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Am südlichen Abhang des Michelsberges liegt abseits vom eigentlichen Zabertal auf der Flur »Rauhe Klinge« bei Cleebronn der kleine Weiler Treffentrill oder Tripstrill. Ein seltsamer Bericht, den man Jahrhunderte lang ernst nahm und der vom Volk zum Teil heute noch geglaubt wird, erzählt von dem römischen Hauptmann Trepho, welcher zur Zeit des Kaisers Probus um das Jahr 280 unserer Zeitrechnung daselbst ein Landhaus baute, das er zu Ehren seiner Gattin Truilla Trephonius Truilla nannte. Daraus soll mit der Zeit ein großer Ort geworden sein, in welchem der fromme Bonifatius eine Kirche zur heiligen Katharina erbaute, wohin jährlich auf ihren Namenstag (25. November) viel gewallfahrtet wurde. Dieses alte Treffentrill habe Pfalzgraf Ruprecht kurz vor 1400 zerstört.
Dieselbe Örtlichkeit suchte man 1659 wieder hervor, als nämlich die kurmainzischen Beamten das verfallene liebensteinische Lehen beim Michelsberg übernahmen, und sie benamsten nun mit diesem rätselhaften Worte die Schuttstätte des untergegangenen großen Gehöftes Rauhenklingen. So kam der Ortsname Treffentrill in ein Cleebronner Lagerbuch vom Jahr 1685 hinein und ging allmählich in den Volksmund über. Das heutige Treffentrill oder Tripstrill wurde aber und zwar so ziemlich auf demselben Grund und Boden erst 1798 zu bauen begonnen, und alsbald ward es zum Schauplatz des Schwanks von der Pelz- oder Altweibermühle bestimmt.
Unsere Väter hatten schon früher eine große Freude an lustigen Bilderbogen mit Versen, die als Flugblätter eine ziemliche Verbreitung fanden. Solche hatten namentlich das Verhältnis der beiden Geschlechter zu einander zum Gegenstand. Wir erwähnen nur einige: »der Baum der Liebe«, »der Weibermarkt«, »die Mitgift«, und namentlich »die Weibermühle« zur Verjüngung alter Ehefrauen, Gerade diese hat bis auf diese Stunde der Volksmund treu erhalten und für absehbare Zeiten an unser Tripstrill geknüpft, während die anderen der Vergessenheit anheimfielen. Um die Mitte des 19. Jahrhunderts wies man die Fremden, welche den Michaelsberg besuchten und scherzhaft nach der Pelzmühle fragten, neckisch auf das einzeln stehende Waschhaus unter dem Weiler hin, wo junge und alte Weiber hinter dem Waschzuber ebenso fleißig mit der Zunge als mit den Händen arbeiteten. Später blühte auf den sonnigen Wiesen noch das Geschäft der Leinwandbleicherei, wo manches alte Weibchen auf der Bildfläche erschien. Das alles ist dahin; aber die lachende Schöpfung des dichtenden Volksgeistes macht eine erfreuliche Ausnahme von der Wandelbarkeit der Dinge unter dem Monde. Und während ehemals die Altweibermühle gleichsam in der Luft schwebte, steht sie nunmehr auf festem Boden, und der kleine Weiler hat im Bewußtsein der Gegenwart den Alleinbetrieb derselben. Ja, die ganze lustige Geschichte hat allmählich ausgesprochen schwäbische Eigenart angenommen.
Tripstrill ist heutzutage also in jedermanns Mund, und doch ist sein Ruhm nicht sonderlich fein. Schon der wörtliche Sinn des Ortsnamens besagt, daß man hier nichts Rechtes zu finden hoffen könne; denn der Trips oder die Trefze ist eine Art wilden Habers, und die Drille bedeutet eine notdürftige Mühle, auf welcher dieser geschrotet wird also wäre »Trefzendrille« oder Tripstrill eine unzulängliche Mahleinrichtung für das geringwertigste Getreide. Noch deutlicher ist jene geringe Meinung von Tripstrill in einer Anzahl von Redensarten zum Ausdruck gebracht. Einem Naseweis kann auf seine Frage: »Wohin geht's?« wohl die Antwort werden: »Nach Tripstrill, wo die Leute krumme Nasenlöcher haben; wo der Bach über den Weidenbaum fließt; wo die Gäule Eier legen und die Esel Feigen geben; wo die Hunde mit dem Schwanz bellen; wo die Gänse Haarbeutel tragen und die Enten Perücken.« Fragt er nach dem Woher? so bekommt er den Bescheid: »Von Tripstrill, hättest es schon vorher wissen sollen«; und will er wissen, wo dies oder jenes passiert sei, so heißt es wohl: »In Tripstrill, wo niemand drin ist« (Niemands- oder Nirgendheim).
