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Der Balkankrieg bis zur Niederwerfung Montenegros.

Der erste Monat des Jahres 1916 – also der achtzehnte Kriegsmonat – brachte zum ersten Male das Wort »Frieden«. Und zwar fand das kleine Montenegro, das sich vermessen hatte, an Deutschland und Oesterreich-Ungarn den Krieg auf Befehl Rußlands und Englands zu erklären, den Mut – trotz des Hallos seiner Freunde –, um Frieden auf Gnade und Ungnade zu bitten. König Nikitia – im Volksmunde kurz König Nikotin genannt – wollte retten, was von seinem Ländchen noch zu retten war.

Aus Cetinje wurde amtlich mitgeteilt: »Die Verproviantierung von Montenegro wird vollständig unmöglich und die Lage täglich schwieriger. Oesterreichisch-ungarische Unterseeboote greifen Segler und Dampfer an unseren und den albanischen Küsten an. Am 29. Dezember wurde ein montenegrinisches Segelschiff mit Lebensmitteln bei Dulcigno versenkt, am 31. Dezember ereilte einen Dampfer mit 2000 Tonnen Lebensmitteln bei San Giovanni di Medua dasselbe Schicksal.«

Bei Mojkovac wurde am 2. Januar eine montenegrinische Abteilung, die sich an das Nordufer der Tara vorwagte, in die Flucht gejagt.

In der Sobranje betonten sämtliche Redner, daß der Krieg für Bulgarien so lange nicht zu Ende sein wurde, ehe nicht die höheren Ziele, um deren Willen der Krieg begonnen wurde, vollkommen verwirklicht seien, und ehe nicht der Balkan von einem Volke (den Serben) gereinigt sei, das zur Ausführung seiner irrsinnigen Eroberungspläne ständig den Frieden störte. Bulgarien habe es sich zum Ziele gesetzt, sich einen Frieden zu erkämpfen, der es vor allen Ueberraschungen und vor jeder Gefahr schützt. Sozialisten, Radikale, Nationaldemokraten und Progressiv-Liberale, alle stimmten dieser Regierungs-Auffassung bei, weil sie davon überzeugt sind, daß die Regierung die Ideale der bulgarischen Nation nicht unverwirklicht lassen und den Frieden nicht früher annehmen wird, als bis das friedliche Einvernehmen unter den Balkanvölkern unter allen Umständen und von allen Seiten gesichert erscheint.

Infolge des großen Erfolges eines Fliegerangriffs auf Saloniki hatte das Kommando der Entente-Truppen angeordnet, daß von nun an nachts kein Licht mehr angezündet werden durfte, nicht einmal im Hafen. Alle Nachtlandungen mußten infolgedessen eingestellt werden. An Stelle der bisherigen Ruhe und des Sicherheitsgefühls der Entente trat jetzt eine große Nervosität. Eine Wiederholung des gelungenen Angriffs war jederzeit zu erwarten. Die Entente glaubt, der Feind werde einen solchen Angriff nicht wagen, da die Entente-Truppen absichtlich in unmittelbarer Nähe des griechischen Lagers aufgestellt wurden, damit ein etwaiger Angriff auch die Griechen treffe. Sie hoffte, hierdurch Unstimmigkeiten zwischen den Zentralmächten und den Griechen hervorzurufen. König Konstantin sagte, er könne als Soldat nicht einsehen, daß der Glaube der Alliierten an einen zerschmetternden Endsieg durch die bisher errungenen Erfolge gerechtfertigt werde.

Inzwischen hatten die Franzosen die deutschen, österreichisch-ungarischen, türkischen und bulgarischen Konsuln und Konsularbeamten in Saloniki verhaftet.

Die gesamte türkische Presse spiegelte die tiefe Entrüstung wieder, welche die Festnahme der Konsuln und Konsularbeamten der Türkei und ihrer Verbündeten durch Truppen des Generals Sarrail hervorgerufen hatte. Die Blätter bezeichneten dieses Vorgehen einstimmig als verächtlich. Eine solche Feigheit und ein solcher Räuberstreich seien unwürdig der beiden Großmächte, die auf diese Weise die einfachsten Grundsätze nicht nur des Völkerrechts, sondern auch der Menschlichkeit mit Füßen traten. Eine türkische Zeitung schrieb: »Welch glänzender Sieg, welcher Erfolg, würdig des ritterlichen Frankreich und des um das Völkerrecht so besorgten England! Man mag sich dessen in Paris, London, Petersburg und Rom rühmen, man mag auch flaggen und die »Marseillaise« und »Rule Britannia« anstimmen ob dieses Sieges über vier Konsuln und ihre Familien, ob dieser Rache für die in Belgien und die im Osten Frankreichs verlorenen Schlachten, für die Niederlagen Rußlands und die Eroberung Serbiens.«

