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Ideale Landschaft der Muschelkalkzeit, nach Unger.

V. Capitel.
Die Triasperiode.

Bis zur Triasperiode hatte das Festland nur vermocht, sich inselartig über das Urmeer zu erheben. Noch hatten sich keine hohen und zusammenhängenden Gebirgszüge gebildet. Dies, das feuchte einförmige Inselklima, die einförmige Wolkenbildung, welche, noch nicht von hohen Bergspitzen geregelt war, die hohe Bodenwärme der noch weniger abgekühlten Erde – das Alles war die Gesammtursache, welche während des langen Zeitraums der Steinkohlenpflanzen eine so große Einförmigkeit der Geschöpfe hervorrief. Natürlich mußte sich sofort eine größere Mannigfaltigkeit der Pflanzen und Thiere einstellen, je mannigfaltiger sich die Erdoberfläche – Wolken, Winde, Licht und Wärme ungleich vertheilend – gestaltete. Zu dieser hohen Aufgabe ging die Natur nach der Bildung des Rothliegenden und des Kupferschiefergebirges über. Den Beginn dieser neuen Zeit bezeichnet die Ablagerung dreier neuer Gebirgsarten im Urmeere, die des bunten Sandsteins, des Muschelkalkes und des Keupers, einer Dreiheit, welcher die Periode den Namen der Trias verdankt.

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Die Cycadeenform der Gegenwart.

Die neue Zeit begann in der Gegend der Vogesen mit der Ablagerung des bunten Sandsteins. Darum nennt man denselben auch wohl den Vogesensandstein und die Zeit seiner Entstehung die Vogesenperiode. Er trägt seinen Namen mit Recht. Ein Gemenge von Sand, Thon und Schieferletten, tritt er bald roth, bald weiß, bald gelb, grün, braun oder schwarz auf. Hier ist er ein bröckliger Sandstein, dort ein dichtes Plattengestein als sogenannter Roggenstein, dessen Name sich von den vielen feineren oder gröberen Körnern herschreibt, welche in Gestalt von Roggeneiern ein Gemisch von Sand und Kalk sind. Oft verbindet er sich mit einer schieferigen, leicht zerbröckligen Ablagerung von Schieferletten, der sich durch den Gehalt von feingeschlemmten Glimmerblättchen, den kalkartigen Glanz und Strich auszeichnet. Diese Gebirgsschicht begann in den Vogesen zuerst, und zwar in einer so mächtigen Weise, daß sie die Inseln dieses südwestlichen Theiles von Deutschland, die Vogesen, den Schwarzwald, Hundsrück und Odenwald zu einem Festlande verband. Es war der erste Schritt zur Verbindung des europäischen Inselmeeres zu einem einigen Festlande. Auch die rheinischen, thüringischen, hercynischen, böhmisch-schlesischen, mährischen, polnischen, russischen, englischen, schottischen und südfranzösischen Inseln erlitten, wiewohl viel schwächer, diese Erhebung durch Ablagerung des bunten Sandsteins, der nun, hier und da gegen 1000 Fuß mächtig, bedeutende Gebirgsrücken über den Meeresspiegel hervorzauberte. Dem bunten Sandstein folgte die Ablagerung des Muschelkalkes im Urmeere. Seine bedeutende Mächtigkeit in der thüringischen Gebirgsmulde, welche Harz und Thüringer Wald von einander trennt, beweist, daß in dem einstigen Meerbusen Thüringens diese neue Meeresbildung am mächtigsten war. Sonst ist der Muschelkalk weniger als der bunte Sandstein verbreitet, obgleich die ehemaligen Küsten von Deutschland, Frankreich, England und Polen seine Bildung begünstigten. Nach ihm erschien die dritte Gebirgsschicht, der Keuper, der sich, wie der Muschelkalk auf und zwischen dem rothen Sandstein, auf und zwischen dem Muschelkalke ablagerte.

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Ideale Landschaft der Keuperzeit, nach Unger;
links mit Schachtelhalmen und einem Binsendickicht der Paläoxyris, dem Wohnorte der Labyrinthodonten;
rechts mit Zapfenpalmen,
dahinter mit Calamiten;
auf dem Boden Farrenkräuter.

