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In der Väter Geist. – Im Pfefferland. – Sei der kleinen Heiligen. – Missionarstod. – Die dunkle Pforte zum lichten Jenseits. – Friesenart. – Wellengrab. – In froher Erwartung. – Ein Blitz aus heiterem Himmel. – Heiliger Schmerz. – Die Hochzeit des Lammes. – Beim Felsenmann. – Daheim!
Am 25. April erreichten wir Shanghai, wo wir unsere große Seereise vorbereiteten, die wir am 29. auf dem Norddeutschen Lloyddampfer «Derfflinger» antraten.
Es war ein kleineres Schiff als der «Porthos», aber das Personal war äußerst zuvorkommend.
Unter den Passagieren befand sich ein holländischer Franziskanerpater aus der nordchinesischen Mission Luan, der krank war und den ein Mitbruder zur Heilung und Erholung in die Heimat geleitete.
Ferner ein Dominikanerbruder, der aber nur bis Hongkong reiste.
Letzterer erzählte uns schaurige Einzelheiten von dem antichristlichen Treiben der Kommunisten in der Provinz Fukien, wo vor zwei Jahren viele Kirchen und Stationen verwüstet und verbrannt, die Patres mitsamt den Schwestern vertrieben und zum Teil mißhandelt wurden. Neun Missionärinnen waren sogar eine Zeitlang gefangen.
Das Traurigste aber war der Sturm auf die Mädchenwaisenhäuser durch ruchlose Rohlinge! ...
Die Folgen lassen sich denken. – –
In Hongkong machten wir einen Besuch in der Prokuratur der spanischen Dominikaner und erfreuten uns als Franziskanerinnen der seit mehr denn 700 Jahren zwischen den beiden Ordensfamilien herrschenden, von den zwei heiligen Patriarchen Dominikus und Franziskus überkommenen Freundschaft.
Dann besichtigten wir die blühenden Missionswerke der Canossianerinnen, die wir in Hankow kennen gelernt. Sie unterrichten in ihren Töchter- und Gewerbeschulen an die 2000 Zöglinge, zu mehr als 2/3 Chinesinnen.
Von Hongkong ging's hinüber nach Manila auf den Philippinen, wo wir am 5. und 6. Mai weilten als Gäste der amerikanischen Sisters of Maryknoll, deren Stifterin und Generaloberin wir in Shanghai getroffen und die uns wärmstens empfohlen hatte.
Wir wurden in der Tat in ihrem St. Paul's Hospital großartig, echt amerikanisch, empfangen und behandelt.
In der Heimat wünscht manche Mutter ihre bösen Buben, und sogar die Mädels, wenn sie unartig sind, «dorthin, wo der Pfeffer wächst!»
Wir waren in unsern Kinderjahren auch nicht immer brav und nun waren wir ganz unverhofft ins Pfefferland verschlagen! – – –
Die Strafe war just gar nicht so schlimm, wie wir sie uns früher vorgestellt hatten. ... Im Gegenteil, allerbeste Gastfreundschaft!
Manila ist sogar eine hübsche Stadt mit prächtigen Kirchen und Häusern und schönen Straßen.
Ein deutschprechender Pater führte uns mit einem Auto etwas aufs Land hinaus und zeigte uns dessen tropische Schönheiten und üppige Plantagen.
Dazwischen lagen hie und da allerdings noch ganz schlichte Pfahlbauten, Siedlungen der Filippinos. Aber es war eine reizende Gegend.
Bei unserm Abschied schenkten uns die Schwestern saftige Früchte und herrliche Blumen, wie sie diese gesegneten Eilande hervorbringen; es war aber kein Pfefferzweig darunten! ...
Fünf Tage später erreichten wir Singapore.
Diesmal gingen wir direkt zu der schönen Theresienkirche, deren zwei weiße Türme von weitem sichtbar sind und malerisch aus den dunkelgrünen Baumkronen emporragen.
