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Was allgemein seit anderthalb Jahren erwartet wurde, trat im 20. Kriegsmonat ein! Die Engländer hatten ihren Vasallenstaat Portugal so weit, daß er mit Deutschland brach, indem er die in portugiesischen Häfen liegenden deutschen Schiffe beschlagnahmte.
Am 9. März wurde zunächst amtlich gemeldet: »Der kaiserliche Gesandte in Lissabon, Dr. Rosen, ist angewiesen, heute von der portugiesischen Regierung unter gleichzeitiger Ueberreichung einer ausführlichen Erklärung der deutschen Regierung seine Pässe zu verlangen. Dem hiesigen portugiesischen gesandten, Dr. Sidouio-Paes, sind heute ebenfalls seine Pässe zugestellt worden.«
Es folgte dann nachstehende amtliche Veröffentlichung: »Am 23. Februar hat die portugiesische Regierung die in portugiesischen Häfen liegenden deutschen Schiffe beschlagnahmt. Unmittelbar nach Bekanntwerden dieses Vorganges erhielt der kaiserliche Gesandte in Lissabon Dr. Rosen Auftrag, gegen die Maßnahme zu protestieren und ihre Aufhebung zu verlangen. Die betreffende Note wurde am 27. Februar der portugiesischen Regierung übergeben. Ungeachtet dieser Tatsache verbreitete die Portugiesische Regierung in Lissabon in ihrer offiziösen Presse die Nachricht, daß eine deutsche Protestnote überhaupt nicht existiere; in der portugiesischen Kongreßsitzung leugnete der Justizminister sogar offiziell das Vorhandensein der Note ab. Die von dem kaiserlichen Gesandten verlangte Richtigstellung der Preßnotiz unterblieb. Erst am 4. März erschien der hiesige portugiesische Gesandte im Auftrage seiner Regierung im Auswärtigen Amt, um eine Note zu übergeben, welche die deutsche Forderung ablehnte. Eine Abschrift dieser Note wurde am selben Tage dem kaiserlichen Gesandten in Lissabon übergeben. Daraufhin erhielt dieser die Anweisung, der portugiesischen Regierung die nachstehend wiedergegebene Erklärung zuzustellen. Die Uebergabe dieser Erklärung soll heute in Lissabon erfolgen. Eine Abschrift derselben wurde dem hiesigen portugiesischen Gesandte» übermittelt.
Seit Kriegsbeginn hat die portugiesische Regierung durch neutralitätswidrige Handlungen die Feinde des Deutschen Reiches unterstützt. Englischen Truppen wurde in vier Fällen der Durchmarsch durch Mozambique gestattet. Die Versorgung deutscher Schiffe mit Kohlen wurde verboten. Ein neutralitätswidrig ausgedehnter Aufenthalt englischer Kriegsschiffe in portugiesischen Häfen wurde zugelassen, England die Benutzung Madeiras als Flottenstützpunkt gewährt. Der Entente wurden Geschütze und Kriegsmaterial der verschiedensten Art, England überdies ein Torpedobootzerstörer verkauft. Deutsche Kabel wurden unterbrochen. Das Archiv des kaiserlichen Vizekonsulats in Mossamedes wurde beschlagnahmt.
Expeditionen wurden nach Afrika entsandt und offen als gegen Deutschland gerichtet bezeichnet. An der Grenze von Deutsch-Südwestafrika und Angola wurde der deutsche Bezirksamtmann Dr. Schultze-Jena sowie zwei Offiziere und Mannschaften durch eine Einladung über die Grenze nach Naulila gelockt, dort am 19. Oktober 1914 für verhaftet erklärt und, als sie sich ihrer Festnahme zu entziehen versuchten, zum Teil niedergeschossen, die Ueberlebenden mit Gewalt gefangen genommen. Retorsionsmaßnahmen unserer Schutztruppe folgten. Von Deutschland abgeschnitten, handelte die Schutztruppe in der durch das portugiesische Vorgehen hervorgerufenen Annahme, daß Portugal sich mit uns im Kriegszustande befinde. Die portugiesische Regierung remonstrierte wegen der letzteren Vorgänge, ohne die ersteren zu erwähnen, und beantwortete unser Verlangen, uns mit unseren Kolonialbehörden einen ungehinderten chiffrierten Telegrammverkehr zwecks Aufklärung des Sachverhalts zu verschaffen, überhaupt nicht.
