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Belustigungen mit gebrochenem Lichte.

361. Das umgedrehte Licht. Stich durch ein Stück starkes Papier, etwa durch einen blauen Umschlagbogen, mit einer Nadel ein Loch und halte das Blatt etwa 25 Zentimeter von einer brennenden Kerze entfernt. Fängst du nun mit sehr dünnem, weißem Papiere die durch die Öffnung kommenden Lichtstrahlen auf, so wirst du ein umgekehrtes Bild der Flamme erblicken. Der Versuch gelingt natürlich nur, wenn das Zimmer dunkel ist.

362. Die Camera obscura ohne Linse. Fertige dir, durch Aufwickeln eines mit Leim gestrichenen, langen, starken Papierstreifens auf ein rundes Holz oder eine Arzneiflasche, im Durchmesser von etwa 5 Zentimetern, eine 10 bis 15 Zentimeter lange Röhre. Eine zweite stelle so weit her, daß sie sich auf erstere schieben läßt. Die größere versieh mit einem festen Boden, in welchem du mit einer Stecknadel in der Mitte ein feines Loch einstichst. Die innere verschließe an einem Ende mit vorgeklebtem Paus- oder geöltem Seidenpapier. Stecke nun die Röhren so ineinander, daß der durchscheinende Boden der kleineren Röhre sich innerhalb der größeren befindet und richte den Apparat nach Art eines Fernrohres, nach einem hellbeleuchteten Gegenstande, nach einem Fenster oder einer brennenden Lampe, wobei die feine Öffnung dem Objekte zugekehrt ist. Halte mit der linken Hand die starke Röhre, während du die schwächere mit der rechten drehend nach vorn oder hinten bewegst, bis du auf dem inneren Schirme das kleine, aber verkehrte Abbild des beschauten Gegenstandes erblickst.

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Kamera obscura ohne Linse, Durchschnittszeichnung.

363. Die Camera obscura in der Natur. Die beim Durchgange durch eine kleine Öffnung hervorgebrachte Lichtbrechung bringt auch oft dort ein kleines Bild des leuchtenden Körpers hervor, wo man es nicht vermutet. Fällt z. B. das Sonnenlicht durch das Laub eines Baumes, so entstehen am Erdboden sehr viele kleine, kreisrunde Sonnenbilder. Daß dieselben wirklich kleine Sonnen vorstellen, bemerkt man bei einer Sonnenfinsternis, weil man dann an den kleinen, hellen, kreisrunden Sonnenbildern den Fortschritt der Verfinsterung deutlich wahrnehmen kann.

Die neuerdings vielfach zur Verwendung kommenden Regenerativgasbrenner, die eine kreisrunde, im Bogen nach unten brennende Flamme haben, zeigen uns auch diese Art der Lichtbrechung. Fällt ihr Licht durch einen Rohrstuhlsitz, oder besser durch den durchlöcherten, sogenannten Furnierstuhlsitz, so erblickt man am Fußboden kleine, kreisrunde, erleuchtete Flächen, die größer sind als die Öffnungen des Stuhlsitzes, und deren jede einen kreisrunden, unbeleuchteten Fleck in ihrer Mitte aufweist.

364. Das verschwundene Geldstück. Lege ein Geldstück in ein undurchsichtiges Gefäß, etwa in eine nicht zu flache Schale, und laß sich deinen Spielgefährten so weit beugen, daß er, über den Rand des Gefäßes hinwegblickend, gerade noch die Münze sieht. Erkläre ihm nun, daß du mit einer gewöhnlichen Spritze das Geldstück aus dem Wasser ziehen und auch wieder eindrücken könntest, nur dürfe er seine Stellung nicht verändern. Stellung nicht verändern. Ziehst du nun deine Spritze voll Wasser, so sinkt dessen Oberfläche, und der Beobachter sieht zwar noch Wasser, aber keine Münze mehr. Drückst du nun das Wasser wieder aus der Spritze, ohne deren Spitze aus dem Wasser zu entfernen, so wird das Geldstück für ihn wieder sichtbar werden.

365. Das Brennglas. An einem kalten Wintertage hole dir ein Stück helles, klares Eis und bringe es, durch

Abschaben mit dem Messer, in die Form eines Brennglases (einer Glaslinse). Fängst du nun mit diesem Eisstücke die Sonnenstrahlen auf, so werden sie durch dasselbe auf einem Punkte vereinigt. Mit diesem Brennglase aus Eis kann man Schnee und Eis schmelzen, ohne daß das Eis der Linse von der durchgehenden Wärme zu Wasser würde.

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Das verschwundene Geldstück.