In dem nordalbanischen Hafen San Giovanni di Medua lagen vier Regimenter serbischer Truppen, die keine Lebensmittel erhalten konnten. Die italienische Regierung, an die sich die Truppenführer mit der Bitte um Mehl wandten, erklärte, wegen der engen Blockade seitens der österreichisch-ungarischen Unterseeboote keine Hilfe leisten zu können. Darauf sollen die hungernden Serben sich an die griechische Regierung mit der Bitte um Lebensmittel gewandt haben.

Der französische General Chersils erklärte: »Die Deutschen und Bulgaren werden sich uns gegenüber eingraben. Dadurch schaffen wir bei Saloniki eine neue Front, vergleichbar der italienischen, und vielleicht noch unüberwindlicher als jene von Artois und Champagne. Wir können von Saloniki nicht vertrieben werden, andererseits werden wir nicht fähig sein, die Strumicafront zu durchbrechen. Ebensowenig,« fügte der französische General weniger optimistisch hinzu, »wie an der Aisne, der Dwina oder am Isonzo durchzubrechen möglich ist.«

Nördlich von Berane und westlich von Rozan waren die Truppen des Generals von Koeveß in günstig fortschreitendem Angriff gegen die Montenegriner. Im Gebiete der Bocche di Cattaro trat in den ersten Januartagen zeitweise auf beiden Seiten die Artillerie in Tätigkeit.

Der Wiener Generalstab meldete am 7. Januar einen schönen Sieg: »Die Truppen des Generals von Koeveß haben die Montenegriner bei Mojkovac am Tara-Knie, bei Godufa nördlich von Berane und aus den Stellungen westlich von Rozai und halben Weges zwischen Ipek und Plav nach heftigen Kämpfen geworfen. Unsere Spitzen sind zehn Kilometer von Berane entfernt.«

Die Leitung der Entente-Armee auf dem Balkan war genötigt, die auf den Inseln Imbros, Tenedos und Lemnos konzentrierten englisch-französischen Truppen abzulösen, weil die unter den Soldaten herrschende Unzufriedenheit gefährliche Formen annahm. Die meuternden Truppen richteten an den Befestigungswerken bedeutenden Schaden an. Besonders unzufrieden zeigten sich die auf Imbros untergebrachten Truppen, die sich gegen ihre Offiziere empörten.

Am 9. Januar wurde berichtet: »Nordöstlich von Berane haben sich die Montenegriner erneut gestellt. Die von ihnen besetzten Höhen wurden erstürmt, wobei wir ein Geschütz erbeuteten. An der Tara Geplänkel. An der herzegowinischen Grenze und im Gebiet der Bocche di Cattaro sind unsere Truppen im Kampf gegen die montenegrinischen Stellungen.«

Die gegen Berane vordringenden österreichischen Kolonnen warfen am 9. und 10. Januar die Montenegriner von mehreren Höhen und erreichten Bioca. Nördlich dieses Ortes war das östliche Lim-Ufer vom Feinde gesäubert. Die Truppen, die auf den Höhen über einen Meter Schnee zu überwinden hatten, leisteten Vorzügliches. An der Tara Artillerietätigkeit und Geplänkel. Die Kämpfe an der Südwestgrenze Montenegros dauerten an.

Eine Karte zum Vormarsch der Oesterreicher in Montenegro.

Athener Blätter meldeten aus Korfu: »In Albanien dauern die Kämpfe zwischen den aufständischen Stämmen und dem regulären serbischen und italienischen Militär mit großen Verlusten für Serben und Italiener an. Die Albaner haben besondere Gebirgsgeschütze. In der letzten Woche wurden 1500 Verwundete nach Italien transportiert.«