Wenn irgendwo, so war hier der rechte Platz, der modernen Missionspatronin ein würdiges Denkmal zu setzen, hier, wo so viele Missionäre durchreisen nach den riesigen Arbeitsfeldern Ostasiens und Australasiens bis nach Ozeanien.
Der Erbauer ist ein chinesischer Priester, der als Pfarrer unter seinen Landsleuten wirkt. In der kurzen Zeit von 1923–25 wurde der Tempel fertiggestellt mit einem Kostenaufwand von 250 000 Dollars, Spenden aus dem großen Verehrerkreis der kleinen Heiligen.
Der Pater, der fließend französisch spricht, lud uns zum Kaffee ein und freute sich herzlich, daß wir für sein Vaterland China soviel Liebe und Begeisterung hegten. –
Als wir in der Nacht des 13. Mai weiterfuhren, herrschte eine schier unerträgliche Hitze, die sich in den nächsten Tagen noch steigerte.
Die meisten Reisenden verbrachten die Nächte auf Deck. Mittags stand die Sonne senkrecht über uns. Dabei war das Meer aufgeregt und störte die Ruhe der vielen Kranken.
Am 15. morgens warfen wir Anker vor Belawan auf dem nördlichen Sumatra, einem neuen Hafen, den die deutschen Dampfer erst seit wenigen Jahren anlaufen.
Von der Stadt sah man nichts. Sie liegt ziemlich weit ab, durch eine seichte Bucht und dichten Dschungel vom Meer getrennt.
Manche Reisende benützen die Gelegenheit zu einer Autofahrt durch den tropischen Wald.
Auch die beiden Patres hätten gerne diese holländische Kolonie besucht, schreckten aber zurück vor den Kosten und vor der Hitze, die ohnedies dem kranken P. Theodulus arg zusetzte.
Am nächsten Morgen ging's mit vielen neuen Passagieren wieder hinaus ins offene Meer.
P. Theodulus zelebrierte nicht, er fühlte sich unwohl.
Bei dieser Hitze und dem Schaukeln des Schiffes fiel es nicht besonders auf.
Um 8 Uhr besuchte ihn der Arzt und verordnete, daß er ins Hospitalzimmer, einen freundlichen, luftigen Raum, gebracht würde.
Er hatte schon 39 Grad Fieber. Vergebens bemühte man sich, ihm Linderung zu verschaffen.
Wir selber waren seekrank.
Trotzdem machten wir ihm abends einen Besuch. Er war noch bei Bewußtsein und guter Dinge, obwohl das Fieber 40 Grad erreichte.
P. Hermenegild hielt Nachtwache.
Das Meer tobte furchtbar und schüttelte den armen Kranken unbarmherzig.
Morgens 6 Uhr ruft uns der Pater: wir fanden einen Bewußtlosen, einen Sterbenden.
Der Arzt gab uns ein Zeichen: Verloren! – –
Nach Empfang der letzten Oelung und Verrichtung der Sterbegebete war er tot.
Tot auf hoher See, bei wildem Sturm und erdrückender Hitze.
O, er hatte so manche Stürme erlebt, Stürme des Lebens, der Leiden, der Widerwärtigkeiten und so manchen Schweißtropfen vergossen unter der Last der Arbeit im Weinberge des Herrn, im steinigen Shansi.
Wie gerne hätte er dort den letzten Kampf gekämpft, sein Blut für Gott vergossen, inmitten seiner geistigen Kinder.
Es hat nicht sollen sein.
Jetzt schläft er friedlich lächelnd wie ein Kind, gewiegt von den Wogen des Weltmeers.
Hingerafft in der Vollkraft des Lebens, mit 42 Jahren.
Auch ein Missionarstod. ...
P. Hermenegild gedachte, die sterblichen Ueberreste seines Mitbruders am nächsten Landungsplatze, auf Ceylon, zu bestatten.