Erst in dieser Periode beginnt ein entschiedener Uebergang von den Typen der Steinkohlenpflanzen zu einer neuen Pflanzenwelt. Wenigstens zeigen uns das die geringen Ueberreste, die sich im bunten Sandstein als Pflanzenabdrücke, im Muschelkalke des Jenaischen Saalthales in Kohlennestern von 3-6 Zoll im Durchmesser und 3-8 Linien Mächtigkeit, im Keuper als Lettenkohle oder in Abdrücken des Keuperschiefers erhalten haben. Zu den Asterophylliteen, Schachtelhalmen, Farren und Nadelbäumen der Steinkohlenperiode gesellten sich jetzt die seltsamen Zapfenpalmen, wie ich sie genannt habe, oder die Eycadeen. Die Vereinigung der Farren, Nadelbäume und Zapfenpalmen hat für den Pflanzenforscher eine eigenthümliche Bedeutung. Die letzteren sind ihm gewissermaßen die schöne Mitte zwischen Farren, Palmen und Nadelbäumen. Von den ersteren besitzen sie den gefiederten Wedel, der häufig spiralig eingerollt wie bei den ächten Farrenkräutern aus dem Gipfel hervorbricht. Damit ist aber auch ihre Verwandtschaft beendet. Den Palmen ähneln sie durch ihren säulenartigen Schaft, der jedoch weit plumper als der schlanke und zierliche Palmenstamm ist. Im Inneren dagegen wird die Verwandtschaft weit größer; denn hier ziehen sich die Gefäßbündel verästelt durch das Zellgewebe des Stammes und umschließen einen markartigen Theil. Dadurch weichen sie auch von den Nadelhölzern bedeutend ab, die bekanntlich ihre Gefäße und Holzschichten in den dichtesten Jahresringen an einander fügen. Doch besitzen Nadelhölzer und Cycadeen auf ihren Zellen dieselben Tüpfel, die wir bereits an den Nadelhölzern (S. 99) kennen lernten. Auch die in Zapfengestalt auftretenden Früchte und die zwischen den Zapfenschuppen ohne Hülle hervortretenden nackten Samen stellen die Zapfenpalmen den Nadelhölzern näher, als irgend einer andern Pflanzenfamilie, weshalb sie den von mir gegebenen deutschen Namen entschieden besser als den der »Palmenfarren« verdienen, wie man sie auch wohl nannte. Seit ihrer Bildung war die Natur einen Schritt weiter gegangen. Sie füllte durch sie eine Lücke aus, welche sich bis dahin zwischen den drei großen Abtheilungen des Gewächsreichs, den Kryptogamen, den monokotylischen oder parallelrippigen und den dikotylischen oder netzrippigen Geschlechtspflanzen bestanden hatte. Denn sind die Farren kryptogamische Gefäßpflanzen, die Palmen monokotylische, die Nadelhölzer dikotylische Gewächse, so tragen die monokotylischen Zapfenpalmen Charaktere aller drei Abtheilungen in sich. Für den tieferen Beobachter sind gerade solche wunderbare Combinationen der höchste Reiz, den ihm die Natur gewährt: sie zeigt ihm durch sie, daß sie die ungeheure Mannigfaltigkeit ihrer Geschöpfe nur dadurch hervorbrachte, indem sie sich wiederholte, also die verschiedensten Typen mit einander vereinigte, combinirte. Ueberhaupt scheint die Bildung monokotylischer Gewächse jetzt vorherrschend gewesen zu sein. Die uns erhaltenen Ueberreste zeigen uns wenigstens einige Formen auf, die mit den noch lebenden Juccaarten und Binsen die größte Aehnlichkeit haben. So in dem Yuccites und der Paläoxyris. Ein ähnliches Verhältniß trug sich auch während der Keuperepoche zu. Doch nahmen hier die Zapfenpalmen mächtig zu, um, wie wir später finden werden, erst in der Juraperiode ihren höchsten Glanzpunkt zu erreichen. Neue Formen dagegen vermochte die Natur in der Keuperzeit nicht zu zeugen. Noch immer sind es Farren, Schachtelhalme, Cycadeen, Nadelhölzer, welche vorherrschend die Wälder bilden.

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Der Lilienenerinit.

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Fußspuren des Chirosaurus.

