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Die erbitterte Artillerieschlacht um Verdun im Anfang Mai 1916.

Auch den ganzen Monat Mai hindurch wütete das furchtbare Ringen um Verdun weiter fort. Hier konnte man wirklich wieder von der bisher furchtbarsten und längsten Schlacht der Weltgeschichte sprechen, trotzdem auch schon frühere Schlachten des gewaltigsten aller Kriege als die »furchtbarsten« bezeichnet worden waren. Was wir und unsere Feinde im Kampfraum von Verdun während des Ringens um den Sieg zu ertragen und zu leisten hatten, das wird die späteren Geschlechter noch nach Jahrhunderten in Erstaunen setzen.

Am 1. Mai meldete die deutsche Heeresleitung nur ganz kurz: »An der Höhe »Toter Mann« wird heftig gekämpft.« Ueber den Luftkampf wurde hinzugefügt: »Unsere Flugzeug-Geschwader belegten feindliche Truppen-Unterkünfte westlich und Magazine südlich von Verdun ausgiebig mit Bomben.«

Am 2. Mai lautete die Meldung: »Südlich von Loos drang in der Nacht vom 1. Mai eine stärkere deutsche Offizierpatrouille überraschend in den englischen Graben ein. Die Besatzung fiel, soweit sie sich nicht durch die Flucht retten konnte. Im Maas-Gebiet haben sich die Artilleriekämpfe verstärkt. Während die Infanterie-Tätigkeit links des Flusses auf Handgranatengefechte vorgeschobener Posten nordöstlich von Avocourt beschränkt blieb, wurde südlich der Feste Douaumont und im Caillette-Walde abends ein französischer Angriff von unseren Truppen in mehrstündigem Nahkampf abgeschlagen. Unsere Stellungen sind restlos gehalten. Gestern schoß Oberleutnant Bölcke über dem Pfefferrücken sein fünfzehntes, Oberleutnant Freiherr von Althaus nördlich der Feste St. Mihiel sein fünftes feindliches Flugzeug ab.«

Nördlich von Dixmuiden drangen am 3. Mai deutsche Abteilungen im Anschluß an einen Feuerüberfall in die belgische Linie ein und nahmen einige Dutzend Leute gefangen. In Gegend des Four de Paris (Argonnen) stießen unsere Patrouillen bis über den zweiten französischen Graben vor; sie brachten einige Gefangene zurück. Oberleutnant Freiherr von Althaus schoß am 3. Mai über dem Caillette-Walde sein sechstes feindliches Flugzeug ab. Außerdem wurde ein französisches Flugzeug im Luftkampf südlich des Werkes Thiaumont zum Absturz gebracht, zwei weitere wurden durch unsere Abwehrgeschütze südlich des Talou-Rückens und beim Gehöft Thiaumont, ein fünftes durch Maschinengewehrfeuer bei Hardaumont heruntergeholt.

Zum Bombardement von Verdun: Eine besonders stark vom Geschützfeuer mitgenommene Straße in der inneren Stadt von Verdun.

Im Abschnitt zwischen Armentières und Arras herrschte am 4. Mai stellenweise rege Gefechtstätigkeit. Der Minenkampf war nordwestlich von Lens, bei Souchez und Neuville besonders lebhaft. Nordwestlich von Lens scheiterte ein im Anschluß von Sprengungen versuchter englischer Vorstoß. Im Maas-Gebiet erreichte das beiderseitige Artilleriefeuer am Tage zeitweise große Heftigkeit, zu der es auch nachts mehrfach anschwoll. Ein französischer Angriff gegen unsere Stellungen auf dem von der Höhe »Toter Mann« nach Westen abfallenden Rücken wurde abgewiesen. Am Südwestabhange dieses Rückens hatte der Feind in einer vorgeschobenen Postenstellung Fuß gefaßt. Von mehreren feindlichen Flugzeugen, die am 4. Mai in der Frühe auf Ostende Bomben abgeworfen, aber nur den Garten des Königlichen Schlosses getroffen hatten, wurde eines im Luftkampf bei Middelkerke abgeschossen; der Insasse, ein französischer Offizier, war tot.

