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Die Kämpfe an der italienischen Front Anfang November 1915.

Die dritte große Isonzoschlacht ging zu Ende. Wohl versuchten die geschlagenen Italiener noch einzelne Anstürme, aber ihr Kampfesmut war infolge ihrer ungeheuren Verluste bedeutend gesunken. Erst in der Mitte des November gingen sie noch einmal mit großer Wucht gegen die Brückenkopfstellungen bei Görz vor.

Der amtliche Wiener Bericht vom 1. November lautete: »Der am 18. Oktober eingeleitete, am 28. mit frischen Truppen erneuerte dritte Ansturm der Italiener gegen unsere küstenländische Front beginnt zu erlahmen. Gestern stieß der Feind zwar noch gegen den Nordrand der Hochfläche von Doberdo mit starken, an mehreren anderen Stellen mit schwächeren Kräften vergeblich vor. Sein Angriff war jedoch nicht mehr allgemein. Mag der Kampf auch nochmals aufflammen, die von der italienischen Heeresleitung mit großen Worten angekündigte, an der Hauptfront mit wenigstens 25 Infanterie-Divisionen versuchte Offensive ist an der unerschütterlichen Mauer unserer siegessicheren Truppen zusammengebrochen, die zweiwöchige Isonzo-Schlacht für unsere Waffen gewonnen, unsere Kampffront durchweg unverändert. Ebenso behielten die Verteidiger von Tirol und Kärnten ihre seit Kriegsbeginn heldenmütig behaupteten Stellungen fest in Händen. Durch diese Erfolge hat unsere bewaffnete Macht neuerdings bewiesen, wie eitel und haltlos alle Ansprüche des einstigen Verbündeten auf die südwestlichen Grenzgebiete sind, die er durch hinterhältigen Rückenangriff leichthin erobern zu können vermeinte. In den Kämpfen der zweiten Oktoberhälfte verlor der Feind mindestens 150 000 Mann.«

Der Krieg in den Alpen: Künstlich hervorgerufener Steinschlag.

Am nächsten Tage wurde im Görzischen wieder heftig gekämpft. Hierbei traten auf Seite der Italiener mehrere von der Tiroler und Kärntner Front herangebrachte Infanterie-Brigaden auf. Unter Einsatz dieser Verstärkungen versuchte der Feind, um jeden Preis bei Görz einzubrechen. Die Angriffe richteten sich sowohl gegen den Görzer Brückenkopf selbst, als auch gegen die Räume von Playa und beiderseits des Monte San Michele. Unter schwereren Verlusten denn je wurden die Italiener überall zurückgeschlagen. Auf der Podgora-Höhe war der Kampf um einzelne Grabenstücke am 2. November noch im Gange.

Die Leistungen der österreichisch-ungarischen Armee in der jetzt beendeten vierzehntägigen Isonzoschlacht waren bewunderungswürdig. Was diese heldenhafte Armee in dem nunmehr sechsmonatigen Ringen in der Abwehr einer vier- bis fünffachen italienischen Uebermacht vollbracht hat, ist des höchsten Lobes wert, zumal Stellungen von den Oesterreichern gehalten worden sind, die die Heeresleitung anfänglich hatte räumen wollen, wie das südliche Trentino und einen Teil des Isonzo. Man konnte die österreichischen und ungarischen Truppen zu diesem neuesten gewaltigen Erfolge um so mehr beglückwünschen, als er in der Verteidigung in einem Kriege errungen wurde, wie er ungerechter und treuloser noch keinem Volke aufgedrängt worden war.

Die Italiener setzten am 3. November ihre auf Görz gerichteten Anstrengungen an der Front von Plava bis einschließlich des nördlichen Abschnittes der Hochfläche von Doberdo ununterbrochen fort. Es griffen wieder sehr starke Kräfte an, die überall abgewiesen wurden. In diesen Kämpfen verloren mehrere italienische Regimenter die Hälfte ihres Bestandes. Nach Mitternacht warf ein Lenkluftschiff zahlreiche Bomben auf die Stadt Görz ab.

