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Ein guter Freund war Ledermann
Dem Herrn Geheimerrath,
Er fragte täglich bei ihm an,
Und paßte früh und spat.
Er strich den lieben langen Tag
Am Hause ab und auf,
Bis ihn der Herr Geheimerrath
Ein wenig rief herauf:
Dann sprang die Treppe schnell hinan,
Der liebenswürd'ge Ledermann.
Es spricht gesellig: Leg' er ab!
Der Herr Geheimerrath,
Da schmunzelte der alte Knab
Vergnüglich früh und spat.
Er tritt so leis und sachte auf,
Daß man es gar nicht glaubt,
Und wagt nicht eher, daß er schnauft,
Als bis man's ihm erlaubt;
Dann macht er sich gemach heran,
Der vielbescheidne Ledermann.
Er räumt Ihm in der Stube auf,
Denn Ordnung früh und spat
Liebt seinen ganzen Lebenslauf
Der Herr Geheimerrath.
Der spricht zum Ledermann: putz' ab!
Da war es schon gethan;
Gefällig war er bis zum Grab,
Der schwache Ledermann:
Er packte Alles fröhlich an,
Der emsige, der Ledermann.
So wenn ein wenig plaudern mocht'
Der Herr Geheimerrath,
Hat's an der Thüre schon gepocht,
Gewispert früh und spat –
Er hört Demselben gläubig zu,
Andächtiglich erbaut,
Er trippelt weder mit dem Schuh,
Noch räuspert er sich laut:
Er spricht kein Wort, das steht ihm an,
Dem aufmerksamen Ledermann.
Sobald er nur ein Stäubchen sah
Am Herrn Geheimerrath,
War unser Ledermann schon da
Und wischte früh und spat.
Er springt und holt Ihm, was Er will,
Es war ihm nie genug,
Zu allen Dingen war er still,
Wie ein versiegelt Buch:
Doch merkte er sich Alles an,
Der wißbegier'ge Ledermann.
Und wenn er nun zu Hause war,
So las er früh und spat,
Im Bett und auf dem Abtritt gar
Im Herrn Geheimerrath.
Zugleich notirt er Alles an,
Was je gesprochen hat
Zu seinem lieben Ledermann
Der Herr Geheimerrath:
So viel man niederschreiben kann,
Schrieb nieder auch der Ledermann.
Behaglich tischelte auch dann
Der Herr Geheimerrath
Tägtaglich mit dem Ledermann,
Und schwatzte früh und spat.
Da las ihm denn der Ledermann
Was er geschrieben vor,
Bis Er zu schnarchen sanft begann
Und still sich legt' aufs Ohr:
Dann schlich, so leise Einer kann,
Sich fort der zarte Ledermann.
Auch oft ereignete sich dieß,
Daß Etwas, früh und spat,
Bequemgesellig gehen ließ
Der Herr Geheimerrath –
Der Ledermann vor Freuden glüht,
Dieweil er stünd' gerad
Auf so vertrautem Fuße mit
Dem Herrn Geheimerrath:
Der Atmosphäre rühmt sich dann
Noch lang da der frohe Ledermann.
Es hatte allerlei Besuch,
Wohl früh und auch wohl spat,
Dabei Er artig war genug,
Der Herr Geheimerrath.
Da drückte sich der Ledermann
Und geht mit sich zu Rath,
Ob er nicht wo was helfen kann
Im Hause früh und spat:
Damit er überraschen kann
Geheimerrath, als Ledermann.
Wenn nun der Herr Geheimerrath
Recht guter Laune war,
So gab er wohl früh oder spat
Ihm »was« zum Besten gar!(*)
Da war er ganz wie umgewendt
Und er vergaß sich schier,
Da reibt er heimlich sich die Händ'
Und winselt vor Pläsir:
Sich selbst zu schätzen fängt er an,
Als hochgeehrter Ledermann.
Nur einmal Abends fuhr ihn an
Der Herr Geheimerrath:
– – – mich, Ledermann,
Es ist mir schon zu spat!
Dann schmeißt er's Fenster heftig zu,
Daß dieser staunend steht,
Und legt sich zur geschäft'gen Ruh
Im Seitenkabinet:
Doch wen Nichts irre machen kann,
Das ist der schlaue Ledermann.
Begeistert wich der Ledermann,
Und staunte das Citat
Aus Götz von Berlichingen an
Vom Herrn Geheimerrath;
Und gleich des andern Morgens rennt,
Zu früh nicht und zu spat,
Zu machen Ihm sein Compliment,
Er zum Geheimerrath:
Er stellt sich gar so närrisch an,
Der gute, alte Ledermann.
Das ist das Lied vom Ledermann,
Von dem, der früh und spat,
Jahraus, jahrein stund obenan
Beim Herrn Geheimerrath,
Der nach der Zeit des Todesfalls
Vom Herrn Geheimerrath
Nichts dachte mehr, nichts sagte als:
Der Herr Geheimerrath.
Drum singe, wer da singen kann
Das Lied vom braven Ledermann! |