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Sind keine Böblinger da?

Jedes Kind weiß, daß Christoph Kolumbus Amerika entdeckt hat. Nicht jedermann aber weiß, daß dabei auch ein Schwabe war. Die Schwaben nämlich sind sehr wanderlustig. Es liegt dies wohl an ihrer großen Volkszahl, die einst so groß war, daß das Land sie nicht zu fassen vermochte und man sagte, die Schwaben würden nicht geboren sondern gesät, und der grobe Schwabensame seien die Nüsse, für die der Schwabe so eine Vorliebe hätte. Aber auch im Blut liegt dem Schwaben das Wandern. Ein lateinischer Spruch aus dem 13. Jahrhundert (verdeutscht von Dr. J. Hartmann) sagt von ihnen:

Wenn der Schwab das Licht erblickt,
Wird er auf ein Sieb gedrückt,
Spricht zu ihm das Mütterlein
Und der Vater hintendrein:
Soviel Löcher als da sind
In dem Siebe, liebes Kind,
Soviel Länder sollst du sehen,
Dann magst du zu Grabe gehen.

In allen Kriegsheeren der Welt gab es Schwaben, und sie zeichneten sich aus durch ihren Mut und ihre Verwegenheit. Als daher Christoph Kolumbus kühne Leute suchte, die mit ihm die abenteuerliche Fahrt um die Erde herum nach Indien wagen wollten, da fand sich auch ein Schwabe aus Böblingen bei ihm ein. Siebzig Tage war die kleine Flotille auf dem weiten Meer. Endlich, es war am 12. Oktober 1492, landete sie in Westindien an der kleinen Insel Guanahani. Christoph Kolumbus sprang als erster ans Land, die spanische Fahne in der Hand, und gleich hinter ihm unser Landsmann, der Böblinger. Und als er den Fuß auf die fremde Erde gesetzt hatte, schaute er sich um. Und da er in der Ferne Menschen sah, die staunend und furchtsam zugleich die weißen Ankömmlinge betrachteten, erhob er seine Stimme und rief in die neue Welt hinein: »Sind keine Böblinger da?«   Aber da war weder Stimme noch Antwort, also daß er sich darüber baß verwunderte; denn wohin er bis jetzt gekommen war, hatte er Schwaben und Böblinger gefunden.

(Nach Bebel, Fischart u. a. von K. Rommel, R.)

Schlußvignette

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