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Mit hunderttausend, höchstens zweihundertfünfzigtausend Mann – möglichst Farbigen, um das kostbare englische feige Krämerblut zu schonen – wollte England nach den Plänen seiner Machthaber den Vernichtungskrieg gegen Deutschland und Oesterreich-Ungarn führen. Die »silbernen Kugeln« Englands sollten rollen, bluten sollten allein Franzosen und Russen.
Aber es kam ganz anders: Deutschland wurde nicht in drei Monaten zerschmettert. Im vierundzwanzigsten Kriegsmonat stand Deutschland fester als je. Etwa eine halbe Million Männer hatte England schon verloren, davon wenigstens zweihunderttausend weiße Briten. Das war hart, sehr hart für den englischen Stolz und den britischen Hochmut!
Die Franzosen drangen nach den furchtbaren Aderlassen vor Verdun endlich darauf, daß die Engländer jetzt auch ihre stets in Aussicht gestellte »große Offensive« unternehmen sollten. Sie unternahmen sie im Juli/August 1916, und die auf die Briten mißtrauisch gewordenen Franzosen unterstützten sie.
Die erste Meldung von dem englisch-französischen Vorstoß kam am 2. Juli: »In einer Breite von etwa vierzig Kilometern begann gestern der seit vielen Monaten mit unbeschränkten Mitteln vorbereitete große englisch-französische Massen-Angriff nach siebentägiger stärkster Artillerie- und Gasvorwirkung auf beiden Ufern der Somme, sowie des Ancre-Baches. Von Gommecourt bis in Gegend von La Boiselle errang der Feind keine nennenswerten Vorteile, erlitt aber sehr schwere Verluste. Dagegen gelang es ihm, in die vordersten Linien der beiden an die Somme stoßenden Divisionsabschnitte an einzelnen Stellen einzudringen, so daß vorgezogen wurde, diese Divisionen aus den völlig zerschossenen vordersten Gräben in die zwischen erster und zweiter Stellung liegende Riegelstellung zurückzunehmen. Das in der vordersten Linie fest eingebaute, übrigens unbrauchbar gemachte Material ging hierbei, wie stets in solchem Fall, verloren. In Verbindung mit dieser großen Kampfhandlung standen vielfache Artillerie-Feuerüberfälle, sowie mehrfache kleinere Angriffs-Unternehmungen auf der übrigen Front, namentlich in der Champagne und bei Verdun.«
Eine prächtige Nachricht brachte der nächste Tag: »Die Fortsetzung der englisch-französischen Angriffe beiderseits der Somme erreichte nördlich des Flusses im allgemeinen keine Vorteile; der Feind erlitt hier außerordentlich hohe, blutige Verluste. Südlich des Flusses bogen wir nachts die gestern in die Riegelstellung zurückgenommene Division in eine zweite Stellung zurück. Die Gefechtstätigkeit auf den nicht angegriffenen Armeefronten ist die gleiche geblieben. Westlich der Maas führten Versuche der Franzosen, uns die an der Höhe 304 genommenen Grabenstücke wieder zu entreißen, zu kleineren Infanteriekämpfen. Oestlich der Maas erschöpfte sich der Feind weiter in vergeblichen Angriffen gegen das Werk Thiaumont und die Höhe »Kalte Erde«. Bei einem derselben drangen sie vorübergehend in unseren vorderen Graben etwa 600 Meter südwestlich des Werkes ein, wurden aber sofort wieder geworfen. Südöstlich der Feste Vaux ist die »Hohe Batterie von Damloup« seit heute nacht in unserer Hand. Dort wurden hundert Gefangene und mehrere Maschinengewehre eingebracht. In den zahlreichen Luftkämpfen des gestrigen Tages wurden sechs feindliche Flieger abgeschossen.«
Nun hatten endlich Engländer und Franzosen zu dem großen Schlage ausgeholt, an den sich schon längst so ausschweifende Hoffnungen, aber auch ernste Befürchtungen anschlossen. Nicht von unserer Seite; die Feinde selbst glaubten noch vor wenigen Tagen vor übertriebenen Erwartungen warnen zu müssen. Man war sich dort des Ernstes der Lage wohl bewußt. Und die Briten hätten auch sicherlich gerne noch etwas gewartet, bis sie noch mehr Kanonen, noch mehr Munition gesammelt hätten. Aber die Hilferufe aus Paris wurden immer lauter, die Sorgen um Verdun immer größer.
