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Einleitung.

Dem dringenden Aufruf des Missionspapstes Pius' XI. folgend, hat auch die Genossenschaft der Barmherzigen Schwestern vom III. Orden des hl. Franziskus, gewöhnlich einfach « Luxemburger Franziskanerinnen» genannt, nach dem in dieser Stadt gelegenen Mutterhaus (Belairstraße), ihre Beteiligung am Missionswerke angeboten.

Es war eine ganz natürliche Entwickelung des die Kongregation belebenden Franziskusgeistes. Das Ideal der Missionen hatte zeitlebens schon der Ehrw. Stifterin M. Franziska (1804-1880) vorgeschwebt und wurde immer lebendiger, besonders seit der im Jahre 1912 getätigten päpstlichen Bestätigung und des darauffolgenden Anwachsens der Genossenschaft über alle drei Grenzstaaten ihres Wiegenlandes hinaus.

Ihre Vorbildung und Tätigkeit, die sich auf alle Zweige der Karitas und Kindererziehung erstreckt, ließ sie nach dem Urteile verschiedener Veteranen des Apostolats gerade für den Beruf als Heidenmissionärinnen geeignet erscheinen.

Am 5. Oktober 1926 hieß daher die hl. Kongregation der Propaganda in einem sehr belobigenden Schreiben die neuen Mitarbeiterinnen willkommen.

Es werden nur Freiwillige in die Missionen entsandt. Die erste Rundfrage seitens der Obern ergab eine ganz bedeutende Zahl begeisterter Angebote, aus denen zunächst nur sechs ausgewählt werden konnten, die im November 1926 die Reise nach China antraten.

Diese glücklichen Erstlinge nahmen ihren Weg über Rom, wo der hl. Vater in einer Sonderaudienz sie beglückwünschte und sie und ihre Nachfolgerinnen segnete. Sie sollten im südlichen Hunan an der Seite der Tiroler Franziskaner wirken. Als sie aber am 5. Januar 1927 in Shanghai landeten, empfing sie der Prokurator der Franziskaner, P. Deodat Janssen, mit den wenig ermutigenden Worten: «Habt ihr auch Geld für die Rückreise mitgebracht? Es ist jedenfalls das Klügste, ihr geht mit dem nächsten Schiff wieder heim.» – –

Dieser etwas derbe Holländerhumor mit dem wohlgemeinten Rat war nur zu sehr begründet. Der Bürgerkrieg hatte nämlich ganz Süd- und Mittelchina überschwemmt und jegliche Weiterreise, besonders in das ferne Hunan, unmöglich gemacht.

Shanghai selbst war überfüllt von Flüchtlingen aus dem Innern, Einheimischen und Fremden, die dort Schutz suchten im Bereiche der zahlreichen ausländischen Kriegsschiffe und Landungstruppen, oder auf eine Gelegenheit zur Heimfahrt warteten. Niemand konnte voraussehen, wie der Wirrwarr enden würde.

Damals herrschte auch in der Heimat bezüglich der Chinamission manche Verwirrung. Die Obern der missionierenden Orden wandten sich deshalb nach Rom um Rat, worauf die Propaganda die Weisung ausgab, der Nachschub junger Kräfte sei nicht nur nicht zu unterbinden, sondern sollte im Gegenteil möglichst verstärkt und beschleunigt werden. Falls einzelne Verbindungswege unterbrochen seien, so sollten die Missionäre an andern sichern Orten abwarten und sich unterdessen durch das Studium der Sprache und der Landessitten auf ihre apostolische Tätigkeit vorbereiten.

Dieses Los traf auch unsere ersten Schwestern, die keineswegs gewillt waren, die Flinte so ohne weiteres ins Korn zu werfen, und an alles eher als an eine Umkehr dachten. Ja, eine junge Schwester erwiderte auf den Rat des P. Janssen: «Es wird doch wohl keine 40 Jahre dauern wie einst für die Israeliten an den Grenzen des Gelobten Landes?!» –

Solcher Entschlossenheit gegenüber war er entwaffnet.

Sie blieben also in Shanghai über ein Jahr und benutzten die Zeit ganz im Sinne der Propaganda. –

Mit deren Zustimmung übernahmen sie dann auf Einladung des Apostol. Präfekten von Wuchang eine Station in dessen Sprengel, wo es schon ruhiger geworden.

Diese Niederlassung war wirklich ein Geschenk der Vorsehung, eine willkommene Zwischenstation auf dem Weg nach dem immer noch verschlossenen Hunan. –

Aber auch dieses Gebiet sollte endlich seine sehnsüchtig erwarteten, dringend benötigten Missionärinnen erhalten. Als sich der politische Himmel einigermaßen aufgehellt hatte, erstattete der Apostolische Administrator von Süd-Hunan im Sommer 1928 seinen Bericht an die Propaganda, welche ihm auftrug, die Schwestern unverzüglich kommen zu lassen. So erging der zweite Ruf ans Mutterhaus zu Luxemburg.

