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Ein Schreiber malte, in der Kunst gewandt,
Auf Seide einen Brief mit sichrer Hand.
Firdusi (920–1020).
35. Die Post und die Postwertzeichen. Briefmarkensammlungen sind in neuester Zeit eine besondere Liebhaberei vieler Knaben und Erwachsener geworden. Sie haben das Gute, daß schon kleine Burschen durch Spielerei Gelegenheit finden, die wichtigsten Länder der Erde kennen zu lernen, in denen Posten bestehen, und sich gleichzeitig auch über die daselbst gebräuchlichen Wertbezeichnungen der Münzen, besonders der kleinen Sorten, etwas zu unterrichten. Auch werden sie dadurch mit den Einrichtungen des Postwesens und vielleicht auch mit den wichtigsten Post- und Telegraphenrouten der Erde vertraut, die gegenwärtig die meisten Völker mit einander verbinden.
In alten Zeiten sandte man einen Brief mit einem besonderen Boten, und nur die Könige machten hier und da Versuche, eine Art Posten zur Beförderung ihrer Befehle einzurichten. Schon Cyrus ließ in 27 Provinzen seines großen Reiches, in Entfernungen von je einer Tagereise, ein Posthaus anlegen und einen Postmeister daselbst einsetzen. Xerxes richtete eine Schreipost ein. Es standen nämlich Schildwachen so weit von einander entfernt in kleinen Schilderhäuschen, daß sie sich die Befehle des Königs zurufen konnten, und Darius, der letzte persische König, hatte bereits einen Oberpostmeister für sein Königreich. In Griechenland hatte man nur Schnellläufer zur Beförderung der Nachrichten. Der Kaiser Augustus hatte im römischen Reiche, außer reitenden Briefboten, auch schon Fahrposten eingerichtet; beide waren aber nur für den Dienst des Staates bestimmt, nicht für Privatpersonen. In späterer Zeit kam diese Einrichtung jedoch wieder in Verfall. Kaiser Karl der Große rief die altrömischen Posteinrichtungen zwar von neuem ins Leben, seine Nachfolger ließen sie jedoch wieder eingehen. Im dreizehnten Jahrhunderte wurden von der Universität zu Paris sogenannte »fliegende Boten« (Postillons) angestellt, welche die Briefe der Professoren und Studenten zu besorgen hatten. Privatleute beteiligten sich allmählich auch dabei. Louis XV. gab die Benutzung der Staatspost auch für Privatleute frei. In Deutschland waren die Fleischer die ersten Postmeister. Da sie bei ihren Vieheinkäufen weit im Lande herumkamen, gab man ihnen gegen eine Vergütung Briefe zur Besorgung mit. Sie führten damals kleine, gewundene Trompeten bei sich, aus denen die Posthörnchen entstanden, die man später durch die Trompete ersetzte. Im dreizehnten Jahrhunderte hielten die Deutschen Ordensritter eine allen Leuten zugängliche Post. Das eigentliche Postwesen ward in Deutschland am Schlusse des fünfzehnten Jahrhunderts durch Graf Roger I. von Thurn und Taxis eingeführt. Sein Sohn, Franz von Taxis, errichtete 1516 eine Postlinie von Wien nach Brüssel, sowie bis zur französischen Grenze und ward vom Kaiser Maximilian I. zum niederländischen Postmeister ernannt. Der Generalpostmeister Leonhard von Taxis dehnte 1563 die Postverbindung unter Kaiser Ferdinand I. weiter aus über Lüttich, Trier, Speier, durch Württemberg nach Augsburg, sowie durch Tirol bis nach Italien, und ward 1595 durch Kaiser Rudolf II. in den Freiherrenstand erhoben. Durch die Aufhebung der alten Reichsverfassung 1808 verlor Thurn sehr viel von seinen alten Vorrechten, und die einzelnen Länder richteten sich ihre eignen Posten ein. Die Veränderungen, welche die Jahre 1866 und 1870 in den politischen Verhältnissen Deutschlands hervorriefen, machten sich auch in durchgreifender Weise im Post- und Briefmarkenwesen geltend. Statt der zahlreichen Marken der einzelnen kleinen Staaten und Freistädte, sowie der von Thurn und Taxis, gibt es seitdem für Deutschland (außer Bayern und Württemberg) nur eine Markensorte, die bloß dem Geldwerte nach Unterschiede bietet. Außerdem ward auch das Porto für den einfachen Brief für ganz Deutschland und Österreich auf 10 Pfennige herabgesetzt. Ebenso sind durch den Weltpostverein sehr billige Portosätze entstanden, die z. B. einen gewöhnlichen Brief von Deutschland nach Amerika für 20 Pfennige zulassen, der vor 30 Jahren 1 Mark 50 Pf. kostete.