Am nächsten Tage war die Gefechtstätigkeit an der englischen Front zwischen Armentières und Arras ebenfalls lebhaft. Bei Givenchy-en-Gohelle entwickelten sich Handgranatenkämpfe um einen Sprengtrichter, in den der Feind vorübergehend hatte eindringen können. Südlich der Somme waren nachts deutsche Erkundungs-Abteilungen in die feindliche Stellung eingebrochen, hatten einen Gegenstoß abgewiesen und einen Offizier, 45 Mann gefangen genommen. Links der Maas drangen unsere Truppen in vorspringende französische Verteidigungs-Anlagen westlich von Avocourt ein. Der Feind hatte sie unter dem Eindruck unseres Feuers aufgegeben; sie wurden zerstört und planmäßig wieder geräumt. Südlich von Haucourt wurden mehrere französische Gräben genommen und Gefangene eingebracht. Ein gegen den Westausläufer der Höhe »Toter Mann« wiederholter feindlicher Angriff brach völlig zusammen. Rechts der Maas kam es besonders nachts zu starker Artillerie-Tätigkeit. Ein englischer Doppeldecker mit französischen Abzeichen fiel an der Küste nahe der holländischen Grenze unversehrt in unsere Hand; die Insassen retteten sich auf neutrales Gebiet.

Südöstlich und südlich von Armentières waren am 6. Mai Unternehmungen unserer Patrouillen erfolgreich; es wurden Gefangene gemacht und zwei Maschinengewehre, zwei Minenwerfer erbeutet. Bei Givenchy-en-Gohelle wurde ein englischer Angriff gegen einige von uns besetzte Sprengtrichter glatt abgewiesen. Nordöstlich von Vienne-le-Chateau (Argonnen) scheiterte eine größere französische Patrouillen-Unternehmung nach Nahkampf. Auf dem linken Maasufer spannen sich die Artillerie- und Infanteriekämpfe in Gegend südöstlich von Haucourt fort. Sie brachten uns wiederum einige Erfolge, ohne völlig zum Abschluß zu kommen. Eine große Zahl französischer Fesselballons riß sich am 5. Mai abends infolge plötzlichen Sturmes los und trieb über unsere Linien. Mehr als fünfzehn wurden bisher geborgen.

Um den eitlen, immer noch von zukünftigen Siegen über die verhaßten »Boches« träumenden Franzosen ein Spielzeug vorzuführen, schifften die Engländer einige Ladungen – Russen in Marseille aus. Ueber diese russischen Soldaten – etwa 15 000 – wurde gemeldet, daß es sich um Leute handelte, die auf Grund des russischen Heeresgesetzes eingezogen wurden und bis jetzt im fernen Osten, besonders in den britischen Kolonien lebten. Sie waren halb oder noch gar nicht ausgebildet und nur zu Demonstrationszwecken durch den Suezkanal nach Marseille gebracht worden.

Westlich der Maas wurde die Gefechtshandlung auch am 7. Mai nicht zu Ende geführt. Besonders war die Artillerie auf beiden Seiten sehr tätig. Oestlich des Flusses war in der Frühe ein französischer Angriff in Gegend des Gehöftes Thiaumont gescheitert.

Deutscher Sturmangriff auf englische Stellungen bei Ypern. Die englischen Truppen im Graben sind Kanadier und wurden von den Deutschen aus ihrem Graben vertrieben. (Nach einer englischen Darstellung)

Einen schönen Sieg meldete unser Generalstab am 8. Mai: »Die in den letzten Tagen auf dem linken Maasufer in der Hauptsache durch tapfere Pommern unter großen Schwierigkeiten, aber mit mäßigen Verlusten durchgeführten Operationen haben Erfolg gehabt. Trotz hartnäckigster Gegenwehr und wütender Gegenstöße des Feindes wurde das ganze Grabensystem am Nordhang der Höhe 304 genommen und unsere Linie bis auf die Höhe selbst vorgeschoben. Der Gegner hat außerordentlich schwere blutige Verluste erlitten, so daß an unverwundeten Gefangenen nur 40 Offiziere, 1280 Mann in unsere Hände fielen. Auch bei Entlastungsvorstößen gegen unsere Stellungen am Westhang des »Toter Mann« wurde er mit starker Einbuße überall abgewiesen. Auf dem Ostufer entspannen sich beiderseits des Gehöftes Thiaumont erbitterte Gefechte, in denen der Feind östlich des Gehöftes unseren Truppen u. a. Neger entgegenwarf. Ihr Angriff brach mit Verlust von 300 Gefangenen zusammen. Bei den geschilderten Kämpfen wurden weitere frische französische Truppen festgestellt. Hiernach hat der Feind im Maas-Gebiet nunmehr, wenn man die nach voller Wiederauffüllung zum zweiten Male eingesetzten Teile mitzählt, die Kräfte von einundfünfzig Divisionen aufgewendet und damit reichlich das Doppelte der auf unserer Seite, der des Angreifers, bisher in den Kampf geführten Truppen.