Einen der wichtigsten Siege des Weltkrieges meldete die österreichische Heeresleitung am 11. Januar: »Der Lovcen ist genommen. In dreitägigen harten Kämpfen überwand unsere tapfere Infanterie in prächtigem Zusammenarbeiten mit der schweren Artillerie und der Kriegsmarine den erbitterten Widerstand des Feindes und die ungeheuren Schwierigkeiten des winterlichen Karstgebietes, das wie eine Mauer 1700 Meter hoch aus dem Meere ansteigend, seit Jahren zur Verteidigung eingerichtet wurde. 26 Geschütze, darunter zwei 12-Zentimeter-Kanonen, zwei 15-Zentimeter- (moderne) Mörser und zwei 24-Zentimeter-Mörser, dann Munition, Gewehre, Verpflegungs- und Bekleidungs-Vorräte sind die Beute. Ein Teil der Geschütze ist intakt und wird gegen den Feind verwandt. Im Nordosten Montenegros wurde der Feind, der gestern knapp vor Berane nochmals Widerstand leistete, geworfen. Der Ort und die beherrschenden Höhen südwestlich davon sind in unserem Besitz. Raschem Zugreifen gelang es, die brennende Lim-Brücke in Berane vor der gänzlichen Zerstörung zu bewahren. Bei Ipek wurden wieder dreizehn serbische Geschütze mit viel Munition ausgegraben.«

Aus dem k. u. k. Kriegspressequartier verlautbarte am 11. Januar: »Die österreichisch-ungarische Offensive in Montenegro machte gestern trotz denkbar ungünstiger Witterung bedeutende Fortschritte. In zum Teil sehr erbitterten Kämpfen mußten die Montenegriner an allen Angriffspunkten weichen. Nachdem auf die Verbindungslinie Bjelopolje–Bioca Hand gelegt worden war, wurde in dem anschließenden Ringen nördlich und nordöstlich von Berane die montenegrinische Hauptstellung durchbrochen und die Stadt erobert. Die Leistung der hier vordringenden Abteilungen ist um so höher zu werten, als sie unter schwierigen Verhältnissen im feindlichen Feuer den Lim überschreiten mußten. Die Einnahme von Berane ist auch für das Fortschreiten des Angriffs der nordwestlich und südlich bei Mojkovac und Plav operierenden Verbände von großer Tragweite. Nachmittags wird eben die erfolgte Eroberung des Lovcen bekanntgegeben.«

Die Eroberung dieses gewaltigen, ganz Montenegro schützenden Bergmassivs war ein großartiger Erfolg. Ein alter preußischer Generalstabsoffizier sagte darüber: »Lange Zeit hat sich Nikita, der Herrscher der schwarzen Berge, ungestörter Ruhe erfreuen können. Er hatte sich zur Teilnahme am Weltkriege entschlossen und, seinem serbischen Freunde folgend, die Waffen gegen die Mittelmächte erhoben. Er war aber nicht in der Lage gewesen, irgendwelchen Einfluß auf den Gang der kriegerischen Ereignisse auszuüben. Die abgelegene Lage seines Landes, die geringe Zahl der Streitkräfte, der Hochgebirgscharakter des Kriegsschauplatzes schützten ihn in der ersten Zeit vor jeder Belästigung. Die Zentralmächte hatten Wichtigeres zu tun und größere Aufgaben zu erfüllen, als sich mit den montenegrinischen Truppen in den schwarzen Bergen herumzuschlagen. Dies hatte die montenegrinische Heerführung benutzt, um mit Streifabteilungen über die Grenze von Bosnien und Herzegowina vorzudringen, das österreichisch-ungarische Grenzgebiet plündernd und raubend zu durchziehen und sich schließlich dort festzusetzen. Ein billiger Erfolg, der aber von den Montenegrinern als große Waffentat in die Welt ausposaunt wurde. Vom Lovcenberge aus, der die Gegend von Cattaro weit überragt, richteten sie öfters das Feuer ihrer schweren Batterien, die ihnen von ausländischen Freunden geschenkt waren, gegen die österreichische Küstenstadt und die gleichnamige Bucht, ohne indessen damit viel Schaden anzurichten. Mit der Eröffnung des serbischen Feldzuges änderten sich aber auch diese Verhältnisse. Die unmittelbare Nähe, in der sich Montenegro vom serbischen Kriegsschauplatz befand, brachte es naturgemäß mit sich, daß die Mittelmächte sich auch Montenegros liebevoll annehmen mußten. Zunächst wurden die österreichisch-ungarischen Truppen an der Nordgrenze des Landes verstärkt, worauf sie die Offensive ergriffen und die montenegrinischen Streifabteilungen von österreichischem Boden vertrieben. Es entwickelten sich Ende Oktober und im Laufe des November 1915 eine Reihe örtlicher Kämpfe, in deren Verfolg die montenegrinischen Truppen vielfach geschlagen und über die Grenze zurückgeschlagen wurden. Die Oesterreicher eroberten die jenseits der Grenze gelegenen beherrschenden Höhenstellungen und sicherten dadurch das weiter rückwärts gelegene Land. Damit waren aber die Operationen auf dieser Front zunächst beendet, da erst der Fortgang der serbischen Offensive abgewartet werden sollte. Gleichzeitig waren auch österreichisch-ungarische Truppen an der Nordwestecke Montenegros siegreich vorgegangen und waren von Trebinje aus auf montenegrinisches Gebiet vorgedrungen. Auch bei diesen Bewegungen wurden die Montenegriner überall, wo sie Widerstand zu leisten suchten, geschlagen und zurückgeworfen. Diese Operationen bezweckten lediglich, die strategische Straße, welche an der Küste entlang nach Cattaro führt, zu sichern und sie gegen jede feindliche Einwirkung zu schützen. Dies war notwendig, weil die österreichische Heeresleitung in dieser Gegend größere Truppenverschiebungen beabsichtigte und schon damals mit einem Angriffe gegen den Lovcenberg rechnete. Sie war sich aber zugleich klar darüber, daß die Ausführung des Angriffes auf bedeutende Schwierigkeiten stoßen mußte, weil sich der ganze Höhenzug des Lovcen steil und unvermittelt von der Küste erhebt, so daß die Fahrstraße nach Cetinje die Höhe des Berges nur in zahlreichen Kehren und Windungen erklimmen kann. Der Angriff mußte also auf den steilen Abhängen aus der Tiefe gegen die steile Höhe durchgeführt werden. Es kam hinzu, daß die Montenegriner die Höhe sehr stark befestigt hatten und von ihr aus in der Lage waren, die ganzen Abhänge und damit das Angriffsfeld unter wirkungsvolles bestreichendes Feuer zu nehmen. Der Angriff mußte deshalb erst artilleristisch vorbereitet werden. Dazu war es notwendig, schwere Geschütze aller Art in Stellung zu bringen, mit ihnen das Feuer zu eröffnen und die feindliche Artillerie niederzukämpfen.

