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Groß und prächtig war das Morgenroth der heutigen Schöpfung angebrochen. Gewaltig hatte sich selbst die höchste Stufe der Creaturen, die Säugethierwelt, in der tertiären Periode entfaltet. Tausendfache Mittel bot die neue Zeit zur Erhaltung ihrer Geschöpfe, und doch – war in dieser Größe noch kein Bleibendes. Bald neigte sich auch der Tag der tertiären Schöpfung zu Ende.
Die Bedingungen, unter denen sie sich groß und prächtig entwickelt hatte, veränderten sich; andere traten an ihre Stelle, wohl einer neuen Schöpfung, aber nicht der alten durchaus günstig. Jedenfalls lagen die Hauptveränderungen in der Umänderung des Klimas; denn die Pflanzen der tertiären Periode deuten in der ältesten Epoche auf ein fast heißes, in den beiden jüngeren Epochen auf ein warmes und gemäßigt warmes Klima hin, das sich damals über die ganze Erde verbreitet hatte. Wir müssen auch hier annehmen, daß das veränderte Klima vorzugsweise der immer mehr veränderten Erdoberfläche seinen Ursprung verdankte, daß die größere Abkühlung der Erde schwerlich die Hauptursache war. In der That, wenn man nach den abgelagerten Braunkohlen auf die damalige Gestalt der Erdoberfläche zurückschließt, d. h. wenn man nur diejenigen Punkte für gehoben erklärt, welche mit einer Vegetation, bestanden waren, so gab es selbst in Deutschland noch viel zu thun, um das Meer dahin zurückzudrängen, wo es gegenwärtig ist.
Nach Leopold von Buch's Untersuchungen gibt es in Deutschland sieben größere Braunkohlenbecken: das oberrheinische, das rheinisch-hessische, das niederrheinische, das thüringisch-sächsische, das böhmische, schlesische und norddeutsche. Sie gehören nach demselben mit allen übrigen europäischen Braunkohlenlagern zu ein und derselben Braunkohlenformation, die sich nach der Erhebung der Nummuliten- oder Eocänformation dadurch bildete, daß Bäche und Ströme Blätter und Bäume in die Tiefe führten, um hier unter neuen Erdschichten begraben zu werden. Wir haben schon einmal gesehen, daß dieser stürmischen Ablagerung ebenso wohl eine ruhige zur Seite gehen konnte, wie sie die Gegenwart noch jetzt in ihren Torfbildungen besitzt, und daß nur eine durch vulkanische Kräfte veränderte Terrainbildung angenommen zu werden braucht, um die von Jahrtausenden aufgehäuften Humus- und Torfschichten, welche noch Stämme und Blätter eingehüllt besaßen, unter Wasser- und Schlammschichten allmälig zu begraben. Von den südlichen Gebirgen Italiens bis zum Harze, von 41°-32°, also über 11 Grade der Breite, ist nach Buch keine Veränderung in Blättern und Stämmen der Braunkohle bemerkbar. Ueberall finden sich z. B. als Leitpflanzen die Blätter von Ceanothus, Daphnogene, Dombeyopsis, Eichen, Liquidanibar und das Blatt der Flabellaria, einer Palme. Freilich zeigen die einzelnen Kohlenlager auch ihre besonderen Verschiedenheiten. Das von Radoboj in Croatien erinnert z. B. an eine australische Ebene; nichtsdestoweniger aber kommen hier ebenso häufig die Blätter des Ceanothus polymorphus vor, wie bei Oeningen und an andern Orten. Im rheinisch-hessischen Becken ruhen diese Kohlenlager mitten zwischen basaltischen Gebirgen, welche häufig sehr gewaltsam auf jene einwirkten. »Das Holz«, sagt von Buch, »ist da, wo der Basalt diese Schichten durchsetzt, auf die mannigfachste Art gebogen, zerborsten, die Fasern sind zerrissen und wunderbar in einander geschlungen, oft sind die Schichten selbst in den seltsamsten Krümmungen über einander geworfen und mit Basaltstücken vermengt. Die große, mächtige und zerstörende Aufblähung der Basaltgebirge ist mithin erst nach der Bildung der Braunkohle erfolgt, ebenso, wie die Westalpen sich erst später erhoben. Das Siebengebirge hat sich mitten durch die Braunkohlenschichten seinen Weg aufwärts gebahnt; die Braunkohlen und der Sandstein sind von den aufsteigenden Trachytdomen auf die Seite geschleudert und mit den trachytischen Reibungsconglomeraten vermengt. Mitten zwischen den Kegeln erscheinen noch Blätter, aber so von Trachyttuffen umhüllt, daß sie wie aus dem Inneren der Erde hervorgegangen angesehen werden könnten. Das Alles gibt uns ein Recht, die Hebung der Gebirgsschichten auch nach der Braunkohlenzeit zu behaupten und daraus den großen Wechsel des jetzt erscheinenden Klimas abzuleiten, dem die bisher bestandene Welt der Geschöpfe allmälig unterlag.