Doch ist dabei nicht zu vergessen, daß sich unter den Schachtelhalmen oder Calamiten bereits wirkliche Schachtelhalme, wie sie noch die Gegenwart kennt, einstellen. Ueber die Flor des Muschelkalkes, an sich schon so sehr arm, wissen wir nur, daß sich bisher eine Alge und sechs Landpflanzen in seinen unbedeutenden Kohlenresten fanden. Somit haben wir in der Triasperiode den Beginn einer neuen Schöpfung zu begrüßen. Mit ihr ging das Reich der Kryptogamen zu Ende, das sich während der Übergangsperiode, der Steinkohlenperiode und der permischen Periode, durch Algen, Flechten,

Moose, Farren und Schachtelhalme ausgezeichnet, erhalten hatte. Die Zapfenpalmen sind die Verkünder einer neuen Zeit. In dieser kommen die Nadelbäume und Zapfenpalmen den zurücktretenden Farren an Reichthum der Gestalten immer mehr gleich, um sie später in der Juraperiode zu übertreffen. Den Beginn dieser Zeit nennt der Franzose Brongniart das Reich der Gymnospermen oder Nacktsamer. Sie sind dadurch ausgezeichnet, daß die Samen der vorherrschenden Zapfenpalmen und Nadelbäume, wie oben bereits erinnert wurde, nackt zwischen den Schuppen des weiblichen Zapfens auftreten.

Weit auffallender als die Pflanzenwelt hatte sich in der Triaszeit das Thierreich entwickelt. Mächtige Eidechsen, Labyrinthodonten, durchschlichen dieselben Küsten in der Epoche des bunten Sandsteins, welche heute die Gebirgsrücken des Harzes, Thüringer Waldes u. s. w. umsäumen. Sie begannen die lange Periode des amphibischen Thierlebens, welche mit der Triaszeit bis zur Ankunft der nach der Ablagerung der Kreidegebirge eingetretenen tertiären Periode währte, um erst dann dem eigentlichen Land- und Luftleben der Thierwelt Platz zu machen. Diese amphibische Periode wird durch wohlerhaltene Fußspuren einer riesigen Eidechse, des Chirosaurus, welche man im bunten Sandsteine in der Nähe von Heßberg bei Hildburghausen fand, bestätigt. Sie beweisen, daß der Boden, auf welchem diese Eidechsen wanderten, damals noch weich, also sumpfig gewesen sein mußte. Ungleich reicher war die Thierwelt der Muschelkalkzeit. Zahlreiche Ueberreste deuten diese Mannigfaltigkeit an. Wunderbare Strahlthiere (Radialen) bewohnten in ungeheurer Anzahl die Bänke des Muschelkalkes. Ein aus vielen Gliedern zusammengesetzter Stamm, der sich am Gipfel in eben solche gegliederte Aeste zertheilte, die sich einer Lilie gleich zusammenlegten – so war die vornehmste Gestalt unter ihnen, der Lilienencrinit ( Encrinites liliiformis) beschaffen. Zahlreiche Muscheln, Austern, Kammmuscheln ( Pecten), glattschalige Terebrateln, Ammonshörner mit oft waldhornartig gewundenem Gehäuse, langschwänzige Krebse, zahlreiche Fische und seltsame Meereseidechsen, mit Schwanenhälsen und Flossenfüßen – das waren die hervorragenden Gestalten dieser Thierwelt, welche sich an und auf den Bänken des Muschelkalkes in ewiger Fehde bewegten. In der Epoche des Keupers waren sie dagegen wieder auf ein amphibisches Leben angewiesen. Darum begegnen wir auch hier wieder auf den krokodilartigen Gestalten des bunten Sandsteins, den mächtigen Labyrinthodonten, welche mit dem Verschwinden der Keuperepoche zugleich das Ende ihres Daseins fanden. Aber auch sie gingen nicht durch stürmische Revolutionen unter, sondern starben, wie die Arten noch heute absterben. Die abgestorbenen Individuen wurden unter dem Schlamme begraben und Jahrtausende hindurch bis auf unsere Zeit in Abdrücken oder fossilisirten Theilen, Schalen und Skeletten erhalten.

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Terebratula vulgaris.

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Der knotige Ammonit ( Ammonites nodosus).

Doch hatte die Natur noch Vieles zu thun, wenn sie die oben durch bunten Sandstein, Muschelkalk und Keuper verbundenen Inseln zu dem heutigen Festlande verbinden wollte. Ein neuer Schritt hierzu geschah in der Juraperiode.


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