Aus dem österreichischen Kriegspressequartier wurde noch gemeldet: »Nach den amtlichen Berichten endigte die zweiwöchige Isonzoschlacht mit dem Zusammenbruch des feindlichen allgemeinen Angriffes und der vollen Behauptung der Verteidigungsfront durch unsere unerschütterlichen Truppen. Muß auch mit einem Wiederaufflammen des Kampfes gerechnet werden, so kann doch von einer wirklichen Offensive in nächster Zeit keine Rede mehr sein. Dafür fehlt es an Soldaten und an den für die Angriffsvorbereitung ausschlaggebenden Munitionsmassen. Für den nun abgeschlagenen allgemeinen Angriff an der Isonzofront war die Hauptkraft des italienischen Heeres eingesetzt worden. Zwischen dem Krngipfel und dem Meere wurden neun feindliche Armeekorps mit zusammen mindestens 24 Infanterie-Divisionen und zwei Alpinigruppen festgestellt. Diese Kräfte mochten vor der Schlacht etwa 320 000 Gewehre, 1300 Feld- und Gebirgsgeschütze und 180 schwere Geschütze gezählt haben. An der Kärntnerfront stehen verhältnismäßig schwächere feindliche Kräfte, an der Tirolerfront vier Korps mit mindestens elf Infanterie-Divisionen, die zusammen auf 170 000 Gewehre, 700 leichte und gegen 100 schwere Geschütze geschätzt werden können. Diese Zahl und die gewiß nicht zu hoch angegebene Verlustziffer von 150 000 Mann veranschaulichen am besten die Größe des Krafteinsatzes und der Niederlage des Feindes. Daß unser amtlicher Bericht keine Gefangenen erwähnt, ist daraus zu erklären, daß unsere Truppen in erbitterten Verteidigungskämpfen nicht Gelegenheit finden, viele Feinde gefangen zu nehmen. Immerhin fielen vom 21. Oktober bis 29. Oktober 67 Offiziere, 3200 Mann in unsere Hände. Auch wurden elf Maschinengewehre erbeutet. In den beiden letzten Oktobertagen wurde noch an zahlreichen Punkten der Isonzofront sehr heftig gekämpft. Die Italiener versuchten, dem Brückenkopfe von Görz durch neuerliche Vorstöße gegen unsere Linien bei Pevma und auf der Podgora beizukommen, wie immer ohne Erfolg. Drangen sie da oder dort in einen Graben ein, so war ihr Aufenthalt dank unserer Bajonette und Handgranaten nie von langer Dauer. Der Nordabschnitt der Hochfläche von Doberdo stand ununterbrochen unter schwerem Artilleriefeuer. Auch gegen den Abschnitt südlich von Monte San Michele versuchten die Italiener noch einige Vorstöße, die aber keine Kraft mehr hatten und schon im Feuer zusammenbrachen.«

Die Angriffe der Italiener auf den Görzer Brückenkopf und die Nachbarabschnitte dauerten auch am 4. November fort. Die heftigsten Stürme waren gegen Zagora, die Podgora-Höhen und den Monte San Michele gerichtet. Wieder wurde der Feind überall abgewiesen. Auf den Podgora-Höhen wurde um einzelne Gräben noch gekämpft.

»Geteilte Freude, doppelte Freude.« Arme Dorfkinder sehen mit großem Interesse zu, wie ein Feldgrauer sein Paketchen, das soeben aus der Heimat eingetroffen ist, auspackt, weil sie genau wissen, daß von den schönen Sachen immer etwas für sie abfällt.

Der nächste Tag verlief auch im Görzischen ruhiger. Nachmittags standen einzelne Abschnitte des Brückenkopfes von Görz und der Nordteil der Hochfläche von Doberdo unter heftigem Geschützfeuer. Vereinzelte Vorstöße der Italiener brachen in unserem Feuer zusammen. Nachts wurden sechs feindliche Angriffe auf Zagora abgeschlagen. Ein italienisches Lenkluftschiff warf wieder über Miramar Bomben ab.

Die Ruhe an der Südwestfront hielt im großen und ganzen auch am 6. November an. Hierzu mögen die aus dem amtlichen Bericht der italienischen Obersten Heeresleitung bekannten ungünstigen Witterungsverhältnisse beigetragen haben. Vereinzelte Angriffe des Feindes wurden abgewiesen. Im Abschnitte von San Martino waren noch Nahkämpfe im Gange. Ueber diese Kämpfe wurde am 7. November berichtet, daß alle Durchbruchsversuche des Feindes gescheitert waren.

Aus dem Kriegspressequartier wurde gemeldet: »Der offizielle Heeresbericht der italienischen Heeresleitung vom 2. November behauptet, daß auf der Podgora-Höhe westlich Görz eine vierte sehr starke Grabenlinie durchbrochen worden sei. Demgegenüber wird festgestellt, daß es den Italienern bei ihren Massenangriffen auf die Podgora-Höhe wohl einige Male gelang, in kleine Grabenstücke unserer ersten Stellung einzudringen, daß sie aber jedesmal raschestens wieder hinausgeworfen wurden. Ueber die erste Stellung hinaus ist noch kein Italiener gekommen, die Kriegsgefangenen ausgenommen.«

Die Ruhe an der Südwestfront Oesterreichs hielt auch am 8. November an. Im Nordabschnitt der Hochfläche von Doberdo hatten die Verteidiger wieder einzelne Vorstöße abzuweisen. Um den Col di Lana wurde heftig gekämpft. Nachmittags fiel die Spitze des Berges in die Hände der Italiener. Abends wurde sie von österreichischen Truppen durch einen Gegenangriff zurückgewonnen. Die feindliche Artillerie hatte das Feuer auf die Südfront von Riva eröffnet.

