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Zweites Kapitel.

Die Gesellschaft dieses Saales war von der soeben beschriebenen vorteilhaft verschieden; sie bestand aus beiläufig fünfundzwanzig jungen Männern, die, sämtlich in die reiche Tracht des Landes gekleidet, Mangas verschwenderisch mit Samt, Seide und Gold verbrämt, Jacken mit Otterfellen ausgeschlagen und gleichfalls mit Gold verbrämt, und die übrige Kleidung von entsprechend kostbaren Materialien hatten. Das spitze, feine Hohnlächeln, mit dem sie den Eindringling musterten, und ihre vornehm gleichgültigen Blicke auf die Goldhaufen, die den Tisch bedeckten, verrieten geübte Hasardspieler, oder, was in Mexiko dasselbe sagen will, Edelleute vom höchsten Range. Der Saal war kostbar möbliert, Tische und Sessel vom feinsten Holze und reich vergoldet, Vorhänge, Estraden, Lüster nach der neuesten Fasson.

»Sechzehn machen einen Doblón«, Ein spanischer Doblón ist gleich sechzehn Silberpiastern. sprach der junge Mann, der nichts weniger als verschüchtert durch den vornehm geringschätzigen Empfang nun zum Tische trat und eine Rolle von so vielen Piastern auf eine der Karten setzte.

» No pueden,« Können nicht. erwiderte der Bankier, der mit seiner hölzernen Hand das Silber geringschätzig zurückwies.

» No pueden,« sprachen in demselben einsilbigen Tone die Kavaliere, »eine geschlossene Gesellschaft«.

»Eine geschlossene Gesellschaft?« wiederholte der Mann kopfschüttelnd. »Allen Respekt vor Privilegien, nota bene, wenn sie respektiert werden. Wissen Sie aber, Señores, daß unser Privilegium älter ist?«

»Dein Privilegium älter, Spitzbube?« sprach einer der Edelleute gedehnt.

»Ei, gewiß ist es älter, und gerade so alt, als die Mutterkirche zum Narren geworden ist.«

»Die Mutterkirche zum Narren geworden?«

»Zum Narren geworden; sie fraß nämlich so viele Narrheit, daß sie ganz zum Narren geworden ist, wie Sie sehen können, wenn Sie auf die Gasse schauen wollen. Just so, wie die Madre Patria Madre Patria nennt der Mexikaner Spanien. – Mutterland. so viel mexikanisches Blut gefressen, daß sie ganz blutdürstig geworden ist.«

Die jungen Kavaliere wurden auf einmal aufmerksam. »Ruhe, mein Herr! Gehen Sie mit Gott, und möge Ihnen der Alguazil kein Geleit in die Cordelada Hauptgefängnis. geben«, sprach der Bankier.

»Ruhe wollen Sie? Sie werden sie in Mexiko nicht mehr finden! – Sie werden Sie so wenig finden als Pedrillo. Keine Ruh', keine Ruh', keine Ruh' bei Tag und Nacht; nichts, das ihm Vergnügen macht.« Und mit diesen Worten brach er auf einmal in die Arie Pedrillos aus, die er mit einem Feuer und einem Aufschwunge absang, daß die Kavaliere den Mann mit offenen Mäulern anstarrten.

Zugleich waren im anstoßenden Saale eine Gitarre und Kastagnetten eingefallen, die den Gesang regelmäßig begleiteten.

War es der Reiz der Überraschung oder das Originelle in der Weise des Sängers, der das Bruchstück aus dem Meisterwerke des berühmten und in Mexiko hochbeliebten Tonsetzers so unvergleichlich sang, die Kavaliere sprangen wie von einem elektrischen Funken berührt auf, und zwanzig Dublonen flogen ihm mit einem Male in die Manga.

»Señores,« sprach der Bankier, der allein mürrisch gehorcht hatte und nun unserem Aventurier näher trat, »ich warne Sie, Señores! Ich erkenne in dem Caballero denselben Gentilhombre, Gentleman, aber in einem ironischen Sinne. dem die Alguazils soeben auf den Fersen waren, und der uns diese ungebetenen Herren sehr leicht auf den Hals bringen dürfte!«

»Bist du es, der den Alguazils die Nase gedreht?« riefen mehrere.

