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67. Der Gartenbau. Eine der interessantesten und zugleich für Geist und Gemüt wohlthuendsten Beschäftigungen für sinnige Knaben ist der Gartenbau. Es werden Eltern, die einen größeren Garten besitzen, gewiß gern ihrem bittenden Sohne ein Winkelchen zu seiner freien Benutzung überlassen, wenn sie Vertrauen genug zu ihm haben können, daß er auch Ausdauer besitzt, das ganze Jahr hindurch seinen Garten in Ordnung zu halten. Es verlangt selbst ein kleines Beet zu jeder Zeit des Jahres wenigstens etwas Aufmerksamkeit und Teilnahme, wenn es nicht so verwildern soll, daß es den übrigen Garten verunziert.
Ich nehme an, daß du ein verhältnismäßig kleines Stück Gartenland, in einem Winkel gelegen, zu deiner Benutzung erhalten hast. Zugleich werde ich dir aber in nachfolgenden Zeilen auch einige Bemerkungen hinzufügen, die sich auf den großen Garten deiner Eltern beziehen, damit du die Einrichtungen desselben verstehen lernst, hier und da selbst mit helfend eingreifen kannst und davon in deinem kleinen Garten dasjenige nachahmst, was dir besonderes Vergnügen macht.
68. Geschichte des Gartenbaues. Die Gartenbaukunst ist die älteste Kunst, denn die heilige Schrift erzählt uns, daß Adam den Paradiesesgarten zu pflegen hatte. Die Araber legten Orangenhaine und Ölgärten an; Griechen und Römer liebten dieselben ebenfalls, pflanzten dabei die Bäume in gerade Reihen, ließen die Beete und Wege regelmäßige Figuren mit schnurgeraden Linien bilden und zogen Schattengänge und Lauben aus Weinreben. Außerdem stellten sie Bildsäulen darin auf und brachten Säulenhallen und Springbrunnen daselbst an.
Zur Zeit Ludwigs XV. kam eine ganz sonderbare Art und Weise in Gebrauch, herrschaftliche Gärten anzulegen, die man jetzt wohl scherzhaft als den Zopfstil bezeichnet. Der Garten war entweder mit einer Mauer oder mit einer mauerähnlich verschnittenen Hecke umgeben; die Beete waren in regelmäßige, oft sehr gekünstelte Figuren geteilt. Schnurgerade Alleen aus beschnittenen Bäumen durchzogen den Garten, und Büsche und Bäume waren in die wunderlichsten Formen gebracht. Es wurden deshalb auch am häufigsten solche Busch- und Baumsorten angepflanzt, welche das Beschneiden gut vertrugen, z. B. Weißbuche, Taxus und Kornelkirsche. Eine ebensolche Regelmäßigkeit verlangte man von den Blumen, und da dieselben sich nicht immer fügsam genug zeigten, ging man sogar so weit, bunte Steine, Glasstücke, Muscheln u. dgl. zwischen die Beete zu legen oder ließ einzelne Gewächse aus lackiertem, gemaltem und vergoldetem Blech nachahmen und aufstellen.
Nachdem die Liebhaberei für diese abenteuerlich steifen Gärten vorbei war, brachten die Engländer eine Art Gartenanlage auf, in denen die Natur möglichst nachgeahmt wurde, ohne dabei den Forderungen der Schönheit Rechnung zu tragen. Neuerdings ist man glücklicherweise auch hiervon zurückgekommen und sucht in dem Landschaftsgarten gleichzeitig Natur und Kunst in gefälliger Weise mit einander zu verschmelzen.
Man unterscheidet hauptsächlich Blumen-, Landschafts-, Obst- und Gemüsegärten. In jedem derselben kommen gewisse Verrichtungen mehr oder weniger vor, über welche ich dir zunächst einige Worte sagen will, so weit es für deinen kleinen Bedarf erforderlich sein wird.
69. Bearbeiten des Bodens. Ein sorgsamer Gärtner richtet zunächst sein Augenmerk auf die gute Beschaffenheit des Bodens. Will er ein Beet anlegen, das bisher noch gar nicht oder nur gering bearbeiteter Boden war, so gräbt er es im Herbste besonders tief um, er rigolt es. Dabei macht er zunächst an dem einen Ende desselben einen Graben, wirft diesen mit der Erde des nächstfolgenden Beetstreifens wieder zu und gräbt nun letzteren zu einem Graben aus. So fährt er fort, bis das ganze Beet durchgearbeitet ist. Enthält der Boden Steine, Scherben u. dgl., so wirft er denselben durch ein Erdsieb. Zum Düngen wählt er kurzen, alten Dünger und gräbt denselben im Herbste unter. Mit großem Vorteile läßt sich auch durchgesiebte Walderde, aus verrotteten Pflanzenstoffen gebildet, zum Verbessern des Bodens verwenden.
Ist das Beet mit dem Spaten gehörig umgegraben, so wird es gerade geharkt. Alle harten Erdklöße, die dabei vor den Rechen kommen, klopft man mit letzterem klar. Nur Steine, Holzstücke u. dgl. harkt man heraus und beseitigt sie. Im Frühjahre gräbt man abermals um. Wenn das Beet bereits rigolt worden ist, braucht es beim ferneren Umgraben nur einen einfachen Spatenstich tief bearbeitet zu werden. Ein angehender junger Gärtner wird wohlthun, wenn er beim Umgraben nur wenig Erde auf einmal absticht; dabei tritt er mit einem Fuße auf den Spaten, damit das ganze Eisen tief in die Erde eindringt. Die abgestochene Scholle wirft er so, daß der Teil der Erde, welcher zu unterst war, nun obenhin zu liegen kommt. Er wendet die Schollen um und sucht sie auch, so viel als möglich, so zu werfen, daß eine ebene Fläche entsteht. Wird im Laufe des Sommers die Oberfläche des Beetes hart und fest, so befördert er den Pflanzenwuchs durch Behacken und Auflockern bedeutend.
