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Urbino besass in dem grossen Federigo (1444 bis 1482), mochte er nun ein echter Montefeltro sein oder nicht, einen der vortrefflichsten Repräsentanten des Fürstentums. Als Condottiere hatte er die politische Moralität der Condottieren, woran sie nur zur Hälfte schuld sind; als Fürst seines kleinen Landes befolgte er die Politik, seinen auswärts gewonnenen Sold im Lande zu verzehren und dasselbe möglichst wenig zu besteuern. Von ihm und seinen beiden Nachfolgern Guidobaldo und Francesco Maria heisst es: »Sie errichteten Gebäude, beförderten den Anbau des Landes, lebten an Ort und Stelle und besoldeten eine Menge Leute; das Volk liebte sie«Franc. Vettori, im Archiv. stor. Append. Tom. VI, p. 321. – Ueber Federigo insbesondere: Vespasiane Fiorent. p. 132. s.. Aber nicht nur der Staat war ein wohl berechnetes und organisiertes Kunstwerk, sondern auch der Hof, und zwar in jedem Sinne. Federigo unterhielt 500 Köpfe; die Hofchargen waren so vollständig wie kaum an den Höfen der grössten Monarchen, aber es wurde nichts vergeudet, alles hatte seinen Zweck und seine genaue Kontrolle. Hier wurde nicht gespielt, gelästert und geprahlt, denn der Hof musste zugleich eine militärische Erziehungsanstalt für die Söhne anderer grosser Herren darstellen, deren Bildung eine Ehrensache für den Herzog war. Der Palast, den er sich baute, war nicht der prächtigste, aber klassisch durch die Vollkommenheit seiner Anlage; dort sammelte er seinen grössten Schatz, die berühmte Bibliothek. Da er sich in einem Lande, wo jeder von ihm Vorteil oder Verdienst zog und niemand bettelte, vollkommen sicher fühlte, so ging er beständig unbewaffnet und fast unbegleitet; keiner konnte ihm das nachmachen, dass er in offenen Gärten wandelte, in offenem Saale sein frugales Mahl hielt, während aus Livius (zur Fastenzeit aus Andachtschriften) vorgelesen wurde. An demselben Nachmittag hörte er eine Vorlesung aus dem Gebiet des Altertums und ging dann in das Kloster der Clarissen, um mit der Oberin am Sprachgitter von heiligen Dingen zu reden. Abends leitete er gerne die Leibesübungen der jungen Leute seines Hofes auf der Wiese bei S. Francesco mit der herrlichen Aussicht, und sah genau zu, dass sie sich bei den Fang- und Laufspielen vollkommen bewegen lernten. Sein Streben ging beständig auf die höchste Leutseligkeit und Zugänglichkeit; er besuchte die, welche für ihn arbeiteten, in der Werkstatt, gab beständig Audienzen und erledigte die Anliegen er einzelnen womöglich am gleichen Tage. Kein Wunder, dass die Leute, wenn er durch die Strassen ging, niederknieten und sagten: Dio ti mantenga, Signore! Die Denkenden aber nannten ihn das Licht ItaliensCastiglione, Cortigiano, L. I.. – Sein Sohn Guidobaldo, bei hohen Eigenschaften von Krankheit und Unglück aller Art verfolgt, hat doch zuletzt (1508) seinen Staat in sichere Hände, an seinen Neffen Francesco Maria, zugleich Nepoten des Papstes Julius II., übergeben können, und dieser wiederum das Land wenigstens vor dauernder Fremdherrschaft geborgen. Merkwürdig ist die Sicherheit, mit welcher diese Fürsten, Guidobaldo vor Cesare Borgia, Francesco Maria vor den Truppen Leos X. unterducken und fliehen; sie haben das Bewusstsein, dass ihre Rückkehr um so leichter und erwünschter sein werde, je weniger das Land durch fruchtlose Verteidigung gelitten hat. Wenn Lodovico Moro ebenfalls so rechnete, so vergass er die vielen andern Gründe des Hasses, die ihm entgegenwirkten. – Guidobaldos Hof ist als hohe Schule der feinsten Geselligkeit durch Baldassar Castiglione unsterblich gemacht worden, der seine Ekloge Tirsi (1506) vor jenen Leuten zu ihrem Lobe aufführte und später (1518) die Gespräche seines Cortigiano in den Kreis der hochgebildeten Herzogin (Elisabetta Gonzaga) verlegte.
