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Vom russischen Reich hatten die verbündeten Heere Deutschlands und Oesterreich-Ungarns jetzt ein Gebiet besetzt, das an Flächenraum die Hälfte des Deutschen Reiches übertraf. An die Stelle des siegreich vordringenden Bewegungskrieges trat jetzt wieder der Stellungskrieg. Nur an der Düna im äußersten Norden und am Styrfluß in Wolhynien fanden in den nächsten Wochen größere Kämpfe statt. Aber auch diese beiden Schlachten brachten den Russen keinen Gewinn, trotzdem sie fortgesetzt neue starke Kräfte einsetzten.
Am 1. November berichtete die deutsche Heeresleitung: »Heeresgruppe des Generalfeldmarschalls von Hindenburg: Beiderseits der Eisenbahn Tuckum–Riga gewannen unsere Truppen im Angriff die allgemeine Linie Raggasem–Kemmern (westlich von Schlock)–Jaunsem. Feindliche Gegenstöße wurden zurückgeschlagen. Westlich und südwestlich von Dünaburg wurden starke russische Angriffe abgewiesen. Zwischen dem Swenten- und Ilsen-See war der Kampf besonders heftig. Er dauert dort an einzelnen Stellen noch an. Vereinzelte feindliche Vorstöße nördlich des Dryswjaty-Sees scheiterten ebenfalls. Bei Olai (südwestlich von Riga) wurde ein russisches Flugzeug zum Landen gezwungen; Führer und Beobachter sind gefangen genommen. – Heeresgruppe des Generalfeldmarschalls Prinz Leopold von Bayern: Oestlich von Baranowitschi wurde ein russischer Nachtangriff nach Nahkampf abgeschlagen. – Heeresgruppe des Generals von Linsingen: Die Lage ist im allgemeinen unverändert. Ein feindlicher Gegenstoß nördlich von Komarow hatte keinen Erfolg. – Deutsche Truppen der Armee des Generals Grafen Bothmer wurden bei Siemikowce (an der Strypa, nördlich von Burkanow) angegriffen und stehen dort noch im Kampfe.«
Recht erfreulich war noch folgende amtliche Zusammenstellung: »Die Zahl der im Oktober von deutschen Truppen eingebrachten Gefangenen und die von ihnen gemachte Beute beträgt: bei der Heeresgruppe von Hindenburg: 98 Offiziere, 14 482 Mann, 40 Maschinengewehre; bei der Heeresgruppe Prinz Leopold: 32 Offiziere, 4134 Mann, zwei Maschinengewehre; bei der Heeresgruppe von Linsingen: 56 Offiziere, 8871 Mann, 21 Maschinengewehre; bei der Armee des Grafen von Bothmer: drei Offiziere, 1525 Mann, ein Maschinengewehr; bei der Heeresgruppe von Mackensen: 55 Offiziere, 11 937 Mann, 23 Geschütze (abgesehen von einer großen Anzahl aufgefundener Geschütze älterer Fertigung), 16 Maschinengewehre; zusammen 244 Offiziere, 40 949 Mann, 23 Geschütze, 80 Maschinengewehre.«
Die österreichische Depesche vom 1. November lautete: »An der Szczara haben k. u. k. Truppen einen Nachtangriff nach heftigem Handgemenge abgewiesen. An der Kormin-Front haben wir mehrere starke Nachtangriffe abgeschlagen. Nördlich Bieniawa an der Strypa entwickeln sich nach einem abgewiesenen Angriff neuerlich heftige Kämpfe. Auf dem nordöstlichen Kriegsschauplatz beträgt die Oktoberbeute der dem k. u. k. Oberkommando unterstehenden Armeen 142 Offiziere, 26 000 Mann, 44 Maschinengewehre, ein Geschütz, drei Flugzeuge und sonstiges Kriegsmaterial.«
