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Karl Moor hatte am Ende zu den Räubern gesagt: Ich erinnere mich, einen armen Schelm gesprochen zu haben, der im Tagelohn arbeitet und elf lebendige Kinder hat. Man hat tausend Louisdor geboten, wer den großen Räuber lebendig liefert. Dem Mann kann geholfen werden.
Mit diesem Plan im Herzen ging er ab, und die Banditen starrten ihrem verlorenen Hauptmann nach, der schon in raschem Aufstieg zwischen den böhmischen Bäumen verschwand.
Am Abend seiner Wanderung mit einem so seltsamen Ziel erblickte er die schwarze Hütte, wo er den selbstgewählten Judas finden sollte. Wie einst sein Bruder Franz würde ihn auch dieser gern verraten: Menschen, Menschen, dachte er, falsche heuchlerische Krokodilbrut, ihre Augen sind Wasser, ihre Herzen sind Erz –
Er traf den armen Landarbeiter beim Melken seiner dürren Ziege. Ein Haufen Kinder stand mit offenen Mäulern seufzend vor dem schwer sich füllenden Eimer. In der Tür schlug die Frau einen Jungen und richtete sogleich ihre kreischende Wut und Angst gegen den Fremden, der plötzlich vor ihnen stand.
Aber anteilvoll fragte der Hauptmann: Wie ernährst du dich? Der Arme wies auf das Gutsschloß am Hügel und auf die Lumpen an ihren gekrümmten Körpern.
So gehe hin und überliefere mich der Obrigkeit! Ich bin der 62 Räuber Moor. Bring mich in Turm. Sie zahlen dir den Lohn und rädern und hängen mich, denn die Menschen richten die Räuber.
Der Zank der Frau verstummte. Auch der Mann schwieg eine Weile, dann sagte er lächelnd: Ihr irrt Euch, Herr, ich nehme das Sündengeld nicht! Er fügte hinzu, ihm sei wohlbekannt, wie Karl Moor sich der Unterdrückten angenommen habe, und lieber würde er selbst noch zu den Räubern stoßen als ihn ans Messer liefern.
Da wandte sich der Hauptmann. Dies war gegen alle Voraussicht. Der Arme rief ihm nach, er wolle ihn auch gerne bei sich verbergen.
In einer Waldlichtung warf Karl Moor sich zu Boden. Sein Herz, soeben noch zum Tode entschlossen, war ganz verwirrt. Was sollte nun geschehen? Heute hatte er die Menschen anders erprobt. Weshalb war er damals, an Allen verzweifelnd, zum Räuber geworden? Nun lohnte es sich vielleicht, noch einmal unter ihnen zu leben.
Er lag im duftenden Gras, im letzten warmen Glanze der Sonne. Sollte sich sein Trauerspiel nicht erfüllen?
Da brachen aus dem Dickicht die Häscher und umzingelten unentrinnbar sein schwankendes Sinnen. Des Arbeiters Frau hatte getan, was getan werden mußte. Hinter dem Rücken des Mannes rief sie die Polizei und verdiente sich selbst, weiblich wirtschaftlich, die Belohnung.
So schritt Karl Moor endlich in Ketten zur Stadt hinab, zur Stätte seiner Buße, verraten von den Menschen, wie es Wort und Sinn seines Dramas verlangten – verraten von einer Frau. Und dennoch sein letzter Seufzer war: Amalia. 63