Die Regierung der Este in Ferrara, Modena und Reggio hält zwischen Gewaltsamkeit und Popularität eine merkwürdige MitteDas Folgende bes. nach den Annales Estenses bei Muratori, XX und dem Diario Ferrarese, bei Murat. XXIV.. Im Innern des Palastes gehen entsetzliche Dinge vor; eine Fürstin wird wegen vorgeblichen Ehebruchs mit einem Stiefsohn enthauptet (1425); eheliche und uneheliche Prinzen fliehen vom Hof und werden auch in der Fremde durch nachgesandte Mörder bedroht (letzteres 1471); dazu beständige Komplotte von aussen; der Bastard eines Bastardes will dem einzigen rechtmässigen Erben (Ercole I.) die Herrschaft entreissen; später (1493) soll der letztere seine Gemahlin vergiftet haben, nachdem er erkundet, dass sie ihn vergiften wollte, und zwar im Auftrag ihres Bruders Ferrante von Neapel. Den Schluss dieser Tragödien macht das Komplott zweier Bastarde gegen ihre Brüder, den regierenden Herzog Alfons I. und den Kardinal Ippolito (1506), welches beizeiten entdeckt und mit lebenslänglichem Kerker gebüsst wurde. – Ferner ist die Fiskalität in diesem Staate höchst ausgebildet und muss es sein, schon weil er der bedrohteste unter allen grossen und mittlern Staaten von Italien ist und der Rüstungen und Befestigungen in hohem Grade bedarf. Allerdings sollte in gleichem Masse mit der Steuerkraft auch der natürliche Wohlstand des Landes gesteigert werden, und Marchese Nicolò (+ 1441) wünschte ausdrücklich, dass seine Untertanen reicher würden als andere Völker. Wenn die rasch wachsende Bevölkerung einen Beleg für den wirklich erreichten Wohlstand abgibt, so ist es in der Tat ein wichtiges Faktum, dass (1497) in der ausserordentlich erweiterten Hauptstadt keine Häuser mehr zu vermieten warenDiario Ferr. l. c. Col. 347.. Ferrara ist die erste moderne Stadt Europas; hier zuerst entstanden auf den Wink der Fürsten so grosse, regelmässig angelegte Quartiere; hier sammelte sich durch Konzentration der Beamtenschaft und künstlich herbeigezogene Industrie ein Residenzvolk; reiche Flüchtlinge aus ganz Italien, zumal Florentiner, wurden veranlasst, sich hier anzusiedeln und Paläste zu bauen. Allein die indirekte Besteuerung wenigstens muss einen eben nur noch erträglichen Grad von Ausbildung erreicht haben. Der Fürst übte wohl eine Fürsorge, wie sie damals auch bei andern italienischen Gewaltherrschern, z. B. bei Galeazzo Maria Sforza, vorkam: bei Hungersnöten liess er Getreide aus der Ferne kommenPaul. Jovius: Vita Alfonsi ducis, in den viri illustres. und teilte es, wie es scheint, umsonst aus; allein in gewöhnlichen Zeiten hielt er sich schadlos durch das Monopol, wenn nicht des Getreides, doch vieler andern Lebensmittel: Salzfleisch, Fische, Früchte, Gemüse, welche letztere auf und an den Wällen von Ferrara sorgfältig gepflanzt wurden. Die bedenklichste Einnahme aber war die von dem Verkauf der jährlich neu besetzten Aemter, ein Gebrauch, der durch ganz Italien verbreitet war, nur dass wir über Ferrara am besten unterrichtet sind. Zum Neujahr 1502 heisst es z. B.: die meisten kauften ihre Aemter um gesalzene Preise (salati); es werden Factoren verschiedener Art, Zolleinnehmer, Domänenverwalter (massarî), Notare, Podestàs, Richter und selbst Capitani, d. h. herzogliche Oberbeamte von Landstädten einzeln angeführt. Als einer von den »Leutefressern«, welche ihr Amt teuer bezahlt haben und welche das Volk hasst »mehr als den Teufel«, ist Tito Strozza genannt, hoffentlich nicht der berühmte lateinische Dichter. Um dieselbe Jahreszeit pflegte der jeweilige Herzog in Person eine Runde durch Ferrara zu machen, das sogenannte Andar per ventura, wobei er sich wenigstens von den Wohlhabendern beschenken liess. Doch wurde dabei kein Geld, sondern nur Naturalien gespendet.
