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Zur Zeit des Grafen Ulrichs V., des Vielgeliebten, von Württemberg (1419 1480) lebte im Benediktinerkloster Murrhardt der Prälat Herbort, den man nur den Abt Güttigott nannte, weil er seine Reden immer mit dem Ausruf »botz, gütig Gott!« bekräftigte. Er war recht haushälterisch gesinnt und sorgte nach Kräften für sein Kloster; dabei hatte er einen heiteren Sinn und freute sich gelegentlich mit den Fröhlichen. Gestorben ist er am 3. Juni 1473 und ward beigesetzt im Chor der Klosterkirche daselbst.
Sein Kloster hatte viel zu leiden durch Belästigungen bei den gräflichen Jagden in den benachbarten Waldungen. Zwar fanden die vornehmen Jäger ein Unterkommen in dem »Fürstenbau« (auf der Südostecke der Murrhardter Stadtkirche), aber der gemeine Troß fiel dem Kloster selbst zur Last. Als nun die Jäger mit ihren zahlreichen Hunden wieder einmal gen Murrhardt gekommen waren, zog der Prälat nach Stuttgart und aß bei Hof. Nachdem er etliche Tage daselbst gewesen war, wurde er gefragt, was er für ein Anliegen bei Hof anzubringen habe man wolle ihm jetzt Gehör schenken. Zunächst gab er kurz zu wissen, daß er für sich selbst nichts auf dem Herzen habe. Er wurde nun umso eindringlicher befragt, warum er dann doch gekommen sei. Da fuhr er heraus: »Botz, Gütiggott! ich wollte wähnen, Kaiser Ludwig (der Fromme, Sohn Karls des Großen) habe zu Murrhardt ein Kloster gestiftet, nun sehe ich aber, daß es ein Hundestall ist, denn meines gnädigen Herrn Hundsbuben und Hunde liegen darin; meine Mönche dürfen nicht singen, die Hunde heulen genug. Ich will deshalb, solang die Hunde in meinem Kloster liegen, allhie nach Hof gehen; denn mein gnädiger Herr vermag mir besser zu essen geben als ich seinen Hunden.« Darauf erwiderte der fromme Graf: »Ziehet heim, lieber Abt, es soll abgeschafft werden;« was denn auch allsogleich geschah.
Auch auf andere Weise suchte er die Einkehr in Murrhardt und Bottwar auf ein Mindestmaß zu beschränken. Die Wege waren zu seiner Zeit stets bodenlos schlecht, und wenn er von seinen Gästen gefragt wurde, warum er sie nicht ausbessern lasse, antwortete er ganz offen: »Botz Gütiggott! es kommen dennoch mehr Gäste, als mir lieb ist.«
Wenn er festsitzende Gäste hatte, die bei ihm bis auf den dritten Tag verharrten und immer noch nicht wegreiten wollten, so ließ er sie durch seinen Kämmerling fragen, ob sie auch wüßten, warum Christus nicht länger als bis zum dritten Tage im Grabe gelegen wäre. Wenn dann der eine, wie der andere dieser lästigen Tischgenossen das aufgegebene Rätsel nicht zu lösen wußte, so sagte der Kümmerling in trockenem Tone: »Mein Herr, der Abt, sagt, Christus sei selbige Zeit bei seinen guten Freunden, den Patriarchen und Propheten, in der Vorhölle (dem Fegfeuer) gewesen, habe sie alsdann sofort solcher Last entlediget, um damit uns anzuzeigen wenn einer einen guten Freund besuche und bei ihm bleibe bis zum dritten Tag, so wisse er genugsam, wie dieser lebe und sich befinde, und es sei nicht nötig, daß er länger allda bliebe, sondern er solle wegziehen,« So merkte dann jeder Gast, daß er unwert war, und zog seinen Pfad weiter.
Einst ritt der Abt gen Bottwar und sah vor der Stadt viel Gänse in einem Dinkelacker gehen, welcher dem Kloster Murrhardt gehörte. Da schickte er seinen Diener, der mit ihm ritt, in die Stadt und ließ jeder Gans einen Kübel kaufen und mit Wasser gefüllt in den Acker stellen, indem er sagte, die Gänse möchten Durst sterben und die Bürger von Bottwar könnten sagen, die Gänse hätten an seinem Dinkel den Tod gefressen und hernach von ihm »Bekehrung« (Entschädigung) begehren. Nun ritt er in die Stadt hinein, berief den Vogt zum Morgenessen und erzählte ihm den Handel mit den Gänsen: er sehe, daß die von Bottwar es getreulich mit ihm meinen, denn sie trieben ihre Gänse in seine Frucht, damit er »das Schnitterlohn entpfor hätte,« d. h, es ersparen könnte. Wenn er dergleichen sollte gewärtig sein, daß er seine Äcker für die Gänse derer zu Bottwar sollte säen und bauen, so wollte er sie lieber baulos liegen lassen, dann hätte er das Baugeld bevor. Hierauf schickte der Vogt jemand hin, um zu erkundigen, wem solche Gänse gehört hätten; diese mußten den Dinkel und die Kübel dem Abt wohl bezahlen.
Wegen solcher und ähnlicher Einfälle gab es bald üble Nachreden. Seine Gegner, namentlich diejenigen beim »Hofgesinde«, behaupteten offen, der Abt sei ein »kindisch törichter Mann«, arbeiteten mit aller Macht gegen ihn und setzten im Jahre 1469 seine Absetzung durch. Als ihm Eröffnung hievon gemacht wurde, sagte er zu den gräflichen Räten, die zugegen waren: »es sollte ein Mann herfürgehen, der sagen dorfte, er hätte Sankt Januarium (den Klosterheiligen) je umb einen Heller verletzt,« »Aber die Glocken war gegossen, der gute Abt mußte von der Abtei.«
(Nach Widmanns Chronica von Hall von A. H.)