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Señor Vanegas, Virey von Mexiko, saß, in der Ausübung seiner Oberherrlichkeit begriffen, in seiner Staatskanzlei, gerade sechzig Fuß über den furchtbaren Gewölben, die, bildlich und buchstäblich, die eigentlichen Stützen seiner Gewalt waren. Der Schreibtisch war sehr zierlich, weder mit Akten noch Büchern überladen, wohl aber mit Riechfläschchen und eaux de Cologne und de Rose und Etuis und Kameen. Eine sehr schöne Alabasterbüste Fernando VII. stand auf einer Seite, ein Standbild der Jungfrau der Gnaden auf der anderen. Durch eine der drei offenen Türen des geräumigen Kabinetts konnte man in ein zweites, drittes, viertes und fünftes Zimmer sehen, die alle an Größe und Bevölkerung im Verhältnisse ihres Abstandes vom vizeköniglichen Bureau zunahmen und durch eine Menge von Wachskerzen erleuchtet waren, die zu acht, sechs, vier und auch bloß zwei vor jedem Schreibtisch aufgestellt, zugleich den höheren oder niedrigeren Rang des Schreibenden selbst andeuten sollten. Eine Stille eigener Art herrschte in diesen Zimmern, bloß von den Fußtritten eines Familiars oder dem Geknarre der Federn oder dem Läuten einer Handglocke unterbrochen. Durch eine zweite angelehnte Tür war der diensttuende Page und Kämmerer zu sehen; zuweilen öffneten sich die Flügeltüren dieses Zimmers in einen anstoßenden Saal, aus dem verhuschte Stimmen zu hören waren.
Unmittelbar am Schreibtische vor dem Vizekönig stand ein ältlicher Mann in der schwarzen Kleidung eines Staatsdieners von höherem Range; unter dem Arme ein Bündel Schriften, von denen er eine nach der anderen dem Chef vorlegte. Diese Schriften waren auf der Innenseite bloß zur Halbscheide beschrieben, auf der Außenseite standen unter den langen Titeln der Behörden, an welche sie gerichtet waren, immer einige Zeilen, auf die der Geheimsekretär ehrfurchtsvoll hinwies und die wieder der Machthaber unterschrieb oder mit einigen Bemerkungen begleitete.
Das letztere war soeben der Fall gewesen.
»Wir haben Ihnen bereits geäußert, Señor Fanez, wie wir wünschen, daß Dekretierungen abgefaßt würden; in der Sprache der Staatskanzlei nämlich.«
Das Männchen, an das der Verweis gerichtet war, zuckte zusammen.
»Wir hoffen, Señor Fanez wird sich diesen Wink zunutze machen«, bemerkte der Vizekönig, der die Akte zurückschob. »Sie dekretieren, statt des Befehles, die Weinberge von Oaxaca auszurotten, nichts mehr noch weniger als daß nach der Ordonnanz 55 Buch 5 zu verfahren sei; ein Stil, dessen Sie sich um so mehr befleißigen müssen, als es unser Wunsch ist, in unsere Verwaltung alle die Milde und Gnade zu legen, die –«
Und während der Mann so sprach, lächelte er sanft und wohlwollend!
»Überhaupt bemerken wir,« fuhr er fort, »daß auch in dieser Hinsicht Unordnungen eingerissen sind, die wir nicht länger mehr dulden zu können überzeugt sind, indem sie Folgen nach sich ziehen, die den weise festgesetzten Bestimmungen, nach welchem dieses Land regiert wird, ganz entgegengesetzt sind. Es ist wirklich nicht mehr zu ertragen; selbst Spanier vereinigen sich nun mit Kreolen, um die Gesetze bei jeder Gelegenheit zu umgehen.«
Diese Worte machten den Geheimsekretär, der eine Akte auf den Schreibtisch zu legen im Begriffe stand, abermals zucken. Er warf einen flüchtigen Blick auf den Gebietenden und zog sie zurück.
»Was ist dies, Señor Fanez?« fragte dieser.
»Wir würden untertänigst –« stockte Señor Fanez, so gewissermaßen andeutend, daß ihm etwas am Herzen liege, das er gegenwärtig anzubringen für mißlich halte.
»Ah, die Tabakspflanzungen in Nueva Galicia«, bemerkte der Virey, der die Akte genommen und einen Blick darauf geworfen hatte. »Es muß uns wirklich mißfallen, wie unsere Gouverneure es wagen können, so bestimmt ausgesprochene Gesetze zu übertreten.«
»Bei dem Umstände jedoch – der großen Entfernung dieser Provinz von Veracruz und Orizaba – und daß wirklich mehrere hundert Familien« – bemerkte der Geheimsekretär schüchtern.
