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Karl Hackenschmidt,

geboren 1839 in Straßburg als Sohn des 1809 ebenda geborenen, gleichfalls als Dichter bekannten Johann Christian Hackenschmidt, studierte in Straßburg und Erlangen.

*

Fahnen auf dem Münsterturm

(5. Juni 1859)

Wehet, wehet, welsche Fahnen,
In die Ferne weit hinaus
Und verkündet siegesjubelnd
Deutsche Schande deutschem Haus!

Wenn vielleicht dort drüben einer
Ihnen zorn'ge Tränen weint,
Der soll lernen: Durch die Buße
Geht die Tür zur bessern Zeit! –

Ei, so weht nur, welsche Fahnen!
Aus der Nacht entsteigt der Tag,
Wo empor der deutsche Adler
Sich erhebt mit mächt'gem Schlag.

Wo er schlägt die starken Klauen
In des Domes Felsenkleid
Und verkündet siegesjubelnd
Deutschlands neue Herrlichkeit!

* * *

Jugendschwärme

(In das Album einer Studentenverbindung eingetragen, August 1862)

Mir ist ein Lieb geworden,
Ein Mädchen wunderschön,
Wie auf der weiten Erde
Kein schöneres zu sehn.
Es ist ein deutsches Mädchen,
Drum bin ich ihm so gut,
Hat einen deutschen Namen
Und warmes, deutsches Blut.

Es ist ihr Kleid gewoben
Aus grünendem Gefild,
Drauf tausend Städt' und Dörfer
Gestickt zu buntem Bild;
Die schlanken Lenden gürtet
Der Rheinstrom hell und klar,
Des Wasgaus Eichenkrone
Umspannt das goldne Haar.

An ihrem stolzen Busen
Erglänzt ein Edelstein,
Der glüht wie Gold so feurig
Im Abendsonnenschein:
Es ist ein alter Münster
In roten Stein gehaun,
Dran manches Schmuckgebilde
In alter Pracht zu schaun. –

Mir ist ein Lieb geworden,
Ein Mädchen süß und traut;
Ihm schlägt mein Herz voll Sehnen,
O Elsaß! meine Braut!
Es ist ein deutsches Mädchen ...
Doch, ach! vom Westen dort
Kam einst ein falscher Freier
Mit falschem Liebeswort.

Mit falschem Liebesworte
Hat er die Maid berückt,
Und wie ihr Ohr sie neiget,
Hat er sie schon umstrickt.
Hat er sie schon umfangen; –
Mein Mädchen, keusch und frei,
Hat mir ein Bub' gestohlen,
Mir bricht das Herz entzwei! –

Mein Lieb! ich hab's geschworen
In deinem heil'gen Dom,
Ich hab's aufs neu geschworen
Am heil'gen Rheinesstrom:
Ist erst mein Arm erstarket,
Will fürchten ich mich nicht,
Ich werf' dem welschen Räuber
Den Handschuh ins Gesicht!

Ich hole aus der Scheide
Mein deutsches Schwert mit Mut
Es treten mir zur Seite
Wohl hundert Kämpen gut.
Dann ziehen wir mit Jubel
Hin vor die Burg ins Feld,
Wo er mit Zauberbanden
Die Braut gebunden hält.

Dann wecken wir die beiden
Aus ihrer sünd'gen Lust;
Ich reiß' dem welschen Buben
Mein Liebchen von der Brust.
Ich drück's an meinen Busen
Mit warmer Liebesglut:
Jetzt sollst du, Elsaß, spüren,
Wie deutsche Liebe tut!

* * *

Im Kriege

(August 1870)

»Nach Deutschland!« ruft der bleiche Kaiser;
Der alte Tiger lechzt nach Blut.
»Nach Deutschland!« schreit die Menge heiser;
»Ein lust'ges Spiel macht frohen Mut.
Auf, Legionen! an die Grenze!
Zerschmettert Deutschlands junge Macht,
Und reißt ihm von der Stirn die Kränze,
Und jagt in Flucht des Rheines Wacht! –«

     Du aber, mein Herze! sei still, sei still!
     Es fallen die Würfel, wie Gott es will;
     Wer weiß, was der kommende Morgen
     Im blutigen Schoße verborgen!

Der Krieg beginnt, die Kugeln glühen;
Da ist's mit Frankreichs Macht vorbei;
Der Siegeszug wird wildes Fliehen,
Und Jubelschall wird Wutgeschrei:
»Fluch dir, du Kaiser, du Betrüger!
Fluch, Führer, euch! Verräterbrut!
Fluch dir, du wilder tück'scher Sieger
Und Rache! bis zum letzten Blut!« –

     Du aber, mein Herze, zürne nicht!
     Heut hält der allmächtige Gott Gericht.
     Bewundre in Zittern und Stille,
     Wie strafend waltet sein Wille.

Nun wälzt der Feind die Feuerfluten
Von Tal zu Tal, von Land zu Land,
Nun sinken Städte, Leichen bluten.
Nun herrscht Gewalt und Mord und Brand.
Da saßt ein jedes Herz Verzagen,
Entsetzen stiert ein jeder Blick:
»Weh uns! verloren! hingeschlagen
Sind Ehr' und Ruhm! sind Lust und Glück! –

     Du aber, meine Herze, du zage nicht!
     Aus Nacht, aus Nacht der Morgen bricht!
     Es muß aus Tränen und Mühen
     Eine Freudenernte erblühen!

* * *

Mein Elsaß deutsch!

(Dezember 1870)

Mein Elsaß deutsch! mein Elsaß frei!
Mir ist's, als träumt' ich noch.
Ist's Wahrheit? Ist der Strick entzwei?
Zersprengt das fremde Joch?

Liegt wieder in der Mutter Arm
Der längst verlorne Sohn?
Schallt wieder frei, so frisch und warm,
Der Muttersprache Ton?

Hat sich der deutsche Löwenmut
Dem langen Schlaf entrafft? –
Ruht wieder die geraubte Brut
Im Schatten seiner Kraft? –

Nun brich mir nicht vor sel'ger Lust,
Mein Herz, mein deutsches Herz!
Nun steige aus befreiter Brust
Mein Danklied himmelwärts!

Und du, mein Land, mein Heimatland!
Was senkst du trüb den Blick?
Was ballst du deine zorn'ge Hand?
Was fluchst du deinem Glück?

Du zählst die Wunden immerfort, –
Sie heilt der Liebe Macht!
Suchst Frankreichs Stern im Westen dort, –
Er sank in blut'ge Nacht.

Nach Osten blick'! in Frührotpracht
Geht deine Zukunft auf,
Ersteht dein Blut zu neuer Macht,
Au neuem Heldenlauf!

Wenn alles hofft, wenn alles singt,
Was trauerst du allein? –
Wohlan, wenn nicht dein Mund erklingt.
So red' und zeug' der Stein!

Du Münsterturm, so hoch und schön,
Du Strom, der uns umzieht,
Ihr Eichen auf des Wasgaus Höhn,
Auf, werdet Klang und Lied!

O Heldenvorwelt! Dichterchor!
Steig aus der Gräber Ruh'!
Hol' frisch dein Saitenspiel hervor,
Isoldens Sänger du!

Es gilt ein Dank aus frommem Trieb
Dem Retter gottgesandt,
Ein Gruß in alt und neuer Lieb'
Dem großen Vaterland!

* * *


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