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VI. Capitel.
Die Juraperiode.

Ihre Aufgabe war es, neue Gesteinsschichten im Meeresschooße abzulagern, um durch sie noch manchen Meeresbusen auszufüllen, der das junge Festland durchfurchte und zerriß. Sie erreichte es durch die Ablagerung dreier neuer Schichten: des Lias (spr. Leias), Oolith und Wealden (Walden). So wenigstens nannte man sie in England; in Deutschland unterschied man sie als Lias, braunen und weißen Jura, faßte sie als Juragebirge zusammen und nannte die Zeit ihrer Bildung die Juraperiode. Der Name stammt von dem mächtigen Juragebirge der Schweiz, wo die fragliche Gebirgsbildung in größter Vollkommenheit und Mächtigkeit vor sich ging.

Wie die Gewächse, so zeigen auch die Gebirgsschichten in ihrer Aufeinanderfolge dieselbe allmälige Ausbildung der Erdschöpfung. Schon die Keuperschichten der Trias verriethen das Herannahen der Jurabildung; denn sie gehen bereits allmälig in den Lias, die älteste Lage des Juragebirges, über. Der Lias ist ein Gemenge von dunklem Kalkstein, Thon, Mergel und Sandschichten. Oft eine Mächtigkeit von 500-600 Fuß erreichend, breitete sich der Lias in weiter Ausdehnung über den Keuper, namentlich in Süd- und Norddeutschland, während er in Mitteldeutschland nur an einzelnen Stellen da, wo noch Meerbusen, wie in Thüringen, auszufüllen waren, ablagerte. Auch England, Frankreich, die südlichen Pyrenäen, die Schweiz, Tirol, Polen, Schweden, Afrika und andere Welttheile erfuhren diese Bildung. – Auf den Lias senkten sich die Schlammschichten des Ooliths oder des braunen Jura nieder. Durch bedeutenden Eisengehalt dunkelbraun gefärbt, besteht der Oolith, der sich durch das Eisen wesentlich von dem äußerlich verwandten Noggenstein des bunten Sandsteins unterscheidet, vorherrschend aus kalkigen Ablagerungen, Thon und Sandstein. Dazu wird er, woher auch sein Name (Roggenstein, Eistein) rührt, von roggenartigen Körnern durchsetzt, die ihn leicht vom Lias unterscheiden. Seine bedeutende Mächtigkeit zeugt von der lang andauernden Zeit seiner Ablagerung. Ebenso weist seine weite Verbreitung auf die Gleichmäßigkeit der schaffenden Kraft des Urmeeres in jener Periode hin. – Weit gewaltiger und lebensvoller war die darauf beginnende Bildung des Wealden oder des weißen Jura. Den ersten Namen verdankt er seinem Vorkommen im Walde (engl. weald) von Tilgate und Hastings in England. Doch ist er hier nur eine Süßwasserbildung und zugleich das jüngste Glied einer älteren, im Meere abgelagerten Schlammbildung. Darum wurde er von englischen Geologen auch Wälderthon ( wealdclay) genannt, woher sich der Name Wälderformation schreibt. Dieses zweite und jüngste Glied des weißen Jura unterscheidet sich von dem älteren durch seine Pflanzenreste, die das letztere nicht enthält und nicht enthalten kann. Dagegen zeichnet sich dieses durch zahlreiche Ueberreste von Meeresthieren aus, wie mächtige Korallenstöcke seines Korallenkalkes bezeugen.

