend, denn eine derartige Sache glücklich durch ihre technischen Schwierigkeiten durchzuschlagen, ist bei den hiesigen halbwilden Verhältnissen kein Spaß. Doch war unter solchen Umständen auch das Gefühl des Halbtotseins ein so erfreuliches, daß ich mir alsbald einen Feier- und Festtag vergönnt hätte, wenn die Saubohnen nicht gedroschen werden müßten.