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Erklärung im Reichstage. 10.5.1921
Namens der Fraktion der Deutschen Volkspartei habe ich folgende Erklärung abzugeben:
Die Fraktion ist einmütig der Auffassung, daß die in dem Ultimatum uns zugemuteten Leistungen nicht getragen werden können, ohne die Substanz der deutschen Wirtschaft in einem Maße anzugreifen, daß dadurch ihr Niederbruch herbeigeführt werden könnte. Die Fraktion ist sich dabei bewußt, daß jede Regierung in der Frage der Erfüllung der Entschädigungspflichten positive Arbeit im Rahmen äußerster Anspannung unserer Leistungsfähigkeit versuchen muß, wie Deutschland sie grundsätzlich gegenüber dem Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika zum Ausdruck gebracht hat, einer Leistungsfähigkeit, deren Grundlage die wirtschaftliche Handelsfreiheit Deutschlands sein muß.
Die Durchführung der uns jetzt auferlegten Bedingungen ist insbesondere aber unvereinbar mit der Aufrechterhaltung der heutigen sozialen Lage der deutschen Arbeiterschaft und stellt die Aufrechterhaltung der notwendigen sozialen Gesetzgebung des Reichs in Frage.
Die Bedingungen des Ultimatums beseitigen weiter die Souveränität des Deutschen Reichs auf dem Gebiete seiner Wirtschaftsführung und Finanzgesetzgebung. Sie stellen Deutschland unter eine internationale Kontrolle, die uns nicht einmal die Freiheit läßt, nach unserer eigenen Kenntnis der Kräfte des deutschen Wirtschaftslebens diejenigen Wege einzuschlagen, die nach unserer Überzeugung für unsere Gesetzgebung notwendig sind.
Das Ultimatum verlangt unsere Zustimmung zu solchen Bedingungen in einer Zeit, in der die Grenzen des Deutschen Reichs noch nicht feststehen, wohl aber die Pläne Frankreichs, uns einer der wichtigsten Grundlagen unserer Kraft, nämlich des oberschlesischen Industriegebiets, zu berauben.
Die Forderungen der Entwaffnung sind teilweise nicht einmal vereinbar mit dem Sinn und dem Wortlaut des Friedensvertrages. Sie berauben uns im Osten derjenigen letzten geringen Verteidigungsmöglichkeit, die uns gegeben war. Einem solchen Ansinnen sollen wir in einer Zeit unsere Zustimmung geben, in der das Deutschtum im Osten systematisch der polnischen Verfolgung ausgesetzt ist und in der die Eroberungssucht des polnischen Staates auch unser eigenes Staatsleben bedroht. Selbst die Annahme des Ultimatums würde uns bei der Höhe seiner Bedingungen, deren Erfüllbarkeit niemand garantieren kann, unter Umständen nicht davor bewahren, in absehbarer Zeit vor neuen Vergewaltigungen zu stehen, also auch nicht die Möglichkeit geben, uns wenigstens nach seiner Annahme in Ruhe entwickeln zu können.
Die Versuche, eine Zusicherung darüber zu erlangen, daß im Falle der Annahme des Ultimatums neben anderen Forderungen vor allem der Besitz Oberschlesiens Deutschland gewährleistet werde, hat leider bis zur Stunde zu keinem uns beruhigenden Ergebnis geführt. Damit ist auch für diejenigen Mitglieder der Fraktion, die in diesem Falle gewillt gewesen wären, durch Anspannung der äußersten Kräfte unseres Volkes die zeitweise Erfüllung der Bedingungen zu versuchen, die Voraussetzung entfallen, dem Ultimatum zustimmen zu können.
Aus diesen Gründen hat die Fraktion beschlossen, das Ultimatum abzulehnen.