Ein wunderbares neues Leben war in der Bildungszeit der drei erwähnten Gebirgsschichten eingetreten. Was die Natur in der Triaszeit begonnen, wurde jetzt weiter geführt, besonders die Schöpfung der Zapfenpalmen. Die Farren sind noch entschiedener zurückgetreten, die Calamiten völlig ausgestorben. Dagegen breiteten die Zapfenpalmen, die Vorläufer der Palmen, ihre grünen Wipfel über die Fluren, um ihnen ihren Pflanzencharakter auf die Stirn zu drücken. Schlanke, doch nicht zu hohe Säulen, trieben sie ihre Stämme aus dem Schooße der Erde unverästelt hervor. Wenn sie sich in Aeste theilten, geschah es nur am Gipfel und nicht überreichlich. Vielfache Narben, die zurückgebliebenen Anheftungspunkte und Blattstielkissen längst abgefallener Wedel, bedeckten, in regelmäßigen Reihen geordnet, die Säulen schuppenartig oder warzig. Gefiederte Wedel, aber noch nicht von der leichten Zierlichkeit der Palmen, vielmehr von derber, lederartiger Beschaffenheit, zierten den Gipfel als reizender Blätterschmuck. Wie es bei Farrenbüschen oft geschieht, daß die Wedel in einem Trichter die tiefer liegende Gipfelknospe umstehen, ebenso umkreisten die Wedel der Zapfenpalmen den Gipfel ihres Stammes. Die äußeren waren die ältesten, darum kräftigsten und ausgebildetsten. Aus ihrer trichterförmigen Mitte hervor brachen die jüngeren und jüngsten in neuer Schönheit. Diese erwarben sie sich oft durch die Eigenthümlichkeit, sich einer Uhrfeder gleich spiralig eingerollt zu entwickeln, um diese Spirale allmälig zu entfalten. Aus diesem Trichtergipfel hervor brach auch die Blüthe, männliche wie weibliche, in ähren- oder zapfenförmiger Gestalt, jede auf besonderem Stamme. Beide hatten es in ihrem Blumenbaue noch nicht weit gebracht. Eine einfache Schuppe allein bedeckte den Blumenstaub, den die Natur in reichlicher Fülle in dem männlichen Blüthenkolben niederlegte, um ihn mit vollen Händen, durch ihre Winde leicht getragen, zu dem weiblichen Blumenzapfen durch die Lust dem heimlichen Brautgemache zuzuführen, wie wir es noch heute so lieblich bei der Dattelpalme finden. Auch die weibliche Blume wollte vor der ihres Gatten nichts voraus haben. Wie bei den Fruchtzapfen der Nadelbäume, deckte auch in der weiblichen Blume nur eine einfache Schuppe das nackte Ei, den Fruchtknoten. Das waren freilich noch sehr unvollkommene Blumen; doch auch die Erde war in ihrer Entwickelung noch lange nicht die entwickelte Blume, als die sie jetzt gelten könnte. Wie hätten die Blumen der Pflanzen der Entwickelung der Erde, auf der sie doch beruhten, vorauseilen können? Auch die gleichzeitige Gestalt der Zapfenbäume machte, obwohl schon ein höherer Gedanke der Natur, hiervon noch keine Ausnahme. Im Gegentheil vereinigt sich Vieles, was sie den Zapfenpalmen – wie wir schon in der Triaszeit fanden – verwandt macht, obschon sie zu den Dikotylen, jene zu den Monokotylen gehören. In der That möchte man sich versucht fühlen, die Nadelbäume nur eine höhere Ausbildung der Zapfenpalmen zu nennen. Wenn man z. B. einen Taxus oder die Edeltanne mit ihren zweireihig gestellten Nadeln betrachtet, so scheinen die Nadeln nur die umgewandelten Fiederchen der Zapfenpalmenwedel zu sein, die nun eine selbständigere Rolle spielen. Beide vereint waren die Gestalten, welche trotz aller inneren Verwandtschaft einen wunderbaren Contrast durch ihre Tracht den Fluren verliehen. Noch wunderbarer mußten die Urwälder dieser Zeit werden, als sich hierzu noch zahlreiche Farren gesellten, um im Verein mit jenen beiden Gestalten die fast ausschließlichen Pflanzengestalten des Juragebirges zu sein. Erinnern wir uns hierbei zugleich an die innigen verwandtschaftlichen Beziehungen aller dieser drei Pflanzenklassen unter sich selbst, wie wir sie schon in der Epoche des Keupers betrachteten, so dürfen wir ohne Zweifel hieraus folgern, daß auch in den schöpferischen Bedingungen der Juraperiode noch eine größere Gleichheit bestand, als später, wo die innerlich und äußerlich unähnlichsten Typen den Schooß der Erde durchbrachen. Die ideale Juralandschaft Unger's sucht diese Verhältnisse darzustellen. Da leuchtet uns im Vordergründe die ausgestorbene Cycadeengattung Pterophyllum (Flügelblatt) mit stolzen, breiten, gefiederten Nadeln entgegen. Ebenso zierlich erhebt sich neben ihr rechts im Vordergründe die Gattung Zamites (Zapfenkolbe) mit ähnlichem Laube und zapfenförmigen Früchten im Gipfel. Neben ihr erheben sich majestätisch auf stolzen, von häutiger Rinde bekleideten Säulen die Wipfel der Pandangs oder Pandaneen, von denen man bisher nur die großen Kugelfrüchte entdeckte. Auf hohen stelzenartigen Wurzeln erheben sie sich, wie noch heute die Pandanus-Arten pflegen, über die Erde oder senden ihre dicken Luftwurzeln aus sich verzweigenden Aesten zur Erde hinab. Wunderbar genug kehrt auch in der Gegenwart dasselbe Verhältniß wieder. Hier und da, namentlich auf den Inseln der Südsee, finden wir Cycadeen und Pandangs noch immer vereinigt; ein Zeugniß mehr dafür, daß die Schöpfung beider Typen ähnlichen Bedingungen entstamme.