Diesen Nachreden gegenüber erscheint die Weibermühle als ein wahrer Vorzug, in dessen Besitz das kleine Tripstrill durch reinen Zufall und ohne jegliches Verdienst ganz unerwartet gelangte. Seine Bewohner freuen sich gemeinsam mit den zahlreichen Besuchern des vorderen Strombergs über den schönen Traum, welchen der Inhalt des bekannten Schwanks gleichsam widerspiegelt, und gönnen jedem ihrer Nebenmenschen die unschuldige Freude, sich bei ihnen glücklich zu fühlen.
Wir lassen nun den ältesten vollständigen Bericht über die Weibermühle (etwa 1630) in folgenden Versen zur Geltung kommen:
Ich habe all mein Tag gehört,
Das Alter sei gar sehr unwert,
Wie dann oft manchem Mann tut grauen
Ob seiner ungestalten Frauen,
Die jetzt bekommen schmale Backen,
Runzelte Stirn, Zähn', die nicht hacken,
Daß er sie gleich nicht mag ansehen,
Wie öftermalen tut geschehen.
Diesem Unheil nun zuvorzukommen,
Hat sich ein Meister unternommen,
In seinem Kopf viel phantasiert,
Auf alle Weg' auch disputiert,
Wie er ein Mittel möcht' ergründen
Und eine solche Kunst erfinden,
Daß er ein alt Weib jung möcht' machen;
Hat soweit nachgedacht die Sachen,
Bis er ein' Windmühl hat erfunden,
Daß er's kann in wenig Stunden;
Die steht nicht weit auf ebenem Land,
Ist worden vielen schon bekannt.
Drum bringen ihm viel ihre Weiber,
Schön jung zu machen ihre Leiber;
Teils bei der Hand sie sittsam führen,
Teils, daß sie nicht viel Zeit verlieren,
Sie auf Schiebkarren bringen dar,
Auf Wägen, auch in Schiffen gar,
Dem Müller solche übergeben,
Der tut sie dann aufschütten eben.
Wann dann ein junger starker Mann
In die Läng' nicht wohl warten kann,
So läßt er sich das Geld nicht dauern,
Gibt guten Sold ohn' alles Trauern,
Daß die Sach' bald geliefert werd',
Daß sich der Meister nicht beschwert,
Tut sie desto bälder schütten auf
Und schaut, daß die Mühl tapfer lauf'.
Dann fallen sie mit großem Wunder,
Schön, hurtig, frisch und jung herunter,
So daß mit Freuden jeder Mann
Ein junges Weib empfahen kann
Und mit ihr wieder zeucht nach Haus.
Und so ein Mann zu lang bleibt aus,
So laufen sie selbst heim mit Macht.
Schau! solche Kunst ist nun erdacht,
Daß das alt' Weib werd wieder geehrt,
Ist ihrem Mann nicht mehr unwert.
Ein Erfolg der Tripstriller Verjüngungsmühle kann aber auch ihre unangenehme Kehrseite haben. Darüber gibt uns ein schalkhaftes Volksschaustück eine überraschende Auskunft. Als die Tripstriller Weibermühle eines schönen Tags in Betrieb gesetzt ward, hatten vier Männer große Not, ihre betagten Frauen zur Mühle zu bringen. Wie erschraken sie aber, als nach vollzogener Kur die jungen Frauen an ihren alten Männern keine Freude mehr hatten, sondern in einer anderen Ehe altersgemäß versorgt sein wollten. Der Müller mußte seine ganze Beredsamkeit aufwenden, um die Paare wieder zu vereinigen; er versprach schließlich, demnächst auch noch eine Altmännermühle einzurichten und zu eröffnen, und auf dies bindende Versprechen hin fügten sich die Frauen, und die vier Paare sangen zum Preise des Menschenbeglückers von Tripstrill gemeinsam ein rührendes Lied, dessen Schluß wir hier mitteilen:
Wir loben nun alle den Erfinder der Mühl'
Der jetzt alle Männer gebracht zu dem Ziel,
Daß für alte Weiber
Mit runzligen Leiber(n),
Statt faltiger Wangen
Sie wieder empfangen
Ein hübsches Weibchen, sehr jung und sehr schön.
Die göttliche Mühle soll ewig hier steh'n!
Der Weg zur Pelzmühle steht jedem offen. Das wahre Tripstrill ist eigentlich nur die Kunst, sich innerlich jung zu erhalten, so daß das schöne Wort Schillers in Erfüllung geht: »Hier ist ewige Jugend bei niemals versiegender Fülle.« Es kommt also auf den einzelnen Menschen an, den Tripstriller Glücksfall zu erleben und sich dessen zu freuen. In diesem Sinne schließen wir mit den Worten, welche ein Freund des Zabergäus in ein Cleebronner Fremdenbuch schrieb:
Wer jung ist, wünscht wohl alt zu sein,
An Erfahrung reicher und Ehren;
Wer alt ist, schickt sich übel drein
Und möchte der Runzeln entbehren.
Drum wer
die wieder los sein will.
Reis' in die Pelzmühl von Tripstrill.
(Nach I. Bolte, O. Schanzenbach, F, Lörcher von A. Holder.)