70. Das Formen der Beete. Am einfachsten lassen sich geradlinig begrenzte Beete herstellen. Nachdem das Landstück gehörig gegraben und fein geharkt ist, wird die Breite der Beete abgemessen und mit der Schnur abgesteckt. Man bedarf hierzu eines starken Bindfadens und zweier Pflöcke. Auf einem Pflocke ist die überflüssige Schnur aufgewickelt, am andern Pflocke ist sie mit dem äußeren Ende festgeknüpft. Beide Pflöcke werden an den Endpunkten des Beetes in die Erde geschlagen, die Schnur straff gezogen und nach der letzteren teils durch Treten mit den Füßen, teils mit Schaufel, Spaten und Harke, die gerade Begrenzung des Beetes hergestellt. Zum Abmessen der Beetbreite dient entweder der Harkenstiel oder die Schnur.
Von den anderweitigen Formen, die man den Beeten geben kann, will ich nur einige anführen.
71. Ein kreisförmiges Beet zu machen. Ist dir durch die Größe des vorhandenen Raumes vorgeschrieben, wie groß das kreisrunde Beet werden muß, das du machen willst, so missest du mit der Schnur zunächst den Durchmesser des Platzes aus. Diesen teilst du in zwei gleiche Teile und erhältst dadurch den Mittelpunkt. In diesen schlägst du einen glatten Pflock, an welchem die Schleife der Schnur sich leicht bewegen kann. An dem andern Ende der Schnur bindest du einen spitzen Pflock fest, ziehst den Faden straff und ritzest ringsum die Kreislinie ein.
72. Ein langrundes Beet zu machen. Um ein ellipsenförmiges Beet abzuzeichnen, ziehest du zunächst mit einem spitzen Pflocke auf dem Boden eine Linie durch die Mitte des anzulegenden Beetes ( A B). Auf diesem Längsdurchmesser schlägst du zwei Pflöcke ein, von jedem Ende gleichweit entfernt je einen (bei m und o). Man bindet nun an beide Pflöcke die Enden einer Schnur und macht letztere so lang, daß man mit einem an ihr hingleitenden Pflocke sowohl nach A als auch nach B gelangen kann. Je breiter das Langrund werden soll, je größer also der Durchmesser D C ist, desto mehr muß man die Pflöcke m und o von Aund B entfernen. Dies probiert sich leicht aus. Dann ritzt man mit dem Pflocke in der Weise in die Erde ein, daß dadurch die Schnur stets straff angespannt bleibt.
Außer den beiden beschriebenen kann man den Blumenbeeten noch zahllose andere Formen geben, wie beistehende Figuren einige derselben andeuten. Es gilt aber dabei als Regel: je künstlicher eine solche Figur ist, desto schwieriger lassen sich ihre Umrisse scharf und rein in Ordnung erhalten. Der junge Gärtner wird deshalb jedesmal am besten thun, wenn er eine einfachere Form wählt.
73. Das Einfassen der Beete. Durch den Regen wird die Erde der Beete, da dieselbe gewöhnlich höher aufgeworfen ist, leicht nach den Wegen hinabgeschlämmt. Man sucht deshalb den Beeten eine Einfassung zu geben. Hierzu können leblose und lebendige Dinge benutzt werden. Um ein kleines Beet, das dem Zertreten leicht ausgesetzt ist, erweist sich eine Einfassung aus Brettern sehr vorteilhaft, sieht aber nicht gerade hübsch aus und ist auch nur bei einem Beete mit geraden Seiten möglich. Sehr wohlfeil ist eine Einfassung aus weißen, möglichst gleichgroßen Kieselsteinchen von Faustgröße. Sie paßt aber nur an solche Stellen, wo die Gefahr des Zertretens nicht vorhanden ist. Sehr wohlfeil kann man sich um sein Beet eine Einfassung aus Weidengerten machen, die man in gleichgroße Bogen biegt und mit beiden Enden in die Erde steckt. Steht statt der Gerten starker Eisendraht zu Gebote, so kann man den Bogen auch eine künstlichere Form geben, wie die Abbildung eine solche darstellt.
Zu runden, langrunden, überhaupt zu solchen Beeten, die gebogene Linien besitzen, lassen sich große Muschelschalen, Dachziegel, behauene Schieferstücke u. dgl. gut benutzen. Man kann auch in kleinen Entfernungen, etwa eine bis zwei Spannen von einander, gleichmäßig geformte Holzstücke in die Erde schlagen (Pflöcke, Lattenstücke) und diese durch einen starken Draht mit einander verbinden, den man durch eingebohrte Löcher zieht. Sehr hübsch sehen Einfassungen aus, die aus Thon gebrannt sind und Akanthusblätter oder rote Korallen darstellen, und die sich von dem Grün der Gewächse sehr hübsch abheben.
74. Buchsbaum. Unter den Pflanzen, die man zum Einfassen der Beete verwendet, ist der Buchsbaum die seit alten Zeiten beliebte und am weitesten verbreitete. Will man daraus eine Einfassung um ein Beet herstellen, so muß der Boden natürlich zunächst gut bearbeitet sein, dann gräbt man in scharf abgegrenzter Form die Furche, welche die Gestalt des Beetes bezeichnet, und legt die Buchsbaumpflanzen sorgfältig ein. Es geschieht dies im Monat März. Wächst der Buchsbaum rasch, so beschneidet man ihn jährlich zweimal, im April und Ende Juli. Nach einigen Jahren muß der Buchsbaum im März oder April umgelegt werden, und die Lücken, welche etwa durch Eingehen einzelner Stöcke oder auf andre Weise entstehen, können durch Nachpflanzen, entweder im September oder im März, ergänzt werden.
In Gemüsegärten faßt man wohl gelegentlich Beete durch Thymian, Lavendel, Salbei, Erdbeeren, Gänseblümchen, stengellosen Enzian, Grasnelken u. dgl. ein. Im allgemeinen eignen sich aber Blumen nicht gut zu Einfassungen, da sie nie eine scharfe Linie abgeben und auch selten während des ganzen Jahres gleichmäßig beblättert sind.
