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Neunzehntes Kapitel

Die Bäder von Mehadia

Diese schon zu der Römer Zeiten unter dem Namen. »Ad aquas« so berühmten Bäder quellen da, wo sich die Szerna vom Berge Morarut herabstürzt, in einem zwei Stunden von der westlichen Walachei liegenden engen, fürchterlichen Tale hervor; es sind ihrer dreizehn, von verschiedenen Würkungen und Heilkräften, welche in einem Umfange von einer halben Stunde alle zerstreut hervorsprudeln. Das erste, was man von Mehadia aus antrifft, ist das Franziszi- oder Franzosenbad, welches seinen Namen daher hat, weil es die von der Lustseuche angesteckten Walachen oder Raitzen, deren es keine kleine Anzahl unter ihnen gibt, in besagten Krankheiten mit vielem Erfolge brauchen. Es steht ein artiges, vier Abteilungen enthaltendes Gebäude darüber, von denen zwei zum Baden, die andern beiden aber zum Aus- und Ankleiden bestimmt sind. Das Wasser dieses Bades ist nur mäßig warm, wird auch nicht leicht von andern als Walachen und Raitzen gebraucht, weil man voraussetzt, daß alle diejenigen, so sich desselben bedienen, mit der schon angeführten Krankheit behaftet seien. Bei diesem Bade liegt ein ungeheurer großer Stein, welcher einst vom Berge herabstürzte, doch glücklicherweise einige Schritte vor demselben liegenblieb, sonst würde er gewiß das Bad mit allen darin befindlichen Leuten zerschmettert haben; noch ein kleiner alter Stein liegt nicht weit davon, auf welchem das Wort Mercurius sehr deutlich zu lesen ist.