Am 2. November wurde gemeldet: »Heeresgruppe des Generalfeldmarschalls von Hindenburg: Südlich der Bahn Tuckum–Riga hat unser Angriff beiderseits der Aa weitere Fortschritte gemacht. Vor Dünaburg wurde auch gestern heftig gekämpft. Mehrfache, starke russische Angriffe sind blutig abgewiesen. Die Kämpfe zwischen Swenten- und Ilsen-See sind noch im Gange. Ueber 500 Gefangene fielen in unsere Hand. – Heeresgruppe des Generals von Linsingen: Die Russen versuchten, unser Vorgehen westlich von Czartorysk durch Gegenangriff auf breiter Front und in dichten Massen zum Stehen zu bringen. Sie sind unter schwersten Verlusten zurückgeworfen; unsere Angriffe wurden darauf fortgesetzt. – Bei Siemikowce war es den Russen vorübergehend gelungen, in die Stellungen der Truppen des Generals Grafen von Bothmer einzudringen. Durch Gegenstoß gewannen wir unsere Gräben zurück und nahmen über 600 Russen gefangen. Der Ort Siemikowce selbst wurde nach erbitterten Nachtkämpfen heute morgen zum größten Teil wieder erstürmt, wobei weitere 2000 Gefangene gemacht wurden.«
Die Angriffe an der Strypa-Front dauerten nach dem österreichischen Bericht vom 2. November den ganzen Tag über an. Der Feind führte starke Kräfte zum Angriff vor und brach in tiefgegliederten Sturmkolonnen bei Sieniawa in unsere Stellungen ein. Unsere Reserven warfen ihn aber in raschem Gegenangriff wieder zurück, wobei er in erbitterten Ortskämpfen große Verluste erlitt und 2000 Gefangene in unserer Hand ließ. Im Gebiete des unteren Styr drängten wir die Russen weiter zurück. Ein unter großem Munitionsaufwand unternommener russischer Gegenangriff brach zusammen.
Der 3. November brachte die Meldung: »Vor Dünaburg setzten die Russen ihre Angriffe fort. Bei Illuxt und Garbunowka wurden sie abgewiesen. Viermal stürmten sie unter außergewöhnlichen Verlusten vergebens gegen unsere Stellung bei Gateni an. Zwischen Swenten- und Ilsen-See mußte unsere Linie zurückgebogen werden; es gelang dort den Russen, das Dorf Mikulischki zu besetzen. Am Oginsky-Kanal wurde ein feindlicher Vorstoß gegen die Schleuse von Osaritschi abgeschlagen. Beiderseits der Straße Lisowo–Czartorysk sind die Russen erneut zum weiteren Rückzuge gezwungen; fünf Offiziere, 660 Mann sind gefangen genommen, drei Maschinengewehre erbeutet. – Bei den Truppen des Generals Grafen von Bothmer wird noch im Nordteil von Siemikowce gekämpft.«
Eine in Polen verheiratete spanische Lehrerin schilderte in erschütternden Berichten das Elend der russischen Vertriebenen. Von früher Dämmerung an fluteten drei Millionen Menschen aus tausend Ortschaften durch die russischen Wälder und Täler. Mit elendem Hausrat, Kindern und Kranken beladene Karren, begleitet von schwankenden und weinenden Männern und Frauen. Die Kindersterblichkeit sei entsetzlich. Viele ersticken zwischen den Wagenkissen, andere erliegen dem Typhus und Durchfall. Taumelnd, mit vor Hunger und Schrecken geweiteten Augen wanderten, barfüßige Kleine, vergeblich an ihrer Hand saugend. Wer tot zusammenbricht, bleibt unbegraben liegen. Unzählige verfallen diesem Schicksal, so daß trotz des neuen Zuzuges die Gruppen nie anschwellen. Die Kranken würden gewaltsam von ihren Familien getrennt und müßten zurückbleiben. Wer sich weigere, weiter zu wandern, den treffe unbarmherzig die Knute des Kosaken. Auf dem Wege von Kobrin nach Pinsk lagen auf 120 Kilometer in der Runde viele Tausende an Cholera Gestorbener unbeerdigt auf offenem Felde. Während des Rückzuges des 13. Armeekorps hätten die zurückflutenden Truppen erbarmungslos lange Züge der Vertriebenen überrannt. Ueber Alte und Schwache seien Pferde und Geschütze gegangen. Ganze Familien seien umgekommen. Die Briefschreiberin erklärte, daß sie viel mehr gesehen habe, als sie erzähle, und daß es fortgesetzt neue Schrecken gäbe. Sie habe aber nicht den Mut, alles zu schildern.