Solange die Italiener die Hoffnung hatten, in Triest, Görz und Riva als Befreier einzuziehen, schonten sie nach Möglichkeit diese Städte. Jetzt aber waren Triest und Görz zu wiederholten Malen von Flugzeugen und Luftschiffen bombardiert worden. Italienische Granaten zerstörten Privathäuser und selbst ein Spital in Görz, italienische Geschosse töteten friedliche Bürger italienischer Zunge. Nach dem letzten fehlgeschlagenen Generalsturm gesellte sich auch Riva, das schöne Städtchen am Nordzipfel des Gardasees, zu den leidenden Schwesterstädten. Feindliche Artillerie eröffnete, hinter den Hängen des Monte Altissimo gedeckt, das Bombardement auf Riva, dessen Straßenbild mehrfach schwere Beschädigungen erlitt.

Die Tätigkeit der italienischen Artillerie war am 10. November im allgemeinen wieder lebhafter. Feindliche Angriffe auf den Südteil der Podgora-Stellung, gegen Zagora, bei Plava und auf den Col di Lana wurden abgewiesen. Auf Nabresina abgeworfene Fliegerbomben töteten mehrere Zivilpersonen, darunter eine Frau und drei Kinder.

Die amtlichen italienischen Angaben, daß die Italiener die Bemühungen der Oesterreicher, den Col di Lana wiederzuerobern, vereitelten und den Gipfel des Monte Sief wegnahmen, waren erlogen. Wohl war der Col di Lana am 7. November vorübergehend in feindlichem Besitz. An demselben Tage jedoch gewann ihn ein von Landesschützen ausgeführter Gegenangriff wieder zurück. Seither blieb dieser Berg in den Händen der Oesterreicher. Die italienische Trikolore wehte nie auf seinem Gipfel. Ebenso war es erlogen, daß die Italiener den Monte Sief erobert hätten. (Der Monte Sief liegt unmittelbar nördlich des Col di Lana.)

Daß die Italiener nicht nur an der Alpenfront, sondern auch in ihrer nordafrikanischen Kolonie geschlagen wurden, bewies folgende Meldung aus Konstantinopel: »Die arabischen Stämme in Lybien haben Fezzan, sowie die Ortschaften Dschefra, Hum und Raddan im Gebiet der Syrte und die Ortschaften Zaletein, Urfele, Misrata, Turgha und Tarhuna zurückerobert. Die Italiener erlitten große Verluste an Leuten und Material und ließen eine Anzahl Gefangene, Geschütze und Munition in den Händen der muselmanischen Krieger. Diese nahmen dem Feinde in Fezzan fünf Kanonen und Maschinengewehre, im Syrtegebiet zwölf Kanonen und Maschinengewehre, in Misrata drei Kanonen ab. Die von Tripolis nach Tarhuna entsandten italienischen Verstärkungen erlitten eine große Niederlage und mußten unter Zurücklassung einer Anzahl von toten und gefangenen Offizieren auf Tripolis zurückgehen.«

Wie jetzt festgestellt wurde, hatten die Italiener in der letzten Isonzoschlacht 6000 Mann und 106 Offiziere an Gefangenen verloren. Bei Berücksichtigung des Umstandes, daß die Oesterreicher in der Verteidigung waren, und daß es sich um Stellungskämpfe handelte, ließ diese Ziffer auf enorme, blutige Verluste schließen.

Der amtliche Bericht vom 11. November lautete: »Die Italiener nahmen ihre Anstrengungen, Görz zu gewinnen, von neuem auf. In der Pause nach der dritten Isonzo-Schlacht hatten sie Ersatzmannschaften eingereiht und weitere Truppen im Görzischen zusammengezogen. Gestern setzten sie nach mehrstündiger heftiger Artillerievorbereitung an der ganzen Front von Plava bis zum Monte dei sei Busi mit starken Kräften zum allgemeinen Angriffe an. Wieder schlugen die tapferen Verteidiger alle Stürme teils durch Feuer, teils im Handgemenge unter schwersten Verlusten des Feindes ab, dessen Angriffslust in einem abendlichen Unwetter für diesen Tag vollends erlahmte.«