75. Raseneinfassung. Neuerdings gibt man vielfach Einfassungen aus Rasen den Vorzug. Man läßt zu diesem Zwecke entweder hübschen, reinen und feinblätterigen Rasen von Wiesenplätzen stechen, oder man säet Grassamen, den man vom Samenhändler bezieht. Sehr empfohlen wird hierzu der feinblätterige Lolch ( Lolium tenue), den man durch öfteres Abschneiden glatt und kurz erhält. Es muß bei Graseinfassungen besondere Aufmerksamkeit darauf gerichtet werden, daß das Gras weder innen noch außen die scharfen Einfassungslinien überwuchert.
76. Die Wege. Die Wege werden zunächst festgeschlagen oder festgetreten, in der Mitte etwas höher als an den Seiten angelegt, so daß das Regenwasser leichter abläuft, und dann mit Kies bestreut. Sie sind stets von Unkraut rein zu halten. Soll gar kein Unkraut aufkommen, so müssen sie spatentief ausgehoben und mit Steinen und Sand ausgefüllt werden.
77. Das Begießen des Gartens. Hat man Samen gesäet, so ist darauf zu achten, daß dieser feucht (nicht naß) bleibt; er ist deshalb täglich zu begießen, wenn etwa der Boden ausgedörrt ist und trockenes Wetter herrscht.
Ebenso müssen neu gepflanzte Gewächse durch tüchtiges Angießen frisch erhalten werden. Bei den übrigen Gewächsen gießt man aber erst dann, sobald nach anhaltender Trockenheit ihre Blätter auch gegen Morgen noch matt und welk erscheinen. Gießt man zu viel, so entwickeln die Pflanzen zu zahlreiche Wurzeln, die sich nur an der Oberfläche des Bodens verbreiten; im andern Falle treiben sie ihre Wurzeln tief in die Erde, um von dort her Feuchtigkeit zu erlangen.
Beim Gießen hütet man sich, einen einfachen starken Strahl unmittelbar an die Pflanzen gelangen zu lassen, da man hierdurch die Erde abschwemmt. Man gießt nur mit feiner Brause, aber tüchtig, so daß man den Regen nachahmt.
Im Garten ist die Auswahl des Wassers nicht so ängstlich zu überwachen, wie bei den Topfblumen, jedoch ist es bei großer Wärme ratsam, nicht kaltes Brunnenwasser anzuwenden, sondern dasselbe in einem Gefäße den Tag lang der Einwirkung von Luft und Sonne recht auszusetzen. Fließendes Wasser ist meistenteils besser als Brunnenwasser.
78. Das Ausjäten des Unkrautes. Unkraut nennt man im Garten eigentlich jede Pflanze, welche nicht an der Stelle steht, wo sie sein soll, also auch diejenigen Blumen, die durch freiwillig ausgefallenen Samen wieder von selbst ausgewachsen sind an Orten, wo man sie nicht haben will. Vorzugsweise drängen sich aber eine Anzahl Gewächse hartnäckig zwischen die Blumen der Gartenbeete mit ein, gegen die der Gärtner fortwährend auf der Hut sein muß. Bald wirst du die Unkrautsorten von den Blumenpflänzchen unterscheiden lernen. Vogelmiere, Kreuzkraut, kleine Brennesseln, einjähriges Rispengras, Hundeblumen (Löwenzahn), Melde und Täschelkraut sind die gewöhnlichsten (Abbildungen derselben siehe in Wagners »Entdeckungsreisen in Haus und Hof«). Man zieht sie vorsichtig mit der Wurzel aus und schafft sie aus dem Garten. Besonders achtet man sorgsam darauf, daß keines derselben zum Blühen und Fruchttragen kommt. Bei einiger Aufmerksamkeit kann ein Beet, das nicht zu groß ist, so rein gehalten werden, daß auch nicht ein Blattspitzchen oder Stengelchen zu sehen ist, das nicht hingehört.
79. Der Blumengarten. Willst du dein Gartenbeet zur Pflege von Blumen verwenden, so mußt du dich bei der Auswahl der anzupflanzenden oder zu säenden Gewächse zunächst nach der Größe richten, welche dieselben erreichen. Es ist dies um so mehr zu berücksichtigen, wenn es dir vorzugsweise darauf ankommt, deinem Blumenbeete ein schönes Ansehen zu verleihen. Hübsch ist es, wenn du zwei verschiedene Beete besitzest. Dasjenige, welches versteckt beiseite liegt, verwendest du zum Versuchsbau, sowie zur Anzucht von Blumen, durch welche du Lücken wieder ausfüllst, die auf dem Prunkbeete entstehen. Auf letzterem pflegst du nur auserwählte Sachen.
Auf kleine Beete gehören kleine, niedrige und zierliche Gewächse. Die Höhe einer Pflanze darf die Breite des Beetes nicht übersteigen.
Von Ziersträuchern dürfen vielleicht kleinere Verwendung finden: eine japanische Quitte ( Cyclonia japonica) mit purpurroten Blüten oder ein Calycanthus, dessen dunkle, braunrote Blume weithin duftet. Bist du ein Freund von hohen, einjährigen Gewächsen und willst dein Beet diesen allein widmen, so wählst du Mais, Ricinus, hochstengeligen Hanf und indisches Blumenrohr ( Canna).
Bei den kleineren Blumen nimmst du darauf Rücksicht, daß du den größten Teil des Sommers mit blühenden Pflanzen versehen bist. Du erreichst dies dadurch, daß du auf dem Beete zunächst Frühjahrspflanzen ziehst, dann solche folgen läßt, die im Sommer und Herbst blühen. Hierbei bringst du die höher wachsenden Arten nach der Mitte des Beetes, die niederen nach außen. Haben dir bestimmte Arten besonders gut gefallen und hat sich ihre Zucht im Garten gut bewährt, so behältst du sie als Stamm für das nächste Jahr bei. Außerdem suchst du aber auch jedes Jahr eine kleine Anzahl andrer Blumen mit zu bauen, um sie kennen zu lernen. Du nimmst einige Exemplare davon, sobald sie in Blüte stehen, und legst sie für dein Herbarium ein.
