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Richard von Kralik
geb. 1. Okt. 1852 in Leonorenhain
gest. 4. Februar 1934 in Wien

Herbst

Gott, du sollst gepriesen werden;
Denn dein Preis ist alle Welt,
Deine Boten sind die Erden,
Himmel ist dein Siegesfeld.

Donnernd preisen dich die Sonnen,
Dir erklingt der Sterne Kreis,
Vöglein künden deine Wonnen,
Winde flüstern deinen Preis.

Deine Pracht nur zu genießen,
Tratst du aus dem Nichts hervor;
In die Welt dich zu ergießen,
Gingst du durch des Daseins Tor.

Deine Gottheit ist in allen,
Alles Wesen ist in dir.
Du bist in der Sterne Wallen,
Bist im Steine, bist in mir.

Unergründlich deine Gründe,
Aber du bist klar und gut.
Ja, vor dir ist keine Sünde
Und vor dir kein Zweifelmut.

Tod und Übel sind nur Schatten,
Sind nur Schatten deines Scheins,
Aller Zweifel muß ermatten
In der Sonne deines Seins.

Selbst der Jammer weht vorüber,
Die Verzweiflung gibt dir Ehr'. –
Denk' ich dran, so wär' mir lieber,
Daß ich nie geboren wär'.

*

Zum Himmel möcht' ich recken meine Faust,
Durch das Geglitzer jener Sterne greifen
Und meinen Fuß auf ihre Straße streifen,
Zu klagen dem, der droben etwa haust.

Der mich so schrecklich hat herumgezaust,
Der so mir Elend konnt auf Elend häufen,
Daß es mich ekelt, durch die Welt zu schweifen,
Daß wild das Blut mir mein Gehirn durchbraust.

Doch kalt nur seh' ich Stern an Sternen funkeln;
In jenen Öden hast du nichts zu suchen,
Nur höhnisch starrt's herab auf deine Fragen.

Und eng und enger will es mich umdunkeln:
Mein eignes Herz nur bleibt mir zu verfluchen,
Mein eigner Sinn nur bleibt mir anzuklagen.

Der Rosenkranz

Bei dem Sohn, den du, o Jungfrau,
Von dem Geist empfangen hast,
Den du vom Gebirg getragen
Einst mit Freud und Bangen hast;

Bei dem Kind, das du, o Jungfrau,
In dem Stall geboren hast,
In dem Tempel aufgeopfert
Und daselbst verloren hast;

Bei dem Heiland, deinem Sohne,
Der für uns sein Blut vergoß,
Der für uns gegeißelt worden
Und gekrönt mit Dornen bloß;

Der für uns das schwere Kreuze
Wie ein Lamm getragen hat,
Der für uns gekreuzigt worden
Schmählich an Verbrecher Statt;

Bei dem Gott, der von dem Tode
Glorreich auferstanden ist,
In den Himmel aufgefahren
Hin zu seinen Landen ist;

Der den heil'gen Geist uns sandte,
Der dich selbst, beglückt, versöhnt,
In den Himmel aufgenommen
Und im Himmel hat gekrönt: –
Ruf' ich und erwarte Hilfe,
Denn es ist noch nie geschehn,
Daß Maria den verstoßen,
Der da wollte zu ihr gehn.

 


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