Nicht weit von hier findet man am linken Ufer der Szerna eine Quelle klaren, kalten Wassers, wo alle Badegäste, denen das Flußwasser nicht schmeckt, ihres zum Trinken holen lassen müssen. Weiter hin kommt man über eine zu den jenseits liegenden Bädern führende schöne Brücke, an deren Mauer das Geschwulstbad ist. Dieses hat kein Gebäude, und die Walachen müssen es, um sich vor der Sonne zu schützen, mit grünen Reisern umstecken. Das Wasser dieses Bades ist schwarz von Farben, sehr heiß und in der Krankheit, wovon es den Namen hat, von anerkannter Würkung. Etwa zehn Schritte davon liegt das Fieberbad, welches mit dem vorigen gleiche Farbe und Wärmegrad hat, weil es aber nur einige Schritte von der Szerna und also sehr oft mit Flußsand angefüllt wird, nicht viel gebraucht werden kann. Fünfzig Schritte davon liegt das Hauptbad, über welchem ein großes Gebäude aufgeführt ist, worin die Wachtstube, die Wohnung des Pachters, die des Kontumaz-Feldschers und die Zimmer für das alle Jahr von Temiswar kommende Militär sind. Ferner befinden sich drei Bäder in diesem Hause, welche von dem Dache die Schindelbäder genannt werden. In einem derselben sieht man oft zwölf bis sechzehn Personen beiderlei Geschlechts beisammen sitzen oder herumschwimmen; die beiden übrigen, so verschlossen sind, werden den Nichtwalachen eingeräumt. Die Wasserfarbe dieser drei Schindelbäder ist grünlich und so klar und hell, daß man die kleinste Nadel in einer Tiefe von drei Ellen sehen kann. Das Wasser behält im Sommer und Winter gleiche Hitze, ja sie steigt oft in der letztern Jahrszeit. In einer kleinen Entfernung rinnen zwei Augenquellen, ohne alle Einfassung noch andere Bequemlichkeit, vom Berge herab; wer sich dieser bedienen will, muß das Wasser durch herumgesetzte Steine, mit denen der Berg übersäet ist und unter welchen man oft Skorpionen findet, ausfassen und sammeln. Das Gliederschwitzbad, welches nicht weit davon, ist eine Felsenhöhle, deren Weite nicht viel über 1½ Klafter betragen mag. Dieses Wasser, welches so heiß ist, daß jeder Tropfen, der auf einen unbedeckten Teil des Leibes fällt, gleich eine Blase verursacht, und von oben herunter auf die Steine fällt, verursacht einen solchen Dampf, der vermögend ist, in wenigen Minuten den stärksten Schweiß hervorzubringen. Ein starkes Brett, das auf einem Felsenstück aufgelegt und in den Eingang befestigt ist, dient dazu, darauf zu treten oder sich darauf zu setzen, um den Schweiß zu erwarten, welcher, wie gesagt, in einigen Minuten erfolget. Die Wände dieser Höhle sind dermaßen mit Schwefel bedeckt, daß man denselben zu ganzen Händen voll herunternehmen kann. Wenn sich Deutsche dieses Bades bedienen, welches doch nicht häufig geschieht, so lassen sie sich ein Bette neben die Höhle unter ein dazu angebrachtes Dach legen, um sich dessen zu bedienen, wenn sie aus der Höhle kommen, um den Schweiß besser abzuwarten; der Walach hat aber diese Vorsicht nicht nötig. Näher nach dem Fluß zu siehet sich das in einem von der Natur gebildeten großen Felsenbecken befindliche Kalkbad, welches mit dem Gliederschwitzbade in Verbindung stehen muß; denn wenn man das Wasser im erstern trübet, so kommt es auch ebenso trübe aus den Felsenritzen, durch welche es ins Kalkbad fließt, hervor; doch muß das Wasser des letztern noch einen oder mehrere Zuflüsse haben, da das Wasser des gedachten Gliederschwitzbades, wie gesagt, außerordentlich heiß und schwärzlich von Farbe, das des Kalkbades hingegen nur halb so heiß und weiß von Farbe ist. Ohnweit davon ist das Gliederbad, welches der großen Hitze wegen nicht gebraucht werden kann, die so außerordentlich ist, daß man in wenig Minuten Eier darin sieden kann. Doch sagen die Walachen, man habe ehemals Gebrauch davon gemacht, welches dadurch sehr wahrscheinlich wird, daß ein klein Gebäude darüber steht und daß man viele Röhren wahrnimmt, welche vielleicht dazu gedient haben, die zu große Hitze durch kaltes oder lauliches Wasser, welches letztere nicht weit davon entfernt ist, zu vermindern; die Hitze dieses Wassers bleibt sich auch Sommer und Winter gleich. Die mit einem schönen, zwei Stockwerk hohen Gebäude gezierten Räuberbäder sind die letzten und, wenn diese gleich nur eine einzige Klafter voneinander entfernt, von verschiedener Wärme; denn das zur linken Hand kann der Hitze wegen von jedermann gebraucht werden, hingegen ist das zur Rechten unausstehlich heiß und wird dieserwegen auch mehrenteils von Walachen gebraucht. Ich erinnere mich, daß, als ich einst in das minder heiße gehen wollte, aus Irrtum in das heiße sprang, mein ganzer Leib, ohngeachtet ich sogleich wieder herauslief, dennoch so rot wie ein gesottener Krebs war. Billig muß man sich über die harte Natur der Walachen wundern, die oft stundenlang in diesem heißen Wasser herumschwimmen, sodann mit gleichen Füßen in die nur vier Schritte entfernte eiskalte Szerna springen und aus dieser wieder ins Bad gehen, ohne daß es ihnen einfallen sollte, daß eine so schnelle Abwechselung von Hitze und Kälte schädlich wäre, oder daß sie die mindeste Unbequemlichkeit spüren sollten.

Hinter dem Gebäude, das über den Räuberbädern steht, dessen oberstes Stockwerk den nichtwalachischen Badegästen zur Belustigung dienet, findet man eine in lebendigen Felsen eingehauene Wendeltreppe, so zu einem ganzen Strome siedend heißen Wassers führt, welches aus den Eingeweiden des Räuberberges so stark hervorfließt, daß es eine Mühle treiben könnte, und von dem nicht der zwölfte Teil in die unten befindlichen Räuberbäder ausfließet; das übrige verliert sich in andre Felsenklüfte.


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