366. Der Regenbogen in der Stube. Halte eine gewöhnliche, ungeschliffene, mit Wasser gefüllte Flasche in den durch das Fenster eindringenden Sonnenschein, und du wirst dir zu Füßen den schönsten Regenbogen erblicken. Durch Neigen, Heben oder Senken der Flasche kannst du eine solche Stellung derselben ausprobieren, daß ein besonders breiter und großer Farbenkreisbogen entsteht.

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Doppelbrechung durch Doppelspat.

367. Der zweifach gebrochene Lichtstrahl. Nimm aus deiner Steinsammlung ein Stück reinen, durchsichtigen Kalkspat, wie er in besonders schönen Stücken auf Island gefunden wird, und lege ihn auf eine Linie, die du mit Tinte auf Papier gezogen hast. Beim Durchsehen durch das Mineral erblickst du zwei gleichlaufende Linien. Legst du den Stein auf Druckschrift, so erkennst du von jedem Buchstaben ein zweites, ein wenig höher stehendes Bild. Dieser merkwürdigen Eigenschaft wegen, das Licht zweimal zu brechen, den Lichtstrahl also gleichsam zu spalten, bezeichnet man dieses Mineral mit dem Namen Doppelspat.

368. Die Wunderkammer. Ähnlich der im Spielbuche für Knaben (Seite 235, Nr. 437) eingehend beschriebenen Laterna magika, kann man mit der Wunderkammer Bilder groß an einen Wandschirm werfen, nur bedarf es bei derselben keiner auf Glas gemalten Ansichten, sondern man benutzt wirkliche Bilder, Photographien u. dgl. Die Kammer selbst ist ein großer, innen schwarzer Blechkasten, in welchem durch eine Scheidewand zwei Abteilungen ( a und b in unsrer Abbildung) hergestellt wurden. In demselben Raume befindet sich eine hellleuchtende Lampe ( c), deren Licht durch einen Blendschirm nach vorn geleitet und durch eine große Beleuchtungslinse ( d) auf das Bild bei e vereinigt wird. Gegenüber von e befindet sich eine in eine Röhre gefaßte, große Linse ( f), welche das Bild vergrößert nach der Wand wirft. Das Auswechseln der Bilder geschieht durch zwei gegenüberstehende, abwechselnd die Öffnung bei e verschließende Thüren, welche, zum Einschieben der Photographien u. dgl., mit Falzen versehen sind. Wie bei der Laterna magika, sind auch hier die Bilder verkehrt (Menschen mit dem Kopfe nach unten) einzusetzen.

369. Farbenänderung durch das Licht. Einige Farben haben die Eigentümlichkeit, sich unter Einfluß des Lichtes zu ändern. Während z. B. die Farbe unsrer Kleidungsstücke verblaßt und »verschießt«, nehmen einige chemische Stoffe am Lichte erst ihre richtige dunkle Farbe an. Folgender Versuch dient dir hierfür als Beweis.

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Grundriß der Wunderkammer.

Laß dir vom Droguisten in einer blauen oder dunkelbraunen Flasche in 160 ccm destilliertem Wasser 12 Gramm rotes Blutlaugensalz und 10 Gramm zitronensaures Eisenoxydammonium auflösen und streiche diese Mischung abends, bei Lampenschein, mit Hilfe eines Pinsels oder eines Schwammes, dünn auf Schreibpapier, welches du nach dem Trocknen noch denselben Abend wohlverwahrt zwischen den Blättern eines alten Buches oder in einem dichtschließenden Kasten aufhebst. Nimm des andern Tages ein so zubereitetes Blatt, lege eine Zeichnung oder ein einseitig beschriebenes Papier auf dasselbe und setze beides, beschwert mit einer Glastafel, dem Sonnenlichte aus. An einem unter der Zeichnung hervorstehenden Rande des präparierten Papieres bemerkst du, wie die anfänglich gelbe Farbe desselben langsam in die blaue übergeht. Wird nach 5 bis 10 Minuten das Blau des Papieres wieder heller und matter, so bringe es, noch mit der Zeichnung bedeckt, in einen dunklen Raum und laß es 15 bis 30 Minuten in reinem Wasser liegen. Spüle es dann gut ab und hänge es, mit einer Nadel an einen Faden angestochen, wie Wäsche zum Trocknen auf. Bringst du es dann an das helle Tageslicht, so erblickst du eine getreue Kopie der aufgelegten Zeichnung, nur daß die Linien auf blauem Grunde weiß aussehen.

Dieses Verfahren findet vielfach Anwendung zum Vervielfältigen von Bau- oder Maschinenzeichnungen und wird mit dem Namen »Lichtpausen« bezeichnet.


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