Am 4. Juli meldete der Generalstab: »Während nördlich des Ancre-Baches der Feind seine Angriffe nicht wiederholte, setzte er starke Kräfte zwischen Ancre und Somme gegen die Front Thiepval–La Boiselle–Wäldchen von Mametz, südlich der Somme gegen die Linie Barleux–Belloy an. Dem hohen Einsatz an Menschen entsprachen seine Verluste in unserem Artillerie- und Infanterie-Feuer. Die Angriffe sind überall abgeschlagen. Um den Besitz des Dorfes Hardecourt (nördlich der Somme) wurde erbittert gekämpft. Die dort eingedrungenen Franzosen sind hinausgeworfen. Nordöstlich von Ypern, westlich von La Bassée und in Gegend südwestlich von Lens wurden örtliche feindliche Vorstöße, östlich der Maas kräftige Angriffe gegen die »Hohe Batterie von Damloup« glatt abgewiesen. Die wiederholten amtlichen französischen Mitteilungen über Rückeroberung des Werkes Thiaumont und der Batterie von Damloup sind ebensolche Fabeln, wie die Angaben über Gefangenenzahlen bei den Ereignissen an der Somme.«
Die Deutschen hielten heldenhaft stand. Ein englischer Berichterstatter mußte wutschnaubend zugeben: »Man begreift nicht, wie die Deutschen unser furchtbares Feuer überhaupt aushalten können.« Wir hatten den Engländern in den ersten drei Tagen der gewaltigen Schlacht, trotzdem wir defensiv waren, schon 50 Offiziere und 1000 Mann abgenommen. Außerdem waren in drei Tagen nicht weniger als 32 feindliche Flugzeuge abgeschossen worden! Unsere todesmutigen Flieger schienen ihre bisherigen Leistungen noch in den Schatten stellen zu wollen.
Am 6. Juli gingen einige wüste Dorfstätten: Hem und Belloy en Santerre verloren. Der Armeekommandeur sagte: »Ich gebe noch einige Drahtverhaue den Feinden, wenn sie sie jedesmal mit 20- bis 50 000 Mann Verlust bezahlen!« Bei Damlonp wurden am 6. Juli 300 Gefangene erbeutet.
Die Welt hielt den Atem an; sie wußte, daß eine jener großen Entscheidungen sich anbahnte, von denen die Jahrtausende sprechen. Nachdem unsere Feinde endgültig eingesehen, daß sie uns durch Hunger nicht auf die Knie zwingen konnten, wollten sie es mit der ritterlichen Waffe versuchen. Von allen Seiten, an allen Fronten hatten sie mit der Offensive begonnen unter Einsetzung all ihrer Mittel, unter Ausspielung ihrer letzten Karten. Der Todesschrei Frankreichs, das über Verdun schon den grauen Vogel schweben sah, hatte die Entente zur letzten großen Anstrengung aufgestachelt. Sie hatte dabei im Osten wie im Westen Erfolge zu verzeichnen gehabt. Sie hatte an der deutschen Mauer mit Tausenden von Sturmblöcken gerüttelt, es war ihr gelungen, da einen Stein abzubröckeln und dort einen anderen. Die Mauer selbst aber stand, und fester als die Mauer stand der Mut derer, die sie errichteten und mit ihren Leibern verteidigten. Schon dauerte die lang angekündigte Gesamtoffensive unserer Feinde so lange, daß jeder sagen mußte, sie hatte ihr Hauptwerk vollbracht, und das war gering im Vergleich mit den aufgewandten Kräften und den aufgeblasenen Hoffnungen.
Einen wohltuenden Siegesgeist atmete die amtliche deutsche Meldung vom 8. Juli: »Beiderseits der Somme hat der Heldenmut und die Ausdauer unserer Truppen dem Gegner einen Tag voller Enttäuschungen bereitet. Die zahlreichen, immer wieder neu einsetzenden Angriffe wurden blutig abgewiesen. Die Unzahl der gefallenen Engländer vor dem Abschnitt Ovillers–Contalmaison–Bazentin le Grand und der Franzosen vor der Front Biaches–Soyecourt geben Zeugnis von der Masse der zum Angriff eingesetzten feindlichen Kräfte, sowie von der verheerenden Wirkung unseres Artillerie-, Maschinengewehr- und Infanteriefeuers.«
Was die Standhaftigkeit und Tapferkeit unserer Truppen bei solcher Abwehr auszuhalten hatte, übersteigt jede Vorstellung. Wir hatten uns an diese unerhörten Leistungen so gewöhnt, daß wir schon gar kein Wesens daraus machten. Eine spätere Zeit wird ermessen, was es bedeutete, daß die halbe deutsche Armee im Westen der gesamten Streitmacht Frankreichs, dem unverbrauchten Millionenheere Englands, dem Restbestand der Belgier, den Hilfskorps aus allen übrigen vier Weltteilen, den Berbern, Sudannegern, Madagassen, Anamiten, Marokkanern, Turkos, Indern, Neuseeländern, Kanadiern und so fort, sowie den Munitionsfabriken der halben Welt zu gleicher Zeit Trotz bot.
