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Die Leuchte Wissenschaft in ernster Hand,
Will Menschengeist stets rastlos weiter dringen,
Bricht durch das Dunkel, trotzt dem Widerstand,
Ihn lockt der Fels, die Wüste und der Strand,
Des Donners Grollen und der Vögel Singen.
Erkennen will sein Werden er und Sein,
Der Sehnsucht und des Strebens Ziel und Ende;
Ins Angesicht der Sphinx sieht er hinein,
Fragt, gleich dem Magier, der Sterne Schein
Und forscht, wo sich der Weg zur Wahrheit fände.
Sieh! eine Pyramide tritt hervor
Heut aus dem Sand! Was lang ein Berg geschienen,
Erhebt, ein Bau, sich, offen ist das Thor.
Osiris hebt die Schale drin empor,
Und sieht die Helle mit erstaunten Mienen.
Der Mensch, des Sehnsucht ohne Grenzen wallt,
Klopft an das Grab, das liegt im tiefen Dämmer,
Im Hof der alten Pharaonen schallt
Der Spaten Hieb, der Räder Knirschen bald
Und in die Steinwand pochen hundert Hämmer.
Und wie ein Gott, den kleiner Leute Wut
Ins Band gezwängt, die Fesseln sprengt zunichte,
So tritt der Bau, der lang in Nacht geruht,
Hervor zum Tag, wie leuchtend aus der Flut
Die Lotosblume hebt ihr Haupt zum Lichte.
Ein Fenster wieder in verborgne Welt
Für dich du, Menschengeist! Ein Tropfen wieder,
Der kühlend auf die durstigen Lippen fällt!
Der Mond, der seine Sterne leitet, hält
Im Gange ein und sieht verwundert nieder.
Und weiter seh ich noch. Die Nacht ist grau,
Enthüllt der Pyramide ganzer Bau,
Den Menschen seh ich durch den Schutt sich mühen;
Ans Thor des Grabes pocht er unerschreckt –
O Schatten, o Geheimnis, das uns deckt,
Wird uns das Licht doch endlich einmal glühen?
Die Mauer, die so lang getrotzt der Zeit,
Erbricht der Mensch, die Felsen hallen weit,
Und sie giebt nach und zeigt die enge Thüre;
Begierig, welch Geheimnis birgt der Ort,
Dringt in die Nacht er, tastet keck sich fort.
Wie mühevoll der Weg nach innen führe.
Mit einmal wird es licht. Der Nebel weicht.
Da aus dem Sarg – der Eindringling erbleicht –
Eine Gestalt hebt sich in Byssusfalten;
Rund um die Stirn, das strenge Angesicht
Ziehn Binden sich, gefüllt mit Zeichen dicht –
Ein Fürst, ein Weib – wofür soll er es halten?
Und düstern Tons spricht sie den Kühnen an:
»Nicht staune ich, daß du des Grabes Bann
So keck durchbrichst, doch gönn' mir eine Frage:
Entreißen willst du das Geheimnis kühn
Dem Meer und Fels in heißestem Bemühn –
Sahst heller du als ich die Tiefe, sage!
Der Jahre tausend stöhn, seit sie mich hier
Bei Priestersängen in des Byssus Zier
Nach furchtbarem Gericht bewahrt im Schreine,
Doch sag' mir, deiner Seele stolzes Loh'n,
Das dringen will bis an der Gottheit Thron,
Ist es so rein, gefestet, wie die meine?
»Ihr seid die Herrn! Dem zahmen Leu gleich leckt
Die Welt nun euern Thron, von Blut befleckt,
Doch reiner war das Licht, das mir entzündet.
Du hast die ganze Welt, Gestirn und Meer,
Doch allwärts preßt die alte Sphinx dich schwer –
Sprich, was ist nach dem Tod, hast du's ergründet?«
Der Neuzeit Mensch wich stumm, entsetzt zurück.
»Ja schweig nur, aus demselben Stoff und Stück
Von Leid und Fehl und Wahn wie ich geschaffen!
In deinem Reich, du schwacher Sklave, bleib!«
Und in den Sarg sank dröhnend jetzt der Leib.
Da überwand der Mensch sein tief Erschlaffen
Und sprach voll Ruh:
»Ich weiß, welch' Los mir fällt!
Osiris bin heut' ich, ich lenk' die Welt,
Ich geh' durch Nacht zum Licht, aus Stoff zum Geiste!
Gleich gilt mir, was verbirgt des Grabes Schlund,
Der Hoffnung Vogel singt auf seinem Grund
Und Leben tönt durchs All, das lichtumkreiste.
Der Tod, dem du gelebt, ist mir ein Spiel,
Das Leben ist mein Hoffen und mein Ziel,
Und lebt ein Gott, sein Spruch macht mir nicht bange;
Mein Spaten zwingt den Grund, mein Denken zwingt
Der Welt Geheimnis und ins Herz mir dringt
Das goldne Licht mit allgewaltigem Drange.
Sein, schaffen, wünschen, denken will ich hier,
Ein Kind scheint das Geschlecht von ehmals mir,
Zum Manne macht es erst, was ich begonnen.
Und glaube mir, nicht hemmt des Strebens Glut
Dein Schauer vor dem Tod und nicht das Blut,
Das von der Seher Stirn in Staub geronnen.
Ich schreite fort und fort! Und heute reizt
Die Pyramide mich und morgen geizt
Mein Geist, zu nahen der Kometen Schwelle!
Ich bin der Ibis, bin das Morgenrot,
Der Wahrheit Korn, nicht mystischer Dorn mein Brot,
Nicht Abendgrau'n will ich, will Tageshelle!
Und dieser Glaube ist mein Schild, mein Stab!
Des Lebens Hymnen sing ich an dem Grab,
Der Zukunft Herakles, der Phönix bin ich,
Der Staub der Gräber hier, der Sterne dort
Sind mir ein Stoff: sie zwingt mein tönend Wort,
Um Not und Tod des Liedes Zauber spinn' ich.
Ich kenn' mein Ziel und kenne, was mich zwingt,
Doch auch den Blitz, der aus dem Hirn mir springt,
Und hör' ich auf, es bleibt das Werk den Söhnen;
Die Erde kehr' ich um, durchstürm' sie schnell
Von Pol zu Pol und endlich muß mir hell
Der Aureole Glanz die Stirne krönen.
Nichts gilt mir, was das Paradies verheißt,
Ich traue meinem Arm und meinem Geist,
Ein Mensch zu sein, mehr will ich nicht erstreiten:
Gern geb' ich meinen Staub der Erde hin,
Wird nur mein Sohn, wenn ich verwittert bin,
Nicht über Dornen auf zum Lichte schreiten!
Nun, Tempel, Obelisken, zögert nicht
Und steigt empor! Es naht des Tages Licht,
Und grüßt euch hell nach langem, düsterm Schweigen!
Orions Gürtel und der Sterne Tanz
Sind nur der Saum des rauschenden Gewands,
Aus dem sich neue Götter hilfreich neigen!