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XXXIV.

Als die Berichterstatter langsam das Gebäude verließen, trat Julia Dirmer in den Raum. Als Dan sie sah, wurde er rot, aber seine Augen leuchteten auf.

Christie Lauderdale hatte an Julia Dirmer einen häßlichen Brief geschrieben, um sich an Dan zu rächen. Es war darauf zu einer ziemlich scharfen Auseinandersetzung zwischen Dan und Julia gekommen, und sie hatten sich in Unfrieden getrennt, nachdem er vergeblich versucht hatte, seine Beziehungen zu Christie zu erklären.

Aber nun war der Streit vergessen. Dan faßte ihre beiden Hände und zog sie näher.

»Ach, wie gut tut es, jetzt einen Freund zu sehen. Es ist schon das dritte Mal, daß ich beinahe zusammengebrochen wäre. Komm herein, damit wir kurz miteinander sprechen können.«

Julia sah wieder sehr schön aus, aber sie lächelte nicht. Dan legte den Arm um sie und führte sie in das Privatbüro.

»Ach, wie freue ich mich, daß du gekommen bist. Julia!« Sie versuchte, sich von ihm freizumachen.

»Ich muß offen zu dir sein«, erwiderte sie. »Inspektor Scofield hat mich hierhergeschickt.«

Dans Augen leuchteten nicht mehr.

»Ich verstehe, du sollst mich überreden, dir alles zu erzählen! Das ist allerdings ein böser Schachzug! Du weißt, wie schwer es mir fällt, dir eine Bitte abzuschlagen.«

»Ich wurde hergeschickt, und hier bin ich. Aber nachdem ich nun hier vor dir stehe, spreche ich für mich selbst. Warum kannst du denn nicht mit dem Inspektor zusammenarbeiten, Dan? Er ist doch ein so tüchtiger Mann. Wenn du dich ihm anvertraust, läßt er dich sicher nicht im Stich.«

»Ach, muß ich alles noch einmal von vorn wiederholen?« entgegnete er und sah sie traurig an.

»Hör zu, Liebling. Inspektor Scofield ist ein Polizeibeamter, und im Augenblick muß ich gegen die Polizei arbeiten. Es ist meine Pflicht, das Lösegeld so auszuzahlen, daß die Entführer davonkommen können. Mit anderen Worten, ich handle so, als ob ich mit ihnen unter einer Decke stecke. Verstehst du nicht, wie schwierig meine Lage ist? Was habe ich denn auch im Augenblick mit der Polizei zu tun?«

»Aber Dan!«

Er trat nahe zu ihr.

»Warte einen Augenblick, Ju«, sagte er leise. »Wir haben uns gestritten – sage mir, daß das alles wieder gut ist, und daß du nicht auch noch gegen mich bist. Du mußt doch begreifen, daß es außer dir keine Frau auf der Welt gibt, die etwas für mich bedeutet, selbst wenn sie so schön wäre wie Kleopatra.«

»So darfst du nicht sprechen«, erwiderte sie traurig.

»Warum nicht?«

»Du versuchst, meine persönlichen Gefühle hereinzuziehen – wenn ich – wenn ich im Dienst bin.«

»Dann hast du also noch etwas für mich übrig?« entgegnete Dan und lächelte froh.

»Das werde ich dir nicht sagen.«

»Also höre, Ju. Ich habe mir diese Sache reiflich überlegt und alle Gründe dafür und dagegen durchdacht. Meine Pflicht liegt klar vor mir: Ich muß Mr. Lawrence unter allen Umständen retten, und ich würde auch alle Verbrechen begehen, die es gibt, um dieses Ziel zu erreichen. Nichts in der Welt kann mich davon abbringen.«

Julia seufzte erleichtert auf.

»Nun, dann ist es gut. Ich habe mit meinem Auftrag eben keinen Erfolg gehabt. Ach, Dan – !«

»Julia!« Er schloß sie in die Arme. »Jetzt bin ich wieder ein anderer Mann, jetzt kann ich allem die Stirn bieten. Du bist wirklich nicht mehr böse auf mich?«

»Hast du denn nicht gesehen, daß es nur Eifersucht war?«

Er schaute sie beglückt an.

»Wieviel mußt du inzwischen durchgemacht haben!«

»Ja, es ist wahr, mehr als ich jemals für möglich hielt. Später erzähle ich dir alles, wenn wir Zeit haben.«

»Du bist immer noch in Gefahr!«

»Vielleicht kann ich die Entführer davon überzeugen, daß sie ihr Geld noch bekommen können.«

»Wenn ich dir doch nur helfen könnte!«

»Ich muß alles vergessen, was mich ans Leben bindet, bis ich meinen Chef aus der Gefahr befreit habe. Jetzt muß ich aber gehen.«

»Wohin?« fragte sie besorgt.

»Zunächst ins Haus von J. M. Lawrence. Du wirst es verstehen, wenn du die nächsten Zeitungen liest. Ich hoffe, daß ich dort eine Nachricht erhalte. Der erste Plan zur Auszahlung des Lösegeldes ist durch diese verdammten Zeitungen nicht zur Ausführung gekommen.«

»Hoffentlich kommst du gut durch alle Gefahren«, sagte Julia. Dann eilte sie davon – ins Polizeipräsidium, wie Dan vermutete.


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