Das älteste bekannte Postwertzeichen stammt vom Jahre 1819 aus dem ehemaligen Königreiche Sardinien und ist mit einem Handstempel gedruckt. Nicht lange nach dem Einführen der Briefmarken verbreiteten Zeitungen das Gerücht: ein reicher Herr sei mit einem andern eine Wette eingegangen, er wolle binnen Jahresfrist eine Million abgestempelter Briefmarken zusammenbringen. Wenn ihm dies gelänge, solle sein Gegenpart eine ansehnliche Strafsumme zahlen, die einem armen Waisenknaben zu gute kommen würde. Es ward daran die Aufforderung geknüpft, demselben abgestempelte Briefmarken in möglichst großen Mengen zuzusenden, und aus Rücksicht auf den Waisenknaben wurde dem Wunsche entsprochen. Später erzählte man, dergleichen Briefmarken würden nach China verkauft, da manche Chinesen die Liebhaberei hätten, ihre Zimmer mit denselben zu tapezieren; der Erlös würde von den Missionaren zur Erziehung verlassener Chinesenkinder verwendet. Allmählich ward der erste Beweggrund vergessen, und man interessierte sich so für die Briefmarkensammlungen, daß sie bei nicht wenigen zur förmlichen Leidenschaft wurden. Seltene Briefmarken früherer Jahre, die anfänglich wenige Pfennige wert gewesen waren, wurden von Liebhabern schließlich mit mehreren Mark bezahlt. Den höchsten wirklichen Geldwert hatten eine Zeitlang die Marken der Californian Pony Express, der Postroute von den Vereinigten Staaten Nordamerikas nach Kalifornien, auf welcher damals reitende Boten die Briefe beförderten. Das Stück kostete 4 Dollars, d. i. 16 Mark 20 Pf. Durch Vollendung der großen Pacificbahn sind aber jene Verhältnisse auch völlig verändert worden. Als Seltenheiten gelten die Marken von Nicaragua, von den Philippinen und den Sandwichinseln; doch kann man von Seltenheiten von im Verkehr befindlichen Marken fast nicht mehr sprechen.
Geschäftsleute machten sich die Liebhaberei der Jugend, Briefmarken zu sammeln, zu nutze und legten Sammelbücher an, die mit bedruckten Titelblättern versehen und nett eingebunden in den Buchläden zu kaufen sind. Die weißen Blätter des Buches sind durch hübsche Linien in regelmäßige Vierecke geteilt, und in letztere werden die bunten Marken eingeklebt. Sie sind dabei nach den Ländern geordnet und die Marken jedes Landes wiederum nach den Preisen und Jahrgängen. In diesen Büchern steht oben an jeder Seite gedruckt der Name des Landes, des regierenden Fürsten, Größe und Einwohnerzahl des Landes, Münzverhältnisse und Angabe der daselbst üblichen Briefmarken.
36. Das Sammeln der Briefmarken. Hast du dir ein Sammelbuch, was schon für den Preis von 1 Mark zu haben ist, zugelegt und bist bestrebt, es zu füllen, so beachte dabei folgendes: Die Marken müssen echt sein. Anfänger werden oft mit nachgemachten Briefmarken betrogen. Im allgemeinen ist der Poststempel ein Zeichen der Echtheit, und es tritt deshalb der merkwürdige Fall ein, daß gestempelte seltene Marken teurer sind, als ungestempelte. Weiter muß das Exemplar gesund sein, das heißt, unverletzt und ungebleicht, ohne Flecken, Löcher und Risse. Hast du unter gleichen Marken die Auswahl, so wirst du die schönste deinem Album einverleiben, die nicht allzusehr durch den Poststempel undeutlich geworden sein darf. Die Marken werden nur mittels eines an ihrem oberen hinteren Rande befestigten Papierstreifchens im Buche festgeleimt.
