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Peter Rosegger
geb. 31. Juli 1843 in Krieglach
gest. 26.6.1918 in Krieglach
Was die Erde mir geliehen,
Fordert jetzt sie schon zurück.
Naht sich, mir vom Leib zu ziehen
Sanft entwindend Stück für Stück –
Um so mehr, als ich gelitten,
Um so schöner ward die Welt;
Seltsam, daß, was ich erstritten,
Sachte aus der Hand mir fällt. –
Um so leichter, als ich werde,
Um so schwerer trag' ich mich.
Kannst du mich, du reiche Erde,
Nicht entbehren? frag' ich dich. –
»Nein, ich kann dich nicht entbehren,
Muß aus dir ein' andern bau'n.
Muß mit dir ein' andern nähren.
Soll sich auch die Welt anschau'n.
Doch getröste dich in Ruh',
Auch der andre, der bist du!«
Wenn du gehst, wenn du gehst von mir, mein Lieb,
So ist es aus mit mir,
Ich wand're dir nach durch die halbe Welt,
Und such' und ruf' nach dir.
Ich frage den Jäger im grünen Wald,
Den Schäfer auf blumiger Au:
Hast du nicht geseh'n eine schöne Maid
Mit hellen Äuglein blau?
Ich frage den Vogel im Tannenhag,
Den Fisch im Meeresgrund:
Hast du nicht geseh'n eine schöne Maid
Mit rosenrotem Mund?
Ich frage den Gräber am Kirchhoftor,
Den Priester am hohen Altar:
Hast du nicht getraut eine schöne Braut
Mit krausem, güld'nem Haar?
Und weiß ich dich schlafen im tiefen See,
Dann jauchz' ich mit hellem Mut,
Und tauche, mein Lieb, zu dir hinab
In die weiche kühlende Flut.
Und weiß ich dich eines andern Braut
Mit runden Wänglein rot,
Dann leg' ich mich auf die Erde hin,
Und weine, weine mich tot.
Und wenn ich an Lieb' gestorben bin,
So graben sie ein tiefes Grab
Und legen ein Kreuz mir auf die Brust
Und senken mich still hinab.
So hast du dich, Kind, von mir gewend't,
Und ich bin blieben dein.
Gott mit dir, Gott mit dir, du hartes Lieb!
Es hat so müssen sein.
Grab ein, grab ein
In unsrer Mutter reichen Schrein,
Für alle Sorge und Beschwerde
Erliegt dein Lohn in treuer Erde.
Grab ein, grab ein!
Grab einen Schuh
Mit starker Hand, so findest du
Dein Stücklein Brot aus Halmen sprießen,
Oh, mögest fröhlich es genießen!
Grab einen Schuh!
Grab zwei Schuh ein,
So sammelt sich im Grüblein klein
Vielleicht die Quelle frisch und helle
Zur guten Lab' für Leib und Seele,
Grab zwei Schuh ein!
Grab drei Schuh ein,
So wird dich einst ein Baum erfreu'n,
Der hier so tief die Wurzel breitet
Und dessen Dach dir Schutz bereitet,
Grab drei Schuh ein!
Grab vier Schuh ein,
So ist's der Grund zum ersten Stein,
Wenn emsig du ein Haus dir bauest
Und hoffend in die Zukunft schauest,
Grab vier Schuh ein!
Grab fünf Schuh ein,
So blitzt vielleicht des Silbers Schein,
Und tausend gold'ne Fäden weben
Sich herrlich durch dein ganzes Leben,
Grab fünf Schuh ein!
Grab sechs Schuh ein,
Wie leer mag da die Grube sein;
Oh, nimmermehr, da findest du
Das Beste, eine sanfte Ruh',
Grab sechs Schuh ein!