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Vorwort

Wenige Gegenden Deutschlands vereinigen so verschiedenartige landschaftliche Reize wie Schwaben; weniger Länder reizende Bilder schmückt Sage und Geschichte mit einem so rührenden Abendrote ferner Erinnerungen. Bei diesem Reichtum an beiderlei Schmucke sieht sich Künstler und Verfasser des Textes in gleiche Verlegenheit gesetzt. Welche Auswahl soll jener treffen, auf dreißig Bilder beschränkt, wo das Zehnfache nicht hinreichen würde, alle romantischen und malerischen Schönheiten des Landes dem Freunde der Natur vorzuführen? In welche Verbindung soll dieser dreißig Punkte bringen, die, einer vom andern oft durch viele Meilen getrennt, jeder isoliert aufgefaßt sind und auch so dargestellt werden müssen? Die Aufgabe war unleugbar hier viel schwieriger als in mancher andern Sektion dieses Werkes, wo entweder nur Oasen einer pittoresken Natur, auch mythisch und geschichtlich leicht zu erschöpfen, in übrigens gleichgültigerem und weder für Crayon noch für Feder verführerischem Lande sich darboten oder der einfache Lauf eines Flusses ohne Sprünge und Winkelzüge von einer reizenden Landschaft zur andern zwanglos hinleitete. Inzwischen haben wir es versucht, in dieses bunte Gemisch von Einzelheiten doch eine gewisse Einheit zu bringen. Das weitläufige Land ist von uns planmäßig durchwandert worden, und dadurch ist es nicht nur dem Zeichner gelungen, in vier größeren Reisekomplexen Verwandtes zusammenzustellen, sondern auch die Beschreibung konnte bei jeder der vier Wanderungen den Faden der örtlichen und geschichtlichen Schilderungen, nur selten abbrechend, von Gegend zu Gegend fortführen und das, was die bildliche Darstellung beiseite lassen mußte, durch das Wort flüchtig andeuten. Dabei war freilich das Land anders aufzufassen und die Beschreibung in andrer Ordnung vorzunehmen, als es der Topograph getan haben würde. Dieser hätte etwa mit dem höchsten Teile des Landes begonnen und wäre von jenem zu den niedrigern Gebirgen, Hügeln und Ebenen hinabgestiegen; er hätte den Hauptfluß des Landes von seiner Quelle bis zum Ausflusse ununterbrochen verfolgt und, wo es irgend möglich gewesen wäre, eine Totalübersicht, ein Rundgemälde des Landes geliefert. Wer aber den Beschauer vom Kleineren zum Größeren, vom Lieblichen zum Erhabenen, von der bescheidenen Landschaft zur romantischen Naturszene führen möchte, muß einen andren Weg einschlagen und kann seine Bilderreihe nicht einer wissenschaftlichen Ordnung unterwerfen.

Den Kern Schwabens bildet eine teils von Hügelmassen besetzte, teils wellenförmig erhabene Landschaft, welche im Westen und im Südosten von höheren Stufen wie von Rändern eingefaßt ist. Die westlichste dieser Stufen, welche landeinwärts allmählig, einem glatten Dache gleich, gegen die Ebene sich herabsenkt, ist der Schwarzwald; die südöstliche, welche plötzlich und steil, wie ein jähes Dach, gegen dieselbe abfällt, ist die Alb. Zwischen beiden, dem Schwarzwald und der Alb, welche im Südwesten bis auf eine Meile einander nahe kommen und nur noch durch die Breite des oberen Neckartales voneinander getrennt sind, dann aber schnell voneinander sich abwenden, erweitert sich die Landschaft immer mehr gegen Nordosten bis zur Jagst und hinaus bis zum Mainstrom. Der Schwarzwald selbst bildet mit seinem badischen Teile, nebst einem schmalen Streife flachen Landes, die westliche Gränze Schwabens; die Alb durchzieht das Königreich Württemberg von Südwest nach Nordost in die Quere. Jenseits derselben im Süden breitet sich eine zweite große Landschaft aus, welche zwar niedriger liegt als die Alb, aber höher als die erste, nördliche Ebene. Es ist dies Oberschwabens Hochebene, welche von der Donau bis zum Bodensee an der südlichen Gränze Schwabens sich erstreckt.

Auf dem hier geschilderten Die Schilderung, für Schwaben angepaßt, ist der soeben (1836) bei Metzler in Stuttgart erschienenen gründlichen »Geographischen Beschreibung von Württemberg, von Ludwig Völter« entnommen, einem Buch, das jedem zu empfehlen ist, der einen lebendigen Überblick über einen großen Teil von Schwaben gewinnen will. Schauplatze der Natur drängt sich das Malerische und Romantische, sofern es Auszeichnung verdient, so ziemlich im Neckartal, der Alb, dem Schwarzwald und den Ufern des Bodensees zusammen. Damit glauben wir die Einteilung unsrer Sektion in vier Reisen oder vier Hauptabschnitte des nachbenannten Inhaltes hinlänglich gerechtfertigt. Der erste Abschnitt umfaßt die Reise durch das Neckartal von Cannstatt bis Heidelberg, denn da die Pfalz keine eigne Sektion hat, so meinten wir hier nicht streng bei der Gränze Schwabens stehen bleiben zu müssen. Sieben der schmucksten und niedlichsten Landschaftsbilder sind hier – eine kleine Auswahl aus viel Sehenswertem – herausgehoben worden, und haben wir Bedacht darauf genommen, daß des Betrachtenswürdigen wie des durch Vergangenheit oder Gegenwart Ausgezeichneten möglichst vieles in einem Blatte sich vereinige. So erscheint Cannstatt, das Landhaus Rosenstein und die Residenzstadt Stuttgart zusammen auf einem und demselben Bilde; die nächste Darstellung ist Schillers Haus auf dem Marktplatze zu Marbach gewidmet; dann folgen Kloster Maulbronn, die alte Reichsstadt Heilbronn mit dem Turme, wohin Sage und Poesie das Gefängnis Götzens von Berlichingen verlegt, Weinsberg mit der Weibertreue, Wimpfen am Berg und im Tale, diese vier auf je einem Bilde; die schönen und ereignisreichen Burgen Horneck und Guttenberg füllen nebst Gundelsheim ein einziges Blatt; von den vier Burgen Neckarsteinachs stellt sich die älteste und groteskeste, das Schwalbennest, vereinzelt dar; den ganzen Zug der Neckarbilder beschließt das köstliche Heidelberg, an welchem Kunstdarstellung und Schilderung durchs Wort oft versucht worden ist und nie sich erschöpft hat. Weiteres von dem Hügel- und Ebenlande Schwabens mitzuteilen erlaubt teils der Raum, teils die Bestimmung unseres Werkes nicht.