Die an den Briefmarken vorkommenden Veränderungen weisen stets auf irgend ein geschichtliches Ereignis hin, z. B. auf die Thronbesteigung eines Königs, eine Veränderung in der Regierungsform oder die Einverleibung irgend eines kleineren Staates in einen größeren, eine Veränderung im Münzfuße oder irgend eine andre Umwälzung. Es läßt sich deshalb eine Briefmarkensammlung als ein Auszug aus der Geschichte der Staaten während des letzten Vierteljahrhunderts betrachten.
Die erwachsenen Briefmarkensammler haben Vereine gebildet, die Kauf und Verkauf seltener Marken einzelner Länder vermitteln, sowie Briefmarkenauktionen und Briefmarkenausstellungen ins Leben rufen. Mehrere Briefmarkenzeitungen bringen die neuesten Veränderungen im Briefmarkenverkehr und was sonst dem Sammler als wissenswert erscheint. Die größte Sammlung ist die des Reichspostamtes zu Berlin, die nicht nur Briefmarken aller Länder, sondern alle Postwertzeichen, wie Karten, Kreuzbänder alter und neuer Zeit u. dergl., enthält.
Wie selbst ein so unscheinbares Ding, wie eine Briefmarke ist, doch Wichtigkeit erlangen kann, das geht aus nachstehendem Beispiele hervor. Als man in England die Pennymarke einführen wollte, ward für die beste Zeichnung zu einer solchen ein Preis von 500 Pfund Sterling (über 10 000 Mark) ausgesetzt, und es liefen gegen 1000 Zeichnungen ein.
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37. Siegelsammlungen. Wer sich in Verbindung setzen kann mit Geschäftsleuten oder Behörden, welche zahlreiche Briefe erhalten, wird im Stande sein, sich eine Sammlung von Siegeln (Petschaftsabdrücken) anzulegen. Es haben für eine solche Sammlung jedoch nur Abdrücke einen Wert, welche das Wappen eines Fürsten, Landes, Adelsgeschlechts, geistlichen Stiftes oder einer Stadtgemeinde zeigen. Andre, welche nur Namen, Anfangsbuchstaben derselben oder willkürliche Zeichen einer Person oder Firma enthalten, bleiben ausgeschlossen. – Den ungleichen Rand eines Siegels erwärmt man am Lichte vorsichtig und schneidet ihn dann mit der Schere hübsch rund und glatt ab. Dann klebt man den Abdruck mit Gummi arabicum auf ein Stück Kartonpapier und ordnet diese Streifen, sobald man eine größere Anzahl derselben hat, entweder nach der Art der Wappen oder nach dem Stande ihrer Eigner. Ein Handbuch der Wappenkunde (Heraldik) ist zum Verständnis der Wappenzeichen vorteilhaft.
Wertvolle Siegelsammlungen enthalten die Abdrücke von Gemmen (geschnittener Steine) in Wachs, Gips, Leim mit Kreide u. dergl. Im Altertume waren Siegelringe sehr beliebt, wie uns zahlreiche Funde bei Ausgrabungen in Griechenland beweisen. Der erste Künstler im Steinschneiden war Theodorus von Samos, der den ausgezeichneten Stein schnitt, der den Ring zierte, welcher vom Könige Polykrates, um den Neid der Götter zu versöhnen, ins Meer geschleudert wurde.
38. Münzsammlungen. Noch wichtiger für die Kenntnis der Geschichts- und Länderkunde ist eine Münzsammlung. Reiche Leute und Geschichtsforscher sammeln die Münzen selbst und ordnen sie nach den Ländern, Herrschern und Jahren; Knaben können dies der Kostspieligkeit wegen nicht ausführen, höchstens würde es mit den Kupfermünzen etwa möglich sein. Von Silber- und Goldmünzen dagegen lassen sich leicht Abdrucke machen. Solche können entweder in Gips, Siegellack u. dgl. ausgeführt werden und geben dann die Gepräge der Münzen in umgekehrter Stellung; hübscher sind sie jedoch aus Stanniol (Zinnfolie), das für Geld käuflich zu haben ist. Es ist ein dünngeschlagenes oder gewalztes Zinn, wie es zum Verpacken von Schnupftabak oder zum Umwickeln von Champagnerflaschen u. dgl. Verwendung findet. Um eine Münze abzudrucken, schneidet man ein Stückchen Stanniol von der Größe des Geldstücks, ringsum ein wenig größer, legt es auf die Münze, drückt den überstehenden Rand um, legt ein Linnentuch darüber und reibt mit einem Streichknochen (Falzbeine) darauf. Es drücken sich alle Feinheiten des Wappens, jedes Haar des Porträts, sowie alle Buchstaben ganz getreu ab. Den inneren Raum kann man nun entweder mit Gips ausgießen, oder man klebt das Stanniol mit Leim auf ein Stückchen Pappe, das so groß geschnitten ist wie die Münze. In letzterem Falle muß man die Abdrücke aber behüten, daß sie nicht gedrückt werden, da sich sonst das Gepräge verwischt. Wie Münzabdrücke auf galvanischem Wege hergestellt werden können, wird unser Spielkamerad im Abschnitte, der vom jungen Physiker handelt, kennen lernen. Wer zahlreiche Abdrücke gesammelt hat, klebt sie auf viereckige Pappenstücke, die mit dunklem Papier überzogen sind und ordnet sie. Man kann jene Tafeln entweder in Kästen übereinanderlegen oder aufhängen.