Auf Drängen der zuständigen kirchlichen Behörden, welche verschiedene wichtige Fragen, unter anderm die Heranbildung einheimischer Schwestern, zu regeln wünschten, entschloß sich die Schreiberin, zurzeit Generaloberin, die neue Expedition der für Hunan bestimmten Schwestern persönlich an ihr Ziel zu führen, um die mit der Gründung einer Missionsstation verbundenen Schwierigkeiten aus eigener Erfahrung kennen zu lernen und für die Zukunft zweckmäßige Vorkehrungen treffen zu können.

Am 14. September 1929 trat die kleine Schar, sieben Schwestern stark, die lange Reise an. Es war eine sehr bewegte Zeit, denn die Gerüchte von Räuberunwesen und den immer deutlichern Anzeichen eines neuen Bürgerkrieges mehrten sich mit jedem Tage und sollten leider nur zu sehr bestätigt werden durch die nachfolgenden Ereignisse, deren endgültige Entwirrung noch nicht abzusehen ist.

Indes muß gleich und nachdrücklich betont werden, daß Gottes gütige Vorsehung sichtlich über den wackern Missionärinnen gewaltet und sie hoffentlich auch in Zukunft in ihren Schutz nehmen wird.

Sie haben sich nach wie vor einfach den weisen Direktiven der hl. Kirche zu fügen und werden stets die tröstliche Gewißheit haben, den hl. Willen Gottes zu erfüllen.

Als die nationalistische Bewegung, die anfangs stark fremdenfeindlich und sogar antireligiös war, sich über das Land ausbreitete, forderten die Vertreter der europäischen Mächte ihre Landsleute auf, sich aus dem Innern zurückzuziehen, weil niemand die Verantwortung für ihre Sicherheit übernehmen könne. Es wurden alle möglichen Transportmittel zur Verfügung gestellt.

Die protestantischen Missionäre verließen (mit ihren Familien) fast sämtlich das ungastliche Land.

Die katholischen Bischöfe teilten ihren Missionären pflichtgemäß die Aufforderung ihrer Regierungen mit, zugleich aber auch den von Rom kommenden Bescheid des Apostol. Delegaten, der kurz dahin lautete:

Es ist jedem Missionär erlaubt, sich zurückzuziehen.

Diejenigen Missionäre, die aber freiwillig bleiben wollen, dürfen es mit ruhigem Gewissen tun im Bewußtsein, daß der hl. Vater ihren Entschluß segnet und die Kirche für sie betet.

Alle blieben. Nur wenige Außenposten wurden vorübergehend geräumt, sei es, weil sie zerstört worden, oder weil das Wirken unmöglich geworden war.

Die Missionsobern wandten und wenden stets ihre erste Fürsorge den Schwestern und ihren Schützlingen zu. Bisher wurde noch keine einzige ausländische Schwester getötet, wenn auch einzelne Stationen zu leiden hatten.

Zeigt sich in dieser weisen Entscheidung der Kirche und im Verhalten der Missionäre nicht das sichtbare Walten des hl. Geistes, erhaben über alle kleingläubige Klugheit und nörgelnde Kritik? – –

Wir reisten natürlich offenen Auges und offenen Sinnes mit dem Bestreben, möglichst viel zu lernen. Durch ausgiebigen Briefwechsel, worin wir ganz ungezwungen unsere Eindrücke wiedergaben, wollten wir auch die lieben Mitschwestern in der Heimat an unserer Reise teilnehmen lassen. Wir taten es ohne jeglichen Hintergedanken, nichts lag uns ferner, als weitere Kreise damit zu befassen.

In der Heimat dachte man anders. Viele unserer Wohltäter und Gönner bestürmten die Schwestern, diese eigentlich nur für die klösterliche Familie bestimmten Berichte, die sie interessant und lehrreich fanden, auch andern zugänglich zu machen. Einzelne Auszüge erschienen daher – zunächst ohne unser Wissen – in einem Lokalwochenblatt ...

Daraufhin wurde der Wunsch, noch Näheres und in besserm Zusammenhange zu lesen, so dringend und allgemein, daß ich schließlich mein Widerstreben aufgeben und unsere Erlebnisse und Aufzeichnungen herausgeben mußte.

Diese Entstehungsgeschichte vorliegender Reiseblätter mag zur Erklärung und Entschuldigung der zahlreichen, ihnen anhaftenden Mängel beitragen.

Da die Seereise nach Shanghai schon so oft, auch von deutschsprechenden Missionären, beschrieben worden ist, so werden wir uns in diesem Teile, trotz seiner gewaltigen Wegstrecke, die immer wieder Neues bietet und in jedem Reisenden sich anders widerspiegelt, der Kürze befleißen, um uns eingehender mit unserm Wirkungsfeld in China, dem in vielfacher Hinsicht so rätselreichen und unverständlichen Lande, zu befassen.

Die Berichte sind zum Teil aus Briefen und Aufzeichnungen der mitreisenden Schwestern ergänzt, wenngleich das Hauptmaterial von der Karawanenführerin und Erzählerin selbst stammt.


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