Die deutschen Truppen hatten im ersten Abschnitt des großen Angriffs den nördlichen Teil der Schlachtfront bis zur großen Straße Albert–Bapaume in seinem Umfange gehalten. Südlich der Straße waren die Engländer ein Stückchen vorwärtsgekommen.
Der Kampf ging weiter, wenn auch an manchen Tagen mit verminderter Stärke. Am 9. Juli nahmen die Franzosen nach erbitterten Kämpfen die vollständig zerschossenen Dorfstätten Biaches, La Maisonnette und Barleux. Letztere beiden wurden am nächsten Tage zurückgewonnen.
Sehr heftige Kämpfe spielten sich sodann am Trônes-Wäldchen, am Foureaux- und Delville-Wäldchen ab. Ganz ungeheuer waren die englischen Verluste. Die Feinde setzten ungeheure Massen von Artilleriemunition und immer neue Infanterie-Divisionen an. Einmal brachten die Engländer sogar eine Kavallerie-Division vor, die aber vollkommen vernichtet wurde.
Unser Generalstab gab noch bekannt: »Von englisch-französischer Seite werden in leicht zu durchschauender Absicht die merkwürdigsten Fabeln über deutsche Verluste im Somme-Gebiet zu verbreiten gesucht. So wird in alle Welt gefunkt, aus einem gefundenen Schriftstück ginge hervor, daß ein Bataillon des 119. Reserve-Regiments von seinem Bestand vom 1000 Mann 960 verlor, während zwei andere Bataillone desselben Regiments mehr als die Hälfte ihres effektiven Bestandes einbüßten. Zur Kennzeichnung solcher Ausstreuungen und zur Beruhigung der schwäbischen Heimat des Regiments wird bemerkt, daß seine Gesamtverluste in den letzten Wochen bis jetzt glücklicherweise wenig über 500 Mann, also etwa ein Viertel der englischen Angabe, betragen, so beklagenswert auch dies an sich schon ist. Oberste Heeresleitung.«
Am 10. Juli meldete die Heeresleitung: »Die nachmittags eingeleiteten Kämpfe beiderseits der Straße Bapaume–Albert, in Contalmaison und im Walde von Mametz, sowie neue Gefechte am Wäldchen von Trônes und südlich davon werden mit erbitterter Heftigkeit fortgesetzt. Südlich der Somme haben die Franzosen bei einem groß angelegten Angriff auf der Front Belloy–Soyecourt eine empfindliche Schlappe erlitten; der Angriff ist in unserem Feuer vollkommen zusammengebrochen. Ebenso fluteten schwächere, gegen La Maisonnette–Barleux angesetzte Kräfte unter großen Verlusten in die Ausgangsstellung zurück. An mehreren Stellen der Champagne-Front, so östlich und südöstlich von Reims und nordwestlich von Massiges, ferner nordwestlich Flirey wurden französische Teilangriffe abgeschlagen. Im Maas-Gebiet spielten sich links des Flusses nur kleinere Kämpfe ab. Rechts des Flusses haben wir unsere Stellungen näher an die Werke von Souville und Laufée herangeschoben und dabei 39 Offiziere, 2106 Mann zu Gefangenen gemacht. Starke Gegenangriffe wurden glatt abgewiesen. Deutsche Patrouillenunternehmungen südwestlich von Dixmuiden, südwestlich von Cerny (Aisne-Gebiet) und östlich von Pfetterhausen hatten Erfolg.«
Am 14. Juli hieß es: »Beiderseits der Somme ist von neuem heftiger Kampf entbrannt. Die Engländer griffen heute früh im Abschnitt Wald von Mametz–Longueval an und wiederholten ihre Anstrengungen am Wäldchen von Trônes, wo sie gestern abend bereits durch einen schnellen Vorstoß unserer Reserven empfindlich getroffen waren. Nachdem die ersten Versuche blutig abgeschlagen waren, sind neue Angriffe im Gange. Die Franzosen fügten mit ihren gestrigen vergeblichen Angriffen in Gegend von Barleux und westlich von Estrées den zahlreichen Mißerfolgen der letzten Tage eine neue Enttäuschung hinzu. Weder sie selbst noch ihre schwarzen Freunde haben auch nur einen Schritt Gelände gewinnen können. Oestlich der Maas sind französische Wiedereroberungsversuche gescheitert; sie wurden in der Gegend der Feste Souville durch unser Feuer unterbunden und bei der Feste Laufée glatt abgewiesen.«
Schrittweise, unter furchtbaren Verlusten drängte die vielfache Uebermacht bis zum 20. Juli unsere tapferen Streiter zurück, dann aber war wieder der bekannte Stellungskrieg im Gange. Am 17. Juli fielen die ehemaligen Dorfstätten Ovillers und La Boiselle in die Hand der Feinde.