Vor Dünaburg wurde am 4. November weiter gekämpft. An verschiedenen Stellen wiederholten die Russen ihre Angriffe, überall wurden sie zurückgeschlagen. Besonders starke Kräfte setzten sie bei Garbunowka ein; dort waren ihre Verluste auch am schwersten. Das Dorf Mikulischki konnten sie im Feuer unserer Artillerie nicht halten, es wurde wieder von uns besetzt. Die Russen versuchten einen Ueberfall auf das Dorf Kuchocka Wola. In das Dorf eingedrungene Abteilungen wurden sofort wieder hinausgeworfen. Ein abermaliger Versuch des Feindes, durch starke Gegenangriffe uns den Erfolg westlich von Czartorysk streitig zu machen, scheiterte. Aus den Kämpfen wurden an einem Tage insgesamt fünf Offiziere, 1117 Mann als Gefangene und elf Maschinengewehre eingebracht. Bei den Truppen des Generals Grafen von Bothmer wurde am 3. und 4. November noch in und bei Siemikowce gekämpft. Die Zahl der bei dem Dorfkampf gemachten Gefangenen hatte sich auf 3000 erhöht. Russische Angriffe südlich des Ortes brachen zusammen.
Die Kämpfe an der Strypa dauerten nach dem Wiener Bericht vom 3. November an; die Russen setzten Verstärkungen ein. Nördlich von Buczacz brach ein russischer Angriff im Feuer der Oesterreicher zusammen. Nördlich von Bieniowa wurde den ganzen Tag erbittert um den Besitz des Ortes Siemikowce gekämpft. Der mitgeteilte Gegenangriff österreichisch-ungarischer Truppen führte nach wechselvollem Gefechte in den Nachmittagsstunden zur Vertreibung der Russen aus Dorf und Meierhof. In der Nacht griffen neue russische Truppen ein, so daß einige Häusergruppen wieder verloren gingen. Auch am Teich nördlich von Siemikowce waren Kämpfe im Gange. Die unter dem Befehl des Generals von Linsingen stehenden österreichisch-ungarischen und deutschen Streitkräfte brachen mit ihrer Stoßgruppe bei Bielgow westlich Czartorysk in die russische Hauptstellung ein. Es wurden fünf Offiziere, 660 Mann gefangen genommen und drei Maschinengewehre erbeutet.
Der Feind setzte auch am nächsten Tage seine Angriffe gegen die Strypa-Front fort. Die gegen die Stellung bei Wisniowczyk und Burkanow gerichteten Angriffe brachen vor unseren Hindernissen zusammen. Vor den Schützengräben zweier Bataillone wurden 500 russische Leichen begraben. Im Dorfe Siemikowce nördlich von Bieniawa wurde nach wie vor heftig gekämpft. Oesterreichisch-ungarische und deutsche Truppen gewannen den Ort fast ganz zurück. Die Zahl der in diesem Raume eingebrachten Gefangenen betrug 3000. Auch am unteren Styr wurden zahlreiche Vorstöße des Gegners abgeschlagen.
