Conrad Ferdinand Meyer
Gedichte
Conrad Ferdinand Meyer

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Die Fei

        Mondnacht und Flut. Sie hängt am Kiel
Umklammert mit den Armen ihn,
Sie treibt ein grausam lüstern Spiel,
Den Nachen in den Grund zu ziehn.

Der Ferge stöhnt: »In Seegesträuch
Reisst nieder uns der blanke Leib!
Rasch, Herr! Von Sünde reinigt Euch,
Begehrt Ihr heim zu Kind und Weib!«

Der Ritter hält den Schwertesgriff
Sich als das heilge Zeichen vor –
Aus dunkeln Haaren lauscht am Schiff
Ein schmerzlich bleiches Haupt empor.

»Herr Christ! ich beichte Rittertat,
Streit, Flammenschein und strömend Blut,
Doch nichts von Frevel noch Verrat,
Denn Treu und Glauben hielt ich gut.«

Er küsst das Kreuz. Grell schreit die Fee!
Auflangend sieht er eine Hand
Am Steuer, blendend weiss wie Schnee,
Und starrt darauf, von Graun gebannt.

»Herr Christ! ich beichte Missetat!
Ich brach den Glauben und die Treu,
Ich übt an meinem Lieb Verrat.
Es starb. Ich tue Leid und Reu!«

Sie löst die Arme. Sie versinkt.
Das Ruder schlägt. Der Nachen fliegt.
Vom Strand das Licht des Erkers winkt,
Wo Weib und Kind ihm schlummernd liegt.

 


 


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