Doch der junge Mann hatte statt aller Antwort mit dem Fuße gestampft, und wie auf einen Zauberschlag öffneten sich zwei Flügeltüren gegenüber denjenigen, durch die er gekommen, und heraus traten vier Gestalten, die, fleischfarben-seidene Masken auf den Gesichtern und ebensolche Kleider auf dem Leibe, zwei herrliche, aber etwas üppige Tänzerpaare bildeten.

» Señores,« warnte, bat, flehte und drohte der Bankier.

Die Kavaliere, im Anschauen der üppigen Umrisse der herrlichen zwei Mädchengestalten versunken, sahen und hörten nichts mehr vom Bankier, der hastig und mürrisch seine Geldhaufen zusammenscharrte, sie in einen Kasten packte und den Saal verließ, als wenn der Feind ihm auf den Fersen nachfolgte.

Die Gitarren hatten geklungen, die Tänzer sich in Bewegung gesetzt, die Kastagnetten knackten darein, und nun führten die zwei Paare einen Tanz auf, den der stärkste Pinsel vergeblich in seinem rasenden Liebesentzücken zu schildern versuchen würde. Jede Bewegung war reine Natur, Hingebung, hinschmelzende Lust. Sie begannen mit dem Bolero und gingen durch ein rasches Stampfen mit dem Fuße und ein Wirbeln der Arme in den Fandango über. Alles war glühende Wollust, aber nicht jene grobe Wollust, unter der gewöhnliche Fandangotänzer ihre Ungeschicklichkeit zu verbergen pflegen. Die höchste Poesie dieses zugleich üppigen und zarten Tanzes stellte sich in jeder Bewegung so unnachahmlich ergreifend dar, daß die Kavaliere in sprachlosem Entzücken mit lauten Ahs und Ohs! vorsprangen, den aufgeregten Sturm tobender Leidenschaft zu beschwichtigen. – Sie prallten, als wäre der Blitz vor ihnen in den Boden geschlagen, zurück. Ein widrig gestöhntes Brr! tönte aus der hinteren Ecke des Saales.

Auf einer Ottomane, die im Hinterteile des Saales sich längs der Wand hinzog, lag halb und saß halb eine Gestalt, deren Anzug einen Moslem bezeichnete, und zwar einen Moslem des höchsten Ranges. Sein Kleid war grün, sein Turban gleichfalls; in diesem letzteren glänzte ein Geschmeide funkelnder Edelsteine, das alles übertraf, was in Mexiko dieser Art bisher noch gesehen worden war. Dafür aber waren die Züge des Moslems wieder die abstoßendsten, die gedacht werden konnten. Eine niedrige zurückfließende Stirne, mit blaugrauen, stieren, gläsernen und doch tückisch lauernden Augen, in denen Treulosigkeit und Grausamkeit ihren Sitz aufgeschlagen zu haben schienen. Zwischen der Stirne und diesen Augen neigte sich eine lange Nase raubtierartig zu einer Oberlippe herab, der Gefräßigkeit angeboren schien, während die Unterlippe in äußerster Erschlaffung niederhing; die Kinnladen dieses häßlichen Gesichtes waren viereckig und lang, der Mund groß. Über das Ganze war ein Kolorit ausgegossen, das ganz den tückisch falschen und widerlichen Zügen des Gesichtes entsprach und keiner Farbe angehörte.

»Um Gottes Liebe willen!« schrien unsere Kavaliere nun wirklich erschreckt. »Was soll das?«

Sie näherten sich wieder der seltsamen Gestalt und schraken wieder zurück, als wenn in dieser Figur ein böser Zauber läge.

Neben ihr knieten zwei andere Moslems, der eine in einem blendend weißen, der andere in einem grünen Turban. Sie hatten ihre Hände auf der Brust gefaltet und ihre Gesichter berührten beinahe den Teppich.

»Brr!« stöhnte der Moslem, sich verdrießlich auf der Ottomane dehnend, in einem Tone, der mehr dem Grunzen eines Borstentieres als einer Menschenstimme glich. Beide Moslems prallten auf die Seite und erhoben sich ehrfurchtsvoll, einen Schritt zurücktretend, ohne die Kavaliere auch nur eines Blickes zu würdigen.

Die Neuheit dieser sonderbaren Szene schien diese so sehr außer Fassung gebracht zu haben, daß auch kein einziger ein Wort zu sprechen wagte.

» Zil ullahDer Herr sei mit uns. sprach der Weißbeturbante. »Seine Hoheit haben wieder gesprochen. Drei Tage haben Ihre Hoheit weder von der Bohne von Mekka gekostet, noch von dem glorreichen Safte, der die Gläubigen schon bei Lebzeiten in das Paradies versetzt –«

»Es sind Unverdaulichkeiten«, sprach der Grünbeturbante.