Generalfeldmarschall von Hindenburg meldete am 5. November: »Ohne Rücksicht auf ihre ganz außergewöhnlich hohen Verluste haben die Russen ihre vergeblichen Angriffe zwischen Swenten- und Ilsen-See sowie bei Gateni fortgesetzt. Bei Gateni brachen wiederum vier starke Angriffe vor unseren Stellungen zusammen.« – General von Linsingen: »Nordwestlich von Czartorysk wurden die Russen nach einem kurzen Vorstoß über Kosciuchnowka auf Wolczeck wieder in ihre Stellungen zurückgeworfen. Oestlich von Budka machte unser Angriff Fortschritte. Mehrfache russische Gegenstöße nördlich von Komarow wurden abgeschlagen. – Bei den Truppen des Generals von Bothmer führte unser Angriff gegen die noch einen Teil von Siemikowce haltenden Russen zum Erfolge. Abermals fielen über 2000 Gefangene in unsere Hand.«
Der russische General Iwanow hatte einsehen müssen, daß er am Nordabschnitt der wolhynischen Front auch mit den stärksten Stoßkräften nicht durchdringen konnte. Vielmehr hatte die Nordarmee des Generals von Linsingen die russische Stoßgruppe am Styr in planmäßigem Gegenangriff völlig auf den Brückenkopf Czartorysk zurückgeworfen. Nördlich der Bahnlinie Kiew–Kowel schützte das sumpfige Gelände von Rafalowka diesen Brückenkopf, im Süden aber hatten die Verbündeten die ganze Linie der Schützengräben zwischen Bielgow, Podgetie und der Bahnstation Miedwicze erstürmt. Sie hatten dabei in den letzten beiden Tagen über 1000 Gefangene gemacht und eine Anzahl Maschinengewehre erbeutet. Der Feind wurde auf seine Hauptstellung bei Czartorysk zurückgedrängt. Seine Versuche, gegen unsere neue Stellungslinie vorzubrechen, brachen im Schnellfeuer unserer Feldgeschütze und Maschinengewehre zusammen. Jetzt versuchte General Iwanow wieder einmal, in Ostgalizien durchzubrechen oder wenigstens durch den Anschein eines Durchbruchsversuchs unsere dortigen Armeen zu binden und zu schwächen. Die Angriffe erfolgten ziemlich planlos an verschiedenen Punkten der Strypa-Front, jedesmal durch ein kurzes, aber intensives Bombardement und aufklärende Attacken der Kosakensotnien vorbereitet. Vor Buczacz überfielen starke russische Kräfte die Dörfer Medwedowce und Nowostawce bei den Ochowiec-Teichen. Sie wurden aber vom linken Flügelkorps der Armee Pflanzer-Baltin abgeschlagen. Die obere Strypa durchfließt ein Sumpfgelände, das sich beim Dorf Iszczkow zu einem seeartigen Teich von vier Kilometer Länge und einem Kilometer Breite klärt. Seit drei Tagen und drei Nächten wurde mit Anspannung aller Kräfte und wechselndem Glück inmitten der rauchenden Trümmer von Siemikowce um diesen Uebergang gekämpft.
Die Kämpfe um Siemikowce dauerten auch am 5. November den ganzen Tag über fort. Sie endeten mit der völligen Vertreibung der Russen aus dem Ort und von dem westlichen Strypa-Ufer. Der Feind ließ neuerlich 2000 Gefangene in unserer Hand. Die siebenbürgische Honved-Division, die durch vier Tage und vier Nächte ununterbrochen im Kampfe stand, hatte an der Wiedergewinnung aller unserer Stellungen hervorragendsten Anteil. Nördlich von Komarow am unteren Styr wurden einige Gräben genommen. Westlich von Rafalowka brach der Feind in unsere Stellungen ein; ein Gegenangriff warf ihn zurück.
Bei Siemikowce war sodann etwas Ruhe eingetreten und der Gegner in seine alten Stellungen auf dem Ostufer der Strypa zurückgeworfen. In den nun abgeschlossenen Kämpfen verloren die Russen an Gefangenen 50 Offiziere und etwa 6000 Mann.