Allein der Kapitän machte ihn aufmerksam auf die gewaltigen Kosten, welche die Einbalsamierung und Verwahrung der Leiche in einem Zinksarg verursachen würden.
Dazu kämen noch viele lästige und zeitraubende Formalitäten bei der Ausschiffung, sodaß er in keinem Falle seine Reise auf diesem Dampfer würde fortsetzen können. Es sei darum besser, nach allgemeinem Seemannsbrauch den Leichnam dem Meere zu übergeben.
Sterben auf dem Meer! – Ins Meer versenkt werden!
Schauriger Gedanke! – aber nur für den Gottesleugner, Glaubenslosen.
Der Diesseitsmensch mit seinem Mumienkult setzt alles dran, den Körper, seine Spuren, möglichst lange zu erhalten. Er geizet nicht mit Wohlgerüchen, bekämpft mit Blumen und mit Kränzen, Erz- und Marmormonumenten die Schrecken der Verwesung, des Vergessenwerdens. ...
Und vergißt dabei den Wert der Seele! – –
Der hoffnungslose Himmelsleugner, der im geheimen doch die Hölle scheut, versucht im Gegenteil nach Straußenart den Blick fürs Jenseits zu verschließen und jede Spur des Daseins auszutilgen, und geht mit Feuer vor, den Leib in Rauch und Dunst und Asche aufzulösen, im eitlen Wahn, dem Allmachtsruf zu trotzen, der einstens durch die Gräber dringt und alle vor den Richter zwingt.
Der Christ erkennt im Menschenleibe Gottes Meisterwerk, die Wohnung und das Werkzeug der unsterblichen Seele.
Er behandelt ihn mit Ehrfurcht, weil er berufen, ewig den zu schauen, der einst als Mensch gewandelt, als Erstling der Entschlafenen vom Grabe auferstand (1. Kor. 15, 20) und nun zur Rechten seines Vaters thront.
Darum vertraut in ihrer Symbolik die Kirche den Leichnam, wie ein Samenkorn, dem Schoß der Erde an.
Doch fürchtet sie keines der andern Elemente, denn der Keim der Unsterblichkeit ist unzerstörbar. «Die Posaune wird erschallen, und dann werden die Leiber der Toten unverweslich auferstehen» (1. Kor. 15, 52) und das Los der Seele teilen, in Höllentiefen oder Himmelshöhen.
Ob der Leib nun in der Erde ruht, ob ihn verzehrt des Feuers Glut, ob ihn verschlingt des Meeres Flut: es gibt ein Auferstehn, es gibt ein Wiedersehn! –
Ein Sterbefall an Bord ist immer ein ernstes Ereignis. Die Menschen sind sich da so nahe, daß sie sich dem Eindruck nicht entziehen können.
Wie lehrreich wäre es, das Fühlen, Fürchten, Hoffen in den Herzen der Einzelnen lesen zu können! –
Am Abend trugen vier Matrosen in blauer Uniform den schlichten Sarg, den Hollands Fahne deckte – ein Ersatz der Heimaterde – aufs unterste Verdeck.
Kapitän und Offiziere erwiesen ihm die letzte Ehre. Viele Passagiere wohnten bei im abgeseilten Raume. Die Schiffskapelle auf erhöhtem Platze spielte den Choral «Jesus, meine Zuversicht!»
Die Stunde war besonders schwer für P. Hermenegild, der trotz Wachen, Schmerz und Müdigkeit seinem Fahrtgenossen einen Nachruf widmete, am Rand des Wellengrabes.
Er erwähnte, wie sie einst selbander dieselbe Strecke gereist, voll jugendfroher Begeisterung, und fuhr dann fort:
«Zwölf Jahre hat der Verblichene tief in China drinnen als Missionär gewirkt. Es war sein Ideal von Kindheit auf.
Als treuer Typus seines Stammes trieb's ihn hinaus, wie seine Ahnen, die auf kühnen Wikingerfahrten durch Meer und Sunde jagten, nach Beute, Ruhm und Abenteuer.
