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397. Wie prüfst du dein Gehör? Halte einen Metermaßstab so an dein rechtes oder linkes Ohr, daß er wagerecht nach der Seite absteht. Laß hierauf von deinem Freunde eine tickende Taschenuhr vom Ohre fort langsam so weit auf dem Stabe hinschieben, bis du das Ticken nur noch ganz schwach hörst. Merke dir in Zentimetern die Entfernung und prüfe auf dieselbe Weise das andre Ohr. Bei diesem Versuche macht mancher Mensch die eigentümliche Entdeckung, daß er auf einem Ohre besser hört, als auf dem andern.
398. Die sichtbaren Schwingungen der Stimmgabel. Schlage eine Stimmgabel an und tauche ihre Spitzen schnell in Wasser, sofort wird es nach zwei Seiten hoch emporspritzen. Bringst du die Gabel nur ganz schwach zum Tönen und hältst sie dann in Wasser, so bemerkst du zwei kleine Wellenkreise.
Auf eine andre Art lassen sich die Schwingungen der Stimmgabel noch deutlicher zeigen. Biege einen weichen Eisendraht um den einen Schenkel der Gabel mehrmals herum und laß das Ende desselben nach vorn abstehen. Beruße hierauf eine kleine Glasplatte über der Flamme einer Kerze, indem du schnell mit der Tafel über derselben hin- und herfährst. In Ermangelung einer geeigneten Glastafel kannst du auch ein Stück glatter Pappe benutzen, nur mußt du dich vor dem Anbrennen derselben hüten. Halte hierauf die angerußte Fläche mit Daumen und Zeigefinger der linken Hand an einer Ecke und fahre mit der Drahtspitze der angeschlagenen Stimmgabel von oben nach unten mehrmals über sie hinweg. Die schabende Spitze wird den Ruß beseitigen, und der bloßgelegte Untergrund läßt dir eine wohlgezeichnete Schlangenlinie sehen, die durch die Schwingungen der Schenkel hervorgebracht wurde. (Vergl. obige Abbildung.)
399. Das schwingende Weinglas. Fülle ein Weinglas halb voll Wasser und laß auf der Oberfläche desselben Lycopodium (Hexenmehl, vergl. Nr. 199) schwimmen. Streichst du den Rand des am Fuße festgehaltenen Glases mit einem Geigenbogen, so wird sich beim Erklingen eines Tones das Hexenmehl durch die kleinen Wellenbewegungen des Wassers zu einer viereckigen Figur gruppieren, deren Seiten nach innen zu gebogen erscheinen.
400. Die schwingende Luftsäule. Schiebe in einem geradwandigen Lampencylinder von etwa 2,5 Zentimeter Weite einen passenden Kork innen so weit hinab, daß eine unten geschlossene Röhre von 19,5 Zentimetern entsteht. Hältst du über den senkrecht auf dem Tische stehenden Cylinder eine angeschlagene Stimmgabel, so nimmt der Ton ganz bedeutend an Stärke zu, weil die in der Röhre enthaltene Luftschicht ebenfalls mitschwingt.
401. Der alte Fernsprecher. Durchbohre die dünnen Böden zweier leerer Zigarrenkisten in der Mitte, ohne daß das Holz springt, und führe von außen das Ende eines langen Bindfadens hindurch, dessen Zurückgleiten durch einen großen Knoten verhindert wird. Sind so beide Kästchen an dem langen Faden befestigt, so kannst du dich mit deinem entferntstehenden Freunde aufs beste unterhalten, wenn jeder von euch einen Kasten vor den Mund hält und bei straffgezogenem Faden hineinspricht.
Statt der Kästen kann man auch becherähnliche Röhren benutzen, die als Boden eine straffaufgebundene Schweinsblase haben, in deren Mitte der Knoten eingeknüpft ist.
402. Die Holzfidel. Unter diesem Namen ist ein Musikinstrument im Gebrauche, welches sich jeder leicht anfertigen kann. Schnitze dir aus astlosem, weichem Holze 1½ – 2 Zentimeter dicke Stäbe und lege sie quer auf zwei lange, mit Strohseilen benagelte Holzleisten. Schlägst du nun mit einem leichten Holzhämmerchen die Stäbe an, so geben sie einen hellen Ton von sich, den du durch Verkürzen des Holzes beliebig erhöhen kannst. Hast du musikalisches Gehör, so wird es dir nicht schwer fallen, mit acht abgestimmten Stäben eine Tonleiter herzustellen, und die schönsten Lieder erklingen zu lassen.