Inzwischen hatten die Mittelmächte und Bulgarien Serbien erobert und die Armee Koeveß überschritt von Osten her in der Verfolgung des geschlagenen serbischen Heeres die montenegrinische Grenze. Die Reste des serbischen Heeres wurden von den montenegrinischen Truppen aufgenommen und vereinigten sich mit ihnen zu hartnäckigem Widerstande, wurden aber von den heldenmütig vorgehenden österreichisch-ungarischen Truppen überall geschlagen und geworfen. Im Verfolg dieser Kämpfe, auf deren Einzelheiten hier nicht näher eingegangen werden soll, gelangten die österreichisch-ungarischen Truppen bis an den Lim- und Tara-Abschnitt. Nach den letzten Nachrichten ist Berane erobert und damit der Uebergang über den Lim-Abschnitt erkämpft worden. Während der Hauptteil der montenegrinischen Kräfte durch diese Kämpfe an der Ostfront gefesselt war, konnte der Angriff auch im Westen weitergeführt werden. Er hat zu einem bemerkenswerten Erfolg geführt, indem es den österreichisch-ungarischen Truppen gelungen ist, sich des Lovcenberges zu bemächtigen. Damit ist die wichtigste Höhenstellung, über die die Montenegriner an der adriatischen Küste verfügten, erobert und der Zugang nach Cetinje geöffnet worden. Dem weiteren Vormarsch der Oesterreicher nach diesem Orte werden sich nur noch verhältnismäßig geringe Schwierigkeiten entgegenstellen. Von welcher großen und entscheidenden Bedeutung auch diese Operationen waren, ging namentlich aus den Betrachtungen der italienischen Presse hervor, die es lebhaft beklagte, daß Italien nicht selbst die Organisation des montenegrinischen Widerstandes in die Hand genommen und den Bundesgenossen nicht tatkräftiger unterstützt hatte. Ihre Klagen kamen aber zu spät, denn jetzt schon stehen die siegreichen österreichisch-ungarischen Verteidiger auf der Höhe des Lovcenberges.«

Indische Hilfstruppen der Engländer bei der Ankunft in Saloniki.