Am 6. und 7. November meldete der k. k. Generalstab:
»Der Feind unternahm gestern südöstlich von Wisniowczyk gegen unsere Strypafront zwei starke Angriffe. Seine Angriffskolonnen brachen, schwere Verluste erleidend, unter unserem Feuer zusammen. Die Russen zogen sich schließlich sowohl hier als auch östlich von Burkanow und Bieniawa in ihre Hauptstellung zurück. Die Zahl der in den Kämpfen um Siemikowce eingebrachten Gefangenen stellt sich auf 50 Offiziere und 6000 Mann. Am unteren Styr gewinnen unsere Angriffe schrittweise Raum.«
»Südöstlich von Wisniowczyk an der Strypa und nordwestlich von Dubno schlugen unsere Truppen starke russische Angriffe ab. Bei Wisniowczyk war es der siebente Angriffsversuch, den die Russen in den letzten vier Tagen gegen dieses Frontstück gerichtet haben.«
Feldmarschall Hindenburg drahtete am 7. November: »Südwestlich und südlich von Riga wurden mehrfache russische Teilangriffe abgeschlagen. Vor Dünaburg scheiterten feindliche Angriffe bei Illuxt und zwischen Swenten- und Ilsen-See. In der Nacht vom 5. zum 6. November waren die Russen nordwestlich des Swenten-Sees durch nächtlichen Ueberfall in unsere Stellung eingedrungen; sie sind gestern wieder hinausgeworfen.«
Südlich und südöstlich von Riga, ferner westlich von Jakobstadt beiderseits der Eisenbahn Mitau–Jakobstadt und vor Dünaburg griffen die Russen am nächsten Tage nach starker Feuervorbereitung mit erheblichen Kräften an. Ihre Angriffe wurden, teilweise unter sehr schweren Verlusten für sie, abgeschlagen.
Russische Angriffe nordwestlich von Czartorysk blieben erfolglos. Drei Offiziere, 271 Mann fielen gefangen in unsere Hand.
Die russischen Angriffe wurden auch am 9. November westlich und südlich von Riga, westlich von Jakobstadt und vor Dünaburg ohne jeden Erfolg fortgesetzt. In der Nacht vom 7. zum 8. November waren feindliche Abteilungen westlich von Dünaburg in einen schmalen Teil unserer vorderen Stellung eingedrungen. Unsere Truppen warfen sie im Gegenangriff wieder zurück und machten einen Offizier, 372 Mann zu Gefangenen. – Bei einem erfolgreichen Gefecht nördlich von Komarow (am Styr) wurden 366 Russen gefangen genommen.
Einer der schlimmsten russischen Kriegshetzer war – ein Weib! Und zwar die Zarin-Mutter. Seit Jahren hatte sie gegen Deutschland gehetzt, wo sie nur konnte. Selbst jetzt, wo der russische Koloß schwer blutend am Boden lag, konnte sie ihr Gewerbe nicht lassen. Das bezeugte folgende Meldung: »Zu Ehren einer von der Front nach Petersburg zurückgekommenen japanischen Sanitätskommission fand im Petersburger Rathause ein großes Bankett statt, an dem auch die Kaiserin-Mutter teilnahm. Zum Schluß des Banketts ergriff die Kaiserin-Mutter selbst das Wort und erklärte, daß sie einen allrussischen antideutschen Frauenverein gründen wolle. Sie leerte ihr Glas auf die japanisch-russische Verbrüderung und auf die baldige Zerschmetterung aller Widersacher.« Auch dieser Zorn eines Weibes konnte die deutschen Sieger kalt lassen. Wie mag wohl Feldmarschall Hindenburg gelacht haben, als er diese ohnmächtige Weiberrede las!