Der Stolz des HerzogsPaul. Jovius l. c. war es nun, wenn man in ganz Italien wusste, dass in Ferrara den Soldaten ihr Sold, den Professoren der Universität ihr Gehalt immer auf den Tag ausbezahlt wurde, dass die Soldaten sich niemals eigenmächtig am Bürger und Landmann erholen durften, dass Ferrara uneinnehmbar sei und dass im Kastell eine gewaltige Summe gemünzten Geldes liege. Von einer Scheidung der Kassen war keine Rede; der Finanzminister war zugleich Hausminister. Die Bauten des Borso (1430-1471), Ercole I. (bis 1505) und Alfons I. (bis 1534) waren sehr zahlreich, aber meist von geringem UmfangBorso baute doch u. a. die Certosa von Ferrara, welche immer eine der schönsten Certosen des damaligen Italiens heissen kann.; man erkennt darin ein Fürstenhaus, das bei aller Prachtliebe – Borso erschien nie anders als in Goldstoff und Juwelen – sich auf keine unberechenbare Ausgabe einlassen will. Alfonso mag von seinen zierlichen kleinen Villen ohnehin gewußt haben, daß sie den Ereignissen unterliegen würden, Belvedere mit seinen schattigen Gärten, wie Montana mit den schönen Fresken und Springbrunnen.
Die dauernd bedrohte Lage entwickelte in diesen Fürsten unleugbar eine grosse persönliche Tüchtigkeit; in einer so künstlichen Existenz konnte sich nur ein Virtuose mit Erfolg bewegen, und jeder musste sich rechtfertigen und erweisen als den, der die Herrschaft verdiene. Ihre Charaktere haben sämtlich grosse Schattenseiten, aber in jedem war etwas von dem, was das Ideal der Italiener ausmachte. Welcher Fürst des damaligen Europas hat sich so sehr um die eigene Ausbildung bemüht, wie z. B. Alfonso I.? Seine Reise nach Frankreich, England und den Niederlanden war eine eigentliche Studienreise, die ihm eine genauere Kenntnis von Handel und Gewerben jener Länder eintrugBei diesem Anlass mag auch die Reise Leos X. als Kardinal erwähnt werden. Vgl. Paul. Jovii vita Leonis X, Lib. I. Die Absicht war minder ernst, mehr auf Zerstreuung und allgemeine Weltkenntnis gerichtet, übrigens völlig modern. Kein Nordländer reiste damals wesentlich zu solchen Zwecken.. Es ist töricht, ihm die Drechslerarbeit seiner Erholungsstunden vorzuwerfen, da sie mit seiner Meisterschaft im Kanonengiessen und mit seiner vorurteilslosen Art, die Meister jedes Faches um sich zu haben, zusammenhing. Die italienischen Fürsten sind nicht wie die gleichzeitigen nordischen auf den Umgang mit einem Adel angewiesen, der sich für die einzige beachtenswerte Klasse der Welt hält und auch den Fürsten in diesen Dünkel hineinzieht; hier darf und muss der Fürst jeden kennen und brauchen, und ebenso ist auch der Adel zwar der Geburt nach abgeschlossen, aber in geselliger Beziehung durchaus auf persönliche, nicht auf Kastengeltung gerichtet, wovon unten weiter zu handeln sein wird.