Die große österreichische Offensive gegen Montenegro begann am 7. Januar gleichzeitig von Osten, Nordwesten und von der Adriaküste. Oesterreichische Kriegsschiffe nahmen an der Beschießung der befestigten Stellung auf dem Lovcen teil. Die Montenegriner wurden von König Nikita selbst befehligt.

Im Pariser Regierungsblatt wurde die Lage Montenegros als verzweifelt geschildert. Die fast unüberwindlichen Schwierigkeiten der Verproviantierung und die vollständige Erschöpfung der Truppen nach den ununterbrochenen heftigen Kämpfen machten es wahrscheinlich, daß Montenegro nicht länger der Uebermacht werde standhalten können. Andererseits sei es für die Ententemächte nicht mehr möglich, Montenegro zu Hilfe zu kommen. Der Weg nach Cetinje stand nunmehr den Oesterreichern offen. Der in Skutari gerade angekommene montenegrinische Ministerpräsident, der dort mit der Regierung verhandeln wollte, mußte wegen des Ernstes der Lage sofort nach Cetinje zurückeilen.

Daß die Lage verzweifelt war, bestätigte auch die nächste Siegesnachricht vom 14. Januar: » Die Hauptstadt Montenegros ist in unserer Hand. Den geschlagenen Feind verfolgend, sind unsere Truppen gestern in Cetinje, der Residenz des montenegrinischen Königs, eingerückt. Die Stadt ist unversehrt, die Bevölkerung ruhig. Die an der Adria vorgehende österreichisch-ungarische Kolonne hat die Montenegriner aus Budua vertrieben und den nördlich der Stadt ausragenden Maini Vrh in Besitz genommen. Die im Lovcengebiet operierenden Kräfte standen gestern abend sechs Kilometer westlich Cetinje im Kampf. Auch die Gefechte bei Grahovo verlaufen günstig. Unsere Truppen sind ins Talbecken vorgedrungen. Im Grenzraum südlich von Avtovac überfielen wir den Feind in seinen Höhenstellungen; er wurde geworfen. Im Nordosten Montenegros ist die Lage unverändert.«

Sehr energisch legte die österreichische Regierung gegen die Verhaftung ihrer Konsularbeamten in Saloniki Protest ein. Es wurde der britischen Regierung amtlich übermittelt: »Mit peinlichstem Erstaunen hat die k. u. k. Regierung von dem gegen den österreichisch-ungarischen Generalkonsul in Saloniki, gegen das Personal und das Archiv des Konsulates sowie gegen eine Reihe ihrer dortigen Nationalen verübten brutalen Gewaltstreich erfahren. Die Gefangennahme der bei der königlich griechischen Regierung bestallten Funktionäre und der unter ihrem Schutze stehenden Nationalen sowie die Durchsuchung der mit dem Privileg der Unverletzlichkeit ausgestatteten Konsulararchive stellen sich dar nicht nur als schwerste Eingriffe in die Hoheitsrechte eines neutralen Staates, Eingriffe, die den elementarsten, allgemein hochgehaltenen Grundsätzen des Völkerrechts widerstreiten, sondern kehren sich auch unmittelbar wider die Rechte und Interessen Oesterreich-Ungarns und lassen sich nicht anders denn als Willkürakte bezeichnen, welche die Grenzen weit überschreiten, die Kriegführenden nach Recht und Herkommen gezogen sind. Das besagte Vorgehen illustriert neuerlich nur allzu sinnfällig, daß Frankreich und Großbritannien vor Handlungen nicht zurückschrecken, die das Stigma des krassesten, durch nichts zu beschönigenden Rechtsbruches offensichtlich an sich tragen. Die k. u. k. Regierung behält sich vor, je nach den weiteren Verfügungen, welche jene Mächte in Ansehung der ihrer Freiheit Beraubten treffen werden, die ihr angemessen erscheinenden Maßnahmen zu ergreifen. Der Unterzeichnete benützt zugleich auch diesen Anlaß, um Seiner Exzellenz dem amerikanischen Botschafter (durch dessen Vermittlung die Uebergabe des Protestes erfolgte) den Ausdruck seiner ausgezeichnetsten Hochachtung zu erneuern. Burian, Ministerpräsident.«