Jetzt erst hatten sich die Klimate so geordnet, wie sie im großen Ganzen wahrscheinlich noch jetzt existieren. Jetzt erst gab es ein kaltes, gemäßigtes, warmes und heißes Klima. Das erstere bewirkte die Bildung von Gletschern, die eine um so größere Ausdehnung gewannen, als das Meer noch immer weiter ausgebreitet war, als gegenwärtig, folglich durch größere Verdunstung zur Vermehrung und Ausdehnung der Gletscher im Norden und den Alpen beitrug. Daher kam es, daß diese Gletscher bis auf die Spiegelfläche des Meeres herabstiegen, abschmolzen, weiter fortschwammen und da, wo sie schmolzen, die aufgeladenen Erdschichten, die Moränen, mit oft so gewaltigen Granitblöcken fallen ließen. Diese großartige Bodenwanderung trug in der weiten nordeuropäischen Ebene nicht wenig dazu bei, den Meeresboden zu erhöhen und die sogenannten Diluvialschichten zu bilden. Daher, wie wir schon in dem Abschnitte über die Pflanzenwanderung fanden, die vielen Granitgeschiebe, welche auch die norddeutsche Ebene noch heute bedecken. Dieser Bodenbildung zur Seite ging eine andere, welche durch Regenfluthen bewirkt wurde. Diese wuschen die verwitterte Gebirgskrume in die Thaler herab und bedeckten die Thalsohle mit neuen Erdschichten. Daß die Diluvialgeschiebe oder die erratischen (Wander-) Blöcke Norddeutschlands Skandinavien entstammen und nicht unwesentlich zur Colonisation dieser Gegenden von dort aus beitrugen, ist ebenfalls bereits ausführlich bei Betrachtung der Pflanzenwanderung abgehandelt worden (S. 80).
Konnten jedoch schon zur Zeit der Diluvialperiode Pflanzen aus Skandinavien zu uns wandern, welche noch heute bei uns gedeihen, so folgt daraus, daß schon damals eine ähnliche Vegetation wie heute vorhanden sein mußte. Ob sie jedoch erst neu geschaffen oder ein Ueberrest aus der tertiären Zeit war, ist bis jetzt nicht entschieden. Unserer alten Anschauung zufolge, nach welcher die Pflanzendecke der Gegenwart nicht das Product einer einzigen, sondern aller Schöpfungsperioden zusammen ist, welche jedoch nichtsdestoweniger gern, zugesteht, daß an einzelnen Punkten, wie in den kälteren Erdgürteln, die meisten Typen an Alter und Klima ausstarben, also dieser Anschauung zufolge konnten sich recht wohl einige Pflanzen auch aus der tertiären Zeitscheide bis auf uns erhalten haben. Bei den Thieren wenigstens scheint es ausgemacht, daß viele bis an die Grenze der Jetztwelt lebten. So die elephantenartigen Geschöpfe. Im Jahre 1806 fand man im Eise der Lena an ihrem Ausflusse ins Eismeer ein Mammuth wohlerhalten mit Haut und Haar. Die Untersuchung seines Speisebreies lehrte, daß es sich von den Nadeln sibirischer Nadelhölzer, namentlich der sibirischen Lärche ( Larix sibirica), ernährt habe. In Nordamerika nicht anders. Nach Defor's Untersuchungen lebten dort die Mastodonten, und zwar dieselbe Art, welche in Sibirien beobachtet wurde, bis in die Alluvialzeit, welche der Anfang der Gebirgsbildung der Gegenwart ist, also bis nach der Diluvialperiode. Auch hier zeigte die Untersuchung der Nahrungsüberreste, daß sich diese Thiere von den Nadeln des Hemlock oder der canadischen Tanne ernährten. »Da nun diese Tanne«, sagt Defor sehr richtig, »noch einen guten Theil unserer Urwälder (in Nordamerika) ausmacht, so steht nichts der Behauptung entgegen, daß die Mastodonten noch heut zu Tage hier eine reichliche Nahrung fänden, wenn es wahr ist, daß jener Nadelbaum zu ihrer Nahrung diente.« Es folgt aber daraus nicht, daß die Schöpfung dieser Mastodonten erst in der gegenwärtigen Periode erfolgte; denn da sie an der Grenzscheide zwischen Jetztwelt und Diluvialzeit ausstarben, so sind wir eher berechtigt anzunehmen, daß sie aus der tertiären Zeit stammen und am Anfänge der Jetztwelt dem Alter der Art und dem veränderten kalten Klima ebenso erlagen, wie Höhlenbären, Pferde, Vielfraße (Megatherien), Tiger, Hyänen, Rhinocerosse u. s. w. hier zu Lande, in Nordasien und Nordamerika ausstarben. Was aber auch immer die Ergebnisse der Naturforschung sein mögen, dafür wird sie immer mehr Beweise, beibringen, daß zu keiner Zeit schroff von einander geschiedene Schöpfungs-' Perioden existirten, nach deren Beendigung alle Geschöpfe wieder untergegangen wären; sie wird, was auch unser Bemühen war, der allmäligen Aufeinanderfolge der Schöpfungstypen Wort und Beweis widmen und zu der Ueberzeugung gelangen, daß eine solche Anschauung allen Wechsel, alle Räthsel der Vorwelt einfach erklärt, wie es geschehen muß, wenn die Naturwissenschaft nicht gezwungen sein will, zu der unhaltbaren Annahme zu kommen, daß einst andere Kräfte wie heute existirten.