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Zu diesem Zwecke begab ich mich, als ich die Briefe in den Postkasten geworfen hatte, zu demselben Juwelier, der damals die Agraffen der Damen gekauft hatte, und indem ich ihm die zwei goldnen Ketten, deren sie sich zu meinen und meines Sohnes Gunsten entäußert hatten, übergab, sagte ich zu ihm: »Wollten Sie wohl gefälligst diese Ketten wägen und mir das dafür zahlen, was sie werth sind?« – »Sie kommen«, antwortete er mir, »aus derselben Quelle, wie die Agraffen, denn ich habe sie an dem Halse jener Damen gesehen. Ei nun, meine Voraussagungen haben also nicht gelogen, und Alles hat mit einem ärgerlichen Vorfall geendigt!« – »Der ärgerliche Auftritt«, sagte ich, »rührt von Böswilligen und nicht von den Damen her. Wenn Sie sich bei mir hätten überzeugen wollen, Herr Durand, so würden Sie nicht die Klage unterschrieben haben, in Folge deren jene eine gerichtliche Vorladung erhielten. Uebrigens ziehn Sie vom Preise dieser Ketten die Summe von vierzehn Franken ab, die man Ihnen für eine Nadel schuldig ist, und geben Sie mir darüber eine Quittung.« –
Der Juwelier, der ein sehr rechtschaffener Mann war, betrübte sich über meine Worte und sagte: »Ich habe nur die Klage unterschrieben, als ich sah, daß die Schulden dieser Damen bei derselben Gelegenheit, unter derselben Adresse und auf denselben Namen gemacht waren, wie die einer verrufenen Dirne, und wenn ich mich geirrt habe, Herr Bernier, so bin ich gern bereit, anstatt meine vierzehn Franken einzufordern, in Gemeinschaft mit Ihnen zwei jungen Personen, die nur unglücklich sein mögen, mit meinem Gelde beizustehn.« – »Sehr unglücklich«, erwiederte ich, »und ebenso anständig. Aber was wollen Sie mit der verrufenen Dirne sagen?« – »Sie wissen also nicht, daß gestern Abend die Baronin, mit der man Ihre Damen, gelegentlich der Abreise und der Einkäufe, in freundschaftlichen Beziehungen gesehn hat, von der Nichte der Millers auf der öffentlichen Promenade erkannt, und da sie mit den Toilettengegenständen, welche von dem Baron nicht bezahlt worden sind, geputzt erschien, angezeigt und sofort in ihrer Wohnung, die sich in unserem Kirchspiel befindet, verhaftet worden ist?« – »Wie«, rief ich aus, »Marie?« – »Dieselbe, Herr Bernier. Und wie wollen Sie nun, daß ein derartiger Anschein nicht sogar diejenigen täusche, die sich vor Stadtgerüchten und bösen Nachreden in Acht nehmen?« – »Es ist wahr«, entgegnete ich ihm; dann sagte ich, indem ich mich dem Schauder des Abscheu's hingab, den mir diese Entdeckung verursachte, selbst nach alle dem, was ich mir Verhaßtes in Betreff des Barons hatte denken können, in frommem Eifer: »O, gepriesen seist du, Gott, der du diesen schändlichen Geiern ihren Raub entrissen hast! Ja, mein lieber Durand, dieser Anschein mußte Sie trügen, und es ist mir ein Trost, mir auf diesen Grund hin Ihr Verfahren erklären zu können, das mich betrübt hatte, wie es mir auch ein gleicher Trost ist, einer ehrenhaften Bedenklichkeit die Herzenshärte zuschreiben zu können, welche gestern Abend die Millers bewiesen, indem sie meinen Schützlingen ein Lager auf eine Nacht verweigerten.« –
Während dieses Gesprächs war der Juwelier damit fertig geworden, die Ketten zu wägen, und zahlte mir deren Werth aus, welcher sich auf zweihundert und fünfzig Franken belief; wir rechneten hierauf die Summe der Noten zusammen, die ich in Händen hatte: sie betrug zweihundert und sechszig Franken. – »Gehen Sie«, sagte hierauf der Juwelier zu mir, »gehen Sie und bezahlen Sie die Kaufleute; mir werden Sie den Vorzug vergönnen, Herr Bernier, daß ich das, was die Damen mir schulden, dahin gestellt sein lasse, ohne daß sie dies erfahren.« – »Ich bin kein solcher«, antwortete ich, »der eine so edle Regung unterdrücken möchte, mein lieber Herr Durand; und so mag es denn gelten. Sollten meine jungen Freundinnen wieder reich werden, so ist es nur billig, daß diese Schuld zurückgezahlt wird; sollten sie arm bleiben, so werden ihnen diese zehn Franken als Hülfe dienen.« – Hierauf drückte ich ihm herzlich die Hand und ging auf der Stelle, die übrigen Schulden abzutragen. Als sie das Geld auszahlen sahen, faßten die Verkäufer und Verkäuferinnen, wie gewöhnlich, sogleich eine bessere Meinung von meinen jungen Freundinnen, und ich meinerseits ermangelte nicht, sie darin zu befestigen, bald, indem ich zu den groben Lügen, die sie auf deren Rechnung gehört haben wollten, die Achseln zuckte, bald, indem ich ihnen mit zwei Worten den schändlichen Anschlag, dessen Opfer sie um ein Haar in Folge ihrer Jugend und Schönheit geworden wären, zu wissen that. Mehr als eine der Handelsfrauen, die sich soeben noch unbarmherzig gezeigt hatte, fing zu jammern an und drückte mir ihr Bedauern aus, die Klage unterschrieben zu haben, und zum hundertstenmale hatte ich meine Verwunderung darüber, wie unsere menschliche Schwäche, stets ein Spiel der Eindrücke, der Zufälle, des Gerüchtes, ja eines Hauches, sich bei vielen Gelegenheiten so hartherzig zeigt, wenn sie doch voll Güte ist, und wiederum so wohlwollend, wenn sie doch so verderbt und voll bösen Willens ist.