Am 12. Januar wurde amtlich gemeldet: »Unsere Offensive gegen die Montenegriner schreitet erfolgreich vorwärts. Eine Kolonne hat unter Kämpfen die Höhen westlich und nordwestlich von Budua, eine andere den 1560 Meter hohen Babjak südwestlich von Cetinje genommen. Die über den Lovcen vordringenden k. u. k. Truppen trieben den Feind über Njegusi zurück. Auch die östlich von Orahovac jenseits der Grenze emporragenden Höhen sind in unserem Besitz. Die gegen Grahovo entsandten Streitkräfte haben sich nach 70-stündigen Kämpfen der Felshöhen südöstlich und nordwestlich von diesem Orte bemächtigt. Die Zahl der nach gestriger Meldung an der montenegrinischen Nordwestgrenze erbeuteten Geschütze erhöhte sich auf 42. Im Nordostwinkel Montenegros wurden nun auch die Höhen südlich von Berane erstürmt. Oesterreichisch-ungarische Abteilungen vertrieben im Verein mit Albanern die Reste serbischer Truppenverbände aus Dugain westlich von Ipek.«

Aus Flandern: Ein ehemaliger Pferdestall, von Marinesoldaten als Mannschaftskantine ausgebaut.

Am 14. lautete die amtliche Drahtung: »Die Montenegriner haben unter Preisgabe ihrer Hauptstadt an allen Punkten ihrer Süd- und Westfront den Rückzug angetreten. Unsere Truppen sind in der Verfolgung über die Linie Budua–Cetinje–Grab–Grahovo hinausgerückt und dringen auch östlich von Bileca und bei Avtovac ins montenegrinische Gebiet ein. Bei Grahovo fielen drei Geschütze samt Bedienung, 500 Gewehre, ein Maschinengewehr, viel Munition und anderes Kriegsgerät in unsere Hand.«

Zu dem Fall von Cetinje schrieb das deutsche Regierungsblatt: »Mit wuchtigen Schlägen zertrümmert das österreichisch-ungarische Heer die militärische Macht Montenegros: Auf die Erstürmung des Lovcen ist die Einnahme der Hauptstadt Montenegros gefolgt. Zugleich schreitet die Umklammerung der weichenden montenegrinischen Streitkräfte von Nordosten und Osten unaufhaltsam fort. Was die österreichisch-ungarischen Truppen in dem überaus schwierigen Gelände geleistet haben, gehört zu den herrlichsten Taten dieses Krieges und der Kriege aller Zeiten. Weder steile, schneebedeckte Höhen, noch die Unwegsamkeit der Straßen und Pfade haben ein unüberwindliches Hindernis abgeben können. Jede Aufgabe, die den tapferen Truppen gestellt wurde, haben sie gelöst, mochten die Anstrengungen und Entbehrungen noch so groß sein. Während die österreichisch-ungarischen Truppen an der italienischen Grenze und in Wolhynien mit unermüdlicher Hingebung einen unerschütterlichen Wall gegen alle mit noch so großer zahlenmäßiger Uebermacht geführten Angriffe bilden, dringen ihre Kameraden in das »unbesiegbare« Montenegro mit jedem Tage tiefer ein und bereiten den endgültigen Sturz auch dieser Säule des Vierverbandes vor. Das deutsche Volk beglückwünscht die treuen Bundesgenossen von ganzem Herzen zu den neuen großen Erfolgen, die weitere Schritte zu dem gemeinsamen Ziele des Vierbundes Deutschland, Oesterreich-Ungarn, Türkei und Bulgarien bedeuten.«

Den geschlagenen Feind verfolgend, hatten am 14. Januar die österreichisch-ungarischen Streitkräfte mit ihrem Südflügel Spizza besetzt. In Cetinje wurden 154 Geschütze verschiedenen Kalibers, 10 000 Gewehre, zehn Maschinengewehre und viel Munition und Kriegsmaterial erbeutet. Die Zahl der bei den Kämpfen um das Lovcen-Gebiet erbeuteten Geschütze erhöhte sich auf 45. Die Zahl der am selben Tage eingebrachten Gefangenen betrug 300. Südlich von Berane, wo der Gegner noch zähen Widerstand leistete, erstürmten österreichisch-ungarische Bataillone die Schanzen auf der Höhe Gradina. Nördlich von Grahovo waren Verfolgungskämpfe im Gange. Den Oesterreichern fielen in diesem Raume 250 Montenegriner und ein gefülltes Munitionsmagazin in die Hand. Die Zahl der in den letzten Tagen bei Berane eingebrachten Gefangenen überstieg 500.