Ihn lockten heiligere Ziele. Das Kreuzesbanner in der Hand, sucht er nur Gottes Ehre, Seelenbeute. Nicht rauben wollt' er, sondern mitteilen; nicht Wunden schlagen, sondern heilen.
Zäh und unternehmend, hat er als Glaubensherold viel geleistet und gelitten, bis seine Manneskraft erschöpft war.
Die Heimatluft sollt' ihn zu neuem Schaffen stählen – so riet der Arzt, so wünschten seine Vorgesetzten, so hofften er und seine Herde.
Doch Gottes Ratschluß wollt' es anders; schon fand er ihn der Krone würdig.
Uns aber, lieber Bruder, die wir wehen Herzens dich betten müssen in ein allzufrühes, nasses Grab, uns sei dein Vorbild lebenslang ein Trost und eine Leuchte.
So ruhe denn in Gottes heil'gem Frieden.
Auf Wiedersehen! auf Wiedersehen!» – – –
Gewaltig war der Eindruck dieser kurzen Rede; und was nun folgte, war ein wuchtiges Amen. – – –
Großer Ernst und tiefes Schweigen! Nur der Wind heult in der Takelung, und an der Flanke des Schiffes schmiegen sich schmeichelnd die Fluten empor, als heischten sie Beute.
« Requiescat in pace! Seine Seele und die Seelen aller abgestorbenen Gläubigen mögen durch Gottes Barmherzigkeit ruhen im Frieden.» –
So schließen die rituellen Gebete, der Kirche letztes Wiegenlied.
Noch ein paar Tropfen geweihtes Wasser auf den Sarg – und über den unendlichen Friedhof des Meeres ... Der Priester tritt zurück.
Ein Wink des Kapitäns, ein Signal des Obermaats: ein langes, dumpfes Stöhnen der Sirene.
Die Maschinen stehen still, still der pochende Puls der Schraube. ...
«Planke vor!» ertönt das Kommando.
«Hinab – – – se-e-enkt!»
Ein Ruck, ein Sturz, ein Aufschlagen – – – –!
Alles drängt an die Brüstung.
Unten schwimmt der Sarg, gewiegt von schaukelnden Wellen.
Nicht lang.
Glucksend dringen die Wasser ein in seine durchbohrten Bretter. Die bleiernen Barren ziehen ihn hinab.
Er schwebt senkrecht – sinkt – versinkt – verschwändet in der Tiefe. ...
Und weiter wälzt sich Woge auf Woge – wandernde Grabeshügel, geschmückt mit silbernem Gischt, den schimmernden Blüten des Meeres ....
Ergreifende Minuten voll Ewigkeitsgedanken! – –
Stille, Stille!
Ein schriller Pfiff: es poltert und rollt tief unten im Kiele. Und weiter geht's, das hastende Leben, mit Volldampf.
Vorwärts, heimwärts! gen Westen, entgegen dem sinkenden Sonnenball.
Blutrot ist der Abendhimmel, und bald deckt die Nacht den östlichen Golf von Bengalen. –
In Holland ist's erst Mittag vorbei.
Die Maisonne, mild und mitleidig, scheint hinein in ein friedliches Heim, im Lande der Friesen.
Sie läßt nicht merken, was zur selben Stund' ihr erlöschendes Auge schaut – im fernen Meer von Bengalen. – – –
Vater und Mutter im Silberhaar lesen den Brief aus China, von ihm, von ihrem «Reinke» Reinke, Diminutiv von Rein, dem Taufnamen des P. Theoduldus ....
Welche Wonne! Er kommt gerade recht – zur goldenen Hochzeit. – – –
Die Reederei hat geantwortet, zweimal, dreimal schon: «D. Derfflinger in Europa fällig anfangs Juni.»