Die Stimmung der Ferraresen gegen dieses Herrscherhaus ist die merkwürdigste Mischung aus einem stillen Grauen, aus jenem echtitalienischen Geist der wohlausgesonnenen Demonstration, und aus völlig moderner Untertanenloyalität; die persönliche Bewunderung schlägt in ein neues Pflichtgefühl um. Die Stadt Ferrara setzte 1451 dem (1441) verstorbenen Fürsten Nicolò eine eherne Reiterstatue auf der Piazza; Borso scheute sich (1454) nicht, seine eigene sitzende Bronzestatue in die Nähe zu setzen, und überdies dekretierte ihm die Stadt gleich am Anfang seiner Regierung eine »marmorne Triumphsäule«. Ein Ferrarese, der im Auslande, in Venedig, über Borso öffentlich schlecht geredet, wird bei der Heimkehr denunziert und vom Gericht zu Verbannung und Gütereinziehung verurteilt, ja beinahe hätte ihn ein loyaler Bürger vor dem Tribunal niedergestossen; mit dem Strick um den Hals geht er zum Herzog sind erfleht völlige Verzeihung. Ueberhaupt ist dies Fürstentum mit Spähern gut versehen, und der Herzog in Person prüft täglich den Fremdenrapport, auf welchen die Wirte streng verpflichtet sind. Bei BorsoJovian. Pontan., de liberalitate. wird dies noch in Verbindung gebracht mit seiner Gastfreundschaft, die keinen bedeutenden Reisenden ungeehrt wollte ziehen lassen; für Ercole I.Giraldi, Hecatommithi, VI, Nov. 1. dagegen war es reine Sicherheitsmassregel. Auch in Bologna musste damals, unter Giovanni II. Bentivoglio, jeder durchpassierende Fremde an dem einen Tor einen Zettel lösen, um wieder zum andern hinauszudürfenVasari XII, 166, V. di Michelangelo.. – Höchst populär wird der Fürst, wenn er drückende Beamte plötzlich zu Boden schmettert, wenn Borso seine ersten und geheimsten Räte in Person verhaftet; wenn Ercole I. einen Einnehmer, der sich lange Jahre hindurch vollgesogen, mit Schanden absetzt; da zündet das Volk Freudenfeuer an und läutet die Glocken. Mit einem liess es aber Ercole zu weit kommen, mit seinem Polizeidirektor, oder wie man ihn nennen will (capitaneo di giustizia) Gregorio Zampante aus Lucca (denn für Stellen dieser Art eignete sich kein Einheimischer). Selbst die Söhne und Brüder des Herzogs zitterten vor demselben; seine Bussen gingen immer in die Hunderte und Tausende von Dukaten, und die Tortur begann schon vor dem Verhör. Von den grössten Verbrechern liess er sich bestechen und verschaffte ihnen durch Lügen die herzogliche Begnadigung. Wie gerne hätten die Untertanen dem Herzog 10 000 Dukaten und drüber bezahlt, wenn er diesen Feind Gottes und der Welt kassiert hätte! Aber Ercole hatte ihn zu seinem Gevatter und zum Cavaliere gemacht, und der Zampante legte Jahr um Jahr 2000 Dukaten beiseite; freilich ass er nur noch Tauben, die im Hause gezogen wurden und ging nicht mehr über die Gasse ohne eine Schar von Armbrustschützen und Sbirren. Es wäre Zeit gewesen, ihn zu beseitigen; da machten ihn (1496) zwei Studenten und ein getaufter Jude, die er tödlich beleidigt, in seinem Hause während der Siesta nieder und ritten auf bereitgehaltenen Pferden durch die Stadt, singend: »Heraus, Leute, laufet! wir haben den Zampante umgebracht.« Die nachgesandte Mannschaft kam zu spät, als sie bereits über die nahe Grenze in Sicherheit gelangt waren. Natürlich regnete es nun Pasquille, die einen als Sonette, die andern als Canzonen. – Andererseits ist es ganz im Geiste dieses Fürstentums, dass der Souverän seine Hochachtung vor nützlichen Dienern auch dem Hof und der Bevölkerung diktiert. Als 1469 Borsos Geheimrat Lodovico Casella starb, durfte am Begräbnistage kein Tribunal und keine Bude in der Stadt und kein Hörsal in der Universität offenstehen; jedermann sollte die Leiche nach S. Domenico begleiten, weil auch der Herzog mitziehen würde. In der Tat schritt er – »der erste vom Haus Este, der einem Untertan an die Leiche gegangen« – in schwarzem Gewande weinend hinter dem Sarge her, hinter ihm je ein Verwandter Casellas, von einem Herrn vom Hof geführt; Adlige trugen dann die Leiche des Bürgerlichen aus der Kirche in den Kreuzgang, wo