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Was soll ich tun?

In einem stattlichen Marktflecken am mittleren Neckar haben die Leute jeden Sonntag Gelegenheit, nach dem Zusammenläuten Kirchenmusik zu hören. Die Viola oder Bratsche spielt ein Weingärtner, der auch nebenbei ein leidlicher Sänger ist. Er ist mit Leib und Seele bei der Sache, dagegen kommt er seinem werktäglichen Beruf nicht recht nach. So ließ er einst seinen Weinberg im Siehdefür (Seh'-dich-vor) lange ungepflegt daliegen, so daß das Unkraut recht üppig emporschoß und über die stumpigen Pfähle hinauszuwachsen drohte. Das sah ein Nebenlieger mit stillem Ingrimm, und er nahm sich vor, dem Bratschgeiger bei schicklicher Gelegenheit seine Meinung darüber zu sagen. Am nächsten Sonntag kam er in die Kirche, sah den Künstler diesmal aber nicht geigen, sondern hörte ihn eine Solostelle aus einem Kirchenstück von Donz singen, darin es hieß: »Was soll ich tun? was soll ich tun?   soll ich ich tun?« Und jetzt treibt es den Nachbar innerlich an zu sagen, was ihm schon lange auf dem Herzen liegt. Er rief ihm recht vernehmlich zu: »Wie magst noch fragen? Narr, geh' naus in deinen Siehdefür und felg' ihn   mußt ihn aber vorher mähen!« Der Bratschgeiger sang nicht mehr; er klagte hernach, und der Pfarrer gab dem Nachbar einen Verweis vor dem Kirchenkonvent von wegen der passenden Antwort an einem unpassenden Orte. Es ging aber recht freundlich dabei her.

(Nach Nefflens »Vetter aus Schwaben« von A. H.)

Schlußvignette

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