Conrad Ferdinand Meyer
Gedichte
Conrad Ferdinand Meyer

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Liederseelen

        In der Nacht, die die Bäume mit Blüten deckt
Ward ich von süssen Gespenstern erschreckt,
Ein Reigen schwang im Garten sich
Den ich mit leisem Fuss beschlich;
Wie zarter Elfen Chor im Ring
Ein weisser lebendiger Schimmer ging.
Die Schemen hab ich keck befragt:
Wer seid ihr, luftige Wesen? Sagt!

»Ich bin ein Wölkchen, gespiegelt im See.«
»Ich bin eine Reihe von Stapfen im Schnee.«
»Ich bin ein Seufzer gen Himmel empor!«
»Ich bin ein Geheimnis, geflüstert ins Ohr!«
»Ich bin ein frommes, gestorbenes Kind.«
»Ich bin ein üppiges Blumengewind –«
»Und die du wählst, und ders beschied
Die Gunst der Stunde, die wird ein Lied.«

 


 


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