Aus dem Kriegspressequartier wurde am 10. November gemeldet: »Unser bis an den Tirulsumpf und Kekkau gelangter Vorstoß gegen Riga veranlaßte die Russen zu immer neuen Versuchen, unsere Linie zu durchbrechen. Seit mehreren Tagen machen sie durch starkes Artilleriefeuer vorbereitete Sturmangriffe, die infolge großer Verluste immer schwächer werden. So wurde vorgestern von unseren Truppen beobachtet, wie russische Infanterielinien bei Bundul von Kosaken mit Peitschen vorgetrieben wurden. Bei Grenhof nordwestlich Olai wurden durch den Sumpf vorgetriebene russische Linien von unserem Feuer niedergemäht. Man hört das Jammern der Verwundeten aus dem Sumpf, ohne ihnen Hilfe bringen zu können. Einer unserer vorgehenden Artilleriebeobachter sah sich plötzlich auf nahe Entfernung einem scheinbar besetzten russischen Graben gegenüber. Bei näherem Zusehen lagen und standen, zum Teil im Anschlag, fünfzig tote Russen, Mann bei Mann, in dem Graben, alle mit Kopfschüssen. Gestern griffen die Russen abermals nach vorangegangenem Trommelfeuer bei Kekkau an, gelangten aber nur an einer Stelle an die Drahthindernisse, wo sie mit dem Bajonett zurückgetrieben wurden. Nirgends haben sie ihre Angriffe um einen Schritt weiter gebracht.«
Hindenburg berichtete dazu: »Westlich von Riga wurde ein russischer Vorstoß gegen Kemmern zum Stehen gebracht. Westlich von Jakobstadt wurden stärkere zum Angriff vorgehende feindliche Kräfte zurückgeschlagen; ein Offizier, 117 Mann sind in unserer Hand geblieben. Vor Dünaburg beschränkten sich die Russen auf lebhafte Tätigkeit ihrer Artillerie.«
Ueber die Kämpfe in Wolhynien meldete die Heeresgruppe des Generals von Linsingen am 10. November: »Ein russischer Durchbruchsversuch bei und nördlich von Budka (westlich von Czartorysk) kam vor ostpreußischen, kurhessischen und österreichischen Regimentern zum Stehen. Ein Gegenstoß warf den Feind in seine Stellungen zurück.«
Am nächsten Tage wurde berichtet: »Heeresgruppe des Generalfeldmarschalls von Hindenburg: Bei Kemmern (westlich von Riga) wurden gestern drei Angriffe, die durch Feuer russischer Schiffe unterstützt wurden, abgeschlagen. In der Nacht sind unsere Truppen planmäßig und ungestört vom Feinde aus dem Waldgelände westlich und südwestlich von Schlok zurückgezogen, da es durch den Regen der letzten Tage in Sumpf verwandelt ist. Bei Bersemünde (südöstlich von Riga) kam ein feindlicher Angriff in unserem Feuer nicht zur Durchführung. Bei einem kurzen Gegenstoß nahmen wir über 100 Russen gefangen. – Heeresgruppe des Generals von Linsingen: Unterstützt von deutscher Artillerie warfen österreichisch-ungarische Truppen die Russen aus Kosciuchnowka (nördlich der Eisenbahn Kowel–Sarny) und ihren südlich anschließenden Stellungen. Sieben Offiziere, über 200 Mann, acht Maschinengewehre wurden eingebracht. Südlich der Bahn scheiterten russische Angriffe.«
Der k. k. Generalstab meldete am 12. November: »In den Kämpfen nordwestlich Czartorysk wurden gestern vier Offiziere, 230 Mann gefangen genommen. Bei Sapanow haben wir mehrere Nachtangriffe abgewiesen. Hinter unserer Putilowka-Front wurde ein Offizier des russischen Infanterie-Regiments Nr. 407 festgenommen, der sich in österreichisch-ungarischer Uniform durch unsere Linien geschlichen hatte, um Kundschafterdienste zu versehen. Offiziers-Abteilungen haben festgestellt, daß die am Kormin südlich Garajmowka stehenden feindlichen Truppen unsere Verwundeten niedergemacht haben; hier wurden auch russische Horchposten in österreichisch-ungarischer Uniform angetroffen.«
Die Heeresgruppe des Generals von Linsingen meldete am 14. November: »Bei Podgacie (nordwestlich von Czartorysk) brachen deutsche Truppen in die russischen Stellungen ein, machten 1515 Gefangene und erbeuteten vier Maschinengewehre. Nördlich der Eisenbahn Kowel–Sarny scheiterten russische Angriffe vor den österreichischen Linien.« Am nächsten Tage fügte sie hinzu: »Im Anschluß an den Einbruch in die feindliche Linie bei Podgacie griffen deutsche und österreichisch-ungarische Truppen gestern die russischen Stellungen auf dem Westufer des Styr in ganzer Ausdehnung an. Die Russen sind geworfen, das westliche Ufer ist von ihnen gesäubert.«
Wie inzwischen das Russentum in den besetzten Gebieten ausgetilgt wurde, das zeigte eine Anordnung der deutschen Regierung in Polen, in der es hieß: »Alle nach der Straße zu sichtbaren Inschriften, insbesondere diejenigen der Läden, Werkstätten und sonstigen Geschäftsräume, die Straßenschilder der Privatschulen, Rechtsanwälte, Aerzte, Zahnärzte, Feldscherer und Hebammen, müssen in deutscher und polnischer Sprache verfaßt sein. Neben diesen beiden Sprachen ist auch der jüdische Jargon zugelassen. Die Inschriften müssen in beiden Sprachen gleich groß und gleich deutlich sowie sprachlich richtig sein. Die Anbringung von Inschriften in anderen Sprachen, insbesondere in russischer Sprache, ist verboten.« Die russische Herrschaft war vertilgt, die deutsche Kultur zog ein!