Die Besetzung des Athener Hafens Phaleron durch die Entente wurde in türkischen Kreisen als erneutes und überaus deutliches Zeichen dafür angesehen, daß der Vierverband mit allen Mitteln versuchen wollte, einen Staatsstreich gegen die griechische Regierung zu führen. Die Lage des Königs war äußerst bedroht. Eine griechische Republik mit dem Ententeminister Venizelos als Präsidenten würde ein gefügiges Werkzeug werden. Man glaubte aber, daß sich der anglo-französische Plan nicht so glatt erfüllen lassen werde, da die Armee zum größten Teil als verfassungs- und königstreu gelten durfte. Man beurteilte das Vorgehen der Entente als kopflos und als einen Akt der Verzweiflung. Sie überstürze so die Ereignisse, deren Hinausziehung einzig ihr Vorteil gewesen wäre.

Das österreichisch-ungarische Ministerium des Aeußern hatte an die amerikanische Botschaft in Wien folgende Verbalnote gerichtet: »Wien, 14. Januar. Wie sich aus Mitteilungen ergibt, die der österreichisch-ungarischen Regierung zugekommen sind, ist die Insel Korfu von einem zur englisch-französischen Armee im Orient gehörigen Truppendetachement besetzt worden. Dieses Vorgehen bildet nicht bloß einen neuen schweren Anschlag auf die Souveränität und die Neutralität Griechenlands, sondern auch eine flagrante Verletzung der am 14. November 1863 und am 29. März 1864 in London abgeschlossenen Verträge, wonach die Insel Korfu die Vorteile einer immerwährenden Neutralität genießt. Die österreichisch-ungarische Regierung erhebt entschiedenen Protest gegen diese Handlungsweise, durch welche Frankreich und Großbritannien wieder einmal die Mißachtung an den Tag legen, die sie für die aus den allgemeinen Grundsätzen des Völkerrechts sich ergebenden Pflichten, gleich wie für die in internationalen Verträgen feierlich festgelegten Verbindlichkeiten hegen. Das österreichisch-ungarische Ministerium des Aeußern beehrt sich, die amerikanische Botschaft zu bitten Vorstehendes zur Kenntnis der Regierungen Frankreichs und Großbritanniens bringen lassen zu wollen.«

Gleichzeitig hatte das österreichisch-ungarische Ministerium des Aeußern die Besetzung Korfus zum Gegenstande eines Protestes bei den verbündeten und neutralen Staaten gemacht.

Großen Jubel löste in Deutschland, Oesterreich-Ungarn, in der Türkei und in Bulgarien folgende große Siegesnachricht am 17. Januar aus: »Der König von Montenegro und die montenegrinische Regierung haben am 13. Januar um Einstellung der Feindseligkeiten und Beginn der Friedensverhandlungen gebeten. Wir antworteten, daß dieser Bitte nur nach bedingungsloser Waffenstreckung des montenegrinischen Heeres entsprochen werden könne. Die montenegrinische Regierung hat gestern die von uns gestellte Forderung bedingungsloser Waffenstreckung angenommen.«

Offizielle Aufnahme der montenegrinischen Parlamentäre: Artillerieoberstleutnant Lompar, Minister Dr. Mantanovics, Minister Popovics.

Während der Sitzung des Deutschen Reichstages unterbrach der Präsident Dr. Kaempf die Verhandlungen für kurze Zeit, um ein offizielles Telegramm zu verlesen, wonach Graf Tisza im ungarischen Abgeordnetenhause mitgeteilt habe, daß Montenegro die Waffen gestreckt und um Einleitung von Friedensverhandlungen gebeten habe. Diese Nachricht wurde mit lebhaftem Beifall und stürmischem Händeklatschen im Hause und auf den Tribünen aufgenommen.

Im Preußischen Abgeordnetenhause unterbrach der Präsident Graf v. Schwerin-Löwitz die Sitzung und verlas ebenfalls die Drahtmeldungen aus Ofen-Pest über die Waffenstreckung Montenegros. Lebhafter Beifall folgte der Verkündigung dieser Nachricht, der sich aber zu schallendem Beifallsgelächter steigerte, als der Präsident die launigen Worte hinzufügte: »Zunächst ist das ein Anfang. Man möchte sagen: Vivat sequens! Und den letzten beißen die Hunde.«