»Regierungssorgen«, erwiderte der mit dem weißen Turban, »wir müssen ihn zerstreuen. Es sind frische Almas Türkische Tänzerinnen. und Odalisken angekommen«.

Er näherte sich sofort dem Kalifen, denn dies war der hohe Rang, den der sitzende Moslem vorstellen sollte, und nachdem er sich zur Erde geworfen, trug er die Bitte vor. Es folgte wieder ein Grunzen, das für Zustimmung gelten konnte, worauf sich der Vezier freudig erhob, einen Schritt zurücktrat, dreimal mit dem Fuße vernehmlich stampfte, und dann mit seinem Gefährten in die Ecke trat, um der kommenden Dinge zu harren.

Zur Verwunderung unserer Kavaliere öffneten sich wieder die Flügeltüren, und vier Tänzerpaare traten ein in so glänzend prachtvollem Kostüm, daß es selbst dasjenige der Moslemin verdunkelte. Ihnen folgten vier rabenschwarze Gestalten, von denen die zwei ersteren die spanisch-maurische Gitarre trugen, die dritte das ostindische Tomtom Die ostindische Trommel. und die vierte die persische Flöte.

Eine Weile standen die acht Figuren in ehrfurchtsvollem Harren, als wieder ein Brr! sich hören ließ und der Kopf des Kalifen sich erhob, um das neue Schauspiel seines Blickes zu würdigen.

Ein Adagio der Guitarre, in welches das Tomtom wie das entfernte Rollen des Donners einfiel, allmählich stärker und stärker werdend, eröffnete den Tanz. Dann fielen die Kastagnetten ein, und endlich erhob sich der Flöte sanfter Ton, das Ganze zur Harmonie verbindend. Gerade so verschmolzen die Tänzer allmählich in die schönste, üppigste Tänzergruppe, mit ihren bunten Schleiern Regenbogen bildend, hinter denen die schwellenden Gestalten wie Huris hervorlächelten. Bald ging das Adagio in das Allegro über, die Bewegungen der Tänzer wurden rascher, ihre Gebärdenspräche lebendiger, das Spiel ihrer Glieder üppiger, feuriger, verlangender; aller Blicke, aller Bewegungen schienen nur auf den Kalifen gerichtet zu sein.

»Brr«, stöhnte der wieder mit derselben kreischend grunzenden Stimme. »Und Ihr nennt das Zeitvertreib, was wir tausend und abermal tausend Male gesehen haben? Beim Barte des Propheten!« rief er heftiger, »Vezier, so wir heute keinen Schlaf und morgen keinen Appetit haben, so hast du die Schnur, und deine Almas stecken auf Pfählen«.

Der Vezier stand sprachlos ob dieser Drohung, der Emir mit weit aufgesperrtem Munde, die Tänzer und Tänzerinnen wie angezaubert festgebannt in derselben Stellung, in der sie waren, als die Donnerworte gesprochen wurden; eine der Bajaderen hielt ihr Füßchen in wagerechter Lage, so daß die Zehenspitze in den offenen Mund ihres Tänzers zu ruhen kam; eine zweite hatte in der Verzweiflung den ihrigen in der Falte des Gewandes des Emirs verloren, der, vor Schmerz auf- und abrennend, sie nun auf dem ihr noch gebliebenen Fuße mittanzen ließ; alle drückten Schrecken und Entsetzen so unvergleichlich aus, daß der Kalif auf einmal ins lauteste Gelächter ausbrach.

»Beim Barte des Propheten!« rief er mit demselben widerlichen Gelächter, »wir haben große Lust, dir den Kopf, Vezier, wirklich abschlagen zu lassen, um diese Szene nochmals, und womöglich in verstärkter Natürlichkeit, zu genießen.«

» Allah AkbarGott ist groß. riefen Vezier und Emir und Tänzer und Tänzerinnen. Und alle brachen in laute Lobpreisungen der Gnade Allahs aus, der so große Wunder durch seine Sklaven getan und ein Lachen hervorgebracht, das die Hoheit erquickt hatte.

»Beim Barte des Propheten, sie sind nützliche Diener des Staates«, sagte der Kalif, »und sie mögen unserer Hulden und Gnaden versichert sein. Lasse ein paar Dutzend aus einem der reichen Basare die Köpfe abschlagen und ihre Zechinen diesen armen Teufeln zur Hälfte zuteil werden«.

