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In der Loge des Holland-Theaters, die wie alle Leute wußten, für den großen Millionär J. M. Lawrence reserviert war, saßen Henry Waters und Reed Garvan. In der gegenüberliegenden hatte sich unsichtbar für das Publikum, im Schatten eines Vorhanges der wirkliche Mr. Lawrence in Begleitung Dans niedergelassen. Es wurde noch immer dasselbe Stück gegeben, eine leichte Operette, die seit dem vergangenen Herbst lief.
Nachdem der Vorhang zum letztenmal gefallen war, gingen Lawrence und Dan durch einen kleinen Gang hinter den Logen direkt auf die Bühne. Der Raum, der Christie als Diva eingeräumt war, befand sich nur ein paar Schritte entfernt. Abgesehen von dem Ankleidezimmer hatte sie noch einen Empfangsraum, in dem sie mit ihren Freunden sprechen konnte.
»Ich möchte draußen warten«, sagte Dan, als sie die Tür erreicht hatten.
Der Millionär ging hinein.
Dan marschierte draußen auf und ab, sechs Schritte hin, sechs Schritte zurück. Einer nach dem andern kamen die Schauspieler und Schauspielerinnen die Treppe herunter und machten sich auf den Heimweg. Viele der jungen Mädchen warfen Dan einen Blick zu, als sie an ihm vorüberkamen, aber es machte nicht den geringsten Eindruck auf ihn. Die Bühnenarbeiter räumten die Kulissen fort.
Bald war Dan allein, und fast alle Lichter waren ausgedreht. An den Seiten und im hinteren Teil der Bühne erhoben sich die Kulissen in phantastischen Umrißlinien und warfen dunkle Schatten. Eine Katze kam zwischen den Versatzstücken hervor und streckte und reckte sich.
Dan ging im Schatten auf und ab. Aber als er einmal am Ende umkehrte, wurde ihm plötzlich von hinten ein großes Tuch über den Kopf geworfen, und ein Arm legte sich um seinen Hals, so daß ein Hilferuf erstickt wurde.
Dan setzte sich mit allen Kräften zur Wehr und versuchte zu schreien. Aber die vier Leute, die ihn überfallen hatten, waren darauf gefaßt und sorgten dafür, daß kein Laut hörbar wurde. Sie hoben ihn vom Boden auf und trugen ihn quer über die Bühne. Auf der anderen Seite legten sie ihn nieder und fesselten ihn. Einer nahm ihm die Schußwaffe ab, dann knoteten sie ihm Hände und Füße zusammen und würgten ihm ein Tuch in den Mund.
Die vier jungen Leute unter Führung Bull Fellows hoben ihn dann auf und trugen ihn durch die kleine Tür zu dem Gang hinter den Logen. Einer der Notausgänge wurde leise geöffnet; sie traten in eine Nebenstraße und legten Dan auf den Fahrdamm.
»Geben Sie das Signal, daß der Wagen kommt«, sagte Bull, und einer der Leute entfernte sich. Dan begann wieder zu stöhnen und machte Anstrengungen, sich zu befreien, so daß Bull ihm einen heftigen Fußtritt gab.
Dan wurde ruhig, aber er fühlte, daß sich seine rechte Hand gelockert hatte. Er konnte sie etwa sechs Zentimeter weit hin- und herbewegen. Nach und nach gelang es ihm, mit den Fingern ein kleines Messer aus der Tasche herauszuholen. Da er auf dem Rücken lag, konnte er das Tuch nicht durchschneiden, ohne sich zu verraten. Er lag also still und hielt das Messer bereit für die nächste Gelegenheit, die sich ihm bieten würde.
Ein Wagen fuhr vor und hielt bei der Gruppe. Mit Aufbietung aller Energie wälzte sich Dan auf dem Boden weiter, bis er eins der Gummiräder berührte. Er lag nun auf dem Gesicht. Durch einen kleinen Schnitt machte er eine Öffnung in das Tuch und fühlte den Gummireifen. Kurz entschlossen stieß er das Messer hinein und ließ es dort stecken. Im nächsten Augenblick packten sie ihn, warfen ihn in den Wagen und stiegen nach ihm ein. Das Auto fuhr sofort an.
»Zum Fluß!« sagte Bull leise zu dem Mann am Steuer.
Das Auto fuhr aus der Nebengasse auf die Hauptstraße und schlug westliche Richtung ein. Während Dan auf dem Boden lag, konnte er hören, daß die Luft aus dem Reifen entwich.
Bevor sie einen Häuserblock weit gefahren waren, schleuderte der Wagen, weil der Reifen des Hinterrads flach geworden war.
Bull schimpfte auf den Chauffeur. »Mensch, haben Sie denn keine Augen im Kopf? Konnten Sie denn nicht die Reifen nachsehen, bevor Sie losfuhren?«
»Das habe ich getan«, entgegnete er düster. »Sie waren alle in Ordnung. Aber ich will gleich anhalten und auswechseln.«
»Nein, hier nicht«, befahl Bull. »Hier sind zuviel Leute. Fahren Sie bis zur nächsten Ecke, dort ist es ruhiger.« Als der Wagen langsam über den Fahrdamm rumpelte, gab der Verkehrsschutzmann ein Zeichen, daß sie anhalten sollten.
»Weiter!« flüsterte Bull.
Das Signal einer schrillen Polizeipfeife erklang, und Bull fluchte wütend. »Weiter! Der Kerl kann uns zu Fuß doch nicht einholen.«
Rücksichtslos fuhr der Wagen weiter. Als sie an die übernächste Straßenüberquerung kamen, hörten sie starkes Geräusch hinter sich, und Bull warf einen Blick durch das Hinterfenster.
»Zum Donnerwetter, ein Polizist auf einem Motorrad! Anhalten an der Ecke! Dann macht ihr euch alle aus dem Staub!«
Gleich darauf hielt der Wagen an, und die vier suchten das Weite. Bull gab Dan noch einen Fußtritt, bevor er als Letzter das Auto verließ.
Im nächsten Augenblick hielt der Polizist mit dem Motorrad an. Die Türen des Wagens standen offen, und der uniformierte Beamte überschaute die Lage mit einem Blick. Sofort zog er sein Messer und schnitt Dan frei.
»Ich wußte gleich, daß kein anständiger Kerl mit einem flachen Reifen ein derartiges Tempo nehmen würde«, sagte er.
»Zum Glück ist mir nicht viel passiert«, erwiderte Dan, als er wieder sprechen konnte. »Halten Sie sich nicht auf, fangen Sie die Kerle.«
Der Polizist blies die Signalpfeife und jagte hinter den Flüchtigen her. Als sich Dan von dem Strick und dem Tuch befreit hatte, kam ein anderer Polizist herbei. »Was ist hier los?« fragte er.
Dan sah, daß gerade ein Taxi in nicht allzu schneller Fahrt vorbeikam. Er konnte nicht warten, um dem Beamten eine längere Erklärung zu geben. »Der Mann auf dem Motorrad braucht Hilfe. Es sind im ganzen vier Banditen. Er ist in dieser Richtung entlanggefahren.«
Der Polizist eilte davon. Dan sprang in das Taxi und nannte dem Chauffeur die Adresse von Christies Wohnung.