Aus französischen und den deutschen Meldungen ging hervor, daß die Franzosen an der Höhe 103 westlich der Maas eine schwere Schlappe erlitten hatten. Nicht nur der gesamte Nordhang der Höhe wurde ihnen entrissen, unsere heldenhaften Sturmtruppen, diesmal pommersche Regimenter, faßten auch auf der Höhe selbst festen Fuß. Den Südhang hielt noch der Feind, vielleicht auch noch einen oder den anderen Punkt der Höhe selbst, aber ihren Wert als Keilstellung hatte sie schon jetzt eingebüßt.

Im Anschluß an die Erfolge auf der Höhe 304 wurden am 9. Mai mehrere südlich des Termitenhügels (südlich von Haucourt) gelegene feindliche Gräben erstürmt. Ein Versuch des Gegners, das auf Höhe 304 verlorene Gelände unter Einsatz starker Kräfte zurückzuerobern, scheiterte unter für ihn schweren Verlusten. Ebensowenig hatten französische Angriffe auf dem Ostufer der Maas in der Gegend des Thiaumont-Gehöftes Erfolg. Die Zahl der französischen Gefangenen dort war auf drei Offiziere, 375 Mann (außer 16 Verwundeten) gestiegen, es wurden neun Maschinengewehre erbeutet.

Der Kampf um die Höhe 304 nahm inzwischen seinen erfolgreichen Fortgang. Nachdem die Unsrigen jüngst von Norden her in die wichtigsten dortigen Stellungen der Franzosen vorgedrungen waren, hatte auch jetzt am Termitenhügel, also aus Nordwesten her, die Vorwärtsbewegung eingesetzt. Auf dem von hier zur Höhe 304 führenden Rücken südlich des Punktes 287 wurden feindliche Werke im Sturm genommen. Ebenso bestätigte der gegnerische Heeresbericht vom 7. Mai abends, daß auch östlich der Höhe 304 am »Mort Homme« unsere Truppen einen Erfolg erzielt hatten, durch die Angabe, wir hätten dort einen Verbindungsgraben besetzt.

In den Argonnen versuchte der Feind am 10. Mai, im Anschluß an eine Sprengung in unsere Gräben einzudringen. Er wurde zurückgeschlagen. Südwestlich der Höhe 304 wurden feindliche Vortruppen weiter zurückgedrückt und eine Feldwache aufgehoben.

Deutsche Flugzeuge belegten nach dem amtlichen Bericht vom 11. Mai Dünkirchen und die Bahnanlagen bei Adinkerke mit Bomben. Auf dem westlichen Maasufer griffen die Franzosen nachmittags beim »Toten Mann«, abends südöstlich Höhe 304 unsere Stellungen an. Beide Male brachen ihre Angriffe im Maschinengewehr- und Sperrfeuer der Artillerie unter beträchtlichen Verlusten für den Feind zusammen. Eine bayerische Patrouille nahm im Carnard-Walde 54 Franzosen gefangen. Die Zahl der bei den Kämpfen seit dem 4. Mai um Höhe 304 gemachten unverwundeten gefangenen Franzosen war auf 53 Offiziere, 1515 Mann gestiegen. Auf dem östlichen Maasufer fanden in der Gegend des Caillette-Waldes während der ganzen Nacht Handgranatenkämpfe statt; ein französischer Angriff in diesem Walde wurde abgeschlagen.