So das allgemeine Pflanzenbild eines Urwaldes der Juraperiode. Wir haben es aber auch noch mit Unterschieden, mit den drei Epochen des Lias, Ooliths und Wealden zu thun. So weit die Schichten des Lias noch vom Meere bedeckt wurden, wiederholte sich an den Liasküsten das Leben der Meergewächse, oft mächtiger Seetange. Dasselbe Leben sahen später auch die Küsten des Ooliths, während der Wealden nur eine Süßwasserbildung war. Einige Pflanzen des Lias kannte schon die Zeit des bunten Sandsteins und Keupers. Weit mehr gehören dem Lias an. Darunter treten die Zapfenpalmen in vielen Gattungen, welche denen der Jetztwelt gänzlich fremd, und Nadelhölzer vor. Von den Farren erschienen namentlich solche mit netzförmigem Adergeflechte in den Wedeln, wodurch sie wesentlich von allen früheren Farrengattungen abweichen. In dem Oolithgebirge treten diese Farren zurück, während andere mit gablig vertheilten Blattrippen erscheinen. Die jetzt auftretenden Zapfenpalmen nähern sich denen der Gegenwart bedeutend und die Nadelhölzer erreichen eine größere Mannigfaltigkeit der Arten und Fülle der Individuen. Unter den bis jetzt bekannten Pflanzen der Oolithzeit wiegen demnach die Nacktsamer (Gymnospermen), Zapfenpalmen und Nadelhölzer, vor. Eine dritte Verschiedenheit der Pflanzenvertheilung zeigt endlich auch die dritte Epoche des Wealden mit seinen Pflanzenresten. Obschon sie ebenfalls durch die Häufigkeit der Zapfenpalmen ausgezeichnet ist, treten doch in ihr bereits Andeutungen von einer Verschiedenheit der Klimate in verschiedenen Gegenden auf. So fehlt in Deutschland die Lonchopteris Mantelli, eine Farrenart, und es tritt dafür ein Nadelbaum, der Abietites Linkii, neben einer zahlreicheren Auswahl von Zapfenpalmen auf. Der Schauplatz dieses wunderbaren Pflanzenlebens lag uns nicht fern. Die Gegend von Bayreuth, Bamberg, Koburg, Stuttgart und Heilbronn, Halberstadt, Quedlinburg, Bückeburg, Osterwald, Obernkirchen, Schlesien, Häring in Tirol und viele andere Gegenden in Frankreich und England sahen diese seltsamen Urwälder.

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Landschaft der Juraperiode, nach Unger:

Die Juraperiode war nach der langen Dauer der Steinkohlenperiode wieder die erste, welche einen entschiedenen Charakter an sich trug. Wie dies im Pflanzenreiche durch die Schöpfung einer Menge von Zapfenpalmen geschah, ebenso im Thierreiche. Die Labyrinthodonten der Trias sind verschwunden; neue krokodilartige Amphibien, denen der Jetztwelt ähnlicher, traten an ihre Stelle, mit ihnen neue Schildkröten und Eidechsen. Statt der wenigen Triaskrebse erschienen jetzt neue Gliederthiere in der Luft, auf dem Lande und im Wasser, ihnen zur Seite neue Fischgestalten. Doch charakteristischer als alle diese Typen tauchten jetzt die wunderbaren Gestalten der Belemniten, jener Meeresweichthiere auf, deren Verwandte die Jetztwelt noch in den ebenso seltsamen Tintenfischen oder Sepien kennt. Zahlreiche Ammoniten, die wir schon in der Trias kennen lernten, gesellten sich zu ihnen, Seeigel, Seesterne und Haarsterne, während der charakteristische Lilienencrinit des Muschelkalkes verschwunden ist. An seiner Stelle halfen im Meeresschooße zarte Korallenthiere den Boden des Meeres erhöhen. Ihre Bauten finden wir heute noch als den oben erwähnten Korallenkalk im Wealden.

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Ammonites Amaltheus.

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Belemnites

Es unterliegt nach den früheren Mittheilungen keinem Zweifel, daß aus dieser Periode sich noch zahlreiche Zapfenpalmen in der Gegenwart vorfinden. Doch sind einige von ihnen bereits im Aussterben begriffen, wenn nicht, wie Cycas tenuis von den Bahamainseln, ganz verschwunden, andere in außerordentlicher Seltenheit in den heißeren Ländern verbreitet. Die Südseeinseln, Neuholland, Südamerika, die Südspitze von Afrika und die afrikanischen Inseln sind heute vorzugsweise die Heimat der Cycadeen.

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Landschaft der Kreideperiode. Im Vordergrunde Iguanodonten im Kampfe.


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