80. Verteilung der Blumen. Beim Ansäen der Blumen mußt du auf die Farbe ihrer Blüten, sowie auf die Blütezeit achten. Wenn du das nicht berücksichtigst, könnte es kommen, daß du lauter gelbe oder rote Blumen auf deinem Beete hättest, was nicht hübsch aussieht. Wenn es irgend möglich, sucht man die Hauptfarben, Blau, Rot und Gelb, gleichzeitig auf dem Beete oder, wenn man mehrere Beete hat, in demselben Gärtchen zu haben, da eine die Wirkung der andern erhöht.
Ich führe hier einige Beispiele an, um dir zu zeigen, wie du etwa die Blumen auf deinem Beete aufeinanderfolgen lassen kannst.
1. Zuerst hast du auf dem Beete Himmelsschlüssel, dann 2. im Sommer Löwenmaul; oder 1. Stiefmütterchen, 2. niedrige Arten von Lobelia; oder 1. Tausendschönchen, 2. Cuphea platycentra; oder 1. stengellosen Enzian, 2. Heliotrop oder Fuchsien; oder 1. Phlox setacea, subulata, 2. Petunia; oder 1. Kaiserkronen, 2. Georginen; oder 1. Krokus und Scylla, 2. Levkojen, 3. Astern; oder 1. Narzissen, 2. Reseda; oder 1. Tulpen oder Hyazinthen, 2. Verbenen.
Von hübschen Farbenzusammenstellungen will ich dir nur einige wenige Beispiele anführen.
Rot und Weiß: rotblühendes Leberblümchen und Schneeglöckchen; rote Tulpen und weiße Krokus; Dielytra (Herzblume) und Narzissen; rote Lobelien und weiße Verbenen; rote Fuchsien und weiße Petunien; purpurroten Lein und weiße Nemophila.
Rot und Blau: Monatsrosen und Vergißmeinnicht oder Nemophila insignis oder dreifarbige Winden; dunkelrote Tausendschönchen und stengellosen Enzian; rote Tulpen und blaue Meerzwiebel.
Rot und Gelb: Kaiserkrone, rote Tulpen und gelbe Krokus; Scharlachpelargonien und gelbe Calceolarien.
Gelb und Orange mit Blau und Violett: gelbe Krokus und blaue Meerzwiebel, blaue Krokus und Kaiserkrone, Omphalodes verna und Alyssum saxatile.
Blau und Weiß: Stengelloser Enzian und Maiblumen; blaue Leberblümchen und weiße Anemonen; blaue Meerzwiebel und Schneeglöckchen.
Die schwarze Nieswurz oder Christblume ( Helleborus niger), blüht im Winter urd treibt gegen Weihnachten selbst im Schnee ihre großen weißen Blumen zwischen den handförmig geteilten, grünen Blättern.
81. Verpflanzen der Blumen. Das Verpflanzen der Blumen wird im Garten dann nötig, wenn entstandene Lücken in den Beeten gefüllt werden sollen. Von den gesäeten Samen gehen mitunter an manchen Stellen zu wenig oder gar keine auf, an andern stehen die jungen Pflanzen zu dicht und hindern sich gegenseitig. Manche Gewächse vertragen das Verpflanzen nicht, z. B. Mohn, Eschscholzie, Phlox Drummondi, oder nur schwierig; andre dagegen kann man noch verpflanzen, wenn sie schon fast in der Blüte stehen, z. B. die Astern und Stiefmütterchen.
Im allgemeinen gilt es als Regel, daß man das Verpflanzen geraume Zeit vor dem Beginnen der Blütenentwickelung vornimmt, da die meisten Pflanzen es während des Blühens nicht vertragen können. Man wählt die Zeit nach einem durchdringenden Regen dazu oder achtet wenigstens darauf, daß die Erde etwas feucht ist. Am besten ist es, abends zu verpflanzen, die Gewächse haben dann während der Nacht Zeit, sich etwas zu erholen.
Beim Ausnehmen der Gewächse schont man die Wurzeln so viel als möglich und läßt Erdbällen an denselben, wenn es irgend geht. Bei größeren Pflanzen nimmt man den Spaten zur Hilfe. An dem neuen Standorte drückt man die Erde etwas an die Wurzeln an und begießt nachher tüchtig, jedoch stets mit der Brause, nie mit dem starken Strahle des offenen Rohres. Einige Tage lang sucht man sie durch übergestülpte Blumentöpfe oder Schattenwände vor den Sonnenstrahlen zu schützen.
Manche Gewächse, wie z. B. die Tausendschönchen, müssen alle Jahre umgepflanzt werden, wenn sie nicht ausarten sollen. Andre ausdauernde Gewächse pflanzt man um, um sie zu vermehren. Man schneidet oder reißt dabei die größeren Stöcke so in zwei oder mehrere Teile, daß jeder derselben hinreichend viel Wurzeln behält. Die meisten Staudengewächse werden am besten im Frühjahre verpflanzt, die Frühjahrspflanzen dagegen, z. B. Primeln und Stiefmütterchen, pflanzt man im Herbst.
82. Zwiebelgewächse. Die Zwiebeln der Zwiebelgewächse nimmt man zu der Zeit, wenn ihre Blätter abgestorben sind (Juni), aus dem Boden und legt sie trocken. Man breitet sie an einem luftigen, trocknen Orte aus bis zum Oktober, dann pflanzt man sie wieder ein. Bei den Hyazinthen ist es rätlich, dies alle Jahre zu thun, Tulpen und andre braucht man nur nach je drei bis vier Jahren umzulegen. Die Lilienzwiebeln pflanzt man dagegen sofort wieder in die Erde, ohne sie an der Luft trocken zu legen.