Der amtliche Bericht vom 12. Mai lautete: »Südöstlich des Hohenzollernwerkes bei Hulluch stürmten pfälzische Bataillone mehrere Linien der englischen Stellung. Bisher wurden 127 unverwundete Gefangene eingebracht und mehrere Maschinengewehre erbeutet. Der Gegner erlitt außerdem erhebliche blutige Verluste, besonders bei einem erfolglosen Gegenangriff. In den Argonnen scheiterte ein von den Franzosen unter Benutzung von Flammenwerfern unternommener Angriff gegen die Fille morte. Im Maas-Gebiet herrschte beiderseits lebhafte Artillerie-Tätigkeit.

Zwischen Argonnen und Maas fanden am 13. Mai an einzelnen Stellen lebhafte Handgranatenkämpfe statt. Versuche des Feindes, in den Wäldern von Avocourt und Malancourt Boden zu gewinnen, wurden vereitelt. Ein feindlicher Nachtangriff südwestlich des »Toten Mannes« erstarb in unserem Infanteriefeuer. Auf dem östlichen Maasufer erlitten die Franzosen bei einem mißglückten Angriff am Steinbruch westlich des Ablain-Waldes beträchtliche Verluste.

Während die britischen Truppen in Nordfrankreich noch immer keine Neigung zu einer Entlastungs-Offensive verspürten, hatten ihnen pfälzische Truppen wiederum gezeigt, daß die Ereignisse von Verdun unsere Kräfte keineswegs verbrauchten, daß wir auch anderwärts kräftige Hiebe zu erteilen vermochten. Gewiß handelte es sich bei dem Vorstoß am Hohenzollernwerk bei Hulluch nur um ein örtliches Unternehmen von beschränktem Umfange, aber es brachte uns einen schönen Erfolg: Mehrere Linien der feindlichen Stellung wurden gestürmt. Hulluch wie auch das benachbarte Hohenzollernwerk liegen etwas östlich der Straße Arras–Lens–La Bassée, etwas halbwegs zwischen Lens und La Bassée. Im September wie auch noch in den ersten Tagen des Oktober 1915 machten die Briten hier verzweifelte Versuche, unsere Front längs dieser Straße einzudrücken und uns in Richtung Lille zurückzudrängen. Sie versicherten auch verschiedentlich, das Hohenzollernwerk fest in Händen zu haben. Aber nach anfänglichen Erfolgen wurde ihr Angriff vollkommen zum Stehen gebracht, nur an einzelnen Punkten, so östlich Loos (und damit südöstlich des Hohenzollernwerkes),kam der Feind bis an die Straße heran. Hier war es nun abermals gelungen, ihm ein Stück seiner vorgeschobenen Stellungen zu entreißen und damit unsere Front auszugleichen, dem Feinde irgendwelche Vorstöße zu erschweren. Und das war immerhin ein ansehnlicher Erfolg, wenn er natürlich auch an Bedeutung hinter den Kämpfen an der Maas zurücktrat.

Am 14. Mai besagte der amtliche Bericht: »Ein Erkundungstrupp drang am Ploegsteert-Wald (nördlich von Armentières) in die feindliche zweite Linie ein, sprengte einen Minenschacht und kehrte mit zehn gefangenen Engländern zurück. In der Gegend von Givenchy-en-Gohelle fanden Minensprengungen in der englischen Stellung und für uns erfolgreiche Kämpfe um Graben und Trichter statt. Auf dem westlichen Maasufer wurde ein gegen die Höhe 304 unternommener französischer Handgranatenangriff abgewiesen.

In vielen Abschnitten der Front war auch am nächsten Tage die beiderseitige Artillerie- und Patrouillen-Tätigkeit lebhaft. Versuche des Gegners, unsere neugewonnene Stellung bei Hulluch wieder zu nehmen, wurden, soweit sie nicht schon in unserem Artilleriefeuer zusammenbrachen, im Nahkampf erledigt. Im Kampfgebiete der Maas wurden Angriffe der Franzosen am Westhange des »Toten Mannes« und im Caillette-Walde mühelos abgeschlagen. Im übrigen beherrschte auch in diesem Kampfgebiete wiederum die Artillerie das Feld. Aber war auch abermals eine Ruhepause in umfassenderen Nahkämpfen eingetreten, wir schrieben nach wie vor das Gesetz des Handelns vor. An keiner Stelle der Front zeigten sich ernsthafte Versuche einer Gegenoffensive. Die Riesenschlacht ging weiter!


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