Die Exzellenz hatte wieder einen Blick in die Papiere getan.
»Wie?« sprach sie. »Auch die Häuser Ortiz, Cabra und Minaya sind dabei interessiert?«
Die Stirn des Gewaltigen runzelte sich.
»Eurer Exzellenz untertänigst aufzuwarten«; versetzte der Geheimsekretär, der, indem er eine frische Akte zu den vorigen legte, bemerkte: »Hochdieselben werden ersehen, daß die Hacienda Real –«
»Seltsam, die Hacienda Real trägt auf die Beibehaltung der Pflanzungen an. Mit ihr einverstanden ist die Audiencia. Seltsam, seltsam!«
»Wir haben, nach Eurer Exzellenz hocheigenem Befehl, das Gesuch samt der Einbegleitung des Intendanten der Audiencia zur Begutachtung übergeben, die es wieder der Hacienda Real zugewiesen.«
»Das war ganz in Ordnung«, bemerkte der Virey; »und Ihre Meinung?«
Der Geheimsekretär hielt inne, denn die Frage war sonderbar betont, der Blick lauernd, die Miene lächelnd.
»Ihre Meinung?« wiederholte die Exzellenz.
»Bei dem Umstände der großen Entfernung Nueva Galicias,« bemerkte der Geheimsekretär sehr schüchtern, »wie auch, daß mehrere Häuser des Consulado in diesem Geschäft bedeutende Kapitalien – diese drei Häuser würden einmal hunderttausend Duros – im Falle die Bewilligung auf drei Jahre ausgedehnt würde –«
»Kann nicht sein«, bemerkte der Virey. »Die Hacienda Real hat vergessen, daß die Artikel zu sehr im Preise fallen würden.«
Der Geheimsekretär zog eine andere Schrift hervor, die er mit gekrümmtem Rücken überreichte.
»Don Ortiz bietet hunderttausend Duros,« fuhr er stockend fort, »und wenn mit den siebenhundert Kreolenpflanzungen gemäß königlicher Ordonnanz verfahren wird, dreimal hunderttausend – im Vereine mit seinen Associes, welcher Umstand allerdings um so mehr zu beachten, als dadurch die Preise des Artikels hochgehalten würden.«
Der Virey hatte den Sprecher scharf angesehen.
»Das heißt, Don Ortiz und Kompanie wollen dreimal hunderttausend Duros bezahlen, wenn mit den siebenhundert Pflanzungen der Kreolen gemäß königlichem Dekrete verfahren würde«, lächelte der Virey; »kein übler Vorschlag.« Er hielt inne. »Aber dieses Nueva Galicia hat uns zwei der besten Regimenter gestellt, worunter die Hälfte Freiwillige. Diesen Umstand hat sowohl unsere Audiencia als Hacienda Real vergessen.«
Der Geheimsekretär hielt inne und sprach dann:
»Dürften wir unmaßgeblichst, – bei dem Umstände, daß das Consulado so große Verluste erlitten und der Engländer –«
»Ja, ja«, fiel der Virey hastig ein. »Wir wollen dem Consulado diesen Beweis unserer Bereitwilligkeit, ihren Interessen förderlich zu sein, geben, obwohl es den Kreolen einigermaßen auffallen dürfte, –«
»Die Bewilligung zu diesen Pflanzungen, wie Euer Exzellenz sich zu erinnern belieben, wurde von –«
»Von unserm Vorgänger gegeben,« fiel der Virey wieder hastig ein, »und dies ist auch einer der Gründe, der uns bestimmt, sie zurückzunehmen. Dekretieren sie an den Intendanten, mit den siebenhundert Pflanzungen, die Ihnen von der Hacienda Real bezeichnet worden, nach Ordonanza 55 zu verfahren. Wir werden den Kriegsrat beauftragen, die nötigen Truppen zu seiner Verfügung zu stellen.«
»Oh, die Kreolen werden sich dem hohen Befehle um so williger unterwerfen«, bemerkte der Geheimsekretär mit einem Gesicht, das verriet, daß auch für ihn von den dreimal hunderttausend Duros einige Abfälle zu erwarten standen.