Daher führt sofort die zweite Reise im nächsten Abschnitt unsrer Sektion in eine andre Region unsres Schwabenlandes, in die Täler und Berge der Schwäbischen Alb, wo eine größere Natur sich vor unsrem Auge auftut. Der Durchwanderer unsres Bilderwerkes wird von uns zuerst an den südöstlichen Abfall dieses Jurakalkgebirgs, ins Donautal, geführt, und der Repräsentant jener malerischen Felsgegenden ist hier das Schlößchen Bronnen. An vielem Schönen und Großartigen ungerne vorbeigehend, verweilen wir erst wieder in einem Talabschnitte dieser Albseite beim romantischen Ursprunge der Blau und dem vielseitig merkwürdigen Städtchen Blaubeuren. Die Hochebene der Alb überspringt ein Werk, das dem malerischen und romantischen Schwaben gewidmet ist, wie billig; es eilt der Ausbeute zu, welche die nordwestliche Abdachung des Gebirges verspricht, mit ihren mannigfaltigen und großartigen Tälern, in welchen Obstwälder im Schoße von Buchenhainen und Felsengründen, von Burgen und Schlössern überragt, von versteckten Grotten umlagert, die Erinnerungen einer üppigen Natur ins rauhe Gebirg hinübertragen, dessen Hochflächen an die Steppen und das Klima des Nordens erinnern, während volkreiche und blühende Städtchen an der Traufe des Gebirges die Pforten jener romantischen und doch so gesegneten Täler bewachen. Aus dem Überflusse von Großem, Schönem und Seltenem aller Art heben wir hier auf sechs Blättern Rechberg und Hohenstaufen (in einem Bilde), Hohenurach, die Burgtrümmer des Reißensteins, das Schlößchen Lichtenstein, das Innre der Nebelhöhle und die Burg Hohenzollern heraus. Dann entfernt sich unser Weg einige Stunden von der Alb, um die ganz einzige Lage des Städtchens Haigerloch zu betrachten und die hervorragendsten Städte des mittlern Neckargebietes, Tübingen und Eßlingen, die, jede in eigentümlich reizender Lage, des Merkwürdigen so vieles bieten, für Darstellung und Schilderung nachzuholen. Somit umfaßt dieser zweite Abschnitt eilf Bilder, wovon acht der Schwäbischen Alb und drei dem Mittellande zwischen Alb und Schwarzwald angehören.

Der Granitwall des Schwarzwalds trägt, was Ausdehnung, Höhe und Gebirgsart betrifft, einen mächtigeren Charakter als die Mauer der Schwäbischen Alb; der Gang von dieser zu jenem, der im dritten Abschnitte auf der dritten Reise von uns in malerischer und romantischer Hinsicht durchforscht wurde, bildet somit in derselben Beziehung auch einen Fortschritt vom Niedrigern zum Höheren. Seine erhabeneren Schönheiten sind indessen nur im westlichen Abfalle dieses Gebirges gegen das Rheintal und teilweise auf der nördlichen Seite desselben zu suchen. Aus den bescheideneren Reizen der Täler, die der südöstlichen Abdachung näher liegen, haben wir das uralte Kloster Hirsau mit seinem stillen Tannengrunde zur Darstellung gewählt, dann nach Südosten gewendet den Triberger Wasserfall, die Felsenschlünde des Höllentals, Freiburg an der heiter-ernsten Ausmündung des Gebirges mit seinem erhabenen Münster und endlich den Römersitz Badenweiler aufgesucht, in dessen waldigen Grund schon die üppigste Kultur des Rheintales eingedrungen ist. Zwei Siebenmeilenschritte führen uns von da ins Murgtal, aus dessen Herrlichkeiten das stille Forbach und die ehrwürdige Ruine Baden ausgelesen worden. Sieben Bilder sind so dem Schwarzwalde gewidmet.

Die drei stolzesten Darstellungen liefert der letzte Abschnitt und die vierte Reise, die den Freund der schwäbischen Natur an den Bodensee und vor die Stirne der Schweizeralpen führt. Lindaus Inselstadt mit einer herrlichen Ansicht des Obersees und einer weiten Rundsicht über die Hochgebirge ist das erste Bild in diesem Kleeblatte; das zweite zeigt den Untersee mit Konstanz, von dem Napoleonidenschlosse des Arenenberges aus gezeichnet. Im dritten Bilde des vierten Abschnittes, dem dreißigsten und letzten unsrer Sektion, trennt sich der Beschauer mit der porphyrnen Felsenfeste Hohentwiels und einer ganzen Gruppe verschwisterter Berge des Hegaus oder Höhgäus vom Schwabenlande.


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