83. Gewinnung des Blumensamens. Willst du einige Pflanzen zur Gewinnung des Samens verwenden, so wählst du die kräftigsten und schönsten Exemplare dazu. Sind es Pflanzen, bei denen gefüllte und einfache Blumen neben einander vorkommen, wie z. B. bei den Levkojen, so läßt man an der Samenpflanze nur die drei oder vier untersten Schoten der Mitteltraube stehen und schneidet die übrigen, sowie die Nebenzweige, ab. Diese wenigen Schoten werden dann besonders kräftig und üppig sich ausbilden, und man wird das Vergnügen haben, aus ihrem Samen möglichst viele Pflanzen mit gefüllten Blumen zu ziehen. Sind die Samenpflanzen schwach im Stengel, so bindet man sie an Stäben mit Bast fest.
Stehen nahe verwandte Arten von Gewächsen dicht beisammen, die gleichzeitig blühen, so wird bei manchen Sorten der Blütenstaub der einen Art durch den Wind oder durch Insekten leicht auf die Blüten benachbarter Arten getragen. Aus dem Samen der letzteren Arten entstehen dann Pflanzen, welche die Mitte zwischen den beiden Sorten halten, sogenannte Bastarde. Will der Gärtner die Entstehung derselben nicht dem Zufall allein überlassen, so sucht er sie auch wohl künstlich zu befördern. Hat er z. B. rotblühende Pelargonien neben weißblühenden, so überträgt er mit einem feinen, trocknen Haarpinselchen (Tuschpinsel) den Blütenstaub der roten Blumen auf die Griffel der weißen und den Blütenstaub der weißen Blumen auf die Griffel der roten. Die Pflanzen, welche aus dem Samen dieser künstlich befruchteten Blüten entstehen, werden die Mitte zwischen beiden Sorten halten und bald mehr rot, bald mehr weißbunt sein.
Lassen die Früchte der Gewächse den Samen nicht leicht ausfallen, so läßt man sie bis zur völligen Reife an der Stammpflanze. Muß man aber das Ausfallen befürchten, so schneidet man entweder die Fruchtstengel ab oder zieht die ganze Pflanze aus und läßt sie aufgehangen an einem luftigen, schattigen Orte nachreifen und trocknen. Von solchen Pflanzen, welche unsere Winterkälte vertragen, kann der Same sofort nach erlangter Reife wieder gesäet werden, z. B. von Stiefmütterchen, Alpenvergißmeinnicht, Adonis, Rittersporn, Levkojen, Goldlack. Von andern Sorten säet man auch wohl schon im Herbste, aber so spät, daß der Same erst im Frühjahre keimt. Primelsamen, der nicht tief in die Erde gelangen darf, wird von manchen Gärtnern während der kälteren Jahreszeit auf eine dünne Schneeschicht gesäet. Man überläßt es dem tauenden Schnee, denselben dem Boden zuzuführen. Den Samen des Portulak, welcher so fein ist wie Schießpulver, säet man ebenfalls auf die Oberfläche und siebt nur ein wenig feine Erde darüber. Solche Pflanzen, die besonders zart sind oder die man möglichst zeitig zur Blüte bringen will, zieht man in Kästen mit guter Erde oder in Blumentöpfen im Zimmer, welche man mit Glasscheiben überdeckt, und verpflanzt sie erst bei eintretender wärmerer Witterung ins Land.
Wer ein größeres Stück Garten zur Bearbeitung und Pflege übernommen hat, wird gut thun, wenn er sich einen Gartenkalender anlegt oder einen dergleichen gedruckten kauft. Er weiß dann, welche Arbeiten während jedes Monates auszuführen sind, und entgeht der Gefahr, wichtige Verrichtungen, die sich später nicht nachholen lassen, wie z. B. das Umlegen der Blumenzwiebeln, zu versäumen.
84. Mittel zum Beschleunigen des Keimens der Samen. Wenn Pflanzensamen länger als ein Jahr liegt, so erlischt bei manchen Arten die Fähigkeit, zu keimen, so daß er, auf die gewöhnliche Art gesäet, nicht aufgeht. Dergleichen verlegenen Samen kann man dadurch zu Hilfe kommen, daß man sie mit Chlorwasser befeuchtet, das in der Apotheke käuflich zu haben ist. Das Keimen lebenskräftigen Samens wird durch dasselbe Mittel bedeutend beschleunigt. Kressensamen keimt z. B. gewöhnlich nach etwa 36 Stunden, wird er aber mit Chlorwasser benetzt, so geht er schon nach sechs bis sieben Stunden auf. Auch Sauerkleesalz, Salzsäure, Salpetersäure und Essig wirken, wenn man sie mit etwa 80- bis 100 mal so viel Wasser verdünnt, in ähnlicher Weise förderlich auf das Keimen des Samens ein.
85. Georginen zu pfropfen. Willst du dir Georginen im Blumentöpfe ziehen, so pflanze die Knollen einzeln in Blumenäsche, so daß sie bis zur Hälfte aus der Erde herausschauen. Hat die Knolle nach etwa 14 Tagen sich ordentlich bewurzelt, so kann sie gepfropft werden. Man bricht von einer bereits blühenden Georginensorte, die man gern vervielfältigen oder besitzen möchte, einen jungen Sproß von Fingerlänge ab, schneidet ihn am unteren Ende mit einem sehr scharfen Messer mit ganz glattem Schnitte von beiden Seiten keilförmig zu, spaltet den oberen Teil der Knolle durch einen Längsschnitt hinreichend weit auseinander und schiebt das Pfropfreis in derselben Weise in den Spalt, wie man es beim Pfropfen der Bäume thut. Die Wunde umwickelt man mit einem Läppchen oder Wollenfaden, und man wird bald die Freude haben, zu sehen, wie der Sproß zu treiben anfängt.
Vorteilhaft ist es, einige Tage lang die gepfropften Knollen mit einem Glase oder wenigstens mit einem Blumentopfe zu überdecken und die Sonne von ihnen fern zu halten, um das Austrocknen zu verhüten, bis sie hinreichend angewachsen sind und kräftig treiben. Nach wenigen Wochen werden die Zweige bereits blühen.