»Wir hoffen,« sprach der Virey ungemein ernst, »wir hoffen es, Señor Fanez, obwohl wir uns kaum wundern würden, wenn das Gegenteil stattfände. Wir hoffen auch, unsere Bereitwilligkeit, die Ansichten des Consulado mit denen der Hacienda Real und der Audiencia sowie Señor Fanez in Übereinstimmung zu bringen, werde uns für einige Zeit Ruhe verschaffen. Sie verstehen uns, Señor Fanez. Was gibt es weiter?«
Der Geheimsekretär überreichte ihm eine frische Akte.
»Der Intendant von Valladolid, um Aufhebung der Getreidesperre aus dem Barrio Guanaxuato-Anteil, um so mehr, als die Intendanz außerordentlich gelitten.«
»Die Begutachtung der Audiencia lautet auf Abweisung,« bemerkte der Geheimsekretär, eine andere Akte auf den Schreibtisch legend, »um so mehr, als es gerade diese Intendanz Valladolid ist, in welcher die Rebellion die tiefsten Wurzeln geschlagen, so zwar, daß die meisten Städte und Forts sich in den Händen der Rebellen befinden.«
»Es will uns jedoch bedünken,« versetzte der Vizekönig, »daß die Audiencia zu schnell gewesen.«
Der Geheimsekretär sah ihn lauernd an.
»Dieser Teil von Valladolid hat, wie Euer Exzellenz zu wissen belieben, keine Bergwerke.«
»Aber doch Städte und Dörfer, deren Bewohner infolge des letztjährigen verwüstenden Krieges nun Hungers umkommen.« Er hatte unter diesen Worten unterschrieben.
»Sonst nichts mehr?«
»Kurrente Geschäfte«, bemerkte der Geheimsekretär.
»Die morgen vorgelegt werden mögen«, sprach der Virey mit einem leichten Winke, der als Zeichen der Entlassung galt.
Die drei Unterschriften schienen den Gewaltigen in einiges Nachdenken versetzt zu haben. Er hielt inne und murmelte lächelnd: »Wie sie so lieblich harmonieren, wenn es darauf ankommt! Ah –!« Er sah sich scheu um. »Es war ein Meisterstück,« fuhr er wieder in spanischer Sprache fort, »ein Meisterstück, wie wir die Criollos zu unsern Zwecken benutzt haben. Aber diese viejos cristianos –« Er klingelte.
»Sekretär der Justiz und der Gnaden.«
Die Worte waren kaum ausgestoßen, als der Bezeichnete auch schon eintrat.
»Etwas Besonderes eingelaufen?« fragte der Virey.
»Die Intendanten von Puebla, von Oaxaca und Veracruz senden die Cabildowahlen ein, haben hunderttausend Duros eingetragen, bitten um Bestätigung.«
»«Dekretieren Sie«, sprach der Vizekönig zum Kabinettssekretär des Departements der Justiz und der Gnaden, »an die Intendanten die Bestallung der von uns bezeichneten Individuen, die sogleich ihr Amt antreten mögen; die Diplome werden nachfolgen. Die Summen, die von den nicht genehmigten erlegt worden, sind mit fünf Prozent zu verzinsen, die Kapitale werden der Hacienda Real zugewiesen.«
Der Geheimsekretär antwortete mit einer Verbeugung.
»Oberst Villasante als Kurier«, meldete der Camarero, der aus dem Nebensaale eintrat.
Die Exzellenz nickte, worauf der zweite Kabinettssekretär ab- und ein dritter eintrat, hinter ihm ein Stabsoffizier, dessen bestaubte und etwas derangierte Uniform einen scharfen Ritt ausgehalten haben mochte. Er hatte ein mäßiges Paket unter dem Arme.
»Sie bringen uns Nachricht von unseren Tapfern?« sprach der Virey mit ganz veränderter Stimme und einem vollen Organe, begleitet von einem freundlichen Blick auf den Stabsoffizier und einem zweiten auf den Generaladjutanten, der infolge des erhaltenen Winkes dem Obersten das Paket abnahm.
»Die alle von Begierde brennen, die Kühnheit der Rebellen zu bestrafen und sich mit unvergänglichen Lorbeeren zu bedecken«, erwiderte dieser.