sie beigesetzt wurde. Ueberhaupt ist das offizielle Mitempfinden fürstlicher Gemütsbewegungen zuerst in diesen italienischen Staaten aufgekommenEin frühes Beispiel, Bernabò Visconti, S. 38.. Der Kern hievon mag seinen schönen menschlichen Wert haben, die Aeusserung, zumal bei den Dichtern, ist in der Regel zweideutig. Eines der Jugendgedichte AriostosAls Capitolo 19, und in den opere minori, ed. Lemonnier, Vol. I, p. 425 als Elegia 17 betitelt. Ohne Zweifel war dem 19jährigen Dichter die Ursache dieses Todesfalles (S. 74) nicht bekannt., auf den Tod der Lianora von Aragon, Gemahlin des Ercole I., enthält, ausser den unvermeidlichen Trauerblumen, wie sie in allen Jahrhunderten gespendet werden, schon einige völlig moderne Züge: »dieser Todesfall habe Ferrara einen Schlag versetzt, den es in vielen Jahren nicht verwinden werde; seine Wohltäterin sei jetzt Fürbitterin im Himmel geworden, da die Erde ihrer nicht würdig gewesen; freilich, die Todesgöttin sei ihr nicht wie uns gemeinen Sterblichen mit blutiger Sense genaht, sondern geziemend (onesta) und mit so freundlichem Antlitz, dass jede Furcht verschwand.« Aber wir treffen noch auf ganz andere Mitgefühle; Novellisten, welchen an der Gunst der betreffenden Häuser alles liegen musste und welche auf diese Gunst rechnen, erzählen uns die Liebesgeschichten der Fürsten, zum Teil bei deren LebzeitenIn den Hecatommithi des Giraldi handeln I, Nov. 8 und VI, Nov. 1, 2, 3, 4 und 10 von Ercole I., Alfonso I. und Ercole II., alles verfasst bei Lebzeiten der beiden letztern. – Vieles über fürstliche Zeitgenossen auch im Bandello., in einer Weise, die spätern Jahrhunderten als der Gipfel aller Indiskretion, damals als harmlose Verbindlichkeit erschien. Ja lyrische Dichter bedichteten die beiläufigen Passionen ihrer hohen, dabei legitim vermählten Herrn, Angelo Poliziano die des Lorenzo magnifico, und mit besonderem Akzent Gioviano Pontano die des Alfonso von Calabrien. Das betreffende GedichtU. a. in den Deliciae poetar. italor. verrät wider Willen die scheussliche Seele des Aragonesen; er muss auch in diesem Gebiete der Glücklichste sein, sonst wehe denen, die glücklicher wären! – Dass die grössten Maler, z. B. Lionardo, die Maitressen ihrer Herrn malten, versteht sich von selbst.
Das estensische Fürstentum wartete aber nicht die Verherrlichung durch andere ab, sondern es verherrlichte sich selbst. Borso liess sich im Palazzo Schifanoja in einer Reihe von Regentenhandlungen abmalen, und Ercole feierte (zuerst 1472) den Jahrestag seines Regierungsantrittes mit einer Prozession, welche ausdrücklich mit der des Fronleichnamsfestes verglichen wird; alle Buden waren geschlossen wie an einem Sonntag; mitten im Zuge marschierten alle vom Haus Este, auch die Bastarde, in Goldstoff. Dass alle Macht und Würde vom Fürsten ausgehe, eine persönliche Auszeichnung von seiner Seite sei, war an diesem Hofe schon längstBereits 1367 bei Nicolò dem Aeltern erwähnt, im Polistore, bei Murat. XXIV, Col. 848. versinnbildlicht durch einen Orden vom goldenen Sporn, der mit dem mittelalterlichen Rittertum nichts mehr zu tun hatte. Ercole I. gab zum Sporn noch einen Degen, einen goldgestickten Mantel und eine Dotation, wofür ohne Zweifel eine regelmässige Aufwartung verlangt wurde.
Das Mäzenat, wofür dieser Hof weltberühmt geworden ist, knüpfte sich teils an die Universität, welche zu den vollständigsten Italiens gehörte, teils an den Hof- und Staatsdienst; besondere Opfer wurden dafür kaum gebracht. Bojardo gehörte als reicher Landedelmann und hoher Beamter durchaus nur in diese Sphäre; als Ariost anfing etwas zu werden, gab es, wenigstens in der wahren Bedeutung, keinen mailändischen und keinen florentinischen, bald auch keinen urbinatischen Hof mehr, von Neapel nicht zu reden, und er begnügte sich mit einer Stellung neben den Musikern und Gauklern des Kardinals Ippolito, bis ihn Alfonso in seine Dienste nahm. Anders war es später mit Torquato Tasso, auf dessen Besitz der Hof eine wahre Eifersucht zeigte.