Mitten in der schönsten Zeit, wenn die heimischen Marschen prangen in schwellendem Grün, und die friesischen Blumen blühn! –
Die Sonne scheint und schweigt, verrät nicht, was sie weiß vom Meere von Bengalen ....
Wellen zittern durch den Aether, blitzesschnell, vom D. Derfflinger:
«Rotterdam, Agentur des N. D. Lloyd. 17. 5. 30. Missionar Theodul Zeinstra an Bord gestorben, versenkt. Nachricht weitergeben an Franziskanerkloster in W......»
Alles ist bestürzt. Die Mitbrüder erwarteten ihn.
Im Kloster wird auch der Toten treu gedacht. Sie opfern Seelenmessen, innige Gebete, für den Abgeschiedenen im Meere von Bengalen.
Der Obere ruft den Pater N., einen Freund und Landsmann des Verblichenen:
«Fahren Sie sofort nach Fr. und überbringen Sie die Trauerkunde der Familie; aber vorsichtig, schonend, schonend! Verstehen Sie – die armen Eltern erwarten ihn zu ihrer goldenen Hochzeit! ...»
Wohl nie hat Pater N. eine Predigt mit solcher Mühe vorbereitet, wie diese schwere, schwere Botschaft. – – –
Bedächtig tritt er ein ins Haus, wo man rüstet und sich freut auf die goldene Hochzeit und – aufs Wiedersehen! ...
«Grüß Gott, Herr Pater! Sie kommen eben recht!»
Das Mütterlein zeigt stolz den Brief von ihm: «Er ist bald hier!»
Pater N. bleibt ernst: «Er war doch krank; wißt ihr es nicht?»
«Gewiß,» versetzt der Vater, «und wir nennen das ein Glück! sonst wär' er nimmer heimgekommen – zur goldenen Hochzeit.»
«Ihm fehlt nur etwas Ruhe – und Heimatluft!» ergänzt das Mütterlein; «ja, Heimatluft – ich kenne meinen Reinke! Die harten kahlen Berge von Shansi ersetzen nicht die reichen Matten, die welligen Dünen und die wechselnden Watten. Wissen Sie, er ist und bleibt halt doch ein Friese!» – –
Sie spricht es stolz und feierlich. ...
«Aber, die lange Reise durch die heiße Zone – es sollen sogar Stürme wüten – für einen schwachen Kranken?!» versetzt verlegen der Besucher. – –
Vater und Mutter schauen sich an – – werden bange ....
«Haben Sie Näheres erfahren? Schlimmes gar?» –
«Schlimmes? – Nein! für Christen nicht! – Ihr habt ihn Gott geschenkt, er hat für Gott gelebt; wäre es dann schlimm, wenn ihm Gott die Krone gäbe, ihn zur Hochzeit des Lammes riefe? – –»
«O Pater! Pater! er ist gestorben?! tot?! – O, sagen Sie es offen!»
«Ihr seid Friesen: ihr habt Mut; ihr seid Christen: ihr habt Glauben. Nun denn, christlicher Vater, Friesenfrau, Missionarsmutter! Gott wollte von euch auch dieses Opfer – er rief ihn heim! – –»
«Reinke! Reinke! – lieber Reinke! – tot!!» – –
Heilig ist der Schmerz um teure Toten.
Entweihen würd' ihn jede Feder. Lassen wir ihn weinen, beten, hoffen!
Am 26. Mai 1930 war in der Pfarrkirche zu F. eine niegesehene Feier, der die ganze Gemeinde beiwohnte und die kein Auge trocken ließ.
Das greise Jubelpaar hielt Hochzeit, mit schwarzem Flor im goldnen Kranz, umgeben von sechzehn Kindern.
Es war die Hochzeit des Lammes, ein Totenamt für den Siebenzehnten, den so heiß Ersehnten, der nimmer, nimmer kommen wird – vom Meere von Bengalen. – –
Doch! seine Seele war dabei, freute sich der goldnen Hochzeit, der Hochzeit des Lammes.
