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Siebentes Kapitel

Der General Wallenstein

Das größte Fest, so die Stralsunder feiern und welches von allen Türmen der Stadt durch Trompeten und Pauken angekündigt wird, ist der Tag vor Jacobi. Die Veranlassung dazu gab folgende Begebenheit: Als im Dreißigjährigen Kriege die Generale Tilly und Wallenstein die kaiserlichen Armeen kommandierten, so nahm der erste Magdeburg ein, und letzterer ließ sich verlauten, Stralsund, welches er im Jahr 1628 belagerte, zu erobern, und wenn es auch mit Ketten am Himmel befestigt wäre; und tat auch alles mögliche, die Stadt zur Übergabe zu zwingen. Die Belagerten, die sich ganz verschossen hatten, glaubten nicht anders, als daß sie sich würden ergeben müssen, und Wallenstein, seines Sieges gewiß, speiste im Angesichte der Garnison ganz ruhig an einem noch zu sehenden steinernen Tische. Unterdessen hatte die Besatzung ein Schiff nach Schweden geschickt, welches (zufolge einem Gemälde, so ich selbst gesehen habe, auf welchem ein segelndes Schiff vorgestellt ist, welches ein Engel oben beim Mastbaum hält und über das Meer führt) in Zeit von 24 Stunden, Ein- und Ausladen mitgerechnet, eine ganze Menge Pulver und Kugeln von Stockholm bis nach Stralsund brachte. Wegen dieser aus Schweden erhaltenen Hülfe übergab der letzte Herzog von Pommern die Stadt Stralsund dem König Gustav und setzte ihn dadurch in den Stand, an dem Interesse Deutschlandes teilzunehmen. Sollte etwa ein Ungläubiger diese Geschichte in Zweifel ziehen, der beliebe nur an den dienstfertigen Engel zu denken, der den guten Habakuk in einer weit kürzern Zeit aus Judäa bis nach Babylon brachte, welches doch ungleich weiter voneinander entfernt ist als Stralsund und Stockholm. Demohngeachtet gibt es selbst einige Stralsunder, die nicht begreifen können, daß sich ein guter Engel dazu hätte brauchen lassen, den Lauf eines Schiffes zu beschleunigen, welches mit einer solchen höllischen Fracht, bestimmt, Menschen damit zu morden, beladen war; und sind frech genug, dieses Wunder einem Engel aus der Unterwelt zuzuschreiben. Genug, Wallenstein, der nichts von der Engelgeschichte wissen mochte, speiste, wie gesagt, an einem steinernen Tische; ein Feuerwerker in der Stadt, der die erste Kanone wieder abfeuern wollte, frug seinen Offizier, ob er Wallensteins Kopf oder Weinbecher zuerst wegnehmen sollte. Dieser war so menschlich, zu befehlen, ihm erst den Becher, dann den Braten und, sollte der General verwegen genug sein, sitzend zu bleiben, dann erst ihm selbst den Kopf wegzunehmen. Der Kanonier folgte pünktlich, gab Feuer, und sogleich flog der Becher von der Tafel weg; Wallenstein tat, was sich von ihm erwarten ließ, er blieb sitzend und forderte einen andern, ohne sich zu regen; aber kaum hatte er ausgeredet, so nahm eine zweite Kanonenkugel ihm die Schüssel mit dem Braten vor der Nase weg; war es nun Vorgefühl oder gab es ihm sein guter Genius ein oder, was wohl das wahrscheinlichste ist, verstand er, als ein erfahrner Krieger, diese geheime Sprache, daß der dritte Schuß seinem Kopfe gelten sollte; genug, er stand auf, hob nachgehends die Belagerung gar auf und gab, da alles dieses den Tag vor Jacobi geschah, den Stralsundern Gelegenheit zu diesem Feiertage.

Unter dem Frankentore sieht man noch den Ort, wo Karl der Zwölfte während der Belagerung im Jahr 1715 seinen Sekretär, der über die fallende Bombe so sehr erschrak, daß er die Feder aus der Hand fallen ließ, sehr naiv fragte, was die Bombe mit dem Briefe, den er ihm diktiere, zu tun habe. Der Ort ist mit einer marmornen Platte, mit einer Inschrift in schwedischer Sprache und mit goldenen Buchstaben geziert. Bei meinem Aufenthalte in dieser Stadt habe ich noch zwei Krieger gekannt, die mit diesem tapfern Könige in dem Treffen bei Bender gefochten hatten. Der eine war in einer Versorgungsanstalt, und der andere, so unter den Jägern gedient hatte, war Wallschütze geworden, welchen Dienst er auch noch verrichtete. Folgende Geschichte, so sich hier zutrug, kann ich nicht unberührt lassen.


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