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Ums Jahr 1560 lebten die Rottweiler mit der Witwe des Merz von Staffelberg, die damals Schramberg inne hatte, in großem Unfrieden; denn die Rottweiler beanspruchten das Recht der freien Pirsch in den Waldungen der Herrschaft Schramberg, und die Staffelbergerin wollte das nicht zugeben. Eines Tages wählte der Rat 500 Bürger aus, darunter bei 300 Hakenschützen; die sollten das beanstandete Recht mit Gewalt ausüben. Die Merzin war aber auf der Hut. Sie hatte verschiedene Edelleute gewonnen und ließ den »Schmerschneidern und Sichelschmieden« sagen, daß sie bös mit ihnen umgehen werde, sofern sie außerhalb ihrer Mauern den Schrambergischen Forst betreten würden. Diese Drohung machte »nit ein klein Entsetzen unter dem Haufen, zudem die Zunftmeister in staubigen Hütlein hinter dem Ofen blieben«. Unter den Rottweilern war einer, hieß Heinrich Scherer, »dem war gar nit geheuer bei diesem Abenteuer«. Er hieß sein Weib, bevor er aus dem Hausgang ging, das kleine Kind aus der Wiegen bringen und sprach: »Ach Gott, Weib, laß mich doch das Kind vor sehen, ich sehe es wohl nie mehr!« Und als er's geküßt hatte, zog er mit seinem rostigen Eisenhut davon. Es war ein dunkler, nebeliger Tag. Die Rottweiler waren voll Angst vor den Edelleuten; doch schritten sie rüstig fürbaß und kamen »mit ihrer Zugordnung in den Wald hinein.« »Do hat einer unter ihnen, genannt der lang Jörg, mit seinem laut klappernden Harnasch zwen Hasen uftrieben. Das hat ein' große Unordnung unter dem Haufen gegeben.« Doch wurden die Hasen glücklich erlegt. Nicht weit von Sulgen sahen die Jäger auf einer Anhöhe etliche Rosse und Rinder weiden. Da überkam sie die Furcht aufs neue; denn sie vermeinten, es seien die Edelleute mit den Schrambergischen Bauern. »Das hat ein heimlichen Lerman unter sie gegeben,« und es wurde beratschlagt, daß es besser sei, bei guter Zeit und mit ganzer Haut wieder heimzuziehen. »Wer Lust zum Fechten habe, der möge mehr Leut' holen, damit man den Kaiben stark genug wäre.« Also sind sie wieder heimgegangen und haben ihren Herren, den Zunftmeistern, die zwei Hasen überliefert, mit Bericht, welch' große Gefahr sie überstanden hätten. »Von solchem Jagen und Weidwerk derer von Rottweil, auch der überstandenen großen Not, haben Spaßvögel ein Lied gemacht. Das bringt die Rottweiler in großen Zorn, insonderheit die Eisenfresser mit den langen Degen, die mit ihrem Harnisch also geklappert und die Herde Vieh so ernstlich erschreckt haben.«
Rottweil trieb eine große Klag:
Der Merz führt eine scharfe Sprach.
Die Bürger wollten Hasen fahn
Beim Schramberg, sie ließen's aber gahn,
Dieweil sie sahen Roß und Kühe(n)
Gar bald sie fingen an zu fliehen
Und sprachen: Kommt, laßt uns gehn und Leute holen!
Das alte Weib werd uns gestohlen!
(Nach der Zimmerschen Chronik von K. Rommel.)