Am nächsten Tage wurde berichtet: »Nach einer verhältnismäßig ruhigen Nacht wiederholte sich gestern vormittag das heftige italienische Artilleriefeuer an der ganzen Kampffront des vorgestrigen Tages. Hierauf griff feindliche Infanterie abermals den Brückenkopf von Görz und die Hochfläche von Doberdo unaufhörlich an. Wieder brachen alle Stürme unter furchtbaren Verlusten der Angreifer zusammen, und wieder haben unsere Truppen alle ihre Stellungen fest in Händen. Vorstöße des Gegners bei Zagora und im Vrsicgebiet teilten das Schicksal des Hauptangriffes. An der Dolomitenfront griffen die Italiener auch in den letzten Tagen unsere Stellungen auf der Spitze und an den Hängen des Col di Lana mehrmals vergebens an. Die amtlichen Presseberichte der italienischen Heeresleitung über die Ereignisse in diesem Raume sind vollkommen falsch und können wohl nur auf ganz unrichtigen Meldungen beruhen.«

Schon zu Beginn der neuen Schlacht hatten italienische Gefangene ausgesagt, die Stadt Görz würde zusammengeschossen werden, wenn es nicht gelingen sollte, sie zu nehmen. Tatsächlich fielen schon an den ersten Tagen der großen Kämpfe zahlreiche Geschosse in die Stadt. Am 13. November unterhielt die feindliche schwere Artillerie über den unbezwungenen Brückenkopf hinweg ein heftiges Feuer auf Görz. Unterdessen war die erfolglose Angriffstätigkeit der Italiener vornehmlich gegen den Nordteil der Hochfläche von Doberdo gerichtet. Nördlich des Monte San Michele ging an diesem Tage ein Frontstück vorübergehend an den Feind verloren; abends wurde es durch Gegenangriff vollständig zurückerobert. Die übrigen Vorstöße der Italiener wurden sämtlich blutig abgeschlagen. Vor dem Abschnitte südlich des Monte dei sei Busi und vor dem Görzer Brückenkopf hielt schon das österreichische Geschützfeuer jeden Angriffsversuch nieder. Mehrere österreichische Flugzeuge belegten Verona mit Bomben.

Berliner Landsturm im Felde, beim Bau einer Feldbahn.

Die großen Kämpfe im Görzischen, die neuerdings den Charakter einer Schlacht annahmen, dauerten auch am 14. November fort. Wieder erfolgte an der ganzen bisherigen Kampffront Angriff, auf Angriff; die verzweifelten Anstrengungen des Feindes scheiterten jedoch am zähen Widerstande der mit unübertrefflichem Heldenmute kämpfenden österreichisch-ungarischen Truppen. Auch der Tolmeiner Brückenkopf stand tagsüber unter starkem Artilleriefeuer. Ein Angriff auf die österreichische Stellung am Vršiè wurde abgeschlagen.

Für die italienische Heeresleitung galt jetzt das Gebot: Du sollst und du mußt siegen! Man mußte den Bundesbrüdern zeigen, daß man ihnen auch am Isonzo nützlich sein konnte, daß man dazu nicht erst nach dem Balkan zu gehen brauchte. Und dann mußte auch Stimmung gemacht werden für die bevorstehende Kammertagung. Mit einem Erfolge wollte Herr Salandra doch den Volksvertretern aufwarten. Und darum wurden die italienischen Truppen nach dem blutigen Mißerfolge der dritten Isonzoschlacht erneut zum Sturme vorgeführt. Alle Anstrengungen des Feindes richteten sich gegen den Görzer Brückenkopf. Sie scheiterten wiederum allesamt an dem Heldenmute unserer Verbündeten. Trotzdem mußte aus den oben angeführten Gründen mit einer Fortdauer dieser neuen Schlacht bei Görz gerechnet werden.

Der amtliche Bericht vom 15. November besagte, denn auch: »Die feindliche Angriffstätigkeit an der Isonzofront hat gestern, vielleicht infolge des strömenden Regens, sichtlich nachgelassen. Im Abschnitte der Hochfläche von Doberdo wurde jedoch heftig weitergekämpft. Am Nordhange des Monte San Michele gelang es den Italienern, wieder in eine durch schweres Artilleriefeuer geschlagene Lücke unserer Stellungen einzudringen. Starke feindliche Kräfte, die abends nördlich dieser Einbruchsstelle zum Angriff übergingen, wurden blutig abgewiesen. Hierauf setzte unser Gegenangriff ein, der das verlorene Frontstück, vollständig zurückgewann und dem Feinde außerordentlich große Verluste zufügte. Auch ein starker italienischer Angriff gegen den Monte dei sei Busi brach wie alle früheren zusammen. Durch die Beschießung von Görz wurden bisher 58 Zivilpersonen getötet, 50 verwundet, etwa 300 Häuser und fast alle Kirchen und Klöster schwer beschädigt. Eines unserer Fliegergeschwader belegte neuerdings Verona mit zahlreichen Bomben.«

Eigenartige Wirkung der Sprengung des Wasserturms zu Gloschowa.


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