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Siebzehntes Kapitel

Die Glocke

Mantua ist eine schöne, große, volkreiche Stadt, nur schade, daß im Sommer die Luft so gar ungesund daselbst ist. Deswegen verläßt jeder, der es nur möglich machen kann, die Stadt in dieser Jahrszeit, wo die Leute meist alle eine bleiche Gesichtsfarbe haben. Dieses kommt daher, daß der zwischen Ponti und San Lorenzo aus dem Gardasee kommende Mincio einen großen, bis nach Mantua reichenden Morast bildet, welcher die Luft sehr ansteckt; doch hat der hochselige Kaiser schon große Summen verwendet, um den stehenden Wassern einen Abfluß zu verschaffen, welches aber wohl schwerhalten wird, da der Morast zu tief liegt. In der hiesigen San-Andreas-Kirche sieht man eine große Glocke, dergleichen wohl in ganz Europa nicht zu finden ist. Sie hat nämlich acht drei Fuß hohe und ein Schuh breite Fenster; der Klang dieser Glocke soll so durchdringend und stark gewesen sein, daß die schwangern Frauen um die Geburt gekommen sein sollen und daß man sie deshalben vom Turne habe nehmen müssen; anjetzo steht sie hinter einer Kirchtüre. Nachdem wir einen Monat in der Zitadelle gelegen und noch mehr halbe Invaliden an uns gezogen hatten, gingen wir nach Roveredo. Hier trafen wir eine große, mit lauter Felsenstücken übersäete Strecke Land an, welche der Wald von Roveredo genannt wird, ohngeachtet man nicht einen Hagenbuttenstrauch, viel weniger einen Baum zu sehen bekommt; von hier gingen wir nach einem kurzen Aufenthalte nach Trient.

Diese mittelmäßige Stadt liegt auf einem platten Felsen und wird von einigen zu Italien und von andern zu Deutschland gerechnet. Es gehört aber zu letzterm, und zwar zum österreichischen Kreise. Hier wird in der Domkirche dasjenige Kruzifix, welches vorzugsweise das heilige heißt und unter welchem die Schlüsse des Tridentinischen Conciliums beschworen worden sind, gezeigt. Es ist in Lebensgröße, wie man sagt, aus einer unbekannten Materie, weshalb man zweifelt, daß es von Menschenhänden verfertiget worden sei; die Schlüsse des heiligen Concilium soll es durch Neigung des Hauptes genehmigt haben. In der Peterskirche liegt Simoninus, der jüngste von allen Heiligen, begraben. Er war erst zwei Jahr alt, als ihn 1276 die zu Trient wohnenden Juden mit einem Messer, einigen kleinen Zangen und vier eisernen Nadeln marterten und sein Blut in zwei silbernen Bechern tranken. Den Körper warfen sie in einen Kanal, welcher seinen Ausfluß in die Etsch hat, wo er von einigen Fischern aufgefangen wurde. Als dieses der damals lebende Papst Adrian V. erfuhr, setzte er den Knaben unter dem Namen Simoninus unter die Zahl der Heiligen. Von den dieser Schandtat überführten Juden wurden 39 aufgehängt, die übrigen aber alle des Landes verwiesen; doch haben sie jetzt Erlaubnis, sich einige Stunden hier aufzuhalten. Diese Stadt hat von jeher viele Überschwemmungen erleiden müssen, und das mehr von den vom Gebürge herabkommenden kleinen Bächen als von der vorbeifließenden Etsch. Nach einem kurzen Aufenthalte gingen wir über Bozen nach Inspruck.


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