39. Handschriften- (Autographen-) Sammlung. Viele junge Leute pflegen sich ein Album anzulegen, in welchem sie die Handschriften ihrer Freunde und Bekannten aufbewahren. Noch interessanter wird eine solche Sammlung, wenn derselben Nachbildungen der Handschriften von Persönlichkeiten beigefügt werden können, die entweder in früherer Zeit oder in der Gegenwart eine wichtige Rolle spielten: z. B. solche von Fürsten, Feldherren, Dichtern, Reformatoren u. s. w.
Echte Handschriften berühmter Männer zu sammeln, wird nicht gut möglich sein, da dieselben infolge ihrer Seltenheit einen sehr hohen Preis haben. So wurden für eine Handschrift des bekannten Gelehrten Linné 22 Gulden, für eine Unterschrift des englischen Dichters Shakespeare 1085 Thlr. bezahlt.
Autographensammlungen sind auch die in größeren Fabriken, Krankenhäusern, Museen ausliegenden Besuchsbücher, in welche sich die Gäste eigenhändig eintragen. Das Album des Kaiserin-Augusta-Hospitals enthält eine große Anzahl von Namen höchster und hoher Personen. Das erste Blatt enthält den kräftigen Namenszug des Kaisers Wilhelm I., dann folgen die Namen der Kaiserin, der übrigen Mitglieder der Kaiserfamilie, denen sich die fremder Herrscher anreihen. Für dieses einzig in seiner Art dastehende Buch würde ein Sammler wohl selbst eine hohe Summe mit Freuden zahlen.
Beim Besuche von Aussichtspunkten sind dir wohl auch ähnliche »Fremdenbücher« zu Gesicht gekommen, in die der Wanderer seinen Namen einträgt, wohl auch seiner augenblicklichen Stimmung in oft gewagter poetischer Form Ausdruck gibt.
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40. Bildersammlungen Wie viele lehrreiche Bilder aus Zeitschriften oder Büchern werden täglich als »Makulatur« verbraucht oder als wertlos dem Untergange preisgegeben. Wenn unser Spielgefährte sein Augenmerk auf solche Bilder richtet und lehrreiche Abbildungen sammelt, so wird er bald eine große Pinakothek oder Bildergalerie besitzen. Notwendig ist, daß die Bilder genau beschnitten und sauber auf braunes oder graues, starkes Papier (sogenanntes Packpapier, das in großen Bogen für wenige Pfennige zu kaufen ist) mit Stärkekleister aufgezogen werden.
Ist die Sammlung umfänglich geworden, so empfiehlt es sich, Abteilungen für Geographie, Geschichte, Naturgeschichte, Physik u. s. w. zu machen, um eine gewünschte Abbildung schnell finden zu können.
Wie schön ist es dann, wenn unser Spielkamerad bei Erzählungen aus der Weltgeschichte, bei Beschreibungen aus der Geographie seine Bekannten durch Vorzeigen eines dazu passenden Bildes erfreuen kann, und wie lehrreich und bildend ist eine solche Sammlung für ihn selbst! Der erste, der eine solche Bildersammlung zu Nutz und Frommen der Kinder anlegte, war Amos Comenius, der 1650 seine gemalte Welt oder Orbis pictus veröffentlichte.
Ward ein Blümchen mir geschenket,
Hab's gepflanzt und hab's getränket;
Vögel, kommt und gebet acht!
Gelt, ich hab' es recht gemacht?