»Die Tapferkeit und Treue unserer Truppen ist so sehr über alles Lob erhaben«, sprach der Virey, »daß wir nur bedauern, ihren Mut nicht auf würdigere Gegenstände gerichtet zu sehen.«
»Die übrigens, wir haben die Ehre, Eurer Exzellenz untertänigst zu versichern, eine Achtung gebietende Position eingenommen haben. Sie fechten brav, diese Rebellen; freilich sind es keine Franzosen.«
Diese letztere Äußerung, obwohl berechnet, das soeben ausgesprochene Lob der Rebellen und so den Ruhm ihres mehrmaligen Besiegers, des gegen sie kommandierenden Generals, zu mäßigen, schien wieder nicht die Zufriedenheit des hohen Mannes erregt zu haben, der jedoch, weit entfernt, dieses zu äußern, die vom Generaladjutanten mittlerweile überreichten Depeschen zu lesen angefangen hatte. Es legte sich eine neue Wolke um die Stirn der Exzellenz.
»Se. Herrlichkeit, der kommandierende General, scheinen einen längeren Widerstand zu besorgen,« bemerkte er, nachdem er die eine Depesche flüchtig durchgesehen hatte – »bitten um Belagerungsgeschütz. Um Belagerungsgeschütz?«
Er wandte sich bei diesen Worten fragend an den Obersten.
»Die Rebellen«, erwiderte dieser, »haben wirklich Cuautla Amilpas auf eine Weise befestigt, die dieses nötig machen wird.«
»Und das Regiment Fernando VII.?« fuhr Exzellenz fort. »Wir zweifeln, ob wir diesen Wunsch erfüllen können.
Wieder einunddreißig Ranchos und Pueblos verbrannt?« bemerkte sie weiter, etwas unwillig. »Unser Consulado hat uns soeben ein Gesuch überreicht um Einhaltleistung unnötiger Strenge, und in diesem Falle scheint sie uns wirklich um so unnötiger, als unser Consulado selbst in den meisten der Pflanzungen interessiert ist. Wir dürfen nicht vergessen, daß wir uns selbst nicht bestrafen müssen.«
Der Kurier sprach kein Wort. »Was hatte es mit diesen Haciendas für eine Bewandtnis?«
»Sind so frei, Eurer Exzellenz zu versichern,« sprach der Oberst, »daß bloß im Exkutionswege verfahren worden; freilich, bei dem Umstände, daß die Exkutionstruppen von Aguardiente de caña erhitzt und von löblichem Eifer und Haß gegen die Rebellen beseelt waren, sind einige Exzesse vorgefallen; aber wir bitten untertänigst bemerken zu dürfen, daß in mehreren dieser Haciendas wirklich Schulen etabliert gewesen, wo Kinder sowohl als Erwachsene im Lesen und Schreiben Unterricht erhielten.« Siehe Anhang: Note IV.
»Sollte«, meinte die Exzellenz lächelnd, »beinahe zweifeln, daß ein solcher Unfug in der Nähe der Hauptstadt – da wir doch alle möglichen Maßregeln genommen – – –«
»Habe die Ehre, untertänigst und auf Parole zu versichern, daß bloß die Schuldigen bestraft wurden; bloß diejenigen, die lesen konnten, ließ man über die Klinge springen. Es war freilich die Mehrzahl, und in der Hitze wurden vielleicht einige hundert Kinder und Mädchen mitgenommen; aber Eure Exzellenz belieben auch am besten zu wissen, wie der Soldat für seine Mühe entschädigt sein will.«
Der Virey hatte während der vorgebrachten Entschuldigung einige Worte auf die Depesche geschrieben. Er sprach nun:
»Wir sind stolz, der Obergeneral von Truppen zu sein, die so getreu die Befehle unseres gnädigsten Herrn exequieren. Harren Sie, Oberst, der Erledigung der Depeschen. Wir hoffen, der nächste Kurier wird uns die erfreuliche Nachricht bringen, daß das verräterische Cuautla Amilpas – existiert habe.«
Und nachdem der hohe Mann seinen Wunsch auf diese großartige Weise zu erkennen gegeben, winkte er dem Kurier gnädig seine Entlassung zu; dann wandte er sich an den Generaladjutanten:
»Es werden zwanzig Stück Belagerungsgeschütze noch diese Nacht abgehen – in aller Stille abgehen. Zugleich bemerken Sie in der Erledigung, daß künftighin zu Exekutionen Kreolen sowohl als Spanier verwendet werden sollen. Man muß billig sein und beiden etwas gönnen. Der Bericht des Generals kommt in die Zeitung, so wie die Exekutionen an den Haciendas. Das erste Bataillon der Compañias Esbeltas erhält gleichfalls Befehle, nach Cuautla aufzubrechen. In zwei Stunden müssen sie auf dem Wege sein.«
Alle diese verschiedenen Befehle wurden mit derselben zierlich kaltblütigen Miene gegeben.