403. Die Glasharmonika. In Nummer 399 hast du kennen gelernt, wie man ein Glas zum Tönen bringt. Es kann dies jedoch auch dadurch geschehen, daß man mit der angenäßten Spitze des Zeigefingers leicht auf dem Rande des Glases im Kreise herumfährt. Drückt man nicht allzusehr auf, so wird nach kurzer Zeit ein eigentümlicher Ton erklingen, von dem man merkwürdigerweise nicht weiß, wo er herkommt. Üben z. B. zwei diesen Versuch zu gleicher Zeit, so weiß keiner beim Erklingen des Tones, ob er von seinem Glase oder von dem des Nachbars herrührt.
Die Höhe des Tones kann durch Zu- oder Abgießen von Wasser beliebig verändert werden, so daß sich leicht mit acht Weingläsern eine Tonreihe zusammenstellen läßt, die durch Streichen mit dem Finger nacheinander zu Gehör gebracht wird. Entfernt man aus der Haut des Fingers das wenige, anhaftende Fett durch Eintauchen in Essig oder in Sodalösung, so gelingt das Spielen der sogenannten Glasharmonika noch leichter.
404. Das Glockengeläute in der Stube. Knüpfe an das Ende eines Schüreisens, einer eisernen Kohlenschaufel oder eines stählernen Lineales zwei Bindfaden fest, deren Enden du so mit den Zeigefingern beider Hände in die Ohröffnungen drückst, daß der Gegenstand bei nach vorn gebeugtem Kopfe noch über dem Boden schwebt. Lege einen Stuhl um und schlage den Gegenstand beim pendelähnlichen Schwingen einmal rechts, dann links an ein Stuhlbein, so wirst du das schönste Glockengeläute vernehmen.
405. Das Froschquaken. Nimm den Unterteil einer kleinen, runden Blechschachtel, wie man sie, gefüllt mit Pomade und dergleichen, kauft, und schlage auf weicher Unterlage, mit Hilfe eines langen Zimmermannsnagels, durch die Mitte des Bodens ein Loch. Durch dasselbe führst du einen etwa ½ Meter langen, glatten Bindfaden ein, der am Ende mit einem Knoten versehen wird, um ein Zurückgleiten zu verhindern. Reibe ihn tüchtig mit Kolophoniumpulver ein und du wirst, wenn du die trommelähnliche Blechschachtel mit der linken Hand hältst und mit Zeigefinger und Daumen der rechten Hand ruckweise am Bindfaden herabfährst, einen Ton hören, der dem Froschquaken ähnlich klingt.
406. Das tanzende Männchen. Schnitze aus einem kleinen, etwa 2 Zentimeter hohen Stück Kork Kopf und Leib eines kleinen Männchens, welchem du einen papiernen Mantel umhängen kannst. Als Beine stichst du drei recht starke Schweinsborsten ein, welche du gleichlang abschneidest. Setzt du die kleine Figur auf den Resonanzboden eines Klaviers oder einer Zither, so wird sie beim Spielen sofort zu tanzen beginnen, da sie die Schwingungen ihrer Unterlage mitmachen muß.
407. Das Sprachgewölbe. Unter dem auf dem Lande befindlichen Bogen einer weitgespannten, steinernen Brücke kannst du in dem ellipsenförmigen Gewölbe mit deinem Freunde durch Probieren bald die Stellen ausfindig machen, welche die Brennpunkte der Ellipse sind. Stellt sich jeder an einen dieser Orte und spricht leise nach dem Pfeiler zu, so hört es der andere ganz deutlich, da die Schallwellen alle bis in sein Ohr geführt werden. Eine ähnliche Einrichtung soll das bekannte »Ohr des Dionysius« in der Nähe von Syrakus gehabt haben. In dem in den Felsen gehauenen Gefängnisse war ein Ort vorhanden, an welchem man die flüsternd geführten Gespräche der Gefangenen deutlich vernahm.