Ein leises Tappen an der Tür schien bescheiden um Einlaß zu bitten. Der Vezier hatte sie geöffnet und kam mit der Nachricht zurück, daß der Ober-Emir die Gnade einer Audienz begehre.

»Wieder Regierungssorgen und nichts als Regierungssorgen«, brummte der Kalif und ließ das Haupt sinken wie zur Überlegung; dann hob er es mürrisch und sprach: »Es sei, wir wollen den geistlichen Oberhirten unseres Reiches empfangen«.

Tänzer und Musiker traten nun in den Hintergrund, schoben die Kavaliere gleichfalls in diesen zurück und erwarteten mit gefalteten Händen den Ober-Emir, der gleich darauf gesenkten Hauptes hereinkam und, nachdem er vor den Kalifen getreten, mit seinem Gesichte den Teppich berührte.

»Entledige dich rasch deiner Worte, maßen wir soeben in hohen Regierungsangelegenheiten begriffen gewesen; auch der Zustand dieses unseres Leibes –«

» BismallahIm Namen des Herrn. sprach der hohe Priester zum höchsten der Moslemin: »Wir haben Gebete ausrufen lassen von allen Tempelzinnen, befohlen, daß die Gläubigen sich mit Staub bestreuen. Wir haben Männer aufgenommen, die heilige Wallfahrt zu tun und den schwarzen Stein von Ararat zu küssen, um dieses körperliche Übelbefinden deiner Hoheit –«

»Du hast wohlgetan, Ober-Emir«, sprach der Kalif. »Licht der Welt, das sie mehr denn die Sonne durch seinen Glanz erhellt«, fuhr der Ober-Emir fort, »wir haben auch in Anbetracht des großen Übels, das dem Reich erwachsen würde durch dieses Übelbefinden deines Leibes –«

»Halte ein, Ober-Emir!« donnerte ihm der Kalif zu. »Haben wir nicht Befehl erteilt, zu hängen, zu spießen, zu vertilgen wie schädliches Gewürm alle diejenigen, die da zweifeln, bedenken oder überhaupt denken? Haben wir nicht diesen Befehl überall verkünden lassen zu des Propheten und unseres eigenen Namens größerer Ehre?«

Der Ober-Emir, der auf den Knien gelegen, richtete sich nun zur Hälfte auf und sprach:

»O du, der du allen Völkern als die Wonne der Seele gegeben bist, wie soll ich meine Bewunderung hinlänglich ausdrücken, um deine hohen Eigenschaften würdig zu preisen – –«

»Halt ein, einen Augenblick, Ober-Emir«, fiel ihm der Kalif ein. »Du sollst und mußt wissen, daß uns an deinem Preisen und deiner Erkenntnis unserer guten und hohen Eigenschaften nichts gelegen ist. Du sollst zu uns aufblicken, wie du zur Sonne aufblickst, in der du weder Gutes noch Böses, Schädliches noch Unschädliches siehst, die du nur fühlst in ihren Wirkungen, Segnungen, Zerstörungen.«

Schon mehrere Male war an den Flügeltüren des Haupteinganges zum Saale ein Geflüster zu hören gewesen, das die Anwesenheit von Horchern verriet: ein Umstand, der die Hälse der kecken Repräsentanten des Kalifats in Gefahr bringen konnte. Ohne sich jedoch durch diese Anzeichen von Spürhunden stören zu lassen, hatten die Moslemins fortgefahren, ihre Rollen zu spielen, und der Kalif erhob sich mit all der Würde und stoischen Hoheit eines morgenländischen Beherrschers, seinen beistehenden Dienern verkündend, wie er Großes tun und das zwölfte Unterröckchen mit eigener Hand für die Mutter des Propheten fertigen wolle. So war der Zug zur Tür geschritten, als einer der Kavaliere aus dem Erstarren, in welches alle dieser merkwürdige Auftritt versetzt hatte, erwachend, plötzlich aufsprang, dem Kalifen ins Gesicht stierte und mit den Worten »Um Gottes willen! Ferdinand, der König!« wieder zurückprallte, nochmals vorlief und »Halt, Verräter!« schreiend, den Kalifen zu erfassen strebte. Selbst in diesem gefährlichen Momente vergaß dieser die angenommene Würde nicht. Einen Blick hoher Geringschätzung warf er auf den Jüngling und schritt dann zu der Tür hinaus, während der riesige Emir den Kreolen erfaßte, wie eine Feder aufhob und, ihn weit in den Salon zurückschleudernd, die Türe zuwarf.

