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Dramatisches.


Auf der Hochzeitsreise.

Schwank in einem Akt.

Personen:

Er. Sie.


Zeit: Gegenwart.

Ort: Schweiz, elegantes Hotelzimmer mit Aussicht auf die Berge.


Sie: (sitzt nachdenkend auf einem Fauteuil.)

Er: (eine Zigarette rauchend steht vor dem
Fenster und sieht auf die Landschaft.)

Sie: Geliebter, komm zu mir,
Ich muß dich etwas fragen;
Doch bitt ich gleich um eins:
Die Wahrheit mir zu sagen.

Er: Da bin ich schon, mein Lieb,
Doch frage nicht zu viel,
Die viele Fragerei
Sie stört der Liebe Spiel.
Ein junges Ding wie du,
Das darf nicht alles wissen –
(Sie will Einwendungen machen)
O schweig, wir sind hier nur,
Zu lieben und zu küssen.

Sie: Das sagtest du mir heut,
Ich glaub, zum sechsten Mal!

Er: Von deinen Fragen all
Vergaß ich schon die Zahl!

Sie: Nur eine Frage jetzt –

Er: Du meinst, nur ein' zur Zeit –
Du siehst entzückend aus
In deinem weißen Kleid!
Man sag mir, was man will,
Weiß deinen Reiz erhöht,
Die weiße Farbe ist's,
Die dir am besten steht.

Sie: Dank für das Kompliment.
Nur Weiß zieh ich noch an,
Weil's dir so gut gefällt,
Mein heißgeliebter Mann.
Doch jetzt –

Er: jetzt gehn wir aus,
Das Wetter ist so schön,
Laß auf die Berge uns,
Laß uns ins Freie gehn.

Sie: Ich geh, wohin du willst.
Hier diesen Kuß, mein Lieb –
Auf eine Frage nur
Mir deine Antwort gib.

Er: Die ew'ge Fragerei –

Sie: Sie stört der Liebe Spiel –

Er: Ich bitt, Geliebte, dich,
Ach, frage nicht so viel!

Sie: Schweig still, ich weiß, jetzt kommt:
Ich darf nicht alles wissen,
Denn ich, denn wir sind hier,
Zu lieben nur und küssen!
Doch du entweichst mir nicht,
Es komme was da will,
Die eine Frag ich stell,
Und dann, dann bleib ich still,
(schnell) Sag, willst du nie bereun –

Er: Wie scheint die Sonne rot –

Sie: Daß du dein Herz mir gabst? –

Er: Du quälst mich noch zu Tod!

Sie: Die Frag ist jetzt heraus!

Er: Ich sag nur: Gott sei Dank!

Sie: Des Zweifels böse Qual
Die macht mich, ach, noch krank!

Er: Du tust mir wirklich leid,
Ich ruf den Doktor her,
Denn diese Frag, mein Lieb,
Gibt mir zu denken sehr.
Zunächst nimm diesen Kuß –

Sie: Ich geb ihn dir zurück,
Doch jetzt gib Antwort mir
Und kröne all mein Glück.

Er: Die Antwort ist nicht leicht
Und mir Bedenken schafft,
Denn was mein Herz betrifft,
Bin ich gewissenhaft.

Sie: Das weiß ich, teurer Freund,
Drum geh ich auf den Grund;
Erleichtre dir dein Herz
Und öffne deinen Mund!

Er: So denke doch mal nach –
Wie kann ich wissen heut,
Was mir nach langer Zeit
Mein Herz dereinst gebeut?
Es können Engel gar
In Teufel sich verwandeln,
Und kann man Teufel doch
Wie Engel nicht behandeln;
Ich fühle nur und weiß:
Du warst bestimmt für mich,
Und sage dir aufs neu:
Ich liebe, liebe dich!
(zieht sie an sich und küßt sie zärtlich)

Sie: Das weiß ich, glaub es dir,
Doch was mir Ruh nicht gibt –
(eindringlich) Wirst du auch nie bereun,
Daß du mich so geliebt?

Er: Ich weiß es wirklich nicht,
Was ich dir sagen soll,
Du machst mit dieser Frag
Zu guterletzt mich toll!
(denkt nach, während sie ihn ängstlich ansieht und nervös an ihrem Taschentuch zupft.)
Ich hab's: (mit erhabner Stimme) sollt ich die Lieb –
Ohn deine Schuld – bereun –
Ich merz sie aus, um sie –

Sie: (ihn unterbrechend in heftiges Weinen ausbrechend)
Das hab ich mir gedacht!
Ich unglücksel'ge Frau,
Jetzt ist mein Glück dahin,
Nie mehr ich dir vertrau.
Verstellung nur und List,
Die Jugend zu betören, –
O, weh mir, daß ich dich
verblendet konnt erhören!
(lauter weinend).

Er: So sei vernünftig doch,
Ich bitte dich, sei still,
Und hör doch endlich auf
Mit dem, mit dem – Gebrüll!