86. Pflege einheimischer Pflanzen. Demjenigen Knaben, welcher kein Geld besitzt, um Samen oder Gewächse für seinen Blumengarten beim Handelsgärtner zu kaufen, bieten selbst die wildwachsenden deutschen Pflanzen noch mancherlei Freude, wenn er sich nur die Mühe nehmen will, sie ein wenig zu beachten. Aus dem gewöhnlichen Gänseblümchen kann durch jährliches Umpflanzen, das man Anfangs September vornimmt, das Gartentausendschönchen gezogen werden. Der kriechende Hahnenfuß verwandelt sich in der guten Erde des Gartens in das niedliche Goldknöpfchen. Maiblumen, Leberblumen, Salomonissiegel ( Polygonatum vulgare und multiflorum), Türkenbundlilie, Prachtnelke, Akelei, Lerchensporn, zweiblätterige Meerzwiebel, Polygale, Lungenkraut, frühe Walderbse, Kellerhals, Fingerhut u. s. w. sind alles prächtige Blumen der deutschen Flora, die in der Umgebung vieler Orte wild vorkommen.
Willst du sie in dein Gärtchen übersiedeln, so ist es nicht geraten, dies dann zu thun, wenn sie etwa in Blüte stehen; nur manche, wie z. B. Frühlingsweiß ( Leucojum vernum) und Primel, vertragen dies; die meisten andern werden selbst dann eingehen, wenn du einen Wurzelballen daran lässest. Am besten ist es, wenn du bei solchen, die ausdauernde Wurzelstöcke haben, diese im Herbst nach der Blüte oder im Frühlinge vor derselben ausgräbst und versetzest. Von den einjährigen,
z. B. Kornrade, Rittersporn, Mohn, Kornblume, sammelst du Samen und kannst dieselben sofort in den Garten säen, da sie unsern Winter vertragen. Natürlich mußt du nur solche wählen, die für die Erde und Lage deines Beetes passen. Farnkräuter, die feuchte Waldschluchten lieben, darfst du nicht auf offenes, der vollen Sonne ausgesetztes Gartenland setzen wollen; Kalkpflanzen müssen auch Kalkboden bekommen, wenn sie nicht eingehen sollen. Heidekraut gedeiht nur in Heideerde und verträgt nicht einmal das Begießen mit kalkhaltigem Wasser. Sumpf- und Wasserpflanzen kommen nur an wasserreichen Stellen fort.
Willst du die einheimischen, prächtigen Orchideen in deinem Gärtchen ziehen, so mußt du solche Arten wählen, denen du einen ähnlichen Boden und Standort bieten kannst, wie sie ihn in der Wildnis lieben. Du stichst sie nach dem Verblühen, im Juni, mit großen Erdballen aus, pflanzest sie daheim und sorgst, daß sie weder zu feucht noch zu trocken stehen. Gegen Verstöße der richtigen Bewässerung sind sie sehr empfindlich. Solchen Arten, die zwischen Gras gedeihen, mußt du einen künstlichen Grasboden verschaffen, indem du Poa annua oder Agrostis stolonifera ansäest. Denen, die Kalkboden lieben, wie der Frauenschuh, die Fliegenblume und die männliche Orchis, mußt du auch Kalkgrund bieten können, wenn sie gedeihen sollen, und die in Moorboden wachsenden Arten müssen ebenfalls solchen Boden bekommen. Durch solche Vorsicht ist es geglückt, zahlreiche Erdorchideen auch im Garten und in Töpfen zu ziehen.
87. Eine Blumenuhr Manche Blumen öffnen ihre Blüten nur zu bestimmten Zeiten, ja sogar nur zu gewissen Stunden des Tages. Wer ein besonderes Vergnügen daran finden sollte, sich aus solchen Blumen eine lebendige Uhr im Garten herzustellen, dem könnten wir nachstehende Winke dazu geben. Es blühen auf:
Eine solche Blumenuhr geht zwar bis auf einen gewissen Grad richtig, obschon nicht auf die Minute, sie sieht aber bei dem verschiedenartigen Bau der Gewächse durchaus nicht schön aus, weshalb man sie in solchen Gärten nie findet, in denen es auf Schönheit ankommt.
Als eine sehr interessante Gartenuhr ist die »veränderliche Stundenblume« (Hibiscus mutabilis) zu empfehlen, die freilich im Gewächshause gepflegt sein will. Ihre Blüten sehen früh beim Aufblühen weiß aus; je länger sie dem Tageslichte ausgesetzt bleiben, desto mehr färben sie sich rot. Zu Mittag sehen sie rosenrot aus, am Abend sind sie fast purpurn.
88. Einen Rasenplatz anzulegen. Willst du dein Beet in einen Rasenplatz verwandeln, oder anderwärts einen solchen anlegen, so mußt du den Boden erst so schön und sorgsam umgraben, düngen und harken, als wolltest du Blumen hineinbringen.
Vom Samenhändler erhältst du Grassamen. Der feine Lolch gibt einen sehr hübschen Rasen, hält aber höchstens zwei Jahre aus; schon im zweiten Jahre bekommt er kahle Stellen und muß am besten jährlich neu gesäet werden. Gemischter Grassamen, der eine ganze Anzahl verschiedener Sorten enthält, gibt einen länger dauernden Rasen, ist aber selten rein von Unkraut und weniger gleichmäßig. Er muß sorgsam und fleißig gejätet werden.
Die beste Zeit zum Ansäen ist vom April bis Mitte Mai, dann wieder im August. Während der andern Monate verunglückt die Ansaat leicht.
Nach dem Umgraben und Glattharken des Bodens schlägst du die Oberfläche desselben entweder mit der Schaufel fest, oder du trittst sie mit Brettchen nieder, die du an die Füße angebunden hast; dann machst du die Oberfläche wieder etwas mit der Harke rauh und säest den Samen möglichst gleichförmig, aber etwas dicht in die Ritzen ein. Mit der Harke bringst du ihn dann in den Boden und achtest dabei darauf, daß er nicht an einer Stelle zusammengeschoben wird und an der andern fehlt.
