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Fünfzehntes Kapitel.

In denselben Tagen, da beschlossen war, daß Albrecht in einer Maschinenfabrik der Hauptstadt eine Stelle suchen solle, kam ein Brief von Heister, daß seine Frau, mit der er aus Aegypten zurückgekehrt war, schwer krank sei und nach Magdalena verlange. Magdalena reiste mit Albrecht und dem jüngsten Töchterchen nach der Hauptstadt. Jakob blieb allein.

Im Hause des Justizrats war Magdalena herzlich willkommen. Die Frau schlief und man mußte warten, bis sie aufwachte. Unterdes wurde das Vorhaben Albrechts besprochen. Heister erbot sich, ihn bei einem befreundeten Fabrikanten in Arbeit zu bringen, aber Albrecht wollte diese Hilfe erst dann in Anspruch nehmen, wenn es ihm nicht allein gelingen sollte, eine Stelle zu finden.

»Ist Magdalena noch nicht da?« rief die Kranke aus der Nebenstube. Magdalena ging mit Heister hinein, das Kind hängte sich an ihren Rockschoß und trug einen Blumenstrauß.

Ein heller Glanz trat in das halberloschene Auge der Kranken, als sie Magdalena sah.

»Das ist mir lieb, daß du da bist,« rief sie. »Ich danke dir, Emil. Magdalena, du darfst nicht mehr von mir, solange ich lebe. Will's Gott, ist es noch nicht zu spät,« und des Kindes gewahr werdend, und den Strauß empfangend, setzte sie hinzu: »Das ist mir die liebste Blume, die du mir hättest bringen können. Ist sonst noch jemand bei dir?«

»Ja, mein Sohn Albrecht.«

»Laß ihn hereinkommen.«

Albrecht trat ein, und die Frau faßte mit ihrer wunderbar zarten Hand die harte, rauhe des Jünglings und sagte:

»Albrecht, laß dich nur nicht verderben in der Stadt, halt dich rein.«

»Das will ich,« sagte Albrecht.

Heister bat die Kinder, die Mutter mit der Frau allein zu lassen.

Als Albrecht das Haus verließ, begegnete ihm unter der Thür ein eben eintretendes rosiges blondlockiges junges Mädchen. Die beiden sahen einander an und gingen aneinander vorüber.

Drin in der Stube sagte Heister zu dem eintretenden Mädchen:

»Theodora! Nun hast du gute Hilfe. Unsere Magdalena ist angekommen, und da, das fügt sich gut, sie hat ihr jüngstes Kind mitgebracht; du willst ja das Lehrerinexamen machen, da kannst du bei dem Kinde zu unterrichten anfangen.«

Das Mädchen wurde als Tochter des Freundes Hornung in die Krankenstube gebracht und Frau Heister war glücklich, ihrem Liebling endlich die ihr oft gerühmte Magdalena vorzustellen.

In den Nächten und Tagen, da Magdalena und Theodora die Kranke pflegten, wurden sie innig vertraut miteinander. Magdalena hatte nur zu mäßigen, da das eben zur Jungfrau erwachsende Mädchen so verehrungsvoll gegen sie war; das war die erste Frau aus dem Volke, mit welcher Theodora in so nahe Beziehung kam, und sie sah in ihr ein verwirklichtes Ideal.

»Hat Ihnen unsere Justizrätin alles von mir erzählt?« fragte Magdalena.

»Gewiß. Alles.«

»Auch von dem Bittern und Schweren?«

»Davon weiß ich nichts.«

Sie kamen nicht weiter darauf zu reden, und hatte Theodora ihre Lust an der Mutter, so hing das Kind mit inniger Liebe an dem schönen Mädchen, das so viel erzählte und so gut zu spielen wußte.

Eines Morgens sagte Magdalena:

»Fräulein Theodora! Jetzt nehmen Sie mein Kind mit heim und kommen vor morgen mittag nicht wieder.«

»Warum?«

»Wenn Sie durchaus wollen, sage ich's Ihnen.«

»Ja, bitte.«

»Sie sollen nicht dabei sein. Das ist nichts für Sie in jungen Jahren; eh noch einmal Tag wird, löscht unsere gute Frau Justizrätin aus. Ich bitte . . . Nicht laut weinen . . . Geht miteinander in Gottes Namen.«

Die beiden gingen, und in derselben Nacht verschied Frau Heister in den Armen Magdalenas.


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