Die Wiener »Neue Freie Presse« meldete authentisch über die Verhandlungen mit Montenegro: »Am 13. Januar, dem orthodoxen Neujahrstage, erschienen bei unseren Vorposten zwei montenegrinische Minister und ein Artilleriemajor. Sie sprachen den Wunsch aus, in Kapitulationsverhandlungen einzutreten. Dieser Wunsch wurde an eine zuständige Stelle weitergegeben. Es erfolgte der sofortige Bescheid, die erste Voraussetzung für eine Einleitung und Weiterführung der Verhandlungen sei die bedingungslose Waffenstreckung der montenegrinischen Armee. Die beiden montenegrinischen Minister blieben in Cetinje; der weitere Verkehr mit ihnen erfolgte durch Mittelspersonen. Die Montenegriner werden alle modernen Feuerwaffen im Sinne der europäischen Heerestechnik abzugeben haben; dazu gehören auch jene Waffen und Erbstücke, die jeder männliche Montenegriner trägt, und Handschar-Trophäen. Die wehrhaften Montenegriner werden in größeren Trupps, Kompagnien, Bataillonen und regimentsweise zusammentreten und die Waffen buchstäblich niederlegen. Die Kontrolle für die Waffenniederlegung wird darin bestehen, daß unsere Truppen eine strategische Waldstreifung vornehmen, daß also ganz Montenegro als ein großer Wald aufgefaßt und nach seiner ganzen Breite abgegangen wird, damit sich nicht irgendwo Banden bilden und den Guerillakrieg auf eigene Faust fortsetzen. Sodann wird die männliche waffenfähige Bevölkerung interniert, darunter wahrscheinlich auch im Greisenalter stehende. Montenegrinische Frauen haben sowohl als Kombattanten wie im ganzen Etappendienst am Kriege teilgenommen. Allerdings stellte König Nikita schon seit längerer Zeit die Auszahlung der Löhne ein, worauf viele Frauen in die Heimat zurückkehrten, wohin ihnen auf zeitweisen Urlaub die Familienväter folgten, um den Unterhalt ihrer Familie wenigstens für einige Zeit sicherzustellen. Die Frauen werden ausnahmslos in einzelnen Ortschaften belassen und nicht interniert. Zur bedingungslosen Waffenstreckung gehört auch die Uebergabe sämtlicher Städte und Ortschaften und die Ueberantwortung aller Verkehrsmittel, namentlich der Eisenbahnen. Durch diese Maßnahmen werden alle unsere Truppen in Montenegro frei. Zur Festhaltung der von uns besetzten montenegrinischen Gebiete erscheint nur die Sicherung der Küsten notwendig.«

König Nikita hatte wieder einmal die Entschlossenheit gezeigt, die er oft bewiesen hatte. Er sah, daß er ein schlechtes Geschäft gemacht hatte, also gab er nach. Montenegro war nicht dem Pakt von London beigetreten, dessen Unterzeichner sich verpflichtet hatten, nur gemeinsam Frieden zu schließen; wie Belgien und Serbien hatte es sich aus dieser Zwickmühle herausgehalten. Es konnte jetzt frei sagen: »Ich will nicht mehr, denn ich kann nicht mehr.« Einer unserer Feinde war bekehrt worden durch die Wucht der Waffen; wir harrten der Zeit, da sie alle bekehrt sein würden.

Im ungarischen Abgeordnetenhause sagte Ministerpräsident Graf Tisza: »Ich bitte um die Erlaubnis, die Verhandlung auf einen Augenblick mit der Mitteilung unterbrechen zu dürfen, daß der König und die Regierung von Montenegro um die Einleitung von Friedensverhandlungen gebeten haben. Als Antwort darauf haben wir als Vorbedingung von Friedensverhandlungen die unbedingte Waffenstreckung verlangt. Eben jetzt erhalte ich die Nachricht, daß Montenegro die unbedingte Waffenniederlegung angenommen hat. Infolgedessen werden nach Durchführung der Kapitulation die Friedensverhandlungen beginnen können. Ohne die Bedeutung dieses Ereignisses zu überschätzen, glaube ich dasselbe jedenfalls als wichtiges und erfreuliches Ereignis bezeichnen zu können, in welchem die Monarchie und die ungarische Nation die erste Frucht ihres bisherigen Ausharrens und ihres Heldenmutes erntet.« Das Haus begrüßte diese Ausführungen mit langanhaltendem Beifall und Eljenrufen.

Der Neptunsbrunnen in Görz, dahinter durch das Bombardement zerstörte Häuser. An manchen Tagen fielen mehr als hundert Schuß aller Kaliber in die Stadt. Selbst die Spitäler wurden nicht geschont.


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