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Vierundvierzigstes Kapitel

Eine Null zuviel

Als ich den gedachten Vorfall zu Hause erzählte, wollte weder meine Frau noch ihre Muhme haben, daß ich noch einmal nach Treffurt gehen sollte, ohngeachtet mir solcher nicht auf dem Treffurter Wege begegnet ist, und letztere versicherte mich, sie wolle mir den Verlust dieses Geldes auf eine andere Art vergüten. Diese gute Frau starb nicht lange hernach und setzte meine Frau mit zum Erben ein. Wären nicht viele Leute in Ansehung dieser Erbschaft so gar übel berichtet, so würde ich solcher mit keinem Worte gedacht haben; allein einige haben als für gewiß angenommen, daß ich an Haus, Land und Kapitalien auf 3000 Taler ererbt hätte; weil sie nun durch einen Zufall erfahren haben, daß ich keine 3000 Taler in Kassa liegen habe, so machen sie allerhand Glossen. Nun kann ich aber auf Ehre versichern, daß wir weder eine Furche Land noch ein Petermännchen an Gelde bekommen haben und daß die ganze verschriene Erbschaft, außer dem Hausgeräte, in einem im Jahr 1745 für 590 Gulden erkauften alten baufälligen Wohnhause besteht, welches aber in der Erbschaft für 600 Gulden taxiert worden ist; rechnet man nun, was ich an Kollateral- und Vormundschaftsgebühren bezahlen mußte und das Kapital, so meine Frau dieser Erbschaft wegen verloren hat, so wird die ganze gefährliche Erbschaft etwa 300 Gulden ausmachen, welches sich gewiß um eine Null verrechnet heißt. Bei alledem gibt es Leute, die mit der Sache zu tun hatten und gleichwohl sagen, ich hätte die oftgedachte Muhme zu diesem Testamente beredet. Diese guten Leute machen meiner Einfalt in Wahrheit ein artiges Kompliment, denn gewiß müßten mir nichts als zwei lange Ohren fehlen, um zum Bileams-Geschlechte zu gehören, wenn ich meinen Einfluß, den ich bei dieser Frau hatte, auf eine

solche Art hätte geltend machen und sie zu diesem Testamente überreden wollen. Ich kann aber auf mein Gewissen bezeugen, daß ich oftgedachter Muhme weder geraten, ein Testament zu machen, noch auch ihr an die Hand gegeben, wie sie es machen sollte; sondern ich habe sie nicht einmal gefragt, wie sie es gemacht und was sie uns darin ausgesetzt habe. Ja meine Gleichgültigkeit oder vielmehr Redlichkeit ging in dieser Sache so weit, daß ich mir nie erlauben wollte, die Abschrift des Testaments zu lesen, welches doch in einem Schranke lag, über den ich oft mehrmal des Tages ging, weil ich es unter der Würde eines ehrlichen Mannes halte, sich niedriger Versuche und listiger Schritte zu bedienen, um zu etwas zu gelangen oder hinter ein Geheimnis zu kommen; denn ich glaubte, daß, wenn das Testament für uns vorteilhaft ausfallen sollte, es Ungerechtigkeit sein würde, mehr zu begehren, und umgekehrt fürchtete ich, es der Seligen merken zu lassen. Ob nun gleich die ganze Sache von keiner Bedeutung ist, so gereicht mir es doch zur größten Beruhigung, auch hier rechtschaffen gehandelt zu haben, denn das nutzt mir zu nichts, wenn auch die ganze Stadt sagte, ich sei ein ehrlicher Mann, und ich könnte mir es selbst nicht sagen. Ich lache nicht allein über ein solches Lob, das sich schon mancher Kopfhänger zu erschleichen wußte, sondern ich verachte es sogar, weil keines bei mir einen Wert hat als das, wovon mir meine eigene Überzeugung sagt, es verdient zu haben, selbst wenn ich es nicht erhalten sollte.


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