Sie: Das ist zu stark, mein Herr,
Sie sind ein Grobian!
Ich hab Sie jetzt erkannt –
O eitler, leerer Wahn! –
Ich kehr zurück nach Haus,
Das wird das beste sein,
Und reiche heute noch
Die Scheidungsklage ein.
(Er versucht vergeblich zu Wort zu kommen;
während des Weitersprechens legt sie Hut,
Mantel und Handschuhe an).

Ach, schweigen Sie, mein Herr!
O, wär ich doch erst fort!
Mein Gott, wie stehn Sie da
Und reden nicht ein Wort!

Er: Jetzt hab ich bald genug,
Es wird mir nun zu bunt.
Ich bitt dich – ich befehl,
Jetzt halte deinen Mund!

Sie: (ihn von unten bis oben langsam ansehend)
Befehlen?! Sie?! und mir?!
Sie sind wohl nicht bei Trost?!
Ich könnte lachen fast,
Wär ich nicht so erbost!
Mein Herr! Sie kennen mich nicht;
Wir Frauen, wir sind frei,
Die Unechtschaft und das Joch –
Pah – die sind längst vorbei!
Sie denken, ich sei schwach
Und Sie – der starke Mann?
(von oben herab)
Sie sind – ich hasse Sie –
Sie sind ein – ein – Tyrann!

Er: (nimmt, während sie noch nicht mit dem
Handschuhanziehen fertig ist, schnell Stock
und Hut und eilt zur Tür).

Jetzt drängen Sie, Madame,
Die letzte Regung nieder,
Adieu, ich gehe fort.
Sie sehn mich niemals wieder.

Sie: (hat seine Bewegung beobachtet, erreicht
die Tür vor ihm und stellt sich mit
ausgebreiteten Armen vor diese; wütend)

Auch das noch! Nein, mein Herr,
Das ist nicht zu ertragen,
Jetzt fehlte nur noch eins,
Sie würden mich noch schlagen.

Er: Wo bleibt da die Vernunft?!
So laß zu Wort mich kommen!
Bis jetzt hat man ja nur
Dein – süßes Wort vernommen!

Sie: So reden Sie, mein Herr,
Wenn Sie noch reden können,
Wenn Sie mir armen Wurm
(weint wieder)
Gerechtigkeit noch gönnen.

Er: (nimmt sie bei der Hand, zieht sie auf das
Sopha und setzt sich neben sie; sie sträubt
sich anfangs, folgt dann aber seinem
energischen Blick)

Jetzt unterbrich mich nicht
Und hör mich ruhig an!
Wenn ich zu Ende bin,
Erst dann, dann kommst du dran!

Sie: (hält sich das Taschentuch vor den Mund,
bewegt die Finger nervös trommelnd auf
dem Tische, rückt hin und her und sieht
ihn schließlich entschlossen an).

Er: Es spielt ein Mann ein Los.
Die Ziehung war vorüber,
Da kam der Kollekteur
Und sagte: Ach, mein Lieber,
Ich störe Sie doch nicht?
Es tut mir wirklich leid –
Worauf der andre rief:
Ich hab jetzt keine Zeit!
Ich kenn schon Eu'r Gebet:
Bin wieder durchgefallen –
'Ne andre Nummer jetzt, –
Die sicherste von allen –
Nein, nein, mein alter Freund,
Das Spielen ist jetzt aus! –
Und damit drängt er ihn
Recht unsanft aus dem Haus!
Ob er auch protestiert
In seinem tiefen Baß,
Man läßt ihn nicht zu Wort,
Ruft nach: Ich kenne das! –
Dann kam man vom Gericht,
Legt alles unter Siegel,
Bis auf das alte Los,
Es steckte hinterm Spiegel.
Der Ärger er war groß,
Blamage unerträglich –
Da kam ein Telegramm –
Nichts war ihm jetzt unmöglich.
In Hast reißt er es auf –
Von wem? – von Rosenrot?!
Verfolgt der Kollekteur
Ihn denn bis in den Tod?!
Er liest: »Es tut mir leid, –
's war nicht das große Los,
Das Glück bedachte Sie –
Mit 50 000 blos!
Sie wollten's ja, mein Herr,
Aus meinem Mund nicht hören,
Doch dieses Telegramm,
Sie können's nicht verwehren.«
(Sieht sie schweigend an).

Sie: Der Fall ist interessant,
Doch was hat er, je nun,
Mit unserm ernsten Streit,
Mein Herr, ich bitt, zu tun?

Er: Auch ich kam nicht zu Wort,
Du schlugst ja gleich Tam Tam,
Und darum send ich dir
Jetzt auch ein Telegramm!
(Geht an den Schreibtisch, reißt vom Block
ein Telegrammformular, schreibt und gibt
es ihr zusammengefaltet mit galanter
Verbeugung).

Sie: (liest laut)
Sollt ich die Lieb für dich
Ohn' deine Schuld bereuen,
Ich merz sie aus –
(sie wirft das Telegramm auf den Tisch,
zieht das Taschentuch und beginnt wieder
zu weinen; er zwingt sie aber, ihr das
Telegramm in die Hand drückend, zum
Weiterlesen)

(weinend wiederholt sie:)
Ich – merz – sie – aus – um sie –
Sofort dann – zu erneuen!
(Sie fällt ihm um den Hals).

Vorhang fällt.

Schluß.


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