William Shakespeare
Das Winter-Mährchen.
William Shakespeare

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Sechste Scene.

Leontes. Du hast dein Weib hiezu aufgestiftet, Verräther – – Das soll mein Kind seyn? Weg damit! Eben du, du der ein so zärtliches Herz dagegen gehabt hast, trag es weg, und siehe zu, daß es diesen Augenblik ins Feuer geworfen und verzehret werde; eben du und kein andrer, als du – – Gleich heb' es auf. Noch in dieser Stunde bringe mir die Nachricht daß es geschehen sey, und Zeugen, die mir keinen Zweifel übrig lassen, oder dein Leben, und alles was du sonst noch dein nennest, ist verwirkt: Wenn du dich weigern, und mit meinem Grimm zusammenstossen willst, so sag es: Ich will dem Bastard sein Hirn mit meinen eignen Händen ausschlagen – – Geh, wirf es ins Feuer; denn du hast dein Weib aufgestiftet.

Antigonus. Das that ich nicht, Gnädiger Herr; diese Herren, meine edeln Brüder, können es bezeugen, wenn sie wollen.

Ein Herr vom Hofe. Wir können es, Gnädiger Herr; er hat keine Schuld daran, daß sie gekommen ist.

Leontes. Ihr seyd alle Lügner.

Alle. Wir bitten Eu. Hoheit eine bessere Meynung von uns zu haben. Wir haben euch jederzeit getreulich gedient, und bitten euch, uns hiernach zu beurtheilen; und auf unsern Knien flehen wir, (als um die Belohnung unsrer vergangnen und künftigen Dienste) daß ihr von diesem Vorhaben ablasset, welches so entsezlich, so grausam ist, daß es böse Folgen nach sich ziehen könnte – – Wir alle bitten auf unsern Knien- –

Leontes. Ich bin wie eine Feder, die jeder Wind herumweht wohin er will – – Soll ich leben, um diesen Bastart vor mir knien und mich Vater nennen zu sehen? Besser ihn izt zu verbrennen als ihm dann meinen Fluch zu geben – – Doch sey es; laßt ihn leben – – Nein, das soll er auch nicht – – Ihr, Herr, kommt ein wenig näher – – (zum Antigonus.) Ihr, der mit Dame Margareth eurer Hebamme hier, so dienstfertig gewesen seyd, um dieses Bastarts Leben zu retten, (denn ein Bastart ist es, so gewiß als dieser Bart grau ist – –) was wollt ihr wagen, um diesem Welchselbalg das Leben zu erhalten?

Antigonus. Alles, Gnädigster Herr, was ich fähig bin und Großmuth auflegen kan – – zum wenigsten will ich, ein unschuldiges Geschöpf zu retten, das wenige Blut gerne hergeben, das ich noch in meinen Adern habe – – Alles, wenn es nur etwas mögliches ist.

Leontes. Es soll möglich seyn – – schwöre bey diesem Schwerdt, daß du meinen Befehl vollziehen willt.

Antigonus. Ich will, mein Gebietender Herr.

Leontes. Merke wol auf, und halte Wort – – Denn die Unterlassung eines einzigen Punkts soll gegenwärtiger Tod nicht allein für dich, sondern auch für dein scharfzüngiges Weib seyn, welcher wir für diesesmal vergeben. Wir befehlen dir, so wahr du unser Vasall bist, daß du diesen weiblichen Bastart von hier weg, und an einen abgelegnen einöden Ort, ferne von unsern Landen und Gebieten tragen, und daß du es dort, ohne anderweitige Vorsorge, seinem Schiksal und der Gunst des Clima überlassen sollest – – Der Zufall mag dann seine Pfleg-Mutter seyn oder seinem Wesen ein Ende machen – – Thue es, oder erwarte das ärgste von meiner gerechten Rache – – Heb es auf.

Antigonus. Ich schwöre, daß ich es thun will. Komm dann, armes Kind! Irgend ein mitleidiger Geist lehre Geyer und Raben, deine Ammen zu werden. Man erzählt von Wölfen und Bären daß sie ihre natürliche Wildheit bey Seite gesezt, und dergleichen milde Dienste gethan hätten – – Gnädigster Herr, lebet glüklicher als es diese That verdient – – Armes unschuldiges Geschöpf, sollst du zum Verderben verurtheilt seyn! – –

(Er trägt das Kind hinweg.)

Leontes. Nein, ich will keine fremde Brut in meinem Nest aufziehen.

Ein Bote tritt auf.

Bote. Gnädigster Herr, es ist eine Staffette von euern Abgesandten zum Orakel diese Stunde angekommen. Cleomenes und Dion sind glüklich von Delphi zurük gekommen, und werden in kurzem bey Hofe eintreffen.

Leontes. Es sind erst drey und zwanzig Tage seitdem sie abgereißt sind: Die schnelle Expedition sagt mir vor, daß Apollo die Wahrheit sobald als nur möglich ans Licht gebracht wissen will. Schiket euch an, meine Herren, laßt den grossen Rath zusammenberuffen, damit unsrer treulosen Gemahlin der Proceß gemacht werde; denn da sie öffentlich angeklagt worden, so soll sie auch gerichtlich verhört und überwiesen werden – – So lange sie lebt, wird mir mein Herz eine Last seyn – – Verlaßt mich, und vollzieht meinen Befehl.

(Sie gehen ab.)


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