Tritt trockenes Wetter ein, so sorgst du für fleißiges Gießen; nach etwa 14 Tagen werden die Körner aufgehen. Aller 8 oder 14 Tage mußt du den Rasen mähen. Hast du nur ein kleines Rasenbeet, so nimmst du ein Messer oder eine Schere dazu. Nach dem Mähen werden die abgefallenen Blattspitzen mit der Harke und dem Besen entfernt, dann der Rasen mit den Fußbrettern wieder festgetreten und, wenn trockenes Wetter ist, am Abende tüchtig begossen. Wenn du den Rasen in dieser Weise alle Wochen einmal abschneidest, so erhältst du einen schönen, gleichhohen und frischgrünen Platz und gleichzeitig für deine Kaninchen, Ziegen u. s. w. frisches Futter.
Sorgsam mußt du alle Unkräuter aus dem Rasen entfernen und schon beim ersten Aufgehen des Grassamens alle übrigen Pflänzchen ausjäten, die sich gleichzeitig zeigen und deren Entfernung nach ihrer Einwurzelung schwieriger ist. Auch später mußt du fortwährend darauf achten, daß sich keine andern Pflanzen dazwischen ansiedeln, am wenigsten dürfen dieselben zur Blüte kommen, da sonst in nicht langer Zeit der Rasen schlecht und das Gras durch andere Gewächse verdrängt wird.
89. Ableger. Ausdauernde Pflanzen mit starken Wurzelbüscheln kann man beim Umpflanzen im Herbste oder im Frühjahre so auseinanderschneiden oder auseinanderreißen, daß an jedem Teile eine Anzahl Wurzeln bleiben. Jeder Teil wächst dann zu einer neuen, selbständigen Pflanze aus.
Will man von holzigen Gewächsen neue Stöcke entnehmen, ohne die alten zu stören, so biegt man einen unteren Zweig in die Erde, hält ihn hier durch ein hakenförmiges Pflöckchen fest, bedeckt ihn mit Erde und läßt nur die Spitze desselben herausschauen. Der in der Erde liegende Teil wird nach einiger Zeit Wurzeln schlagen. Ist dies geschehen, so schneidet man den Zweig durch und verpflanzt ihn. Noch sicherer veranlaßt man das Wurzeltreiben dadurch, daß man um den Zweig an seinem unteren Ende mit dem Messer einen ringförmigen Ritz einschneidet oder einen Bindfaden straff darum bindet.
90. Absenker. Von Nelken und andern Blumen macht man auf ähnliche Weise Absenker. Man schneidet den Zweig, den man absenken will, am unteren Knoten halb durch, spaltet ihn in der Mitte etwa zwei Zentimeter weit auf und biegt ihn in die Erde. Nach seiner Einwurzelung kann er verpflanzt werden.
91. Stecklinge. Verbenen, Fuchsien und zahlreiche andre Zierpflanzen, ebenso auch Stachelbeer-, Himbeer- und andre Sträucher, lassen sich auch durch Stecklinge fortpflanzen und vermehren; sogar bei manchen Blumen mit krautartigen Stengeln, z. B. bei Georginen, läßt sich dies Verfahren anwenden. Je tiefer nach der Wurzel zu man den Zweig entnimmt, desto leichter gelingt der Versuch. Man schneidet den Zweig mit scharfem Schnitte glatt ab und steckt ihn sofort in einen Topf mit guter Erde, gießt tüchtig an und stülpt ein Glas oder einen leeren Blumentopf darüber, um Schatten zu gewähren und dem raschen Austrocknen zu wehren. Einige Tage lang muß man die Sonne von den Stecklingen abhalten. Zweige von Oleander steckt man zur Hälfte in eine Flasche mit Wasser und verklebt die Öffnung der letzteren mit Wachs. Sobald der Steckling hinreichend Wurzel getrieben hat, pflanzt man ihn in die Erde. Um ihm Zeit zur Anwurzelung zu lassen, stellt man ihn einige Tage an einen dunklen Ort. Zweige von Saftpflanzen, z. B. von Kaktus, muß man abgebrochen erst so lange liegen lassen, bis die Wunde vertrocknet ist, sonst faulen sie.
92. Die Gartenlaube. Liegt dein Beetchen so, daß du in seiner Nähe eine Laube ohne große Schwierigkeiten anlegen kannst, vielleicht in einem Winkel des Gartens, so läßt sich solches leicht mit Hilfe einiger Bohnenstangen bewerkstelligen. Hübscher ist es natürlich, wenn du zu diesem Zwecke vier feste Pfähle einschlagen und diese mit Latten verbinden kannst. Als Decke spannst du entweder eine Plane ein, oder du errichtest auf den festen Grundpfeilern ein Dach, welches, mit Dachpappe bedeckt, einen Schutz bei leichtem Regenwetter bietet. Den Boden der Laube hebst du durch Aufschütten von Steinen und Sand etwa 10 cm über seine Umgebung heraus, damit er trocken bleibe. Bist du ein wenig geschickt in der Führung von Säge und Raspel, so wirst du die Laubenthür etwa mit zierlichem Bogenwerke aus Faßreifen verzieren. Zwingt dich nicht die Lage deines Gärtchens, der Laube eine bestimmte Stellung zu geben, so laß die Thüre nach Norden oder nach Osten gerichtet sein, damit du im Innern der Laube möglichst viel Schatten erhältst.