Ein leises Tappen an der Wand ließ sich vernehmen. Der Virey stutzte und horchte.
»Capitán San Gregorio, von Valladolid kommend«, sprach der Camarero.
»Mag eintreten.«
»Capitán San Gregorio,« redete er den Eintretenden an, »derselbe, der für seine glänzende Waffentat an der Puente de Cuenfuges Kapitänsrang erhielt.«
»Eurer Exzellenz aufzuwarten«, sprach der Capitano.
»Wir erinnern uns der Tapfern,« fuhr der Virey fort, »die uns in unseren Feldzügen zur Seite gestanden, mit Vergnügen.«
»Sie haben eine Niederlage erlitten?« bemerkte er nach einer Weile, während er die Depeschen durchflogen hatte.
»Wir hatten wirklich das Unglück«, bemerkte der Capitáno. »Und General Llanos hat sich herab gegen Cuautla gezogen, um sich mit dem Kommandierenden zu vereinigen?« fuhr er fort.
Der Kapitän bejahte es.
»Achthundert Tote, Verwundete und Gefangene – bedeutender Verlust. – Ah, siehe da, Ihre Eskadron Flanqueadores – sich sehr brav gehalten – sehr brav.
– Also zweihundert Gefangene gemacht, Capitán Blanco? Sehr schön, und diese zweihundert Gefangenen über die Klinge springen lassen –? Major Blanco! – Es freut mich, Sie also zur Belohnung Ihres Eifers im Dienste der Majestät begrüßen zu können.«
Der überraschte neue Major verbeugte sich, und der Virey winkte ihm seine Entlassung zu.
»Senden Sie dem Obersten Soto«, wandte er sich an den Generaladjutanten, »die Order, sich sogleich mit Llanos zu vereinigen – fertigen Sie –«, er hielt inne und zuckte wieder zusammen, denn ein zweites Mal wurde wieder ein leises, aber vernehmliches Tappen an der getäfelten Wand gehört – »für Major Blanco das Majorpatent aus – Major Minto gleichfalls, für den eminenten Eifer, den er im Dienste Sr. Majestät dadurch bewiesen hat, daß er die Hacienda von San Francisko zerstört – den Sergeanten Bravo zum Fähnrich, dafür, daß er seinen eigenen Bruder, der zu den Rebellen übergegangen, niedergestoßen.«
Das Klopfen wurde ein drittes Mal gehört, der Virey zuckte wieder zusammen. Auf einmal warf er einen scharfen Blick auf den Geheimsekretär.
»Was zaudern Sie, Señor Murviedro? Im Dienste Sr. Majestät darf kein Zaudern sein, merken Sie sich dieses. – Den Leutnant Balesteros zum Kapitän befördert, dafür, daß er die Hacienda San Mateo zerstört und die Einwohner vertilgte, wegen rebellischer Gesinnungen und vorzüglich unbefugten Schulbesuchens. Setzen Sie dieses in sein Offizierspatent. Es ist unser ausdrücklicher Wille, daß unsere Offiziere auch die Bedingungen ihres Steigens, die Untertanen Sr. Majestät die ihrer Existenz kennen. – Nichts unpolitischer als diese Prüderie mit der öffentlichen Meinung. – Und in der Erledigung der Depesche geben Sie dem Kommandeur en chef unsern hohen Dank für seine Bemühungen, die Rebellion nicht nur durch die siegreiche Gewalt unserer Waffen, sondern auch ihre Keime dadurch zu ersticken, daß alle schädlichen Materiale aus dem Wege geräumt werden.«
Diese verschiedenen hohen Entschließungen hatte er mit vielem Anstande dem Geheimsekretär mehr in die Feder diktiert als vorgesprochen, während er zugleich mehrere Punkte auf den Depeschen selbst notiert hatte. Er legte nun einige auf die Seite und gab die anderen dem Generaladjutanten, der, nachdem er sie zusammengepackt, die Kanzlei unter einer tiefen Verbeugung verließ.
Ein viertes Mal wurde das Tappen gehört. Der Virey trat zu den Flügeltüren, durch welche der Generaladjutant gegangen, verschloß sie, bedeutete dem diensttuenden Camarero, daß niemand vorgelassen werde und schlüpfte dann durch eine in der getäfelten Wand angebrachte Tür in ein Nebenkabinett.