Ludwig Eichrodt
Gedichte in allerlei Humoren
Ludwig Eichrodt

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Anfang und Ende,

eine kleine musikalische Erörterung

        »Ist doch diese Zauberflöte
Ganz veraltete Musik!
So ein göttlicher Prophete
Bricht ihr freilich das Genick.
Bester Doktor, wenn ich noch so,
Noch so sehr es überleg',
Ist es gleichwohl aber doch so –
Die Musik müßt' mir hinweg!«

Wenn Sie wollen, ganz der Meinung!
Lieber Herr Kommerzienrath,
Insoferne die Erscheinung
Klassischen Charakter hat.
Klassisch nur ist was parnassisch,
Ist es klassisch, so entspricht's,
Denn das Klassische ist klassisch
Und das Uebrige ist Nichts.

»Muß ich ganz natürlich finden,
Bester Doktor, ganz charmant,
Gleichwohl aber wie begründen
Sie die Ansicht nachderhand?
Sehn Sie diesen Papageno
Oder den Sarastro an,
Ob das Publikum in pleno
Noch das Lachen halten kann!«

Hören Sie um Gotteswillen!
Liebster Herr Kommerzienrath!
Weinen muß ich hier im Stillen,
Daß man lachet, in der That.
Lachen kann man über Alles,
Aber so ein Lachen ist
Nur ein Zeichen des Verfalles,
Das der Kunst am Herzen frißt.

»Bitte, bitte, bester Doktor!
Haben Sie denn, wie das scheint,
Ein so ganz und gar verstockt Ohr,
Daß Sie selbst dem Zopfe freund?
Nein, ich lobe den Propheten,
Hier ist klassische Musik,
Nämlich die ist nicht für Jeden
Und für Jedermanns Kritik.«

Liebenswürdig sind Sie immer,
Theuerster Kommerzienrath,
Um so schlimmer, um so schlimmer,
Wenn man sich zu zanken hat!
Nein! gerad im Gegentheile,
Die Musik sey nicht verlacht,
Welche Niemand Langeweile,
Jedermann Vergnügen macht.

»Daß der Himmel uns bewahrte!
Hören Sie ein Meisterstück:
Hier das Kühne, dort das Zarte,
Und da haben Sie Musik.
Kühn und zart ist auch der Mozart,
Ja, gottlobunddank auch er,
gleichwohl aber doch nicht so zart
Und so kühn wie Meierbeer.«

Um Vergebung, das ist eben
Wie man's nimmt, so oder so;
Und dem Einen ist voll Leben,
Was dem Andern leeres Stroh.
Und damit ich Ihnen offen
Meine Meinung sag' in's Ohr,
Kommt mir Meierbeer besoffen,
Wenn nicht ganz talentlos vor.

»Nein! das ist ja unerhört ja!
Haben Sie den Sonnenstich?
So was macht mich ganz verstört ja,
Bringt mich förmlich außer mich.
Ha! was soll das Federlesen
Mit dem Mozart, das Geschrei –?
Ein Pedant ist er gewesen,
Und ein Kindskopf nebenbei!«

Dieser ganz belieb'ge Sudler
Meierbeer – »Ist ein Genie!
Mozart, der triviale Dudler?«
Voll Humor und Harmonie.
Meierbeer, ein Schurke ist er!
»Mozart ist ein Lumpenhund!«
O Sie schändlicher Philister!
»O Sie elender – Vagabund!«


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