Am 20. Juli war dann wieder ein sehr heißer Schlachttag. Auf der vierzig Kilometer langen Front stürmten die Feinde in 17 Divisionen mit 200 000 Mann an, doch nur – nutzlos geopfert – in den Tod! Die Engländer haben in ihrem Heeresbericht die Tatsache dieses großen gemeinschaftlichen Angriffs überhaupt vollständig verschwiegen. Die Franzosen aber hatten ihre ganz unbedeutenden Erfolge phantastisch aufgeputzt, um sich über ihre furchtbare Enttäuschung in ihrer Art zu trösten.
Von nun an versuchten die Feinde in Abständen von wenigen Tagen immer aufs neue, mit Aufgebot ihrer ganzen Angriffskraft unsere neu ausgebauten festen Linien zu erschüttern. Am 22., 24., 27., vor allem aber am 30. Juli setzten jedesmal auf größeren Frontabschnitten nach verschwenderischer Artillerievorbereitung wütende Infanteriestürme ein, deren Gesamterfolg indessen gleich Null blieb! Lediglich die Trümmerstätte des Dorfes Pozières fiel am 25. Juli in die Hände der Engländer. Dies war der einzige Fortschritt, den der Feind auf seiner ganzen Front im Laufe des letzten Julidrittels trotz mehrfacher Massenstürme und vieler Tag und Nacht weiter tobender Einzelgefechte hatte erzielen können.
Die deutsche Heeresleitung gab Ende Juli bekannt: »Ein Vergleich der Schlacht an der Somme und der Kämpfe bei Verdun drängt sich auf. Bei Verdun sind wir die Angreifer, in der Picardie befinden wir uns in der Abwehr. Aber die Verteidigung Verduns, auf deren Hartnäckigkeit die Franzosen so stolz sind und von der sie in aller Welt so viel Wesens zu machen verstehen, stützt sich auf den wuchtigen Rückhalt der stärksten Festung Frankreichs, ihren doppelten Fortgürtel und ein kunstvoll ausgebautes Verbindungsnetz von Feldbefestigungen. Schon das Angriffsgelände an sich bietet durch sein starkes Ansteigen und die tiefen Einschnitte, die es durchziehen, die überragenden Kuppen, die es schützen, dem Angreifer ungleich viel höhere Schwierigkeiten als die leicht gewellte Ebene der Picardie. Unseren Kämpfern an der Somme stand nur ein schmaler Gürtel von Schützengräben zur Verfügung, deren vorderste Linie, als sie dem Erdboden gleichgemacht war, von der ungeheuren feindlichen Uebermacht nach siebentägigem Trommelfeuer im ersten Anlauf stellenweise überrannt und damit für die Verteidigung vielfach ausgeschaltet werden konnte. Was aber das Stärkeverhältnis anlangt, so ist es bekannt, daß bei Verdun die Franzosen uns in einer Ueberlegenheit gegenüberstanden, die an Infanterie sich zu unserer Stärke wie 2:1 verhielt. Dabei waren wir dort in der Rolle der Angreifer! An der Somme aber stellt sich das Zahlenverhältnis jedenfalls noch weit ungünstiger für uns. Und trotzdem ist der Geländegewinn unserer Feinde im ersten Monat ihrer Offensive noch nicht halb so groß als der unselige im ersten Monat vor Verdun! (Uebrigens mag darauf hingewiesen werden, daß der Geländegewinn, den die Franzosen erzielen konnten, fast doppelt so groß war als derjenige der Engländer, während die Verluste der ersteren etwa halb so groß waren als die der letzteren.) Die Schlacht an der Somme stellte selbst gegen die Kämpfe bei Verdun noch eine Steigerung des Einsatzes an Menschen und Munition dar. Sie bildete den Höhepunkt der Kraftentfaltung unserer Feinde und der ganzen bisherigen Kriegsgeschichte. Vergleicht man den Einsatz und die Hoffnungen der Feinde mit ihren Erfolgen, so muß sich jedem unbefangenen Beurteiler die Erkenntnis aufdrängen, daß sie unsere Stellung zu erschüttern nicht die Macht besitzen. Zum ersten Mal hat das bisher listig geschonte englische Heer gewaltige Verluste erlitten. An den nutzlosen Opfern trägt aber auch diesmal wieder Frankreich weitaus den größten Anteil. Ein weiter blühender Landstrich Frankreichs ist durch die Julikämpfe in eine grausige Trümmerwüste verwandelt worden.«