Und auch der Ozean wird seine Beute wiedergeben, wenn jene Gottesworte sich erfüllen werden von «den Zeichen an der Sonne, an den Sternen und vom ungestümen Rauschen des Meeres» (Luk. 21, 25). –
Dann gibts ein Wiedersehen in der ewigen Heimat – und goldene Hochzeit – die Hochzeit des Lammes.
Sursum corda!
Unsere Ausreise hatte begonnen unter dem Eindruck von Todestelegrammen.
Am Blauen Flusse gruben wir das erste Grab für eine liebe Mitschwester.
Auf der Heimfahrt waren wir Zeuge, wie ein Missionär im besten Mannesalter unterging, tausend Hoffnungsblüten mit sich reißend.
Das waren Missionserlebnisse!
Der letzte Fall mit seiner Tragik wirkte besonders lange nach und blieb das Hauptereignis unserer Rückfahrt.
Unsere Aufzeichnungen wurden seither spärlicher und eintönig: Sturmeswüten, Seekrankheit.
In Colombo auf Ceylon war ein angenehmer Erholungstag im bekannten General-Hospital mit einer Autofahrt durch die Tropengärten des Victoria-Parks, wo alle Blumen, Pflanzen, Bäume Indiens sich zusammenfinden in wunderbarer Mannigfaltigkeit und Pracht und Fülle.
Weiter ging die ermüdende Schaukelfahrt. Erst an der arabischen Küste gab's Ruh.
Wie froh waren wir, als wir am 6. Juni in Genua den festen Boden betraten, zum erstenmal wieder seit Ceylon, zwei Tage vor der Fahrplanzeit. Diese Eilfahrt war eine Folge des bösen Sturmes, dem wir jetzt für seine Treiberdienste dankbar waren.
Nach einer Besprechung mit den beiden Provinziälen von Innsbruck und Bozen betreffs ihrer – und «unserer» Mission von Yungchow, fuhren wir nach der Ewigen Stadt, ins heilige Rom! –
Dort erstatteten wir an zuständiger Stelle Bericht über unsere Missionsfahrt und über die Lage in den von uns durchreisten Gebieten.
Da fortlaufend Alarmgerüchte einliefen, so erregte es nicht geringes Staunen, daß wir, arme Nonnen, mit heiler Haut durch so viele Gefahren hindurchgekommen und dem brodelnden Hexenkessel glücklich wieder entronnen waren.
Besonders der Heilige Vater, der uns am 17. Juni in einer Sonderaudienz empfing, zeigte großes Interesse für China und für die Heldenschar der Glaubensboten und Gläubigen, die dort auf der Bresche stehen.
Wir hatten noch das Glück, am Antoniusfeste der feierlichen Einweihung des großen Neubaues des Internationalen Missionskollegs der Franziskaner beizuwohnen. Möge diese Hochschule des Seraphischen Ordens viele und gutgerüstete Streiter hinaussenden auf das weite Kampffeld der Heidenmissionen!
Es war ein Tag reiner Freude und froher Hoffnung für alle Missionsfreunde, zu denen wir uns zählen durften.
Hätten wir damals geahnt, was am selben Tage sich ereignete an den Ufern des Yangtzekiang! ...
Nachdem wir noch der Verherrlichung des demütigen Kapuzinerpförtners Konrad von Parzham im Petersdom beigewohnt und die großen Heiligtümer und die Katakomben, die Zeugen der einstigen Missionszeit, besucht, reisten wir der engern Heimat zu.
Unterwegs, zu Hagendingen (Hagondange) in Lothringen, mußten wir bei unsern Schwestern halten, rasten und erzählen von unserer Missionsfahrt, die wir hier beschrieben.
Wir waren am Ende, – meinten wir damals; aber wir dürfen noch nicht schließen.
Es kommt noch ein Kapitel, das wir freilich nur im Geiste, unsere Missionärinnen aber in Wirklichkeit erlebten, traurig und tröstlich zugleich.