Aus der Arbeit des Zentralkomitees vom Roten Kreuz in Berlin während des ersten Kriegsjahres wurde uns mitgeteilt:
Die erste Jahresbilanz des vom Zentralkomitee des Roten Kreuzes in Berlin eingerichteten Materialiendepots gibt ein überaus erfreuliches Bild von der Art und dem Umfange seiner Arbeit auf dem Gebiete der Liebesgabenbeschaffung und -Verteilung. Aus allen Teilen Deutschlands, aus Amerika und anderen fremden Staaten sind die Liebesgaben in barem Gelde und in Waren bei dem Zentralkomitee zusammengeflossen, wurden hier im »Materialiendepot« gesammelt und verwaltet und von hier aus an die staatlichen Abnahmestellen, an die Etappeninspektionen, an größere Armeeverbände oder einzelne Truppenteile, an die Erfrischungsstellen der Bahnhöfe, an die Lazarette im Felde und in der Heimat oder wo sonst noch Bedarf war, abgeführt. Für rund drei und eine halbe Million Mark Liebesgaben sind auf diese Weise allein vom Zentralkomitee des Roten Kreuzes in Berlin verteilt worden, wozu noch für 500 000 Mark Waren kommen, die noch in der Sammelstelle zur Absendung bereit liegen, so daß das Berliner Zentralkomitee allein für vier Millionen Mark Liebesgaben für unsere Feldgrauen im ersten Kriegsjahre zusammengebracht hat, wovon für 1¼ Millionen Mark Waren aus den eingegangenen Geldspenden vom Zentralkomitee selbst gekauft wurden. Dazu kommen aber noch Gaben – meist Genußmittel –, die auf Kosten des Zentralkomitees von verschiedenen Abnahme- und Sammelstellen, von Delegierten usw., im Werte von rund 800 000 Mark beschafft worden sind, so daß der Gesamtwert der durch das Zentralkomitee im Verlauf des ersten Kriegsjahres zusammengebrachten Liebesgaben nicht viel weniger als fünf Millionen Mark beträgt.
Nicht eingerechnet sind zahllose Gaben an Angehörige von Kriegsteilnehmern, an Kriegerwitwen und -waisen, insbesondere an Schwangere und an stillende Mütter, womit unendlicher Segen gestiftet wurde; nicht eingerechnet auch die Versorgung von Flüchtlingen aus Ostpreußen, aus Elsaß-Lothringen und aus dem feindlichen Auslande und die Spenden für gefangene deutsche Krieger und internierte Zivilpersonen. Neben dieser Liebesgabenverteilung im großen lief noch die »Kleinarbeit«, die Erfüllung zahlreicher Einzelwünsche aus den Schützengräben und Lazaretten und die Fürsorge für den »Soldaten ohne Freund«, die das Zentralkomitee entweder aus eigenen Mitteln oder durch Weitergabe der Adressen bewirkt hat.