Noch standen die sämtlichen Kavaliere in Schrecken und Staunen versunken, als die andern Flügeltüren krachend aufgerissen wurden und mehrere Alguazils hereinstürzten, wütende Blicke in dem Saale umherwerfend, und als sie die Gegenstände ihres Suchens nicht sahen, unter lauten Flüchen und Verwünschungen durch die zweite Tür rannten, durch welche die seltsamen Akteurs verschwunden waren, und weiter fort von Saal zu Saal. Im wütenden Rundlaufe waren sie wieder in den Saal gekommen, wo die Edelleute, sprachlos und bewegungslos, noch immer standen.

»Alle Teufel!« schrie einer der Häscher, der zum Fenster gerannt war: »Sie sind in den Hof hinabgesprungen, acht Varas Mexikanische Elle. hinab; Teufel!« brüllte er mit einer Wut, die ihm den Geifer aus dem Munde trieb.

»Und Ihr, Caballeros«, schnaubte er unsere Kavaliere an, denen diese Szene nun erst vollends die Bedeutung der beispiellosen kecken Pasquinade kundgetan, und die atemlos, bleich und zitternd standen, »hat es Euch beliebt, mit dem geheiligten Namen der Majestät Euern Spott zu treiben?«

»Don Battista, bei unserer Ehre! Wir wissen nicht,– –«

»Bei unserer Ehre«, donnerte ein zweiter Häscher, »Ihr sollt es bezahlen mit Euern Köpfen, Hunde von Kreolen«.

»Don Jago!« riefen die empörten Kavaliere drohend. »Auf unsere Ehre –«

»Auf unsere Ehre«, überschrie sie der Alguazil, »wären wir Virey –«

»Was nicht ist, kann ja werden! Ihr seid ein geborener Gachupin!« schrie einer der Kavaliere mit bitterem Spotte.

»Wir sind ein Spanier, und Ihr seid nur elende Kreolen; elende, elende Kreolen; damit basta!«

Selbst die Geduld des Schafes hat ihre Grenzen, und so auch die unserer Kreolen. Die Kavaliere sprangen alle auf einmal wie rasend auf den Alguazil los; doch dieser hatte den Ausbruch des Sturmes vorausgesehen und war mit einem Satze zur Türe hinaus.

Unsere Kavaliere starrten sich noch eine Weile an und dann, als entsetzten sie sich vor ihren eigenen Gestalten, verschwanden sie hastig durch alle Türen.

»Da gehen sie, die glorreichen Sprößlinge des verdorbensten Blutes, das in Mexiko rinnt, fünf oder sechs ausgenommen«, flüsterte zwei Minuten nach diesem Auftritte derselbe Pedrillo, den wir der Rollen so viele spielen gesehen haben, und der, bereits wieder ins Unkenntliche metamorphosiert, vor dem Tore des Hotels stand.

»Tut mit diesem adeligen Blute«, fuhr er brummend fort, »was Ihr wollt, kitzelt sie wie Ihr wollt; wenn es nicht eine Tänzerin ist, so hilft alles nicht«.

»Bist du des Teufels«, entgegnete ihm sein Gefährte »dich da herzustellen? Bei meiner Seele, ich sehe dich noch, ehe das Jahr um vier Wochen älter ist, auf der Veracruz-Esplanade Der Richtplatz von Mexiko. dem Verdugo zum Kaballito dienen«. Verdugo ist der Henker, Kaballito das Pferdchen. Bei den Hinrichtungen in Mexiko setzt der Scharfrichter sich dem Gehängten auf die Schulter, so ist da» Sprichwort »dem Verdugo zum Kaballito dienen« mit »gehängt werden« gleichbedeutend.

»Pah! Eure Alguazils, elende Kerls! Zu Häschern gut genug; aber zur höheren Spionage – ja, wären es Franzosen, das sind dir Kerls! In Kuba kannst du ihrer sehen; aber diese Spanier müssen erst ein Vierteljahrhundert abgerichtet werden. Wollen auf die Plaza. Ist hohe Zeit«.

Und mit diesen Worten schritten die beiden recht gemächlich der Plaza Mayor Der Hauptplatz von Mexiko, den der Palast des Vizekönigs und die Kathedrale nebst andern Prachtgebäuden zieren. zu.


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