William Shakespeare
Das Winter-Mährchen.
William Shakespeare

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Fünfte Scene.

Paulina zu den Vorigen.

Paulina. O Jammer über Jammer! Schneidet mir meine Schnur-Brust auf, oder mein Herz zersprengt sie, und berstet zugleich.

Ein Herr vom Hofe. Was ficht euch an, Gnädige Frau?

Paulina kündigt dem Könige, nach einer langen Tirade von Schmähungen, und nachdem sie ihm alle seine Vergehungen in den unanständigsten Ausdrüken vorgeworfen, den Tod der Königin an.

Leontes. Das verhüten die höhern Mächte!

Paulina. Ich sage dir sie ist todt: Ich will es beschwören: Wenn du an Worten und Schwüren nicht genug hast, so geh und sieh selbst: Wenn ihr Farbe in ihre Lippen oder Glanz in ihre Augen, Wärme in ihre Gliedmaassen oder Athem in ihre Brust bringen könnt, so will ich vor euch niederfallen und euch wie einen Gott anbetten – – Aber, o du Tyrann! Zeige keine Reue über deine Thaten; sie sind zu abscheulich um durch alle Qualen die du fühlen kanst abgebüßt zu werden: Für dich ist nichts übrig als Verzweiflung. Tausend Kniee, zehntausend Jahre in einem fort, nakend, fastend auf einem kahlen Gebürge, in immerwährendem Winter und Sturm, könnten die Götter nicht bewegen, dahin zu sehen, wo du bist.

Leontes. Fahre immer fort, fahre immer fort: Du kanst nicht zu viel sagen – – ich hab' es verdient, daß mir alle Zungen das Bitterste sagen, was sie können.

Ein Herr vom Hofe. Sagt nichts mehr – – Die Umstände mögen seyn wie sie wollen, so habt ihr euch durch die unanständige Heftigkeit eurer Reden sehr vergangen.

Paulina. Es ist mir leid; ich bereue alle Fehler, die ich begehen kan, sobald ich sie einsehe. Ach! nun seh ich's, ich habe mich durch die rasche weibliche Hize zuweit fortreissen lassen; er ist bis ins edle Herz verwundet. Was geschehen ist, und keine Hülfe mehr zuläßt, sollte man aus dem Sinne zu schlagen suchen. Betrübet euch nicht so sehr – – nein, lieber laßt mich dafür bestraft werden, daß ich euch an Dinge erinnert habe, die ihr vergessen solltet. Nun, mein gütigster Gebieter, mein Herr, mein Königlicher Herr, verzeihst einem albernen Weibsbilde; die Liebe, die ich zu eurer Gemahlin trug – – (sie weint.) alberne Weichherzigkeit! – – Ich will nichts mehr von ihr sagen, auch nichts von euern Kindern, ich will nicht mehr an meinen eignen Mann denken, der auch verlohren ist. Fasset nur auch ihr Geduld, so will ich gerne nichts sagen.

Leontes. Du hast recht gesprochen, denn du sagtest nichts als Wahrheit; und diese höre ich lieber von dir als dein Mitleiden. Ich bitte dich, führe mich dahin wo die Leichen meiner Gemahlin und meines Sohnes liegen; sie sollen beyde Ein Grab haben. Auf ihrem Grabmal sollen zu meiner ewigen Schande die Ursachen ihres Todes zu lesen seyn; alle Tage will ich einmal die Capelle besuchen wo sie liegen, und die Thränen, die ich dort vergiesse, sollen meine Erquikung seyn. So lange als die Natur bey dieser Uebung dauren kan, so lange gelob' ich an, sie täglich zu halten. Kommt, und führet mich zu diesem traurigen Geschäfte.

(Sie gehen ab.)


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