Nachstehend eine Zusammenstellung und Wertberechnung der Gaben:
Wertberechnung | Mark |
1. Kleidungsstücke (Wäsche) | 1 059 452,10 |
2. Rauchwaren | 140 060,83 |
3. Genuß- und Lebensmittel, einschließlich der von der Abteilung »Mineralwasser-Versorgung« versandten 661 Waggons mit 2 823 950 Flaschen Mineralwasser | 823 255,65 |
4. Musikinstrumente | 3 416,00 |
5. Spirituosen und Fruchtsäfte, einschließlich der von der Abteilung Mineralwasser-Versorgung« versandten 109 820 Liter Fruchtsäfte | 284 434,40 |
6. Lazarettgegenstände usw. | 220 440,65 |
7. Verschiedenes, einschließlich Weihnachtsgaben und Spenden, die unmittelbar an die Abnahme- und Sammelstellen usw. der Generalkommandos und der Marine abgegeben worden sind | 935 972,68 |
8. Geldspenden für die Beschaffung von Genußmitteln durch die Abnahme- und Sammelstellen | 800 000,00 |
9. Wert der noch in der Sammelstelle befindlichen Gegenstände etwa | 500 000,00 |
______ | |
Summa | 4 767 632,31 |
Es sind also allein für die Liebesgabenfürsorge rund fünf Millionen an Geld und Geldeswert beim Zentralkomitee zusammengeflossen!
Die Gesamteinnahmen des deutschen und preußischen Zentralkomitees vom Roten Kreuz betrugen rund 20 Millionen Mark, die Ausgaben rund 16½ Millionen Mark. Die Einnahmen und Ausgaben der deutschen Landesvereine und der preußischen Provinzialvereine vom Roten Kreuz sowie der entsprechenden Abteilungen der Frauenvereine vom Roten Kreuz und ihrer Zweigvereinigungen sind in den oben aufgeführten Summen nicht enthalten.
Alles in allem stellt sich die Arbeit des Zentralkomitees des Roten Kreuzes in Berlin auf dem Gebiete der Liebesgabenzuwendung, die doch nur ein Teil seiner großen Gesamttätigkeit ist, dank der opferfreudigen Hilfe aller Bevölkerungskreise Deutschlands als eine so umfassende und segensreiche dar, daß jeder, der dazu beigetragen hat, einen schönen Lohn in dem Ergebnis sehen durfte. Den anderen aber war es eine Mahnung, mitzutun an dem schönen Werke, und es erging darum die herzliche Bitte: Sendet Geldspenden und Liebesgaben an das Zentralkomitee vom Roten Kreuz in Berlin!
Das englische »Pressebureau« teilte mit, daß Truppen aus Nigeria am 22. Oktober Bamenda und am 24. Oktober Banyo, beide in Kamerun gelegen, eingenommen hätten. In dem Gefecht bei Banyo wurden drei Deutsche und 25 Eingeborene getötet; die britischen Verluste betrugen vier Tote und neun Verwundete, lauter Eingeborene.
Die Station Bamenda liegt ungefähr 80 Kilometer östlich der deutsch-englischen Grenze auf dem Bali-Hochlande. Ob der Angriff auf Bamenda von den bei Ossidinge versammelten englischen Truppen ausgeführt wurde, oder ob andere Truppen von Nigerien entlang dem Donga-Fluß gegen Bamenda vordrangen, war aus den vorliegenden Nachrichten noch nicht zu ersehen. Ebensowenig ließ sich bereits jetzt über die Bedeutung der Einnahme von Bamenda durch feindliche Truppen ein Urteil abgeben.
Banyo liegt etwa 200 Kilometer nordöstlich von Bamenda am Nordrande des Kameruner Hochplateaus. Mit dem Fall dieser Station mußte gerechnet werden, nachdem englische und französische Truppen Ende Juni 1915 Ngaundere besetzt hatten und nachdem am 16. August auch Gaschaka von einer englischen Abteilung, die anscheinend den Tabara-Fluß aufwärts gekommen war, eingenommen war. Die Bestätigung der Meldung blieb indes abzuwarten.