Während der Kriegsdauer ergingen sich, unter mehr oder weniger offenkundiger Begünstigung durch die portugiesische Regierung, Presse und Parlament in gröblichen Beschimpfungen des deutschen Volkes. In der Kammersitzung vom 23. November 1914 sprach der Führer der Partei der Evolutionisten in Gegenwart fremder Diplomaten sowie der portugiesischen Minister schwere Beleidigungen gegen Deutschland aus, ohne daß ein Einspruch seitens des Kammerpräsidenten oder eines Ministers erfolgt wäre. Der kaiserliche Gesandte erhielt auf seine Vorstellungen nur die Antwort, daß der betreffende Passus im offiziellen Sitzungsberichte nicht enthalten sei.
Wir haben gegen diese Vorgänge in jedem Einzelfalle protestiert sowie verschiedentlich die ernstesten Vorstellungen erhoben und die portugiesische Regierung für alle Folgen verantwortlich gemacht. Eine Remedur erfolgte jedoch nicht. Die kaiserliche Regierung hatte gleichwohl in langmütiger Würdigung der schwierigen Lage Portugals es bisher vermieden, ernstere Konsequenzen aus dem Verhalten der portugiesischen Regierung zu ziehen.
Am 23. Februar erfolgte auf Grund eines Dekrets vom gleichen Tage ohne vorherige Verhandlung die Beschlagnahme der deutschen Schiffe. Diese wurden militärisch besetzt und die Mannschaften von Bord geschickt. Die kaiserliche Regierung hat gegen diesen flagranten Rechtsbruch protestiert und die Aufhebung der Beschlagnahme der Schiffe verlangt.
Die portugiesische Regierung hat das Verlangen abgelehnt und ihre Gewaltmaßregel durch Rechtsausführungen zu begründen versucht. Sie geht davon aus, daß unsere durch den Krieg in portugiesischen Häfen festgelegten Schiffe infolge der Festlegung nicht dem Artikel 2 des deutsch-portugiesischen Handels- und Schifffahrts-Vertrages, sondern ebenso wie anderes im Lande befindliches Eigentum der unbeschränkten Gebietshoheit und damit dem unbeschränkten Zugriff Portugals unterlägen. Weiterhin aber meint sie sich innerhalb der Grenzen dieses Artikels gehalten zu haben, da die Requisition der Schiffe einem dringenden wirtschaftlichen Bedürfnis entspräche, auch in dem Beschlagnahmedekret eine später festzusetzende Entschädigung vorgesehen sei. Diese Ausführungen erscheinen als leere Ausflüchte. Der Artikel 2 bezieht sich auf jede Requisition deutschen, in portugiesischem Gebiete befindlichen Eigentums, so daß es dahingestellt bleiben kann, ob die angebliche Festlegung der deutschen Schiffe in portugiesischen Häfen ihre Rechtslage verändert hat. Den genannten Artikel hat aber die portugiesische Regierung nach doppelter Richtung verletzt. Einmal hat sie sich bei der Requisition nicht in den vertraglichen Grenzen gehalten, da Artikel 2 die Befriedigung eines staatlichen Bedürfnisses voraussetzt, während die Beschlagnahme offenbar unverhältnismäßig mehr deutsche Schiffe getroffen hat, als zur Beseitigung des Schiffsraummangels für Portugal erforderlich war. Sodann aber macht der Artikel die Beschlagnahme der Schiffe von einer vorhergehenden Vereinbarung mit den Beteiligten über die zu bewilligende Entschädigung abhängig, während die portugiesische Regierung nicht einmal versucht hat, sich mit den deutschen Reedereien unmittelbar oder durch Vermittlung der deutschen Regierung zu verständigen. Das ganze Vorgehen der portugiesischen Regierung stellt sich somit als ein schwerer Rechts- und Vertragsbruch dar.
Die portugiesische Regierung hat durch dieses Vorgehen offen zu erkennen gegeben, daß sie sich als Vasallen Englands betrachtet, der den englischen Interessen und Wünschen alle anderen Rücksichten unterordnet. Sie hat endlich die Beschlagnahme der Schiffe unter Formen vollzogen, in denen eine beabsichtigte Herausforderung Deutschlands erblickt werden muß. Die deutsche Flagge wurde auf den deutschen Schiffen niedergeholt, die portugiesische Flagge mit Kriegswimpel gesetzt. Das Admiralsschiff schoß Salut.
Die kaiserliche Regierung sieht sich gezwungen, aus dem Verhalten der portugiesischen Regierung die notwendigen Folgerungen zu ziehen. Sie betrachtet sich von jetzt ab als mit der portugiesischen Regierung im Kriegszustand befindlich.«