Soll die Belaubung rasch vor sich gehen, so wählst du Feuerbohnen, Kürbisse oder eine der rasch wachsenden Gurkenarten, deren Kerne beim Samenhändler zu haben sind. – Kommt es dir dagegen darauf an, deine Laube mit Gewächsen zu bepflanzen, die ausdauernd sind und jedes Jahr von selbst wieder ausschlagen, so hast du hierzu ebenfalls eine große Auswahl. Eins der dankbarsten ist der sogenannte wilde Wein (fünfblätteriger Klimmen, Ampelopsis quinquefolia), der sich durch Stecklinge außerordentlich leicht fortpflanzt und binnen zwei bis drei Jahren eine große Laube dicht umspinnt. Du brauchst dann bloß die Zweige so zu ziehen und anzubinden, wie du sie wünschest, und hast nicht nötig, ihn im Winter zu schützen. Eben so rasch wächst auch die sehr hübsch rosenrot blühende, weichhaarige Winde (Convolvulus pubescens), von der du Wurzelstöcke in die Erde legst, die jedes Jahr neue Stengel treiben. Allerliebst ist ferner das prächtig duftende Geißblatt (Jelängerjelieber), dem du aber Gelegenheit bieten mußt, daß es sich aufwinden kann. Sehr große Blätter entwickelt der Tabakspfeifenstranch (Aristolochia Sipho), ebenfalls eine rasch wachsende Schlingpflanze. Unser Hopfen und die gemeine Waldrebe eignen sich auch gut zu Laubenbekleidungen, desgleichen die ausländischen, blaublühenden Waldrebenarten (Clematis). Der Bocksdorn war zwar eine Zeitlang zu demselben Zwecke auch beliebt, er wuchert aber zu leicht durch die übrigen Teile des Gartens und gibt ein weniger angenehmes Laub, dagegen viel Dornen.
Sehr schön und einladend sieht eine mit Weinstöcken bepflanzte Laube aus, weil dabei das Angenehme mit dem Nützlichen verbunden ist. Die richtige Pflege des Weines erfordert jedoch viel Umsicht und Zeit. Hier eine Beschreibung der Zucht des Weinstockes zu geben, würde zu weit führen und doch nicht so weit über Holz- und Fruchtaugen, über Reben, Zapfen, Schenkel, Ruten und andre Teile dieser Pflanze aufklären, als es erforderlich ist. Hast du Weinstöcke in deinem Garten, so holst du dir bei einem Winzer Rat, da nur bei richtigem Ausbrechen und Beschneiden des Stockes auf eine reichliche Ernte zu hoffen ist.
93. Eine Alpenanlage im Kleinen. Befindet sich an deinem Beete ein Hügel, oder ein größerer Erdhaufen, den du mit zu deinem Gebrauche verwenden darfst, so kannst du dir eine Alpenanlage herstellen. Als Felsen eignen sich Stücke aus Kalktuff vortrefflich. In manchen Gegenden wird dergleichen Tuff gegraben, an andern Orten ist er käuflich zu beziehen. Diese Steinart gewährt durch ihren löcherigen Bau dem Ganzen ein verwittertes, romantisches Ansehen, ahmt Felsklippen, Höhlen, Thore, Treppen u. dgl. im Kleinen in reizender Weise nach und bietet zugleich den Gewächsen prächtige Anhaltepunkte. Ist kein Tuffstein zu bekommen, so kann man sich auch mit andern Steinblöcken helfen, welche die Gegend bietet. Die Zwischenräume zwischen den Gesteinen füllt man mit guter Erde aus und sorgt dafür, daß dieselbe nicht so leicht abgleitet und durch den Regen abgeschwemmt wird. Wer als Knabe bereits einmal auf den Alpen oder einem andern Hochgebirge gewesen ist, kann auch geradezu einen ihm bekannten Berg im Kleinen nachahmen. Sind Steinblöcke und Erde gut befestigt, so wird gesäet und gepflanzt. Hierzu wählt man natürlich vorzugsweise eigentliche Alpenpflanzen und hilft nur hier und da mit andern Felsenpflanzen aus, wenn die ersteren nicht zureichen.
Der Gärtner kann schon eine ziemliche Anzahl davon bieten, z. B. den schön blauen, stengellosen Enzian, der jedoch, sowie die Alpenrosen, Moorboden bedarf, Sedum, Hauslaub, Alpen-Gänsekraut (weiß blühend), mehrere Steinbrecharten, Aurikel, großblumige Stiefmütterchen, Cyklamen, Levkojen, Goldlack, Alpenvergißmeinnicht, Anemonen, Fingerkräuter, Prachtnelken etc. In die Ritzen kann man von einheimischen Pflanzen Mauerraute, Waldfarn, Cymbelkraut, Epheu u. dgl. setzen, an den Fuß der Felsen vielleicht auch kleine Fichten, die man durch Beschneiden niedrig hält. Am besten ist es, wenn eine solche Alpenanlage nach Nordost gerichtet ist und deshalb nur wenig Sonne, im Sommer früh vor sechs Uhr, bekommt; sie hält sich dadurch kühler. Würde solches nicht möglich sein, so ist ein Schattenspender notwendig, etwa ein Baum oder ein hoher Strauch,
Ist die Bepflanzung gut angewachsen und durch fleißiges Begießen mit feiner Brause für das Gedeihen derselben gut gesorgt, so magst du,
wenn du Lust hast, noch kleine Sennhütten, Brücken und Stege, Gemsen und Steinböcke, Adlerhorste, Jäger und Sennen anbringen, ganz wie sich die Sache am hübschesten ausnimmt.
Lehnt sich deine Alp etwa an eine Wand, und du darfst letztere mit benutzen, so malst du an dieselbe eine Fernsicht auf die Schneespitzen und Gletscher, mit Hochthälern, Wasserfällen und sonstigem Zubehör, und erhältst dadurch ein Bild mit lebendigem Vordergrund, das dir sehr viel Vergnügen gewähren wird.
Ebenso unterhaltend und lehrreich ist es, wenn du deine Landschaft als Abbild deiner Heimat einrichtest. So findet man im botanischen Garten zu Innsbruck eine Wiedergabe Tirols im Kleinen. Die einzelnen Gebirgszüge sind aus denselben Felsarten gebildet, aus denen sie in Wirklichkeit bestehen und bepflanzt mit den auf ihnen vorkommenden Alpenpflanzen. Wenn man auf dieser »natürlichen Landkarte« in den schmalen Pfaden der engen Thäler dahinschreitet und das ganze Tirolerland so aus der Vogelschau betrachtet, so kommt man sich vor, wie die Riesentochter von Burg Niedeck oder wie Gulliver unter den Zwergen.